Die österreichischen Power Metaller um den Ex-LEAVE'S EYES, Ex-EDENBRIDGE Drummer Roland Navratil können mit Ex-ARTILLERY Fronter Soren Adamsen einen prominenten Neuzugang aus Dänemark verbuchen. Und selbiger macht mit seiner kräftigen Stimme auch bei einer melodischen Band wie DIGNITY eine super Figur. Genau genommen ist Adamson das größte Ass im Ärmel der Wiener. Geht „Balance Of Power“ mit „Rebel Empire“ und „Save Me“ recht knackig nach vorne los und schaffen DIGNITY dort sehr gut den Spagat zwischen melodisch-bombastischen Elementen und schierer Metalpower, so kippt die „Balance Of Power“ beim folgenden „Rise“ erschreckend gen Schlager. Dass man sich bei dem Versuch eine melodische Hymne zu komponieren auf einem schmalen Grat bewegt, von welchem man leicht abzustürzen droht, haben schon andere Bands erfahren müssen (man erinnere sich z.B. an STORMWITCH und deren Waterloo „Fallen From God“). Leider stürzen auch DIGNITY bei „Rise“ gnadenlos in die Tiefe. Und auch die nächsten Stücke lassen leider nur bedingt aufhorchen. Erst mit „Save Me“zeigt die Formkurve wieder nach oben. Schöner catchy Chorus, zackige Strophen, viel Melodie, aber auf der richtigen Seite der Kitschgrenze. In den starken Momenten erinnern DIGNITY durchaus an ihre leider verblichenen Landsleute von STYGMA IV. Was aber auch vor allem an Adamson liegt, welcher manchmal doch sehr nach Ritchie Krenmaier (was macht der eigentlich heutzutage??) klingt. Abgeschlossen wird das Album durch den gelungenen 7-Minüter „Freedom Reign“. Danach folgen noch das balladeske aber sehr kurze und dadurch irgendwie unfertig klingende „Help Me Call My Name“ und das nette SCORPIONS Cover „Blackout“. Alles in Allem ist „Balance Of Power“ eine etwas zerfahrene Angelegenheit. Ein starker Beginn in Verbund mit einem starken Schluß und einem schwächelnden Mittelteil. Ich bin mir aber sicher, dass DIGNITY Potential haben, welches sie in Zukunft noch stärker ausschöpfen werden.
LION TWIN spielen laut eigener Aussage „Metal-Pop“ und kommen aus dem Umfeld der frühen ACCEPT, was dazu führte, dass sowohl „Uns-Udo“ für ein Duett mit Sängerin Li bereit war, als auch Michael Wagener sich für Mix und Mastering verantwortlich zeigt. Auch wenn es sich bei „Nashville“ um ein Debut handelt, so merkt man zu jeder Sekunde, dass hier gestandene Musiker mit teils jahrzehntelanger Erfahrung am Werk waren. Die Songs sind stimmig durcharrangiert und glänzen mit Ohrwurmmelodien am Fließband. Metallische Härte war offensichtlich nicht das Ziel von LION TWIN, vielmehr legt man ein Augenmerk auf eingängige, aber nicht ausgelutschte Melodiebögen. „Nashville“ klingt in seiner Gesamtheit sehr fokusiert und erwachsen. Spannend ist, dass es LION TWIN schaffen ihre Musik für den Hörer einerseits so zu gestalten, dass durch das Verwenden vertraut klingender Versatzstücke der Einstieg in ihren Klangkosmos für den Hörer sehr leicht gemacht wird. Andererseits kommen sie immer wieder mit neuen Ideen und ungewöhnlichen Schlenkern um die Ecke, die die ganze Sache interessant und spannend halten. Alleine der „Lord Of Dance-Überfall“ in „Far Away“ ist sensationell und überraschend und läßt wohl auch Herrn Blackmore und Frau Night begeistert ums Lagerfeuer hüpfen. Textlich zeigen sich die Dame und die Herren recht engagiert und behandeln aktuelle Themen wie Umweltverschmutzung oder die Occupy-Bewegung genauso wie wahrlich „klassischen“ Stoff à la „Tristan & Isolde“. Schöne, gut zu hörende Scheibe.
