Das aus Finnland stammende Trio KAISER vermischt auf seinem ersten Longplayer Psychedelic/Stoner-Rock, Doom Metal und eine geschmackvolle Prise Space Rock ("Intermission", "Galactic Crusade") zu einem derben, rohen, zäh blubbernden Sud, der erst bei mehrmaligem Hören berauschend wirkt. "High Octane Supersoul" ballert dem Hörer zu Beginn so wuchtig ins Gesicht, dass man durchaus einen gewissen Respekt vor dem weiteren Verlauf von "1st Sound" bekommt. Heavy, hart, mit grollenden Instrumenten, die Stimme von Gitarrist und Sänger Otu im Hintergrund, walzt der Song über einen hinweg wie eine wildgewordene Herde Büffel. Monströser Groove, schroffe Kanten und eine Spur von Wahnsinn beschreiben das Output der Finnen ganz gut. Die Gitarre vermag Akzente zu setzen, und gerade die psychedelischen Momente, die sie bei den Soli beiträgt, färben die Songs passend ein und halten sie spannend. Auch der grobkörnige, rauhe und basslastige Sound trägt sein Scherflein zu einem stimmigen, geradezu gewalttätigen Werk bei. Was etwas zu kurz kommt, sind Kontraste in Sachen Tempo. Und auch die Stimme trägt zu wenig Melodie zum Song bei, was auf Dauer durchaus als Mangel wahrgenommen werden kann. Die Kompromisslosigkeit und beeindruckende Wucht der Platte gefällt, Sound und Instrumentierung passen wie Hammer auf Kopf. Genre-Fans sollten das Teil auf jeden Fall mal antesten.
Uns liegt die Veröffentlichung als transparente Platte in gepolsterter schwarzer Innentasche vor. Das Vinyl ist makellos verarbeitet und wiegt in diesem Fall ausreichende 120g.
Das hardcoremäßig oder eher punkig anmutende Artwork des Gatefold Covers ist inspiriert vom Tod des Dr. Frank Olson (wen das mehr interessiert, darf es gerne recherchieren); eingetütet ist in diesem erstmals auf Vinyl erscheinenden Tonträger aber exquisite Doom/Stoner-, Hard Rock-Ware. Das Album wurde bereits Ende 2017 veröffentlicht, bekommt aber jetzt durch das feine deutsche Label Kozmik Artifactz eine Vinyl-Auflage (einmal rot und einmal klar rot/schwarz marmoriert).
Vorweg - die aus Philadelphia stammende Band überzeugt und packt mich mit ihrem Debüt umfassend und vollständig. Hart, doomig, stoisch riffend, aber immer angereichert mit dem richtig Maß an Melodie gibt es hier 8 Nummern zu entdecken und zu genießen, die keinen Genre-Fan unberührt lassen. Sänger Kevin McNamara leitet mit seiner kräftigen, klangvollen und mit charakterisierender Patina ausgestatteten Stimme durch das Heavy-Wohlfühlprogramm. Gitarrist Mike DiDonato feuert dazu fette Riffs und enthusiastische Soli ab. Das Tempo der Songs ist genretypisch eher behäbig und langsam, wird aber häufig am richtigen Punkt verschärft und geändert, so dass die Songs kurzweilig und spannend bleiben. Einziger Wehrmutstropfen, den ich an diesem Release auszusetzen habe, ist das Fehlen des Bonustracks "Honeypot" (gibt es nur auf CD), der mir mit 6:36 Minuten und einer weiteren fantastischen Gitarrenmelodie den Genuss weiter verlängert hätte. Hervorragende Platte!
Child ist ein australisches Trio, das mit "Blueside" ihr zweites Album auf dem relativ neuen Label Kozmik Artifactz veröffentlicht.
