Es ist unglaublich schwer, einem so persönlichen Album mit unbedeutenden, eigenen Worten gerecht zu werden. Denn SWALLOW-Mastermind Juha, dieser sympathische Mann mit dem offenen Blick und der immer so netten Art, verlor seine Partnerin Aleah Stanbridge – und verarbeitet ihren Tod in diesem abermals sehr, sehr, sehr schwermütigen Album. Dass der langjährige Gitarrist Markus die Band verließ, verkommt zur Randnotiz, zumal die Finnen ihre Therapie mit neuen Leuten konsequent fortsetzen. Schon der Opener, das gleichzeitige Titelstück, lässt Tränen in die Augen schießen, es ist so unglaublich emotional, dass es fast weh tut. Ach nein, es tut weh. Es schmerzt gar unermesslich. Wie muss es erst beim Schreiber selbst sein? Das Album trägt seine bittere Trauernote über die gesamte Spielzeit. Klar, es lässt auch hoffnungsvollere, fast schöne Momente aufblitzen, die sich vor allem via Gitarre und Soli ausdrücken oder durch den charismatischen Gesang Mikkos, der zudem Unterstützung vom neuen singenden Keyboarder Jaani erhält. Die acht Songs verfügen über tolle Chöre, eine Mörderproduktion, die Songs sind klasse, die Gefühle unglaublich groß. Es gibt eigentlich nur einen Kritikpunkt, sofern sich bei solch einem Album überhaupt so etwas ziemt: Mister Kotamäki lässt zu selten die Sau raus, schreit nur selten das heraus, was ihn wurmt. Aber wie gesagt: Echte Objektivität ist bei dieser Veröffentlichung eh nicht angebracht. Und so ist “When A Shadow Is Forced Into The Light” ein herausragendes Werk, das die Schönheit des Todes und die Dunkelheit des Lebens gleichermaßen abdeckt. Wenn Ambivalenz eine musikalische Beschreibung braucht, dann haben sie SWALLOW THE SUN überzeugend geschaffen. Was für eine wunderbare Scheibe! Danke SWALLOW, alles Gute Juha!
Kaum zu glauben, dass diese österreichische, aus den sehr guten SOULSEARCH hervorgegangene Formation bereits seit 1999 besteht, denn einem (für Underground-Verhältnisse) breiteren Publikum wurden OUR SURVIVAL DEPENDS ON US erst mit ihrem saustarken letzten Album "Scouts On The Borderline Between The Physical And Spiritual World" und dem damit verbundenen Wechsel zu Ván Records bekannt. Nun liegt vier Jahre später mit "Melting The Ice In The Hearts Of Men" der Nachfolger vor und führt diese sehr eigenständige, bisweilen obskure Mixtur aus epischem Doom/Sludge Metal und meditativen spacingen Klängen nahtlos fort, wobei es das Quintett erneut mühelos schafft, eine packende Atmosphäre zu schaffen, die völlig vergessen lässt, dass es sich bei den vier vertretenen Kompositionen durchgehend um Songs jenseits der Zehn-Minuten-Grenze handelt. Die einerseits krachenden Riffs und andererseits ruhigen, akustischen Parts in Kombination mit den teilweise mehrstimmigen Klargesängen wirken niemals wie Mittel zum Zweck, sondern fügen sich stets sehr kunstvoll zu vielschichtigen Hymnen zusammen, die nicht langweilig werden, bei denen man immer wieder neue Details entdeckt, die jedoch eingängig genug sind um nicht zu "intellektuell" zu klingen - hört Euch einfach das großartige "Song Of The Lower Classes" an, mein persönliches Highlight des Albums. Mir ist bewusst, dass viele Leute (auch aus meinem Bekanntenkreis) Probleme mit dem Stil der Jungs haben und ihn gerne mal als "komische Öko-Mucke" abtun (was auch daran liegen mag, dass Bassist Barth das sehr naturverbundene Festival "House Of The Holy" veranstaltet), aber diese Meinung greift für meine Begriffe eindeutig zu kurz. OUR SURVIVAL DEPENDS ON US machen es auch hier sicher nicht jedem recht, aber was sie machen, machen sie mit sehr viel Herzblut, und das hört man "Melting The Ice In The Hearts Of Men", bei dem als I-Tüpfelchen zudem Alan Averill von PRIMORDIAL sowie Victor Santura von TRIPTYKON und DARK FORTRESS als Gäste zu hören sind, mit jedem Ton an.