Es tut mir ja langsam echt leid, aber ich werde mit THE PRIVATEER auch auf deren Zweitwerk „Monolith“ nicht warm. Und das liegt bestimmt nicht am Piratenimage, vielmehr liegt es daran, dass zu viele „Schunkel-Hoch-Die-Tassen“ Feiertracks auf der Scheibe sind und wenige wirklich ernst zu nehmende Momente. Ich möchte hier nicht die Hobbit vs. ernster Metaller Diskussion lostreten, denn darum geht es mir nicht. Jeder kann feiern wie und wann er will. Es geht mir viel mehr darum, dass bei THE PRIVATEER vieles zu aufgesetzt und nicht natürlich wirkt (hier muss ich böse singen - hier klar – jetzt braucht es nen Schunkelpart und nun nen Blastbeat etc...). Was mir dann vollends die Schuhe auszieht sind die deutschen Lyrics bei „Störtebeker“. Ich kann mir von spanisch über russisch bis zu japanisch so ziemlich jede Sprache der Welt geben, nur wenn es um meine Muttersprache geht, bin ich mehr als kritisch und kann es mir in den seltensten Fällen anhören. Sei es, wie es will: THE PRIVATEER und ich werden in diesem Leben wohl keine großen Freunde mehr. Hörer die kein Problem mit nem Mix aus den REITERN und ALESTORM haben, dürfen sich das Ganze gerne geben und sich dann darüber aufregen, dass der Schreiberling hier eigentlich gar keine Ahnung von guter Musik hat. ;-)
Die Schweden BONAFIDE offerieren uns mit „Bombo“ ein weiteres bluesgetränktes Werk, welches zwar auch den Spirit der 70er Jahre AC/DC atmet, wie bei diversen aktuellen Classic Rock Kollegen (42 DECIBEL, '77) üblich, diesen aber einerseits mit anderen Einflüssen (z.B. alte WHITESNAKE beim Rausschmeißer „8-Ball“) sowie skandi Rotzrock verbindet. Mastermind Pontus Snibb hat zudem ein schönes Southern-Rock Timbre, was ihn von vielen Bon Scott Clones abhebt. BONAFIDE wollen die Musikwelt nicht verändern, sie wollen Spaß haben und Spaß machen und das gelingt ihnen mit ihren schnörkellos nach vorne gehenden Kompositionen ausnehmend gut. Und kleine Gags wie der „Spiel Mir Das Lied Vom Tod“-Pfeifer am Anfang von „Bad As Clint“ zaubern dem Rezensenten dann auch sofort ein Grinsen ins Gesicht. Kurz gesagt: „Bombo“ verkörpert authentischen bluesigen Rock N' Roll Geist, welcher zwar aus den 70ern kommt, mit beiden Beinen aber im Hier und Jetzt steht. Als Anspieltips gebe ich mal die beiden direkt hintereinander plazierten „Harmony“ (hochmelodisches Stück, welches an alte THUNDERHEAD Balladen erinnert) und den mit einem mitreißenden Chorus versehenen High-Energy Rocker „Better Safe (Than Sorry)“.
Auweia, das ist mal ein ziemlicher Brocken, der uns von den britischen Inseln erreicht hat. DECONSTRUCTING SEQUENCE verbinden harschen Black / Death Metal mit spacigem Progressive Metal. Manchmal klingt das so, als würde man eine STRAPPING YOUNG LAD Platte und eines von DEVIN TOWSENDS Soloalben zeitgleich hören. Merkwürdigerweise mündet das ganze trotz aller Komplexität nicht im totalen Chaos, sondern in flüssigen und nachvollziehbaren Songs. DECONSTRUCTING SEQUENCE lassen in ihren aggressiven Eruptionen immer wieder Raum für sphärische Sounds oder melodische Gitarrenspielereien, bevor es wieder brutalst auf die Mütze gibt. Immer dann wenn es scheint, als ob pures Geprügel die Oberhand gewinnt, überraschen die Herren mit einer kurzen Ohrenschmeichler-Einlage wie dem PINK FLOYD Gedächtnisbreak im Abschlusstrack „Rediscovered Beauty Of Internal Evil“. Alles in Allem ein ambitioniertes Stück Musik für alle, die es zwar heftig aber alles andere als stumpf mögen. Bin gespannt, wohin sich die Band noch entwickeln wird.
