Onheilewitzka, was eine Überraschung: Kein Tanz auf der Rasierklinge, sondern ein gediegener Metal-Groove für Blackies mit Geschmack. Aus dem Umfeld der niederländischen Matyr stammen diese Süd-Niederländer und verbinden die gitarren-astigen Melodien der nicht ganz unbekannten Iron Maiden mit denen der gewöhnlichen Black-Metal-Posse. Angesichts vieler Besetzungswechsel ist „Razor“ das Debüt der ONHEILer, vorher langte es „lediglich“ zu vier Demos, einer Single, einer EP und der gleichnamigen Promo (mit fünf Stücke von „Razor“), die den Käserollern schließlich den Deal beim mächtigen Empire einbrachte. Kein Wunder, denn diese Rasierklinge macht fast 47 Minuten unglaublichen Spaß: Double-Bass-Attacken wie in „Final Redemption“, wunderbarste Hooks (eigentlich ständig), großes Tempo (meistens), heisere Vocals (fast immer, wenn Amok den Mund aufmacht) – klar, dass manches hier an Bands wie Dissection oder Necrophobic hier grüßen lassen. Aber das schadet nicht, erstere machen ja nix mehr und fast so gute Bands wie die alten Schweden kann es gar nicht genug geben. Dass es da soundmäßig ab und an etwas holtert und poltert, ist wahrscheinlich der (schwarzmetallische) Street-Credibility geschuldet. Das Titelstück beginnt wie ein Maiden-Hit in einer tief-schwarzen Pressung, um dann in eine brillante, eiskalte Hymne auszuufern und enthält sogar ein „Rime of the Ancient Mariner“-ähnliches Zwischenspiel. In diesem Sinne: „Up The Razors“.
Dreckige Apocalyptica treffen auf den erwachsenen HuiBuh, misantrophische Black Metaller auf düstere Folk-Gesellen, kranke Finnen auf multinationale Lagerfeuer-Tänzer – fertig ist das AJATTARA- Akustik-Album. Wo der Ex-Amorphe Ruoja und seine bedrohliche Streitmacht sich vorher schon nie so recht auf einen (durchaus erfolgreichen) Stil festlegen ließen, spannen sie den Bogen jetzt bis aufs Äußerste. Mit fast ausschließlich fiesem Knurren würgt sich der Frontmann seine ausschließlich finnischen Hass-Tiraden raus, erinnert nicht selten an Gollum. Dazu klimpern die Spießgesellen auf der Gitarre dunkle Weisen, sorgt ein Mundorgel-ähnliches Gerät für weiteren Exotenbonus. Naja, und Bässe, mächtige Bässe machen die Angelegenheit noch dunkler. Und dann kommt da plötzlich eine hehre Melodie bei ,Mitä Kuolerma Parantaa’ und wird abgelöst von beinahe progressiven Ausflügen, immer begleitet vom kranken Organ Pasi Koskinens (so Ruojas Klarname). AJATTARA loten mit diesem Album ihre Grenzen aus, überspannen besagten Bogen aber. Denn das, was finster und bedrohlich wirken soll, nervt nach einer Weile, selbst am Lagerfeuer entfaltet dieses Album kaum Wirkung, es strapaziert schlicht. Wer aber Schwiegermama mal so richtig das Fürchten lehren will, wer Finnisch supercool findet oder wirklich mal was „anderes“ sucht, der ist mit der neuen AJATTARA sicher gut bedient,. Andere werden maßlos enttäuscht sein. Inklusive mir.
Mit "Spring Tides" haben JENIFEREVER ein Album mit einer satten Stunde Spielzeit am Start. Man könnte also sagen da wird geklotzt, nicht gekleckert. Lumpen lässt sich das Quartett aus dem schwedischen Uppsala denn auch nicht und fährt in zehn Songs atmosphärischen Ambient Rock auf, wobei fast alle Songs stilgemäß über fünf Minuten lang sind. Verträumt gleiten die Lieder dahin und wecken unterschiedliche Assoziationen: so erinnert zum Beispiel Gesang bei "Ox Eye" an niemand geringeren als die Größen von THE CURE. Große Mitsinghymnen sucht man indes auf "Spring Tides" weitestgehend vergeblich, die Songs arbeiten subtiler und bieten mehr eine Art Hintergrundsoundtrack zu unterschiedlichen Stimmungen als sich dominant ins Ohr zu drängen. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass der Gesang sich mit seinem Einsatz mitunter auch reichlich Zeit lässt und man bereits, einem Instrumentalstück zu lauschen, wie beispielsweise bei "St. Gallen", auf dem der Gesang erst nach zwei Dritteln der Gesamtspielzeit einsetzt. Fazit: gelungenes Futter für Ambient-Freunde.
Ein cooles Cover mit dem Radio in der Pfanne aber der Name hört sich dann auf den ersten Blick doch etwas seltsam an. Trotzdem ist OHMphrey eine durchaus logische Firmierung für diese amerikanische Progkapelle. Denn hier haben sich Mitglieder von UMPHREY'S MCGEE und OHM als Projektformation OHMPHREY zusammengetan, um rein Instrumental ihren zahlreichen stilistischen Vorlieben im weiten Feld des Progressive Rock sehr ausgiebig zu frönen.