Auf dem Longplayer ist Blues gemixt mit Doom/Stoner Rock-Anteilen. Das klingt jetzt alles nicht sonderlich aufregend oder gar neu, aber die Reinheit, mit der die zwei Genres aufeinander treffen, macht den Unterschied. Blues ist auf dem Album nicht nur eine verwässerte rockige Variante, sondern hier wird wirklich atmosphärisch langsamer Swamp Blues eingetütet. Unterstützt durch seine jammernde Gitarre macht uns die Stimme von Mathias Northway glaubhaft den leidenden Bluesman. Kontrast zur traurig-blauen Stimmung schaffen immer wieder die wütenden, doomigen Ausbrüche und Soli seines Saiteninstrumentes, die dem Mix Spannung und Heavyness geben. Die Mischung ist stark und hat einen kompromisslosen, authentischen Charme. "Blueside" ist eine interessante, überraschende und über weite Strecken überzeugende Veröffentlichung.
Noch ein Wort zu der mir vorliegenden Vinyl-Version. Das Label Kozmik Artifactz ist speziell auf Vinyl und das Genre Doom und Stoner Rock fokusiert. "Blueside" kommt als Gatefold-Version mit einer transparenten blauen, perfekt zum Cover passenden Vinylscheibe daher. Mich stört ein wenig das verwendete, viel zu raue Material der "Verpackung". Zu glanzlos erscheinen hier die Farben, was ich gerade bei dem ausdrucksstarken Artwork schade finde. Das Vinyl ist perfekt verarbeitet und wiegt 180 Gramm. Meiner Meinung nach passen und harmonieren das Genre und die hier klar bevorzugte Verkaufsform, sprich Vinyl, perfekt. Somit kann ich Euch einen Blick auf die Seite www.Kozmik-Artifactz.com wärmstens empfehlen.
Aus "The Pale Light Of Fireflies" wird "The Fragile Light Of Fireflies"! Die spanischen Doom-Deather EVADNE portieren ihr 2021er-Album in ein akustisches. Dazu rekrutierten Sie gleich eine ganze Armada prominenter Musiker, als da wären Jaani Peuhu (Ianai, Mercury Circle, ex-Swallow The Sun), Mark Kelson (The Eternal), Carmelo Orlando (Novembre), Juan Escobar (Wooden Veins, Mar de Grises, Astor Voltaires), Carline Van Roos (Aythis, Lethian Dreams, Remembrance), und Natalia Drepina (Mourneress, Your Schizophrenia). Logischerweise geht das Death-Element im Sound der neuen Scheibe komplett flöten – nix Gegrunze, nix kratzende Gitarren, nix tiefes Geboller. Dafür fügt die Band aus Valencia ihrem Sound noch mehr Traurigkeit hinzu. Unsagbaren Seelenschmerz. Diese Fülle an Emotion ist manchmal schwer auszuhalten, deren Schönheit tut fast weh – aber langweilt entgegen der eigenen Annahme nicht. Vor lauter Zartheit und Zerbrechlichkeit zaubert die Musik der Hörerschaft Herzen in die Augen – wie sonst nur ein ganzes Rudel süßer Hundewelpen. Nur: Im Hintergrund ist da diese stete Melancholie, sie bleibt, sie ist schwer, aber eben auch schön. Keine Ahnung, ob es das wirklich gebraucht hat, aber bei Rotwein in einer Umgebung voller Liebe, da kann "The Fragile Light Of Fireflies“ durchaus funktionieren. Wer es deathiger braucht, der wartet auf das nächste richtig neue Werk von EVADNE. Mehr Info: https://www.m9music.eu.
ENDONOMOS sind die österreichischen Gäste auf dem internationalen DOOMSHIP 2025 im hohen Norden. METAL INSIDE schnappte sich Där Heidinger und fragte mal nach, was geht. Wer die Band erleben will, bewege seinen Popo in den Hamburger Hafen, wo das Doom-Festival am 6. und 7. Mai abgeht. Tickets gibt es unter anderem hier: Tix for gigs.
Ihr kommt aus allerlei musikalischen Himmelsrichtungen.
