Was dass hier sollen POOR GENETIC MATERIAL sein? Die ersten Takte von "New Phase" die da aus den Boxen erklingen, sind nämlich ungewohnt freundlich-hell gehalten, klingen mit den perligen Keyboards fast schon nach Mainstreamrock - kaum zu glauben aber war und nachdem dann der markante Gesang von Phil Griffiths (ALIAS EYE) einsetzt gibt es dann gar keine Zweifel mehr, sie sind’s tatsächlich. Nach dem man zuvor den gelungen Jahreszeitenzyklus in vier sehr gelungenen Werken verarbeitet hatte, war es jetzt an der Zeit mal etwas (ganz) anderes zu machen. Die Band hat sich daher für dieses aktuelle Werk "Paradise Out Of Time" einfach einen neuen, ich will mal sagen, zusätzlichen künstlerischen Ansatz gewählt. Die Songs sind in der Mehrzahl deutlich kürzer geraten, relativ "einfach" gestrickt, kommen schneller auf den Punkt es geht deutlich weniger vertrackt zu - natürlich ist es mit jeder Phase der beteiligten Musiker Progrock "as it’s best". Daher entsteht bei allen neuen klanglichen Aspekten auch kein echter Widerspruch zur bisherigen Prog/Artrock Ausrichtung der Jungs. Denn die bisherigen Bestandteile finden sich auch hin und wieder, nur etwas versteckt nicht mehr ganz so vordergründig bzw. mehr so stark betont in den Titeln wieder. PGM haben nach wie vor ihren ganz speziellen Sound aber hier in ein neues Gewand gepackt, die Musik gewinnt so deutlich an Frische gewonnen, wirkt insgesamt entspannter und so läßt ma es mitunter einfach mal laufen. Die Band überzeugt, für mich schon etwas überraschend, trotzdem auf ganzer Linie ohne dabei oberflächlich zu werden. Selbst als energischer Rocker ist Sänger Phil bei "The Key" überzeugend, fast ganz ohne Schnörkel relativ gerade aus abgehend. Auch der Geigeneinsatz in dem ein oder anderen Song ist wohlüberlegt (z.B. bei "My Other Life" im klasse Duett mit den Gitarren sich zu einem furios extatischen Ende hochsteigernd hat da etwas von CITY’s Klassiker "Am Fenster") , diese wunderbar relaxte Leichtigkeit in den Melodien wird somit noch besser ausgedrückt und wirkt zusammen mit der diesmal absolut spitzenmäßigen Gitarrenarbeit noch nachhaltiger. Apropos nie waren die Gitarren bei PGM so im Vordergrund, egal ob elegische Soli, signifikantes Riffing oder gefühlvolle Parts da paßt diesmal einfach alles perfekt. Selbst bei dem opulenten Achtminüter "Out O Time" der in bester Anlehnung wie eine nie gespielte DIRE STRAITS Nummer mit sägenden Gitarrenriffs beginnt, dann mit hervorragenden Hammonds von Phillip Jaehne weitergetragen wird ehe dann der Track mit typischem Knopfler-Solo sowie lässigen Bläsersounds endet ist so ein Beispiel für einen perfekten Track. "Paradise" kommt dann mit so einem herrlich groovenden Chill-out Feeling daher, dass es eine wahr Freude ist. Im krassen Gegensatz dazu steht das fast zerbrechlich "Starlightbound", zwar formal ebenfalls eine langsame Nummer aber mit einem gänzlich musikalischen Charakter, verträumt, psychedelisch sehr melancholisch beginnend und sich dann zu einem leicht spacigen Finale hochzuspinnen. Einzig für das zum einen viel zu dunkle und zum anderen künstlerisch ziemlich langweilige Cover muß ich eine Rüge erteilen. Ansonsten vergehen 46 Minuten Albumspielzeit sehr, sehr angenehm entspannend wie im Fluge. Prog Musik oder besser gut ausgetüftelte Songs, denen man es aber nicht so anmerkt im manchmal fast popigen Ambiente funktioniert also doch - wie dieses Album einmal mehr bestens beweist. Das nächste Werk soll dann gerne auch wieder eine dichtes Konzeptdoppelalbum werden aber bis dahin vertreibt uns "Paradise Out Of Time" bestens die Zeit.