Ganz klar ist auch gleich vorweg, selbst für echte Progies ist „Ohmphrey“ größtenteils eine sehr "harte" Nuss, die viel Geduld erfordert nicht nur weil der Gesang fehlt sondern hautpsächlich aufgrund der zwar vielen musikalischen Facetten sowie Ideen, die schonungslos auf den Hörer niederprasseln. Bei aller technischer Klasse mir geht da der rote Faden völlig ab bzw. er ist eigentlich nie zu finden ist. Teilweise richtig frickelig, echt an der Schmerzgrenze wird zwar versucht etwas auf härter zu machen aber trotzdem wird es dadurch nicht unbedingt, ich nenn’ es mal, fassbarer.
Was die Herren Joel Cummins (Keys) Gitarrist Jake Cinninger sowie Drummer Kris Myers (alle von UMPHREY’S McGEE) gemeinsam mit Roberto Pagliari (Bass) und Chris Poland (ex-MEGADETH Gitarre) von OHM da zusammengezimmert haben, ist daher schon sehr gewöhnungsbedürftig. Nicht nur weil die vielfach schräg-lärmenden Strukturen bestens garniert mit jamartigen Passagen, neben ein wenig Jazz auch zahlloses sehr ermüdendes Gitarrengekniedel rauf und runter bieten sondern dieses ungestüme Gebräu einfach nicht so recht zünden will. Der etwas zu dumpfe Schlagzeugsound macht die Sache auch nicht prickelnder. Allenfalls für Musiker könnte der grossteil der Songs eine höheren Nährwert haben. Gut der etwas knackigere Albumöffner „Someone Said You Were Dead' geht ja gerade noch so. mir gefallen die chilligeren Sachen noch am Besten wie etwa „The Girl From Chi Town“. Trotz Doublepassparts kann mich „Denny’s By the Jail“ nur teilweise überzeugen, die experimentell angehauchten Nebengeräusche sind mir etwas zu hektisch. Dann wieder etwas relaxter mit „Lake Shore Drive“ und dann wieder solch wirre Sachen wie „Not Afraid Of The Dark“. Kleiner Tipp am Rande dieses Album nicht beim Autofahren (und schon garnicht im Sommer hören), da dreht man fast durch und sehnt sich nach einem festen Bezugspunkt in der Musik und findet (leider nichts). Die Schlussnummer „What's The Word, Thunderbird“ klingt zwar auch sehr improvisiert aber hat einen coolen Groove, mit schönen Funkspitzen und klingt nach Locker-drauf Clubatmosphäre. Die komplette Scheibe ist auf der MySpace-Seite als Stream vorhanden, denke aber das Teil ist nur was für beinharte Instrumental- und Fusion Freaks.
Ha, wer sagt´s denn?! Im Review zum Vorgänger „Fallen“ war mein Fazit, dass die finnischen Doomer SPIRITUS MORTIS den Pegel ihrer Mitbewerber/Vorbilder CANDLEMASS, COUNT RAVEN oder auch THUNDERSTORM noch nicht ganz mitgehen können, dieses Manko aber spätestens mit dem dritten Album behoben sei. Und so ist es dann auch. „The God Behind The God“ ist noch mal eine Steigerung gegenüber den beiden wirklich hörenswerten bis sehr guten Vorgängern, was auch daran liegt, dass die Band nebst einem neuen Label (Firebox Records) auch einen neuen Sänger auffährt – und zwar niemand Geringeren als den finnischen Doom-Gott Sami Hynninen, auch bekannt als Albert Witchfinder von REVEREND BIZARRE und THE PURITAN. Mit solch einer Superstimme am Mikro werden Stücke wie der flotte, recht untypische Opener „The Man Of Steel“, „Death Bride“, „Curved Horizon“, der Banger „Heavy Drinker“ (cooler Titel!) oder der grandiose, überlange Titelsong schon fast automatisch zu fesselnden Hymnen, denen man sich als traditioneller Doomer kaum entziehen kann. Auch wenn SPIRITUS MORTIS nach wie vor einen Tick dröger und weniger episch klingen als ihre oben genannten Kollegen, so haben sie mit „The God Behind The God“ ein erstklassiges Album aus der Taufe gehoben, das eindrücklich beweist, dass sich eine Band im Laufe ihrer Karriere merklich steigern kann. Super Scheibe!