Mallorca statt Skandinavien. Soviel dazu. Melodiöser Doom statt Doom-Death: Das sind HELEVORN. Die Spanier haben noch nicht eine schlechte CD fabriziert und „Aamamata“ ist ihre beste. Gern verglichen mit Paradise Lost, stehen sie aber vielmehr in der Tradition artverwandter, sehr guter Kapellen wie Saturnus. Diese beiden Bands zeichnet aus, dass sie genauso unsagbar melancholisch und gleichzeitig wunderschön und niemals abgegriffen wirken. Zum Vergleich mit den Briten: Wenngleich der sehr variable Sänger Josep klingt wie ein frischer Nick Holmes und es durchaus härtere mit Growls gespickte Parts gibt, sind HELEVORN keine Paradise-Lost-Kopie, wobei eigentlich ja sowieso deren Anfangsphase erwähnenswert ist. Aber HELEVORN gelingt etwas Ähnliches: Mit Melodie, Gefühl und viel Herz packen sie den Rezensenten wie seinerseits die Briten mit „As I Die“ – „Goodbye Hope“ ist ein Wahnsinnskracher, eine Hymne, ein gottgleiches Stück, so traurig wie eine Sterbebegleitung, aber eben auch, scheinbar paradox, voller Hoffnung. Und wer dachte, dass sei schon alles: „Aurora“ toppt die Chose beinahe mit mächtigem Groove, eigentlich ist jeder Song besser als der andere... „Forgotten Fields“ fast eine Hitsingle, „La SIbi-la“ eine großartige Ballade, das bös-süße „The Path to Puya“ – alles zusammen ein emotionales Feuerwerk. Die Iberer schaffen es, trotz stets auftauchenden Klargesangs und immer präsenter Keyboards, ganzheitlich ernstzunehmend zu bleiben. Sie sind eine unsagbar erwachsene, sehr variable Band, aber eben nicht alt geworden. HELEVORN klingen nie peinlich, nie langweilig, nie kitschig, sondern einfach nur und immer richtig gut. Das Album beklagt keinen Ausfall, alle neun Songs haben ihre unglaublichen, individuellen Stärken. In diesem Genre gibt es keine besseren Bands, HELEVORN sind auf einer Stufe mit Swallow The Sun, Paradise Lost, Draconian und Moonspell stecken sie locker in die Tasche. Die Band und „Aamamata“ sind zum Heulen großartig.
Bereits mit seinem vor zwei Jahren erschienenen Debütalbum "Aether" konnte das belgische Quartett einige Punkte im Underground sammeln, was angesichts tonnenschwerer, höchst atmosphärischer Riff- und Melodiegebirge der Marke "After Us The Flood" oder "The Purging" nicht sonderlich schwierig war. Nun legen die Jungs mit "A Ring Of Blue Light" nach und können - so viel sei an dieser Stelle schon verraten - das hohe Niveau des Erstlings mühelos halten. Mit erneut ebenso kraftvollen wie einschmeichelnden, überlangen Stücken vom Schlage "Towards The Nebula", "Redshift", "The Serpent Bearer" oder dem mit dreieinhalb Minuten erstaunlich kompakten Drone-Intermezzo "Clusters" schaffen Jo Driesmans (Gitarre), Filip Dupont (Gitarre, Synthies, Samples), Kevin Hensels (Bass) und Frederik Cosemans (Drums, Synthies, Samples) auch ohne jegliche Form von Gesang ein höchst intensives Hörerlebnis, das lediglich ein paar Überraschungsmomente mehr vertragen könnte. Für Fans von etwa CULT OF LUNA, YEAR OF NO LIGHT oder OMEGA MASSIF ist "A Ring Of Blue Light" nach "Aether" eine weitere Genre-Pflichtveranstaltung!
Das 2012er Album "The Clouds Are Burning" des niederländischen Sextetts war ein leider kaum beachtetes Meisterwerk in der gemeinsamen Schnittmenge aus zähem Doom-, epischem Black-, sowie leicht gotisch angehauchtem Death Metal, dem die Band mit dem 2015er Beitrag zur Split mit EYE OF SOLITUDE (denen mit Schlagzeuger Remco Verhees auch ein aktives Mitglied von FAAL angehört) eine ebenbürtige Nachfolge zur Seite stellte. Nun liegt mit "Desolate Grief" das dritte Album der Truppe vor, das den nun hohen Erwartungen leider nicht ganz gerecht wird: die vier überlangen Stücke (plus ein kurzes Intro) wollen auch nach mehreren Durchläufen nicht so recht zünden und verbreiten auch nicht jene ungeheure Intensität des bärenstarken Vorgängers. FAAL machen es sich hier zum größten Teil im Funeral Doom "gemütlich" und lassen ihre bisherigen, oben genannten, weiteren Einflüsse gefühlt deutlich weniger von der Leine. Ein Zwölfminüter wie das abschließende "The Horizon" bietet zwar gute, aber leider auch etwas biedere Genre-Kost, während etwa "No Silence" und "Evoking Emotions" (das Highlight des Albums) weniger eng gesteckt, aber auch nicht allzu viel mitreißender sind. "Desolate Grief" ist mitnichten ein schwaches oder gar schlechtes Werk, aber man wird am Ende nur gut satt, ohne das Gefühl, gerade fürstlich gespeist zu haben.