Mit allen Mitgliedern bei ENDONOMOS hatte ich zu einem früheren Zeitpunkt schon in irgendeiner Konstellation zusammengespielt. Bei der Zusammenstellung der Besetzung war mich wichtig, dass ich einerseits wusste, woran ich bin und andererseits mich mit Leuten umgebe mit denen ich mich gut verstehe. Gitarrist Phil und ich wollten schon vor Urzeiten eine Doom-Band zusammen machen, und es hatte damals aus verschiedenen Gründen irgendwie nicht geklappt, umso mehr Freude macht es nun, das endlich hingekriegt zu haben.
Und wie habt ihr euch bis zum aktuellen Album „Endonomos II – Enlightenment“ entwickelt?
Beim ersten Album schrieb ich alle Songs alleine zuhause, beim zweiten Album wurden die Bandmitglieder schon eingebunden, Christoph steuerte sogar schon Material bei. Eingespielt habe ich alle Instrumente, außer den Drums, bei beiden Alben selbst, die Drums am ersten Album spielte unser erster Drummer Armin (der auch nach wie vor für alle unsere Artworks verantwortlich ist), Mars ist auf dem zweiten zu hören. Armin musste aus Zeitgründen leider aussteigen, er konzentriert sich auf Distaste. Musikalisch denke ich haben wir die Grenzen unseres Stiles weiter ausgefranst, während wir die Fundamente verbreitert haben. Mehr Melodien auf der einen Seite, mehr fiese Riffs auf der anderen.
Beschreib mal die aktuelle Scheibe mit eigenen Worten. Was erwartet jemanden, der von euch noch nichts gehört hat? Einflüsse?
Es ist Death Doom /Funeral Doom, der allerdings etwas mehr von klassischem Doom beeinflusst ist als das Gros der Szene. Die großen Melodien, die sich ins Hirn fräsen sind mir ebenso wichtig wie die brachiale Schwere der Riffs. Es überwiegt bei uns nach wie vor der Growl-Gesang, aber es gibt schon relativ viele Clean-Vocal-Parts, die jedoch weniger ins Operettenhafte gehen wie bei klassischem Metal sondern etwas sanfter daherkommen. Einflüsse wären neben klassischer Doom Bands wie etwa Candlemass oder Pentagram auch DM Bands wie Morbid Angel oder Deicide, aber vor allem auch vielschichtigere Vertreter des Genres wie Edge of Sanity oder Opeth. Dazu kommen auch zarte Einflüsse aus dem Sludge und BM.
Das DOOMSHIP. Was bekommt ein Mensch, der sich eine gar nicht mal so teure Karte kauft? Und was erwartest oder erhoffst du dir von dem „Event“?
Tatsächlich ist das ein äußerst vielseitiges Lineup, auf das ich mich schon sehr freue. Meine Favoriten wären Ophis, Fvneral Fvkk und Urza! Ich erhoffe mir ein Wochenende mit viel Freude an der Verzweiflung und auch wieder mal ein paar Eindrücke von Hamburg mitzunehmen, wir bleiben ja das ganze Wochenende vor Ort.
Doom-Konzerte haben eine ganz eigene Aura haben. Die Doom-Fans sind unglaublich nett, erklär‘ doch mal das Wesen der Doom-Gemeinde.
Auch auf mich wirkt der geneigte Doom Fan eher freundlich, in sich ruhend und unaufgeregt, aber auch da gibt’s natürlich Ausnahmen.
Ihr kommt aus Österreich, Salzburg und Linz und du vom Land. Und wie ist die Doom-, wie die gesamte Metal-Szene im vielgerühmten Austria. Mehr als Schirenc und sein Stench?
Die Doom-Szene in Österreich hat einige wenige sehr gute Veranstaltungen, wie das Doom over Vienna, das immer mit einem handverlesenen Lineup glänzt, oder die „Fortress of Doom“-Reihe in Graz; was Bands angeht, ist sie de facto nicht existent. Es gibt sehr wenige Bands in diesem Genre und noch wenigere davon sind recht aktiv. Österreich ist, wie auch deine Bandaufzählung belegt, sehr von Black Metal dominiert, das ist auch historisch so gewachsen. Mit Theotoxin sind wir zum Beispiel auch gut befreundet, habe auch auf deren vorangegangenen beiden Europatourneen als Session-Gitarrist ausgeholfen.