Die Quoten für die vermuteten Titel einer AXEL RUDI PELL Coverscheibe waren nicht gut. DEEP PURPLE und natürlich RAINBOW wurden hoch gewettet. Aber weit gefehlt. Der Gitarrist lies die üblichen Verdächtigen außen vor, wilderte auch in den Gefilden des Pop und drückte allen Songs seinen Stempel auf - der nicht nur von seinem Gitarrenspiel dominiert wird, sondern auch der Gesang von Johnny Gioeli prägt "Diamonds Unlocked". Höhepunkte ganz klar das nach einem einleitenden Intro fett aufspielende und flott daherkommende "Warrior" von RIOT (wäre auch ein guter Opener für eine AXEL RUDI PELL-Show), das hochmelodische MICHAEL BOLTON Stück "Fools Game" (klingt immer noch schön achtzigerlastig), die amtliche MONTROSE-Hymne "Rock The Nation" und der zeitlos gute THE WHO-Klassiker "Won’t Get Fooled Again". Mit dem auf über 8 Minuten kommenden PHIL COLLINS-Megahit "In The Air Tonight" kann ich mich weniger anfreunden - hier kann ARP dem Original trotz zusätzlicher Percussions und Schlagzeugparts und einem rockig arrangiertem Ende nicht das Wasser reichen; und auch Johnny Gioelis Gesang will nicht so recht passen - wohl Geschmackssache. Ähnlich geht es mir, warum auch immer, mit "Love Gun" (KISS) im Akustikgewand, obwohl das Live sicher zieht und für viele wohl ein Highlight sein wird. Ungewöhnlich aber echt nicht übel die Pell’sche Version von U2’s "Beautiful Day" (Pop-Appeal im Rockgewand mit klasse Solo). Der eher konventionelle Rocksong "Stone" (CHRIS REA/THE LAW), das von Hammondorgel und einem im Bluesrock schwelgenden Gitarristen getragene "Heartbreaker” (obwohl Axel nicht an das Original Blues-Feeling von FREE rankommt - auf Vinyl klang das halt früher wärmer) und ganz überraschend das gefühlvolle "Like A Child Again” (THE MISSION) vervollständigen eine anständige Coverscheibe. Soundtechnisch konnte hier auch nichts schief gehen - spielte und produzierte der Wattenscheider das Teil doch mit bewährter Mannschaft ein (Doernberg, Krawczak, Terrana und Produzent Bauerfeind). Fazit: wer bisher nichts mit Coveralben anfangen konnte, wird auch um "Diamonds Unlocked" einen großen Bogen machen. Fans von AXEL RUDI PELL und Covers schlechthin können hier wiederum nicht so viel falsch machen.
Die Brüder Nic (Gesang und Gitarre) und Sebastian MAEDER (Gitarre) pendelten viel zwischen ihren Wohnsitzen in Australien und der Schweiz. Und das hört man. So kommt die Single "Another Thing Comin’" mit einem AC/DC Riff daher, "Business In Me" hat KROKUS Schlagseite - und auch die Kollegen von GOTTHARD und alten AEROSMITH (man hör die akustische Ballade "Night And Day") schimmern allgegenwärtig durch. Wer jetzt aber auf einen Achtziger Metal tippt liegt trotzdem falsch. Auf ihrem selbstbetitelten Debüt nutzen MAEDER diese Ingredienzien um eine eher im Alternative Rock angesiedelte, Easy Listening Rock’n’Roll Scheibe zu fabrizieren, welche von eingängigen, aber einfachen Melodien und einer groovenden Rhythmusfraktion (Bassist Kit Riley und Drummer Travis Tragani) lebt. Mit dem melodischen, auch eher im ruhigen angesiedelten Ohrwurm "No Grass Is Greener Than Your Own" haben die Gebrüder MAEDER sogar einen echten Hit am Start. Zwar alles irgendwie schon mal gehört, aber solide und routiniert dargeboten. Das Debüt geht somit als hoffnungsvoller Start durch.