Konzert vom Mal unter der Woche knapp 200 Kilometer Anfahrtsweg für ein Konzert nimmt man nicht unbedingt gerne in Kauf. Anders sieht das aus wenn HARDCORE SUPERSTAR zu einer Runde Rock n´ Roll einladen. Auf geht’s also nach Aschaffenburg in den Colos Saal. Der Club liegt mitten in der Innenstadt und gewann in diesen Jahr den „Live Entertainment Award“. Und dies völlig zu Recht. Ein sehr gelungenes Ambiente, nettes Personal, humane Getränkepreise und außerdem ein sehr gute Klangkulisse.
Los gings mit VENREZ aus Los Angeles. Die Band um den gleichnamigen Sänger spielt modernen Rock. Nicht unbedingt eingängig und nicht zwangsläufig mit großem Hitcharakter. Entsprechend verhalten fallen zunächst die Reaktionen der Gäste aus. Irgendwann lockert sich dann doch die Stimmung und Songs wie „Karma“ oder „Sell The Lie“ animieren zumindest mal zum mitnicken. Mit rund 400.000 Likes auf Facebook sind die Herren zumindest in Ihrem Heimatland nicht umsonst ne Hausnummer!
Mit „Moonshine“ steigen dann HARDCORE SUPERSTAR ein und sofort ist die Stimmung auf Anschlag. Bei „One More Minute“ sind alle Hände im Saal nach oben gereckt und es wird lautstark skandiert. Geil! Die Schweden, insbesondere Frontmann Jocke Berg legen eine unglaubliche Energie an den Tag das einem fast schwindelig wird. „My Good Reputation“ und „Guestlist“ sind einfach Granaten in Sachen rotzigem und sleazigem Metal die vor allem Live grandios rüber kommen. Auch älteres Zeug wie „Into Debauchery“ und „Dreamin`In The Casket“ werden abgefeiert, denn immerhin gibt’s die Jungs seit fast 15 Jahren und stolzen 10 Alben. Es macht Spass der Truppe zu zu sehen und es ist gleichzeitig einfach nicht möglich bei „Above The Law“ (inklusive einigen Hundert in die Luft gerissenen Mittelfingern) nicht steil zu gehen. Für die Zugabe traut sich Joakim Berg alleine auf die Stage und stellt seine Gesangkünste unter Beweis in dem er „Run To Your Mama“ mit dicker Unterstützung der Fans zum Besten gibt. Schnell ist´s dann vorbei mit Geschmuse und zwei zarte Ladies dürfen auf die Bühne um zusammen mit dem Herren Jägermeister und HARDCORE SUPERSTAR den „Last Call For Alcohol“ abzufeiern. Fett. Doch gefeiert wurde dann genug darum gibt’s zum Schluss noch „We Don`t Celebrate Sundays“ und dann ist Feierabend. Geile sympathische Band mit einem unglaublichen Gespür für eine fette Show. Danke!
BUCKCHERRY haben in Europa vielleicht nicht unbedingt den Stand wie HARDCORE SUPERSTAR und darum war ich doch etwas überrascht, das sich der COLOS SAAL lediglich kaum merklich leerte. Mit „Lit Up“ geht’s los und die ebenfalls aus Los Angeles stammende Combo rockt sich auf die Bühne. Sänger Josh Todd mit Sonnenbrille und halblangen Haaren erinnert mit seinem großen Mund irgendwie an Steven Tyler doch sein Organ ist vielmehr eine Mischung aus ziemlich abgefahrenem „Gekreische“ und einem „Nasengesang“ der Marke Axel Rose. Beides ist nicht abwertend gemeint denn musikalisch passt es zur Mucke. „Rescue Me“ und „Porno Star“ haben geile Melodielinien drin doch drücken trotzdem auf das Rotzpedal und kratzen hin und wieder auch an der AC/DC und Motörhead Schublade. Auch jetzt herrscht eine gute Stimmung allerdings nicht ganz so dolle wie bei ihren Vorreitern. Todd, der mittlerweile Oben ohne seinen schwer tattoowiertem Oberkörper zur Schau stellt, gehört zweifelsohne zur Kategorie ROCKSTAR und weiss wie er dies auf der Bühne eindrucksvoll rüber bringt. Das radiotaugliche„Everything“ kommt gut an ebenso wie „Gluttony“ und „Crazy Bitch“. Die Amies sollte man als Fan von eingängiger Sleaze Rock & Metal Mucke auf jeden Fall auf dem Schirm behalten.