Das Vienna Metal Meeting ist auch lässig, obwohl der Gig von Totenmond damals ausgefallen ist. Noch mehr Tipps?
Ich selbst war tatsächlich noch nie auf dem VMM, aber mit Totenmond hatte ich tatsächlich schon ein paar Shows, eine der interessantesten und stärksten Bands, die Deutschland je hervorgebracht hat. Definitiv auch ein Einfluss auf mein Songwriting. Es gibt in Salzburg das grandiose Rockhouse, in Wien den Viper Room und die Arena, die beide immer einen Besuch wert sind, der Schlachthof in Wels war immer eine Bank, allerdings finden dort nur noch sehr wenige Veranstaltungen statt. Ansonsten verschlägt es mich privat (auch aufgrund der geographischen Nähe) oft ins benachbarte Bayern, nach München ins Feierwerk oder das Backstage, allerdings am liebsten nach Burghausen in das neue Juz, wo vom Verein Lightning Bird großartige Underground-Arbeit geleistet wird.
Wie kriegst du eigentlich deine ganzen Bands unter einen Hut? Und dann noch das eigene Studio.
Hauptberuflich betreibe ich tatsächlich besagtes Studio in Braunau am Inn, bin also selbständig und kann mir deshalb Konzerte und Touren gut einteilen. Kinder hab ich keine, was die Sache weiter erleichtert, und das einzige Hobby das ich neben Krach machen noch habe ist mit dem Rad in die Natur zu fahren und dort Musik zu hören, insofern alles gut machbar.
Braunau. Ein schwieriger Ort, oder? Für schlechte Witze, für Verehrer einer gewissen historischen Person. Im Ernst: Macht sich das bemerkbar und wie ist es überhaupt an der bayerisch-österreichischen Grenze. Das Klischee denkt: etwas konservativ, um es vorsichtig auszudrücken. Und überwintern Flamingos wirklich noch auf einem Stausee bei Braunau?
Konservativ ist es in Österreich (abgesehen vielleicht von Wien und Graz) überall. Am Land sowieso noch schlimmer. In Braunau ist es sogar vergleichsweise human, es ist eine Kleinstadt mit viel Industrie und wenig Tourismus, sehr beschaulich und nachts geradezu gespenstisch ruhig. Was die „Geburtsortstouristen“ angeht: das hat sich in den letzten 25 Jahren zum Glück deutlich verringert, sowas sieht man hier nur noch sehr selten. Seine lokalen Anhänger sind eher in den Untergrund gegangen. Von Flamingos weiß ich jetzt nichts, aber wir tatsächlich ein großes Vogelschutzgebiet hier, in dem zahlreiche Vogelarten ihr Zuhause haben.
Du hast auch mit Nervecell zu tun. Früher vermuteten ja einige (Neider?), dass sie andauern in Europa spielen, weil irgendein Scheich das bezahlt. Wie bist du überhaupt in die Band gekommen?
Ich lernte sie über gemeinsame Gigs kennen, wir verstanden uns auch gleich gut, hatten auch einen gemeinsamen Bookingagenten damals. Irgendwann bekam ihr Sänger dann mal kein Visum und sie fragten mich, ob ich einspringen könnte. Seitdem habe ich mehrere Europatouren, eine Brasilientour und zwei Shows in Dubai mit ihnen auf dem Buckel. Dieses ekelhafte Gerücht hab ich tatsächlich auch schon mal gehört, allerdings glücklicherweise schon lange nicht mehr. Welcher Scheich sollte denn auch ein Interesse daran haben eine Death-Metal-Band zu subventionieren? Wozu auch?
