Irgendwo zwischen dreister Abzocke und prinzipiell netter Idee in Zeiten sinkender CD-Verkäufe versucht sich das METALLICA Label an einer Art Maxi-Sammelbox zum Song "All Nightmare Long". Der Song an sich gehört sicher zu den besten des letzten Albums "Death Magnetic" - und steckt, soweit der Plan, im Plattenladen um die Ecke in einem schicken Digipack für insgesamt drei Tonträger. Kauft man sich dieses schicke Digipack sind aber noch zwei Plätze leer, die, so die Idee durch eine zusätzliche (in schnöder Plastikhüllen steckende) Maxi bzw. DVD gefüllt werden müssen. Jede silberne Scheibe enthält drei Titel, der erste ist jeweils "All Nightmare Long" - die beiden Audio-Maxis werden aufgefüllt durch je zwei Songs von ihrem Berlin-Auftritt zum neuen Album: "Wherever I May Roam" und "Master Of Puppets" sowie "Blackend" und "Seek And Destroy". Allesamt in guter Soundqualität und METALLICA-üblich live schon immer echte Granaten. Die DVD hingegen zieren keine weiteren Songs sondern Dokumaterial aus Berlin und Rock Am Ring. Bleiben fünf unterschiedliche Songs mit netter DVD-Beigabe für die selbst bei günstigem Einkauf zwanzig Euro nicht reichen werden. Und das ist die einzige Sauerei, denn "All Nightmare Long" ist super und METALLICA live eine Bank - und das hätte toll auf eine EP gepasst. So aber macht zumindest mir das keinen Spaß.
Noch nicht gar zu lange ist es her, dass IN EXTREMO mit "Sängerkrieg" ihre letztes Studioalbum präsentierten, nun legen die Mittelaltergrößen mit einer Akustik Live-Aufnahme unter dem selben Titel, aufgezeichnet beim Potsdamer Radiosender Fritz, nach. Allerdings ist der Titel in sofern etwas irreführend, als er einen zu der Annahme verleiten könnte, dass sich ausschließlich Material des "Sängerkrieg"- Studioalbums darauf befindet. Zwar liegt darauf tatsächlich der Schwerpunkt, aber es finden sich eben auch ältere Songs wie "Küss Mich" und "Vollmond". Die zweite Überraschung wäre, dass man ja nun bei einem Akustik-Album einer Mittelalter-Rockband mehr oder minder erwarten würde, dass, sobald man alles elektrisch Verstärkte abgezogen hat, hauptsächlich Mittelalter übrig bleibt. Ist aber hier nicht so. Im Gegenteil, die vorhandenen Mittelalter-Instrumente sind im großen und ganzen sehr zurückhaltend eingesetzt und rücken lediglich bei wenigen Songs, wie beispielsweise "Vollmond", etwas mehr in den Vordergrund. Das erfordert erst einmal etwas Gewöhnung, zumal die akustischen Arrangements der Stimme des Letzten Einhorns einen ganz anderen Rahmen geben als man das sonst so gewöhnt ist, ist in sich aber durchaus stimmig. Zusätzlich zu dem Radiomitschnitt runden mit "Requiem" und einer Piano-Version von "En Esta Noche" noch zwei Bonustracks sowie als Ergänzung auch noch eine ursprünglich mal bei DMAX ausgestrahlte, knapp 50-minütige Dokumentation über die Band mit einer Zusammenstellung aus Live-Ausschnitten und Interviews das Gesamtpaket ab. Wer also noch ein Weihnachtsgeschenk für einen ihm bekannten IN EXTREMO- Fan braucht, kann hier getrost zugreifen. Und auch wenn er selbst nicht so auf Mittelalter steht ruhig mal vor dem Verschenken reinhören.