Erst vor Kurzem bin ich auf diese schöne Scheibe aufmerksam geworden, dem dritten Album der Londoner Band HAKEN, das Ende August erschienen ist. Überreicht wurde es mir mit den Worten: „Wenn Sie SPOCK’S BEARD und das letzte OPETH-Album mögen, wird Ihnen auch HAKEN gefallen.“ Ich muss sagen: ja, tut’s wirklich, und die Vergleiche passen auch ziemlich gut. Zunächst fühlt man sich vor allem an SPOCK’S BEARD erinnert, besonders bei den mehrstimmigen A capella-Passagen, aber HAKEN haben auch ein ähnliches Händchen für tolle Hooks. Allerdings gehen sie musikgeschichtlich sogar noch einen Schritt weiter zurück, immer wieder klingen z. B. YES an, wobei eine gewisse Nähe schon durch den stellenweise hohen Gesang gegeben ist. Auch bauen sie immer wieder kurze jazzige Parts ein und verweisen damit auf den ursprünglichen englischen Prog Rock im Stile von KING CRIMSON oder VAN DER GRAAF GENERATOR. Auf der anderen Seite wird es aber bei HAKEN auch immer wieder mal richtig hart, vor allem in Form von heftig gespielten Gitarren-Riffs, bei denen man unweigerlich in Kopfnicken verfällt.
Und dann gibt es da auch noch ein gewisses wahnsinniges Element, das sich durch das ganze Album zieht und sich immer wieder Bahn bricht. Und das ist es eigentlich, was die vielen Bestandteile zusammenhält, die pompösen Refrains, wunderbaren Melodien, harten Riffs, grandiosen und oft verdrehten Solo- und Instrumental-Parts, die teilweise seltsamen Keyboard-Sounds und die verspielten, kleinen musikalischen Ideen, die an jeder Ecke eingebaut werden. Alleine schon bei einem Song wie „Cockroach King“, der mit 8:15 Minuten bei Weitem nicht das längste Stück des Album ist, ist all das plus oben erwähnte A capella- und Jazz-Parts enthalten. Und wie sich dieser Song und auch alle anderen mit all ihrer Vielfalt entwickeln und entfalten, ist ebenso wahninnig wie genial.
Einfach machen es einem HAKEN mit „The Mountain“ wirklich nicht, aber sobald man sich einmal darauf eingelassen hat, hört man sich schnell fest, und dann wächst dieses Album immer weiter. Sehr bald bemerkt man dann auch das extrem hohe spieltechnische Niveau der Band, und oft sitzt man einfach mit offenem Mund staunend da und fragt sich, wie die das jetzt schon wieder gemacht haben. Auch erstaunlich: Im Prinzip spielen HAKEN einen sehr traditionellen Stil, dabei klingen sie aber überhaupt nicht angestaubt oder retro, sondern vielmehr sehr modern und frisch. Jordan Rudess ist übrigens Fan der Band. Er würde mit DREAM THEATER bestimmt auch mal wieder gerne so ein aufregendes Album aufnehmen, anstatt immer wieder die alten Formeln neu zusammenzusetzen.
An dieser Stelle soll auch noch auf das schöne Video zur Single-Version von „Cockroach King“ verwiesen sein, das z. B. auf der Homepage der Band zu sehen ist und zeigt, dass die Jungs durchaus auch mal augenzwinkernd und mit Humor zu Werke gehen.