Die Jungs sind natürlich ganz normale Leute, der Bandkopf ist etwa einfach Gitarrenlehrer, da ist nix mit Big Finance oder derlei. Dubai ist in der Tat spannend. Für mich ne Ecke zu künstlich, aber da geht schon die Post ab, da gibt’s auch regelmäßig Undergroundshows, und internationale sowieso. Meine beiden Shows dort waren einmal mit Sepultura, und das zweite Mal mit Pain und Sceptic Flesh. Mein Highlight war allerdings campen in der Wüste, ganz weit draussen, ohne Lichtverschmutzung die Milschstraße mit freiem Auge betrachten. Von auf 16 Grad runterklimatisierten Gebäuden wird ich wohl nie ein Fan werden, aber die Hitze ist halt auch nicht ohne.
Pläne mit ENDONOMOS für die Zukunft?
Das neue Album ist ja noch sehr frisch, also konzentrieren wir uns jetzt mal auf live, aber ich hab schon wieder ein paar neue Sachen geschrieben. Das wird allerdings noch dauern. Ein paar sehr feine Festivals stehen heuer noch an, und auch für 2026 sind schon die ersten Sachen bestätigt. Das neue Distaste-Album habe ich kürzlich fertig gemixt und gemastert, das kommt im Herbst über FDA Records raus, auch mit Profanity arbeiten wir an neuem Material, und auch ein neues Vor die Hunde-Album ist auf dem Weg, das singe ich demnächst ein, der Output ist also momentan beständig.
Interview:
DOOMSHIP 2025, MS Stubnitz, Hamburg, 6. und 7. Juni
Olli – ein Leben für den Metal. Was ist das Besondere an der Doom-Gemeinde, versuch mal die Faszination einem Außerirdischen zu erklären.
Mein bürgerlicher Name ist Oliver Schreyer. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr Metalhead und seit 20 Jahren Doomer. Ursprünglich komme ich aus dem Brutal Death Metal, bin aber mit meinem Einstieg bei OPHIS immer mehr in doomige Gefilde gerutscht. Es ist nicht so, dass mich ausschließlich diese Spielart des Metals fasziniert, aber die Doom-Szene ist einfach bezaubernd in ihrer Herzlichkeit und Nachhaltigkeit und genau das macht den Reiz aus, dass man über Jahre mit Leuten in Kontakt bleibt, sich regelmäßig auf Szene-Veranstaltungen trifft und sich so natürlich auch bandtechnisch gut vernetzt und zu Events eingeladen wird oder diese auch mal selbst organisiert. Ich spiele in der Berliner Funeral Death Doom Band URZA und das DOOMSHIP ist eigentlich unser 10-jähriges Jubiläum, das wir zusammen mit FVNERAL FVKK, die es genauso lange gibt wie uns, feiern und auch veranstalten. Die Doom-Szene in all ihrer Vielfalt ist eine Lebensbereicherung, in der es echte Freundschaften gibt. Es ist ein geteiltes Lebensgefühl, das bei aller Traurigkeit, die diese Musik mit sich bringt, das Gemeinschaftsgefühl und natürlich die Liebe zu dieser Musik zu etwas einzigartig Positivem macht.
Besondere Fans, besondere Musik, besondere Atmosphäre, besondere Location: die MS Stubnitz!
Die MS Stubnitz ist ein echtes Kulturdenkmal, das inzwischen in Hamburg liegt und dort für jede Art von kultureller Bereicherung offen ist. Von Ausstellungen bis hin zu Extrem-Metal-Events. Die Location ist einzigartig und atemberaubend. Wir sind sehr dankbar, dass wir das DOOMSHIP dort veranstalten dürfen und schätzen die Zusammenarbeit mit der MS Stubnitz sehr.
Wie habt ihr die Auswahl der Bands getroffen?
Es war von Anbeginn nicht der Plan, ein Festival zu veranstalten, sondern das Ganze als Tagesevent zu machen. Der Schritt weiterzugehen, war dann nicht schwierig, zumal wir gerade in der deutschen Kulturlandschaft einfach mit zu wenigen Doom-Festivals aufwarten. Die Bandauswahl haben wir gemeinsam getroffen und befreundete Bands gebucht. Die Zusammenarbeit mit externen Bookern hat sich aufgrund undurchsichtiger Anforderungen und unklarer Kommunikation schwierig gestaltet, sodass wir jetzt wirklich alle Bands direkt gebucht haben und auch direkt mit ihnen in Kontakt stehen. Die Running Order steht bereits und ist auf der Eventseite der MS Stubnitz zu sehen.