Ein kleiner Exkurs sei vorab gestattet: Es gab Zeiten, da fuhr der Rezensent mit seinem marinogelben K70 durch die niedersächsische Landschaft und hörte monatelang nichts anderes als „Suffer“, „No Control“ und „Against the Grain“, allesamt Scheiben der unschlagbaren Bad Religion. Das war einerseits saucool, weil die Kapelle total gesellschaftskritisch war und andererseits so dermaßen melodiös und eingängig, dass man auch mal andere Leute mitnehmen konnte, ohne, dass die schon nach dem zweiten Song genervt waren. Alsbald stagnierte jedoch das Treiben der kalifornischen Zeigefinger-Pädagogen und die Begeisterung mutierte zu relativer Gleichgültigkeit. Also wandte sich der Kaugummi-Punk-Freund wieder den extremen Metal-Gefilden zu, ließ aber Graffin und Co. nie aus den Ohren. Die neueren Scheiben sind zwar wieder besser – aber eine ähnliche Begeisterung wie damals im tollsten Auto der Welt stellte sich genau jetzt ein – Exkurs beendet - mit dem Hören der neuen RISE AGAINST. Und das liegt nicht nur am lohnenswerten Einsatz für die PETA (People for the Ethical Treatment of Animals), nicht an der Verwendung von rein pflanzlicher Tinte, die zum Drucken der Cover benutzt wurde oder am Recycling-Papier, aus dem die Verpackung gefertigt ist. Auch nicht nur an den guten, hintergründigen, gesellschaftskritischen Texten, die dem ein oder anderen vielleicht zu dogmatisch sein könnten. Die aber sollen sich genauso ins Knie ficken, wie die, die RISE AGAINST mit Teeniebands der Marke Blink hundertachtdrölfzig vergleichen. Natürlich scheinen RISE AGANIST mit ihrer neuen und fünften Scheibe kommerzieller. Aber, wenn kommerzieller heißt, dass eine Band das Tempo im Schnitt gesenkt hat zugunsten großartiger Melodien; wenn kommerziell heißt, dass der Sänger eine (Melodic)-Punk-Band charismatisch und gut singen kann und der Sound eben auch gut ist, dann können vielleicht alle Punkbands einen Schritt in Richtung Kommerz machen. „Appeal to Reason“ ist gleichzeitig fröhlich und melancholisch, hart und soft – das Album ist einfach toll, auch, wenn sie vielleicht zu vielen „jungen“ Menschen gefällt. Und ich gucke jetzt mal, ob ich vielleicht einen anständigen Youngtimer mit fetter Sound-Anlage kaufen kann.
Jeder kennt METALLICA. Lange Haare oder nicht, METALLICA hat den Metal salonfähig gemacht und ist in den letzten Jahren stark aus dem Tritt gekommen – umso gespannter durfte man wohl auf „Death Magnetic“ sein. Und „Death Magnetic“ ist vielleicht genau das Konsensalbum, das METALLICA nach über einem Jahrzehnt der Unzulänglichkeiten gebraucht hat. Es war nicht nur der Drumsounds der „St. Anger“ zum St. Ärger machte und es war nicht nur der fehlende Metal, der „Load“ und „Re-Load“ heute zur oft vorhandenen Lücke im Plattenregal der Fans macht. „Death Magnetic“ steht hier, was die Struktur der Songs angeht, viel eher in der Tradition eines „Master Of Puppets“. Und so gibt sich das neue METALLICA Album als Sammelsurium von Ideen, von denen keine für sich neu ist und eröffnet stark: „That Was Just Your Life“ ist METALLICA pur und auch Fans der alten Tage dürften sich an diesem Thrash erfreuen. Der Sound ist druckvoll, die Gitarren laut – wenngleich die Drumsoundkrankheiten noch immer nicht gänzlich überwunden scheinen. Prinzipiell halten sie im folgenden Song Tempo und Power, „The End Of The Line“ stolpert aber über seine eigene Länge, denn der durchaus manchmal hervorblitzende Spielwitz, die kompositorische Abwechslung und auch endlich wieder ehrliche Soli klingen mir zum Füllen langer Songs noch nicht homogen genug. Das knackig-unspektakuläre „Broken, Beat & Scarred“ bereitet den Weg zur ersten ausgekoppelten Single: „The Day That Never Comes“ versteht sich als kraftvolle Semi-Ballade im „One“-Stil, ohne jedoch auch nur ansatzweise in dessen Sphären aufzusteigen und verspielt gerade im einfachen Chorus mein Wohlwollen. Der mit Abstand beste Song des Albums bei dem nicht weniges sondern eigentlich alles passt, ist „All Nightmare Long“ - die eingängige Melodie und zeitgemäßer wie echter METALLICA-Sound machen den Song zum (einzigen) Hit. Wäre er ein paar Minuten kürzer (eine Krankheit die er mit einigen Songs des Albums teilt) hätte sicher auch „Cyanide“ zünden können – der proggige Flair steht METALLICA in meinen Augen aber nur mäßig gut. Das kitschig mit Piano und Streichern beginnende „The Unforgiven III“ mag ich genauso wenig wie ich den zweiten Teil des Songs mochte. Der endgültige Schuss ins eigene Knie folgt dann mit dem nicht enden wollenden Instrumental „Suicide & Redemption“, das die avisierte „Orion“-Liga weit verfehlt. „Death Magnetic“ ist das zweifellos beste METALLICA-Album in diesem Jahrtausend das, überraschenderweise weder Katastrophe noch weniger überraschenderweise Geniestreich, durchaus gut hörbar ist – auch für die alten Fans. Nicht wirklich wichtig aber schön: Das schicke, weil kunstvoll gestanzte, Booklet und CD-Text sind schöne Dreingaben.