Es gibt ja mehrere Definitionen, was DESASTER nun eigentlich genau spielen: Old School Träsch, Bläck Träsch, Däss Träsch, Bläck Däss Träsch oder doch Old School Träsh Bläck Däss Schießmichtot? Die Plattenfirma zwinkert uns was von "Witsching Bläck/Träsch Mättel zu, aber eigentlich isses´ völlig wumpe. Old School isses´, Träsch meinetwegen auch, und geil isses´, das passt immer! Die Koblenzer gehören seit gut 15 aktiven Jahren zum Besten, was man weltweit in Sachen Krach der alten Schule findet, und nun schießen sie uns wieder einen Hammer um die Ohren. Ich gebe zu, dass mir "666 - Satan´s Soldiers Syndicate" nach den ersten ein, zwei Durchläufen nicht so gut gefiel wie der Vorgänger "Angelwhore". Das lag zum einen an der etwas dünneren, räudigeren Produktion und dem allgemein etwas punkigeren Stil, der die Songs nicht immer sofort zünden ließ. Doch nach x Umdrehungen ist klar: diese Art von "Schepperproduktion" passt zu keiner Band so gut wie zu DESASTER, und das Punkige verliert sich mit der Zeit in endgeilen Breaks und Rhythmuswechseln, die fast schon SLAYER-Niveau erreichen. Und das, was SLAYER aus allerhöchster technischer Perfektion herausholen, machen DESASTER durch ihre natürliche Attitüde wett. Hier klingt nichts konstruiert oder künstlich gewollt; man nimmt der Band ab, dass sie genau diese Platte machen wollte. Das macht unterm Strich zehn Songs in 37 Minuten, wovon jeder als Knaller durchgeht, kein Füller in Sicht. Und Hilfe gab´s auch noch: Proscriptor (ABSU), Ashmedi (MELECHESH) und Alan Nemtheanga (PRIMORDIAL) sind ebenfalls große Fans der deutschen Formation und haben sich entschieden, auf dem Album gleich mal mitzumachen, nachzuhören bei "Tyrannizer", einem der besten Knüppelbolzen der letzten Jahre. Aber auch der der fiese Titelsong, "Angel Extermination", "Razor Ritual", die bereits vor längerer Zeit live präsentierte Hymne "Hellbangers", "Vile We Dwell", "More Corpses For The Grave" (was für ein Abschluss!) und jeder verdammte andere Song auf der Scheibe sind grandios, gehen direkt ins Blut und machen süchtig. Haltet mich für bekloppt, aber ich finde "666 - Satan´s Soldiers Syndicate" sogar noch besser als das aktuelle SLAYER-Album, weil es die ungezügelte Spontaneität des Thrash-Genres auf den Punkt bringt und für mich garantiert zu den stärksten fünf Alben des Jahres gehören wird. Ein absoluter Oberhammer!
BETWEEN THE BURIED AND ME standen noch nie für leichtverdauliche Kost, aber was sie auf ihrem neuen Album zelebrieren, toppt alles Bisherige. Es werden nicht nur so ziemlich alle musikalischen Genre gestreift - inklsuive 80er-Synthiepop-Klänge ("Sun Of Nothing”) - und Ideen verwurstet, sondern das Ganze in überlange, hochkomplexe Songs verpackt, die Prog-Bands in nichts nachstehen. Nur eben brutaler sind. Was aber allein die Gitarristen an technischen Sperenzchen zum Besten geben (nur um dann im nächsten Moment saubrutale Riffs abzufeuern), lässt aufhorchen und den Respektlevel ganz weit nach oben schnellen. Das gilt ebenso für die anderen Musiker, die gemeinsam eine Platte erschaffen haben, die in dutzenden Durchläufen immer neue Finessen offenbart und die Hirnwindungen beansprucht. Keine Chance, dass alles beim simplen Nebenbeihören zu erfassen, "Colors” erfordert Zeit und Hingabe. Wer dazu bereit ist, wird mit einer unglaublich vielschichtigen Platte belohnt, die Genre-Grenzen sprengt und Fans jeglicher (Gitarren)Musikrichtung zusammenbringt. Nach dem etwas zu bravem Coveralbum war dieses Werk so nicht zu erwarten - umso schöner, dass sich BETWEEN THE BURIED AND ME von Erwartungen nicht irritieren ließen und stattdessen ihrer Kreativität freien Lauf ließen. Respekt!