Und natürlich hier bei Metal Inside. Wie finanziert ihr das Ganze? Wie viele Leute braucht ihr, wie läuft der VVK, is ja nicht ganz einfach mit Konkurrenz dem Rock Hard Festvial etc. Habt ihr „Sponsoren“, „Supporter“ und wer ist noch im Orga-Team?
Wir hoffen, dass sich das Festival selbst trägt, denn Sponsoren in diesem Sinne gibt es nicht und wenn die Veranstaltung schlecht läuft, liegt das Risiko bei uns. Die MS Stubnitz bietet im großen Laderaum Platz für 400 Gäste. Der Vorverkauf ist für ein Event dieser Art sehr gut angelaufen und wir sind zuversichtlich, dass wir die entstehenden Kosten decken können. An der Organisation sind eine Menge von Leuten beteiligt. Wir sind in engem Austausch mit der MS Stubnitz, das Booking haben Hannes, Marc, Niko und ich erledigt, Ole von OPHIS hat das großartige Artwork für die Veranstaltung gemalt und meine Frau Sabine kümmert sich um die ganzen Unterbringungen der Bands. Wir haben Präsentatoren, die das Event supporten und teilen, wofür wir ebenfalls sehr dankbar sind. Der Veranstaltungstermin ist mit dem Pfingstwochenende vielleicht nicht optimal, war aber logistisch einfach notwendig, um die Bandauswahl so gestalten zu können. Bei 52 potentiellen Veranstaltungswochenenden gibt es immer Konkurrenz, aber ehrlich gesagt sehe ich unsere Zielgruppe nur bedingt in Konkurrenz mit dem Rock Hard Festival oder dem WGT. Das Feedback hat schon gezeigt, dass auch viele Fans von außerhalb anreisen und wir hoffen einfach, dass es genug Freunde dieser Musikrichtung gibt, die das All-Doom-Billing den etwas gemischteren Veranstaltungen vorziehen.
Tipps für die Leser? Noch was auf dem Herzen?
Vielen Dank für das Interesse an der Veranstaltung und die Unterstützung! Hamburg ist eine wunderschöne Stadt, in der man sich die Zeit rund um das Event gut vertreiben kann. Wir selbst werden neben Bandmerchandise auch das belgische Underground-Doom-Label Meuse Music / M9music vor Ort haben, wo sich Fans extremer Klänge auch mit Tonträgern für alle Lebenslagen eindecken können. Es gibt noch ein paar kleine Überraschungen, aber da möchte ich jetzt nicht vorgreifen. Ich hoffe, wir sehen uns auf dem Doomship auf der MS Stubnitz!
HANGMAN`S CHAIRs Album Nummer sieben trägt den Titel „Saddiction“. Der Albumtitel ist eine Art Kunstwort, zusammengesetzt aus den Begriffen „Sadness“ und „Addiction“. Nomen est omen! Der Stil der Franzosen ist düster und schwer und von drückender Melancholie geprägt. Die Nachfolger-Scheibe der erstklassigen “A loner” ist der zweite Teil einer Trilogie. „This Is Not Supposed to Be Positive“ klang noch anders: der Sludge-Sound nahm mehr Platz ein. Die Musik ist inzwischen melodischer und vermittelt mehr Düsternis und Einsamkeit. Die leidenden Vocals von Sänger Cédric Toufouti sind dieser Atmosphäre sehr zuträglich. Die Instrumentalfraktion agiert epochal mit massiven Doom-Riffs, halbakustischem Gitarrenklang und guten Drums. Der Sound ist extrem mit Hall versehen.