Um das Fazit gleich einmal vorwegzunehmen: "Pandora", das zweite Album des Trios MNEMONIC aus Nevada, kann sich sehen lassen. Druckvoller, fetter Rock mit leichten Metal/New Metal-Einflüssen wechselt sich mit ruhigen, melancholischen bis depressiven ruhigeren Songs, und alles davon geht ins Ohr. "Quicksand" hat etwas Hypnotisches bis unterschwellig Psychedelisches, "T.A.P." beginnt ruhig und geht dann im Refrain mit fetten Gitarren in die Vollen. "P.S." rockt geradlinig drauflos und mit "Souvenir" findet sich eine schöne, melodiöse Ballade mit mehrstimmigem Gesang und Ohrwurmcharakter auf dem Album. "Palindrome" ist ein herrlich bittersüßer Abgesang auf Verlorenes und auf "Suffer" gibt das Trio zum Abschied noch mal richtig Gas. Bei sich zuhause haben die Jungs es bereits erfolgreich ins Radio geschafft, und es scheint eigentlich nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich das hierzulande wiederholt- Bands wie Nickelback haben es vorgemacht. Verdient hätten es MNEMONIC allemal.
DRAGONFORCE konnten Anno 2002 bereits mit ihrem Debüt „Valley Of The Damned“ groß aufwarten, steigerten sich mit dem Nachfolger „Sonic Firestorm“ um mit Album Nummer drei „Inhuman Rampage“ neben unbestrittener musikalischer Qualität auch noch ordentlich kommerziell was zu reißen. Die Neue DRAGONFORCE mit dem Titel „Ultra Beatdown“ siedelt sich auf dem gleichen Niveau an, verändert den Sound des internationalen Sextetts aber geringfügig – will aber meinen, das Album wird den Ansprüche der Fans der Combo absolut gerecht. Wie gehabt, jeder der acht meist überlangen Songs steckt voller Ideen, Wendungen und Überraschungen. Das versteht sich bei DRAGONFORCE ja von selbst. Das die Band aber streckenweise die Geschwindigkeit zurücknimmt (dabei aber meist immer noch flotter agiert als die Herscharen der Melodic Metal Konkurrenz) steht ihr (sollte man kein Speed-Fetischist sein) ausgezeichnet. So ist das auf 6:26 Minuten eher kompakte „Reasons To Live“ ein Melodic-Bolzen vor dem Herrn; „The Last Journey Home“ und dem fast schon balladesken „A Flame For Freedom“ sind auch etwas die Zügel angelegt, aber lassen keinerlei Langeweile aufkommen. Ansonsten brettert es gewohnt durch die Prärie – der Opener „Heroes Of Our Time“ ist eine typischer DRAGONFORCE-Ritt, die beiden Schlussgalopper „Inside The Winter Storm“ (geiler Mittelpart – Anhören!) und „The Warrior Inside“ lassen auch keine Wünsche offen. Die Londoner Multikultitruppe um Sänger ZP Threat, den Beschleunigern Herman Li und Sam Totman (Gitarren-Wahnsinn) sowie Vadim Pruzhanov (Keyboard), Dave Mackintosh (Schlagzeug) und Frédéric Leclercq (Bass) hat mit „Ultra Beatdown“ auch in 2008 mal wieder ein Referenzwerk in der Kategorie „fast, melodic, clean vocals“ gesetzt. Überzeugende Erweiterung der Diskografie.
Furios startet das mit einem prolligen Cover versehene neue LIGEIA-Album, der Titeltrack (gleichzeitig Opener), „Johnny Cash“ und „I’ve Been Drinking“ sind verdammt gute Songs, die im KILLSWITCH ENGAGE-Fahrwasser unterwegs sind und die Konkurrenz hinter sich lassen. Aber danach gibt die Band den deutschen Ruder-Achter bei Olympia 2008 und bricht voll ein. „Hot Mess“ ist noch ok, danach wird es finster. Die Songs sind langweilig, vorhersehbar und, wie im Falle der Ballade, komplett überflüssig. Wollten sie nicht mehr, konnten sie nicht mehr? Was war da los im Proberaum? „Bombshell“ lässt noch kurz hoffen, unkonvetionell wird hier der Metalcore verarbeitet, aber danach geht es mau weiter. Als EP mit nur den ersten drei, vier Songs wäre „Bad News“ fett, als Album hat es zu viele Filler, um überzeugen zu können.