Ach ja: wer auf von der gesamten Band signierte Tonträger steht, sollte hier zum Vinyl greifen, denn der Name der attraktiven Dame an den Synthies - Cátia Uiterwijk Winkel-André Almeida - passt auf keine CD-Hülle!
Bei vorliegendem Werk, dem Debüt-Album der Truppe aus Brighton, England, handelt es sich nicht um eine brandneue Veröffentlichung, sondern um einen aufgewerteten Re-Release. „Conduit“ erblickte bereits im März 2016 das Licht der Welt, doch nachdem das Quintett beim italienischen Label Aural Records unterschrieben hatte, entschied man sich, das Album inklusive der selbst betitelten EP aus dem Jahr 2013 neu aufzulegen. Musikalisch bieten KING GOAT im wahrsten Sinne des Wortes schwer verdauliche Kost irgendwo zwischen epischem Doom Metal („Feral Doom“ oder der mit weiblichem Gastgesang veredelte Titelsong vom Album), Progressive („Revenants“ oder das mit Screams versetzte „Sanguine Path“ vom Album)- und Krautrock („The Final Decline“ von der EP) mit fast durchweg überlangen Songs, die allerdings auch nach mehreren Durchläufen nichts von ihrer –nicht nur stilistischen - Zähigkeit verlieren und kaum zünden wollen, beziehungsweise nachhaltig (endlich kann ich dieses Wort auch mal mehr oder weniger sinnvoll einsetzen…) in Erinnerung bleiben. „Conduit“ ist unterm Strich ein sehr hörenswerter bis guter Einstand, der aber das zweifellos vorhandene Potential von KING GOAT speziell in Sachen Songwriting noch nicht voll ausschöpft. Einen echten Kracher traue ich der Band aber ohne Probleme zu.
DEADNECK kommen aus Finnland und veröffentlichen ihren ersten Langspieler auf dem Label Kozmik-Artifactz. Und ich kann dem deutschen Label dazu nur gratulieren, denn was die fünf hier bieten, ist aller Ehren wert. Bluesiger, langsamer, atmosphärisch ungemein dichter Stoner Metal, der einerseits ausgesprochen heavy und nahezu brachial donnert, andererseits aber enorm gefühlvoll, intensiv und ausdrucksstark gerade von Sänger Alesksi Laakso vorgetragen wird. An mancher Stelle hätte man die Nummern vielleicht eine Spur kompakter halten können, so ist das eindringliche "Sleepless" mit seinen 10 Minuten schon nach 8 erzählt - gleichwohl bleibt es ein klasse Song. Das folgende "(Born to) Follow" macht dafür mehr als alles richtig, es marschiert mit großen, wuchtigen Schritten direkt ins zentrale Nervensystem jedes Doom-, Stoner- und Heavy Rock-Anhängers und führt dort zu einer hormonellen Massenpanik der Glückshormone. Und das als bluesig, sinnierend beginnende "Crimson Sky" punktet im überragenden Songfinale mit Leidenschaft und Melodie.
"Levitation" ist ein Album mit einem verzichtbaren Intro und 5 Songs, die durch ihre stimmige und kontrastreiche Melange aus Härte und Gefühl größtenteils überzeugen oder gar begeistern (siehe oben). Für Anhänger des Genres ist die Veröffentlichung eine Pflichtveranstaltung!
Wenn man eine mittlerweile fast dreißigjährige Bandgeschichte auf dem Buckel hat, kann man es sich schon mal leisten, zurückzuschauen – "Back to the roots!" lautet das Motto für die jüngste Veröffentlichung von PARADISE LOST. Denn auf „Medusa" kommt die Band so dunkel und heavy daher wie schon lange nicht mehr: dominierten in den letzten Jahren rockig-eingängige Klänge, bei denen Klargesang vorherrschte, so wird auf dem neuen Album die Doom-Keule geschwungen. Der Sound liegt irgendwo zwischen Doom und Death Metal, der Gesang kommt größtenteils in Form von Growls daher. Dass die vorherrschende Stimmung ausgesprochen düster ist, versteht sich von selbst, aber verglichen mit dem Durchschnittsklang des Materials der letzten Alben tun sich hier noch einmal völlig neue Dimensionen der Tristesse auf. Da mutet es recht passend an, dass die Band den Albumtitel „Medusa" angeblich wegen der dieser nachgesagten Verbindung zum Nihilismus gewählt hat. Der Opener „Fearless Sky" beginnt mit nach Begräbnis klingenden Orgentönen bevor sich ein Brett von einem Song daherschleppt, auf „The Longest Winter" krächzen die Raben und Windgeräusche verstärken die desolate Atmosphäre noch – der Song ist einer der wenigen, bei dem keine Growls vorherrschen. Der Titeltrack kommt etwas weniger bleibehangen daher, „Blood And Chaos" präsentiert sich flotter und rockiger. Fazit: unerwartet harte Kost, aber wer die frühen PARADISE LOST mochte, der wird „Medusa" lieben.