Ich kann nicht ganz begreifen, dass sich Leute nur aufgrund des Erfolges einer Band von ihr abwenden. Da wird laut "Kommerz" und "Ausverkauf" gebrüllt, doch ist es wirklich was Schlimmes, wenn eine Band rund um den Globus verehrt wird und entsprechend viele Platten verkauft?! Die Neider können ARCH ENEMY ja Vieles vorwerfen, aber in musikalischer Hinsicht gibt es wieder mal nix zu mäkeln. Auch das neue Werk "Rise Of The Tyrant" strotzt nur so vor genialen Gitarrenduellen der beiden Brüder Michael und Christopher Amott (der nun endlich wieder fest zurück gekehrt ist) und gehört schon allein in diesem Bereich zum Besten, was die Melodic Death Metal-Szene in der letzten Zeit abgeliefert hat. Aber auch die Songs wissen einmal mehr zu überzeugen, von denen besonders der starke Opener "Blood On Your Hands", das mit geilen Melodien versehene "The Last Enemy", die Megahymne und erste Single-Auskopplung "Revolution Begins" (Hammer!), das mit genialen Soli gespickte "The Great Darkness" und das abschließende, ebenfalls hymnische "Vultures" heraus stechen, wobei diese Songs aber eher als Anspieltipps gedacht sind und der Rest auf ähnlich hohem Niveau angesiedelt ist. Warum es da nicht den "Tipp" gibt?! Nun, das hat drei Gründe: erstens kommt das Songmaterial trotz aller Klasse nicht ganz an den grandiosen Vorgänger "Doomsday Machine" heran, zweitens hat die Produktion von Fredrik Nordström nicht die Durchschlagskraft wie die vorherigen von Andy Sneap, was der Platte recht viel an Power nimmt und sie sogar etwas dünn klingen lässt, und drittens wird hier noch mehr als früher deutlich, dass Angela Gossow gesanglich einfach nicht in die Fußstapfen treten kann, die die beiden Amott-Brüder hinterlassen. Auch wenn die Band genau das beabsichtigt (also eine Mischung aus Melodie und Härte), bin ich der Meinung, dass der sehr unvariable, monotone Kotz-Gesang eher destruktiv in Bezug auf die Melodien wirkt und sie quasi "zukleistert"; hier treffen Welten aufeinander. Das sind aber sehr subjektive Gesichtspunkte, die man als Fan natürlich auch ganz anders beurteilen kann. "Rise Of The Tyrant" wird deswegen noch nicht mal ansatzweise eine schwache Scheibe, aber wenn eine Band wie ARCH ENEMY so dicht an der technischen Perfektion arbeitet, dann fallen selbst Kleinigkeiten ins Auge, die man bei anderen Bands gar nicht erst wahrnimmt, was wiederum für ihre Qualitäten spricht!
Die Norweger MANNGARD mussten für ihr Debüt "Circling Buzzards" ordentlich Schelte einstecken, denn zu undurchsichtig und unausgegoren war ihr Stilmix aus Black- und Death Metal und allerlei modernen Elementen; zu diesem Schluss kam seinerzeit auch Kollege Heitmann. Nun sind eineinhalb Jahre ins Land gezogen, geändert hat sich jedoch nicht viel. Das Zweitwerk des Quartetts, "European Cowards", wirkt ebenfalls wirr zusammen gewürfelt, schielt in alle möglichen Richtungen und kommt leider nur selten bis gar nicht auf den Punkt. Songs wie "Horrodementia", das langatmige Instrumental "Expulsion Of The Assailants - Part I: Implicit Approval Of Your Uninvited Guests”, das hektische "Part II: Surgical Removal Of Your Evil Thoughts”, das pseudo-aggressive "Evil Raping Evil” oder das Stakkato-Gefrickele "Miasma" gehen einem sogar aufgrund ihrer viel zu monotonen, abgedrehten Krachattacken, die zudem noch sehr blechern und dünn produziert wurden, schnell auf die Nüsse. Nichts gegen originelle Bands und stilübergreifende Platten, aber wenn sich innerhalb von drei Minuten Black Metal, Death´n´Roll, Alternative, Industrial und mal gekreischter, mal cleaner und mal gegrowlter Gesang abwechseln, dann wird es nicht nur zu bunt, sondern schlichtweg zu doof. So wird das nix, meine Herren!
Schon mit ihrem Redfield-Debüt haben CRASH MY DEVILLE gezeigt, dass sie sich von Genre-Grenzen und -Konventionen nicht einschüchtern lassen. Fröhlich wurden Emo, Screamo, Hardcore und Metal vermischt, was zu einer etwas heftigeren Variante als bei den Labelkollegen FIRE IN THE ATTIC führte, auf jeden Fall aber zu überzeugen wußte. "Please Glamour, Don’t Hutt ‘Em”, das neue Werk der Band, geht diesen Weg konsequent weiter, wobei es noch heftiger als der Vorgänger ausgefallen ist. Catchy Passagen wie bei "You Sell A Bit Of Composure” finden sich zwar häufig, werden aber immer wieder von schön bratenden Gitarren in die Schranken gewiesen. Die an AS WE FIGHT erinnerden Growls tragen ihr Übriges zur Steigerung des Aggressionspotentials bei. Das soll jetzt nicht heißen, dass die Scheibe eine einzige Knüppelorgie ist, ganz im Gegenteil. CRASH MY DEVILLE beweisen ein Händchen für eingängige Songs, die gekonnt die Balance zwischen Härte und Melodie halten, ohne sich der zuckersüßen Versuchung hinzugeben. "Please Glamour, Don’t Hurt ‘Em” ist ein feiner vielschichtiger Longplayer, der vor Kreativität nur so sprudelt und scheuklappenfreien Freunden moderner Klänge wärmstens ans Herz gelegt ist.