Manchmal ist es lustig, wie sich Dinge entwickeln können - mit der "2.
Bundesliga" des New Metal zum Beispiel: Die Bands ORGY und COAL CHAMBER
haben sich damals vor ca. zehn Jahren ein permanentes Rennen um die
Tabellenführung der Liga hinter KORN und LINKIN PARK geliefert. Heute
macht Dez Farfara mit Devildriver Death-Thrash. Und Ryan Shuck und Amir
Derakh von Orgy zocken entweder mit Chester Bennington von Linkin Park
Stadionrock im gemeinsamen Sideproject Dead By Sunrise - oder
programmieren Electro bei JULIEN-K. JULIEN-K und Dead By Sunrise sind
bis auf Chester Bennington fast exakt deckungsgleich, Brandon Belsky und
Elias Andra vervollständigen das Line-Up, Chester Bennington hält sich
bei JULIEN-K lediglich als Co-Songwriter und Co-Produzent im
Hintergrund. Electro hat bei JULIEN-K einen weiten Spannungsrahmen, der
Titelsong "Death To Analog" oder "Dystopian Girl" könnten auch auf einem
Zeromancer-Album Platz finden - ersterer ist damit der
rock-orientierteste Song, zweiterer holt noch mal die State-of-The-Art
Programmierungen der End-Neunziger hervor. Wenn man den Track "Kick The
Bass", zu dem es ein opulentes Video gibt, als Orientierungshilfe nehmen
kann, dann geht der Weg in Richtung großer Tanzfläche, oder kurz:
Electro-Pop mit Post-Eighties-Synthizisern und in den Hintergrund
gemischten Gitarren, vom Sound her ungefähr wie die aktuellen APOP. Aber
so einfach machen es JULIEN-K sich nicht: "Technical Difficulties" ist
eine Breakbeat-Nummer und erinnert an polierte The Prodigy. "Systeme De
Sexe" ist Wiegeschritt-Gruft, "Maestro", "Forever" und "Spiral" sind die
poppigen Balladen, "Nyr Say Nyr" und "Disease" noch einmal very
Eighties. Mein Hit ist der EBM-Gedächtnis-Stampfer "Someday". Natürlich
ist das alles nur eingeschränkt Metal-Inside-kompatibel. Aber extrem
tanzbar.
Death To Analog
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
14
Länge:
59:27 ()
Label:
Vertrieb:
Endlich kann ich ihn guten Gewissens einmal wieder bemühen, den berühmten Strauß bunter Melodien. Die ungarischen FIRST AID 4 SOULS
(FA4S) - klingt nach einem Spendensampler, ist es aber nicht - bieten beinahe mehr als bunt: Die Schubalde "Electro" füllen sie
voll aus, zwischen Durcheinander und Abwechslung bewegt sich ihr Album "Brutpop" ziemlich atemlos. Eine Abwechslung die in erster
wenn auch nicht einziger Linie den Vocals anzulasten ist. Gleich der Opener rutscht aber daran aus: Zu weit im Vordergrund und zu
aufgesetzt vergrätzen sie den Einstieg etwas. Zu Unrecht wie sich zeigen soll, gleich danach geht es mit "First Aid" gesanglich in
einer anderen Liga weiter: Sauber, klar und verträumt - das ist schmissiger Pop mit Piano und Beat in den sich Versatzstücke von
Clubmusik mischen. Generell bleibt es eingänig und poppig, viele Synthies und wenig Lärm, klare Beats und wenig vertrackte
Songstrukturen beherrschen das Bild. Männlein wie Weiblein dürfen ans Mikro und tun dort einen fast durchweg guten Job: VELVET ACID
CHRISTsche Flüstertöne ("Painkiller") mit tranciger Untermalung, rockig-kraftvoll und mit viel Herz ("Powa"), esoterisch
durchseucht bis girly-frech ("Sui.cide") oder naiv und durch einen Vocoder gewurstet zu hartem Beat ("Robochan"). FA4S verlangen
nach einem recht offenen Electrohörer, der weder puren Clubsound noch zu artigen Pop möchte. Der bekommt dann aber auch über eine
Stunde den berühmten eingangs erwähnten Strauß - im Einzelnen nicht unendlich kreativ und originell, im Ganzen aber durchweg
unterhaltsam und ein bisschen etwas anderes. Und eben... bunt.
Brutpop
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
13
Länge:
65:50 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Baustoff (Popmusik Für Rohrleger)
Vorbei sind die Zeiten visionärer Bauarbeiterromantik, jetzt wird in die (nicht sehr schmutzigen) Hände gespuckt: Der
plakativ eindeutig zweideutige Titel ist Programm. Keine filigranen Bauarbeiterjobs werden mit Musik bedacht, es gibt
handfeste Musik, recht poppig dazu. Das Konzept des Albums in wenigen Worten: "Richtige" Songs, fast durchweg mit
Gastsängern bestückt, wechseln sich mit von mehr oder weniger originellen Sounds untermalten vorgelesenen Unfallmeldungen aus dem
Baustellenumfeld ab. Die PATENBRIGADE WOLFF ist weniger clubbig und weniger tüftlerisch, die "richtigen" Songs kommen ohne
Sprachsamples aus, thematisch sind sie ebenfalls nicht mehr alle in das wohl zu eng werdende Korsett aus DDR und Baustelle
gepackt. Ungezwungen aufgespielt klingt das beispielweise bei "Das Kraftfeld" und "My Mountain" gut, rammt sich aber bei
"Dreh Mir Die Zeit Zurück" gnadenlos und ungespitzt in vorhersehbaren Kitsch. Souverän ist dagegen der Titeltrack - Mit 80er
Minimal-Sounds spielend gelingt scheinbar mühelos das, woran sich viele der "Alten" heute die Zähne ausbeißen: Den
KRAFTWERK-Geist in dieses Jahrtausend zu holen. "Baustoff (Popmusik Für Rohrleger)" hört man seinen Übergangscharakter an,
mich würde nicht wundern wenn das nächste Album der beiden Bauarbeiter sich endgültig im eher entspannten und
massentauglichen Electro-Pop ansiedelt. Zu gönnen wäre ihnen der Erfolg allemal, keine Band bereichert die Electro-Szene
derzeit wie die PATENBRIGADE WOLFF, auch wenn dieses Album von einigen Highlights abgesehen etwas zu unausgegoren klingt. Aber wenn mir eine Sache richtig die Zehen hochrollt, dann das: Das Wort "einzigste" existiert
nicht, das gilt auch für PAINBASTARD Sänger Pitzinger. Man.