Wer "The World Ruler" von außen vor sich sieht, glaubt erst mal, ein Black- oder Death-Metal-Album in der Hand zu haben, zumindest aber irgendetwas aus den Gefilden der härteren Metal- Spielarten. Das eine oder andere Intro oder vereinzelte Instrumentalteile mögen auch mal in diese Richtung gehen- so ist zum Beispiel "Black Sick Spider" vergleichsweise hart ausgefallen, und das sich anschließende "Gianizm Shichi" weist entsprechende Einzelstellen auf-, aber im Großen und Ganzen liegt man mit einer derartigen Klassifizierung dann doch falsch. NIGHTMARE schwanken eher zwischen etwas Exzentrik ("Boys Be Suspicious"), einer gewissen Härte und einer mitunter etwas nervtötenden wirkenden Hektik (wie ebenfalls bei "Gianizm Shichi" sowie "18 Sai" unter Beweis gestellt). "Crevasse" ist getragener und melodiös gehalten, ebenso wie das hübsche "Morpho". Fazit: Exzentrisch und solide, für J-Rock-ungeübte Ohren aber nicht wirklich zu empfehlen, da zu gewöhnungsbedürftig.
In Japan haben MUCC längst Kultstatus und auch im Rest der Welt sind sie seit 2005 keine Unbekannten mehr. Mit "Shion" kommt nun das mittlerweile achte Studiowerk der japanischen Kombo in die Läden., das durchaus abwechslungsreich geworden. "Nuritsubusunara enji" (die Verfasserin dieser Zeilen ist des Japanischen leider nicht im Mindesten mächtig und bittet somit schon quasi präventiv um Vergebung bezüglich sich eventuell einschleichender, entstellender Tippfehler) kommt sowohl von Gesang als auch vom Instrumental-Background teilweise mit stilistischen Punk- und Heavy-Anleihen recht hart daher, das melodiösere "Fuzz" befand sich auch auf dem Soundtrack von "Cloverfield". "Anjelier" ist mit einer Melodie ausgestattet, die sofort ins Ohr geht , was durch den sich in ungewohnte Höhen aufschwingenden Gesang noch unterstützt wird und mit dem ruhigen, eher traurig-nachdenklichen "Chiisana mado" zeigen MUCC, dass ihr Spektrum auch Balladen umfasst. "Semishigure" ist ein hübscher, melodiöser Rocksong, der Titeltrack "Shion" dagegen wirkt etwas psychedelisch. Alles in allem japanischer Vorzeige-Rock.
Wer "Royal Stranger" einlegt und zunächst irritiert meint, er sei in irgendeine Art Electro-Werk hineingeraten, irrt und sei angehalten, noch etwas länger durchzuhalten- da kommt noch mehr. Es dauert bloß etwas, und mit dem etwas belanglos-klingenden "Rendezvous" befindet sich zugegebenermaßen auch nicht unbedingt der beste Song am strategisch nicht gerade unbedeutenden Anfang der Platte. Auf dem anschließenden "Revolution" werden dann plötzlich Metal-Anleihen laut und demonstrieren, dass da doch mehr zu erwarten ist, als der anfängliche elektro-lastige Pop, auch wenn die Stimme von Sängerin und Model MYM etwas gewöhnungsbedürftig ist. "Shower" ist ein hübscher Pop-Rocksong mit eingängiger Melodie, bei "i-Scream Machine" klingen mit zum Teil recht fetten Riffs wieder rockigere und auch ein wenig düstere Töne an. "Coward" beginnt ruhig, legt durch im Refrain hinzustoßende fette Gitarren dann aber noch zu und weist sogar ein kurzes Streicher-Solo auf, "Twisted Heart" mixt eine poppige Melodie mit gelegentlichen Industrial-Anleihen. Und als kleines Bonus gibt´s zur ohnehin schon stolze 16 Tracks umfassenden CD auch noch drei Video-Clips dazu. Alles in allem zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig und gelegentlich auch etwas anstrengend, aber irgendwie faszinierend.