Mit „To Know The Night“ und „The Worst is Yet To Come“ startet die Band ins Album. Das Video zum zweiten Track wurde nur mit einem Handy während einer Bahnfahrt durch Paris aufgenommen und hält die Monotonie in der Großstadt fest. Lähmende Schwermut wird bildlich, akkustisch und lyrisch ausgemalt. Passend auch das Album-Cover von Valnoir (Metastazis): Der leuchtende Schriftzug des Albumtitels prangt an der Front eines Pariser „Banlieue“-Wohnblocks. Der Klang erinnert mitunter an LIFE OF AGONY. Das Gitarrenspiel im starken „In Disguise“ erinnert an TYPE O NEGATIVE. Zu “2 AM Thoughts“ hilft Raven van Dorst von DOOL als Gastsängerin. Die Musik trägt uns Hörer in andere Sphären. Bei den letzten Nummern der Scheibe „44 YOD“ und „Healed?“ lassen sich HANGMAN`S CHAIR noch mehr Zeit, um ihre intensive Musik langsam aufzubauen. Eine starke Scheibe!
Wikipedia schreibt, ein Ornament ist ein „sich meist wiederholendes, oft abstraktes oder abstrahiertes Muster, Schmuckelement oder -motiv mit für sich genommen symbolischer Funktion. Ornamente finden sich auf Stoffen, Bauwerken, Tapeten. Ornamente sind oft Bestandteil oder Motive in der dekorativen Kunst, beispielsweise im Kunsthandwerk“. Oder in der Musik, denn die Spanier ORNAMENTOS DEL MIEDO nennen sich „Ornamente der Furcht“. Wenngleich der Band-Name den des Spanischen recht unkundigen Germanen irgendwie an die spanischen Mega-Seller Héroes del Silencio erinnert, so ist die Musik der Bands meilenweit voneinander entfernt, auch wenn Heimatstädte Burgos und Saragossa nur 300 Kilometer trennen. Das doomende Projekt ORNAMENTOS DEL MIEDO – das ist lediglich Angel Chicote – kämpft leidenschaftlich gegen die Windmühlen der guten Laune. Seine Waffe ist Atmospheric Funeral Doom Metal und zum Handwerkszeug gehören nicht gerade im Hintergrund schwelgende Keyboards. Und eine höchst unzufriedene Stimme, die die Worte nur so dahingrunzt und rotzt. Kurz und bündig drückt Angel das aus, was er sagen muss. Und das richtet sich gegen eine kranke Gesellschaft – es stinkt überall. Mit „ODM“ verbreitet Chicote die schier unerträgliche Langsamkeit des Seins, die wenigen Hoffnungsschimmer bringen singende Gitarren, die Chicote aber mit seinem depressiven Gesang wieder zunichte macht. Den Titel „Leer wie ein toter Baumstamm“ trägt das sechse Album des 2017 gestarteten Solo-Projekts vollkommen zurecht. Denn – so als Metapher: Wenn was in den toten Bäumen im Harz krabbelt, dann sind das die Fichten-Borkenkäfer. Nun meinen studierte Biologen anderseits, dass es ein Leben nach dem Baumsterben gibt. Auch deswegen werden Bands und Projekte wie ORNAMENTOS DEL MIEDO weitermachen, denn sie haben tatsächlich etwas zu sagen. Leider kann der Sound nicht ganz mit der beeindruckenden Atmosphäre mithalten, manchmal klingt es doch etwas dünn und blechern. Aber selbst das kann der fast orgiastischen Steigerung der Spannung wie in „Nunca“ nichts anhaben. Ein quälendes Album ohne Geschwindigkeit, die bis auf den Nullpunkt abbremst, um dann mit Steigerung und sich immer wieder wiederholenden Gitarrentönen Schmerzen von Schönheit und Traurigkeit zu verursachen – wie im großartigen „Emociones Coaguladas“. Quälend – für Chicote sicherlich ein absolutes Qualitätsmerkmal.