Diese Band erkennt man unter Tausenden - und da gibt es nicht viele, die das von sich behaupten können. Zugegeben, ich bin Fan von PENDEJO seit ihrem Album "Atacames", aber der Mix aus lateinamerikanischen Rythmen und Instrumenten sowie Stoner/ Doom Metal ist schon skurril und abgefahren. Jetzt bringt das feine Label Kozmik Artifactz den Vorgänger, das Debütalbum "Cantos a la Vida" erstmals auf Vinyl zu den Händlern. Das Teil stammt aus 2010 und ist noch ein wenig roher als der phantastische Nachfolger.
Die Eröffnungsnummer "Flotadores" prescht mit einer unbändigen Energie aus den Speakern, man fühlt sich quasi verfolgt von einem bösen, unheilvollen Sog bis zum Mittelteil, der mit Trompeten einen musikalischen Fluchtraum bietet. Doch vergebens, der Song zieht einen, ohne wirkliche Chance zu entkommen, in seinen Bann. Das nachfolgende "Llorón" wird um einiges langsamer und doomiger, aber keinen Deut weniger heavy vorgetragen. "El Taxista Limeño" ist ein groovender Wonneproppen mit Spoken Words-Passagen und noch mehr Trompeten als gewohnt. So ungewöhnlich sich das auch anhört, so überragend funktioniert hier die Kombi.
Die Songs leben generell von der starken, stoischen Rythmik, wobei manche Melodie, nach meinem Gusto, noch einen Ticken mehr Raum einnehmen könnte. Die Rythmusabteilung, unterstützt von der tiefergestimmten Gitarre, treibt die Songs, gleich einem zornigen Stier, erbarmungslos und mit wenig Platz zum Durchatmen vor sich her. Aber eben dieser brummende Groove mit der immer wieder einsetzenden, kontrastierenden Trompete, dazu das spanisch tiefraue, leidenschaftliche Gebell von "Sänger" El Pastusos sind schon mierda muy caliente.
Wie gewohnt sind die Verarbeitung und Farbauswahl des Vinyls bei Kozmik Artifactz vorbildlich. "Cantos a la Vida" gibt es als Gatefold mit simplem Artwork, aber dafür in einem wunderschönen transparent-hellen Orangeton mit roten Farbspritzern (150 Stück limitiert), und natürlich auch in einfachem Schwarz (ebenfalls 150 Stück limitiert). Der Sound ist wie beim Vorgänger etwas basslastig, aber kräftiger und differenzierter als auf meiner damaligen mp3-Version von "Atacames". Darum und auch weil die Band und diese Veröffentlichung es einfach verdienen, gebe ich hier diesmal außer einem fetten Ausrufezeichen auch noch einen Tipp!
Der Sound der neuen Scheibe hat dieses brachiale, leicht übersteuerte Dröhnen ihrer Livekonzerte. Und das sicher nicht aus Versehen, haben KADAVAR sich doch dieses Mal bewusst dazu entschieden, das neue Album "Rough Times" ohne Hilfe oder Einfluss von außen selbst zu produzieren.
Die Kompositionen sind, wie schon auf dem Vorgänger "Berlin", kompakter und songdienlicher arrangiert, aber um einiges roher, härter und dynamischer. Christoph „Lupus“ Lindemanns Gesang zeigt sich facettenreich wie selten zuvor und trägt so mehr zur Gestalt und Formgebung der Songs bei. Das sowohl entrückte als auch hymnische "Vampires" darf hier als Beispiel dienen. Manches Mal erinnern Lindemanns Gesangslinien gar ein wenig an Ozzy Osbourne. Und wenn dann noch sein Gitarrenriff "Paranoid"-Aroma in sich trägt, wie bei "Words of Evil", lässt das aufhorchen.
KADAVARs neue Scheibe zeigt die ganze Erfahrung und daraus resultierende Cleverness, welche die Band mit den Jahren gewonnen hat. Kein Album zuvor war ausgereifter, die Stärken der Band wurden verdichtet und die vermeintlichen Schwächen wunderbar kaschiert. Starke Platte!