Mein Review Nummer 800 bei Metal Inside, das muss dann schon ein besonderes Album sein und genau ein solches ist „Anno Domini High Definition“ von RIVERSIDE zweifelsfrei geworden. Mit ihrem vierten Werk gelingt den polnischen Progressive-Senkrechtstartern scheinbar mühelos an ihre vorherigen Glanztaten anzuknüpfen, aber unter deutlich veränderten musikalischen Vorzeichen. Die inhaltlichen Vorgaben der "Reality Dream"-Triologie sind Vergangenheit - jetzt werden neue Schwerpunkte gesetzt. Vor allem stilistisch geht es nun sehr viel direkter, kompakter zu und auch eine deutliche Veränderung im Härtegrad ist sofort hörbar. Klar, es ist immer noch kein „reiner“ Progmetal - auch wenn Sänger Mariusz mitunter sogar mal heftig aggressiv wird, sich die Gitarren etwas weniger elegisch sonder eher drauflosrockend zeigen und zusammen mit knackigen Bassparts wie bei „Hybrid Times“ zu einem furiosen Mittelteil hochschaukeln, um dann am Ende in einer Art Sci-Fi-Soundwall zu enden – dafür ist die Musik immer noch etwas zu variantenreich mit vielen Laut-Leise Dynamiken. Thematisch spiegelt die Musik, diesmal auch relativ kurz mit exakt 44:44 Minuten, die aktuelle Gesellschaft wieder, in der sich alles immer schneller, weiter fortentwickelt und rücksichtslos jeden überholt der da nicht mithalten kann oder will. „Anno Domini High Definition“ soll bewusst kein Konzeptalbum wie der Vorgängerzyklus sein aber der berühmte rote Faden ist allgegenwärtig. Tempo und Geschwindigkeit spielen eine, wenn nicht die wichtigste Rolle, die Ziele müssen erreicht werden. Ständiges Chaos, Wettbewerb, eigene Unsicherheit und viel Stress prägen die Menschen, man kämpft sich durch. Bereits der Opener „Hyperactive“, zunächst mit einem harmlosen Pianopart beginnend, ist dann durchaus wörtlich umgesetzt: Die Band ledert ungewohnt kraftvoll los, es poltern ungestüm die Gitarren, die Hammondsounds röhren durch das etwas konfuse Klangbild, der Bass grooved etwas unruhig hin und her auch der Gesang ist sehr aufgewühlt und eindringlich – trotzdem klingen RIVERSIDE immer noch nach sich selbst. Es gibt nur wenige dieser bisher so typisch getragenen Parts (die beim Vorgänger „Rapid Eye Movement“ beinahe schon etwas überstrapaziert wurden) es tönt deutlich frischer mit viel pulsierende Energie aus den Boxen. Man bedient sich dabei durchaus aus den 70er Jahren mit Sounds von RUSH oder DEEP PUPLE und vermengt diese mit einem modernen Anstrich. Die Produktion ist absolut klasse und betont eine sowohl inhaltlich als auch klanglich gesteigerte Abwechslung, die so bisher nicht zu hören war. Trotzdem wird jetzt nicht nur einfach gebrettert sondern auch (in etwas dosierterem Einsatz) gefühlvolle Parts miteingestreut. Insbesondere Tastenmann Michal lässt seine sehr variablen Sounds, die aber vornehmlich kompakte Orgelklänge forcieren, ein ums andere Mal die Songlinie vorgeben. Überraschend tauchen dann bei „Egoist Hedinist“ echt coole Bläsersätze auf, die Gitarrenlicks versprühen eine gewissen Funktouch. Perfekt hinein stößt nicht nur hier Gitarrist Piotr mit seinem filigranen Spiel, er liefert wirklich einen klasse Job ab und stellt deutlich klar, dass er viel mehr kann als nur sehr gut floydige Motive wiederaufbereiten. Das spitzenmäßige Gitarrenmotiv von „Driven To Destruction“ geht einem dabei einfach nicht mehr aus dem Ohr aber auch tolle Solopassagen sind überragend geworden. Etwas betont atmosphärischer in Anlehnung an die vorherigen Scheiben geht es dann bei „Left Out“ zu. Der Gesang ist zunächst mystisch aber dann geht es auch hier etwas wilder ab, die Hammonds flirren gegen düster-bedrohliche Riffs. RIVERSIDE haben sich auf neues Terrain gewagt, klingen deutlich härter und extrovertierter als je zuvor, man hat einiges riskiert aber letztlich nur (dazu) gewonnen „Anno Domini High Definition“ ist sicher eines „der“ Alben des Jahres 2009 geworden, nicht nur für den Progbereich.
DEAD VOWS aus Göteborg bringen mit „Bad Blood” ihr Debüt raus, bestehen aber keineswegs aus Unbekannten, immerhin sind u.a. Leute von ANCHOR dabei. Die haben beim Songwriting einen hörbaren Einfluss gehabt, genau wie THE HOPE CONSPIRACY oder auch BANE: die Songs sind kurz, knackig und meistens flott runtergezockt, auch wenn einige Male das Tempo gedrosselt wird („Out Of Steel“), was DEAD VOWS ebenso gut zu Gesicht steht. Beim Songwriting wurde generell alles richtig gemacht und elf gelungene New School-Nummer geschrieben, die gut produziert und mit Verve gespielt aus den Boxen kommen und keine Frage offen lassen. „Bad Blood“ ist eine ziemlich gute Hardcore-Scheibe, die schnörkellos ins Ohr geht und da bleibt, ganz so, wie es sein soll.