„Shape of Grief“ ist die dritte Scheibe der Italiener, die sich 2016 so mir nichts, dir nichts aus Astral Domine entwickelt haben – 2016 kam der VEIL OF CONSPIRACY-Erstling „Me, Us and Them“. Das soll noch Progressive Metal gewesen sein. Beim aktuellen Werk handelt es sich aber um Doom. Doom mit vielen Death-Elementen, wie der gegrunzten Stimme von neuen tollen Sänger Nicola Belotti, der sein Debüt feiert. Aber keine Angst: Es wird nicht nur gegrunzt. Und noch besser: Er kann auch clean singen – ohne, dass es eirig oder windschief klingt. Und auch der gelegentliche Frauengesang passt sich unpeinlich und niemals aufgesetzt in die spannenden Songs ein. Und dass Belotti beides kann, kommt der Veröffentlichung enorm entgegen – sie mutiert zu einer Achterbahn der Gefühle. Der Song „Burden“ zum Beispiel bietet wunderschöne Momente in einer wirklich trost- und hoffnungslosen Atmosphäre. Manchmal lassen die Römer gotische Elemente und Riffs von Paradise Lost denken („Disant Waves“), zumal sie sich auch die Zeit nehmen, mit gezogenen Soli mal vom Elend der Welt abzulenken. Und so wabert „Shape of Grief“ hin und her zwischen zerbrechlichen Melodien – nachdenklich und melancholisch – bis hin zu totaler Depression, schierer Verzweiflung und tiefer Trauer – wie "Empty Shores". Allein die gelungene stimmliche Abwechslung lässt “Shape of Grief“ nie langweilig werden. Aber die tollen, interessanten Songstrukturen machen das Album zu einem wirklich guten. Das sich nicht nur 100-Prozent-Doomer zu Gemüte führen können. Funfact: Gemixt und gemastert hat ein gewisser Øystein G. Brun im Crosound Studio. Um es abschließend mal im Duktus lukullischer Freuden auszudrücken: Es muss nicht immer Dosenbier sein, in mancher Stimmungslage passt ein italienischer Rotwein einfach besser.
Funeral Doom ist ja nicht jedermanns Tasse Tee. Das trifft zwar irgendwie auf alle Metal-Spielarten zu, diese langsamste und dunkelste Variante trifft aber stets auf viele voreingenommene Kritikaster. Nun haben sich 2019 OAKMORD zusammengetan, also genauer gesagt der Finne Sami Rautio und der Deutsche Jürgen Fröhling, beide auch Mitglieder bei den (inzwischen aufgelösten?) My Shameful. Und wie schon die ersten beiden Scheiben OAKMORDs, also „We Were Always Alone“ und „End of a Dream“ ist auch „Take The Step“ (von Meuse Records, das Label, das auch beim DOOMSHIP anwesend ist) alles andere als lebensbejahend. Es könnte durchaus als suizidale Aufforderung verstanden werden, wenngleich immer mal wieder artfremde Elemente aus dem Dunkel hervorstechen. Ob jemand die im Info genannten Jazz- und Klassik-Einflüsse erkennt, sei mal dahingestellt, aber „Elegy MMXXIV“ verfügt sogar über unerbittliche Melodien, die fast schön erscheinen. „Take The Step“ ist aber grundsätzlich unsagbar traurig, fast wütend und ungeheuer verzweifelt – es macht einfach keine gute Laune, OAKMORD zuzuhören. Und dennoch ist es megainteressant, wie in diesem gebremsten Tempo, mit dieser scheinbar so minimalistischen Art, derart mitreißende Musik entstehen kann. Man höre das vergleichsweise optimistische Titelstück oder die großartigen Gitarren in "Never Forgive"! Menschen ohne Geduld werden unglaublich gelangweilt sein, aber wer sich einmal der Doom-Welt geöffnet hat, der wird dieses Album lieben. Und merken, dass es Gleichgesinnte gibt, dass es Menschen und Musik gibt, die es lohnt, zu lieben. Und dann bleiben sie uns vielleicht noch lange erhalten. Genauso wie hoffentlich OAKMORD. Und vielleicht trinken dann alle gemeinsam ein paar Tassen. Tee.