Baustoff (Popmusik Für Rohrleger)
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
19
Länge:
57:38 ()
Label:
Vertrieb:
Mit dieser Platte „I“ von AZAZEL BLIND tue ich mich ehrlich gesagt schon etwas schwer. Dies liegt nicht nur an diesem etwas seltsamen Namen und dem eher, na sagen wir mal - hüstel - bescheidenen Coverartwork. Nein, es sind vielmehr die manchmal sehr seltsamen „Sounds“ bzw. Songstrukturen, die bisweilen so garnicht zusammenpassen wollen. Genauso geht es mir mit den zugegeben schon recht lyrischen aber doch auch pathetischen sowie morbiden Texten. Absolut positiv ist bei AZAZEL BLIND dahingegen zu werten, dass man sich bei diesem Underdog-Erstlingswerk ganz sicher nicht bei anderen Bands bedient und schon recht eigenständig oder sagen besser mal sehr, sehr gewöhnungsbedürftig klingt. Aber dies muß nicht gleichzeitig auch gut und überzeugend bedeuten.
Vielleicht besser verständlich aus Sicht der Band ist die eigene Aussage, was dieses deutsche Trio-Formation Rob (Vocals, Gitarre), Tom (Vocals) und Olli (Bass) mit ihrem Demowerk „I“ ausdrücken wollten. Man versteht die Musik sehr ambitioniert als eine Bestandsaufnahme oder Reflektion der inneren und äußeren Welt, in der wir alle leben. Diese Impressionen sollten musikalisch auf der CD ausgedrückt werden, um Dinge (besser) zu verarbeiten, ihnen ein Gesicht zu geben und somit den Schrecken und den Schmerz zu nehmen. Soweit so gut, starker Tobak, dass die Jungs diese Art Selbsttherapie für sich geschafft haben dürfte klar sein aber ob sich so vielen Zuhörern dieser Kosmos auch so erschließt, da habe ich schon größere Zweifel.
Es gibt aber trotzdem viele interessante Ansätze auf diesem Werk gleich der intromäßige Opener „Where?“ startet mit sanfter Neo Progrock Gitarre, dann spacige Keyboards dazu es kommt ein wavig geprägter Gesang mit der Textzeile „Wohin ist Gott?“ die aggressiv-böse Antwort kommt prompt mit verzerrt gegrowlt „Gott ist tot“, im Hintergrund sind Glockenspielsounds zu hören, na ja ein paar Wiederholungen zuviel und passieren tut wenig. „Menschenleer" ist so ne Art RAMMSTEIN meets APOKALYPTISCHE REITER light aber mit typischen R-Gesang sowie geschriehenem Würgesang aber kommt mir zu Böse aufgesetzt daher, dann dazwischen wieder klare Vocals. „The Vision“ ist sehr ruhig, sphärisch, oft werden die Textezeilen wiederholt dann kommt „Mirror Of Our Time“ mit diesem gekotzten Growlgesang, irgendwie auch psychedelisch aber noch schräger mit sägenden Gitarrenriffs aber leider auch Plastikschlagzeug-Drumming. „Channel Of Hate“ hat was von einem Soundtrack ist sehr ruhig mit der Akustischen daher immer wieder bestimmt Motive wiederholend. Auch „Dies Mortalis“ kommt mit verzerrtem Sprechgesang daher, diffuse Geräusche, viel akustische Gitarre und Texten wie diesem hier „Finster treibt ein Sturm die Welt / setzt schwarz in alle Ecken / wimmernd spielt der Wind sein Lied / und singt den letzten Reim der noch verblieb“, für Fans der schwarzen Seite sicher ein gefundenes Fressen mir ist die ganze Art der Musik leider zu morbide und depressiv. „7 Little Demons“ ist dann wieder was ganz Spezielles mit wabernden Gesängen, wenig Tempo, Geräuschen, Bongoklängen die eine gewisse Mystik ausstrahlen, Klaviergeklimper Marke Bontempi und das alles in so ner Art Tretmühle bzw. Endlosschleife – so endet die Scheibe.
Klingt manchmal etwas wirr, was ich da schreibe, genauso geht es mir mit dieser Musik. Das Songwriting ist insgesamt einfach zu fragmenthaft, es gibt nur wenig Fluss und hängenbleibende Melodien sind eher rar. Wenn die Musik und auch der Textausschnitt von AZAZEL BLIND jetzt trotzdem neugierig gemacht haben, sollte mal auf der MySpace Seite vorbeisurfen, da kann man u.a auch die Lyrics nachlesen.
I
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
7
Länge:
29:46 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten