Die Finnen BEFORE THE DAWN rechnen sich gerne dem Düster-Genre zu oder werden von nicht ganz aufgeklärten Kollegen dorthin gesteckt. Natürlich spielt das Quartett keinen "Happy Metal", sondern klingt eigentlich "typisch finnisch" und entsprechend melancholisch, aber eben auch nicht melancholischer als die leider viel zu früh dahingeschiedenen SENTENCED oder die mittlerweile vollständig zur Goten-Karikatur verkommenen HIM. Jenen gegenüber wirken BEFORE THE DAWN mit ihrer Alternative-Schlagseite sogar richtig frisch, was die neue EP "Decade Of Darkness" einmal mehr unterstreicht. Vorweg im Fahrwasser des neuen Albums "Deathstar Rising" veröffentlicht, verabschieden sich die Jungs hiermit von ihrem bisherigen Label Cyclone Empire zum Branchenriesen Nuclear Blast - und hinterlassen sieben Songs plus einer DVD mit sieben weiteren Live-Songs vom Summer Breeze-Festival 2009 (die mir aber leider nicht vorliegt). Der reine Audio-Teil weiß aber zu überzeugen; mit dem Opener und Titelsong hat die Band gleich zu Beginn eine echte Ohrwurm-Hymne am Start, aber auch "End Of Days" und "Painless" (das ebenfalls in einer recht rohen Live-Version vorliegt) sind wirklich gelungen, während "Insomnia" einen gewissen Kitschfaktor nicht abschütteln kann. Das gleich zweimal vorhandene "Deadsong" (als Live- und Piano-Version) geht auch eher als verzichtbar durch, so dass diese EP (vor Allem zum Vollpreis!) daher primär für beinharte Fans von BEFORE THE DAWN taugt.
Mit den sogenannten Supergroups ist es im Metal so eine Sache – einer groß angelegte Image-Kampagne folgt oft nur ein durchschnittliches Album. Ganz so schlimm ist es bei SYMFONIA nicht gekommen; aber auch sie erfüllen die Erwartungen nicht in Gänze. Bei der neuen Truppe des ex-STRATOVATIUS Masterminds und Gitarrist Timo Tolkki brilliert zwar das Können der Instrumentalfraktion, mit Bassist Jari Kainulainen (ex-STRATOVARIUS, ex-EVERGREY), Schlagzeuger Uli Kusch (ex-HELLOWEEN, ex-GAMMA RAY, ex-MASTERPLAN) und Keyboarder Mikko Harkin (ex-SONATA ARCTICA) ist das ja auch kein Wunder, aber der durchaus gute Gesang von Andre Matos (ex-ANGRA, ex-VIPER, ex-SHAAMAN) passt nicht in allen Tonlagen ins Gesamtbild. Was darüber hinaus das Hörvergnügen schmälert sind die Kompositionen – die Songs kommen doch etwas eindimensional daher und erinnern meines Erachtens zu stark an die guten alten STRATOVARIUS Zeiten. Tolkki scheint sich, ähnlich wie bei seiner anderen ehemaligen Spielwiese REVOLUTION RENAISSANCE, damit schwer zu tun aus seinen Gewohnheiten auszubrechen. Glänzt der positiv gestimmte Opener „Fields Of Avalon“ noch mit Doublebass und Ohrwurmpotential, überzeugt „Santiago“ mit Up-Tempo und epischen Arrangements und können „In Paradisum“ sowie „I Walk In Neon“ in ihrem hymnischen Mid-Tempo überzeugen, fehlt dem Gros der Kompositionen doch etwas die Frische. Auch wenn das Jammern auf beachtlichen Niveau gleichkommt. Dazu kommt, dass dem Sound der Platte etwas die Power abgeht. So dürfte „In Paradisum“ für Fans von SONATA ARCTICA und natürliche STRATOVARIUS zwar ein Pflichterwerb sein, aber die breite Masse der Metalfans wird SYMFONIA schwerlich erreichen – dazu ist doch noch zu viel Platz nach oben.
NERVECELL haben mit ihrer Herkunft aus Dubai einen Exotenbonus in der Death Metal-Gemeinde, den sie aber schon beim Debüt “Preaching Venom” nicht nötig hatten, dafür war ihr Material für sich genommen schon gut genug. „Psychogenocide“ kann den guten Eindruck des Debüts bestätigen und wartet mit guten Death Metal-Songs auf, die stellenweise mit arabischen Elementen aufgelockert werden (beim Intro oder bei „Shunq“), im Großteil der Zeit aber guten alten Death Metal bieten, der sich stark an der US-Schule orientiert. Globalisierung macht eben vor nichts Halt, in einem Blindtest würden Songs wie das starke „Amok Doctrine“ als Nummer einer US-Combo durchgehen. Die Songs sind tight gespielt, langweilen nicht und können mit einer guten Produktion punkten. Am Besten ist dabei der BOLT THROWER-Wink „Nation’s Plague“, aber auch die anderen Songs wissen zu überzeugen. Totmetaller können hier ruhig mal reinhören.
VICTIMS haben sich spätestens mit „Killer“ in die erste Reihe der Crustpunk-Bands dieses Planeten gebracht, entsprechend hoch sind die Erwartungen an den nicht ganz 30 Minuten langen Nachfolger „A Dissident“. Der legt mit „Theft“ mächtig los, geht gnadenlos nach vorne weg, präsentiert Shouter Johan in Bestform – geil! Im Grunde wie erwartet, aber gleichzeitig ein wenig anders als „Killer“ und damit genau so, wie ein Nachfolgealbum sein soll: den Sound variierend, ohne die Seele zu verlieren. Bei „Nowhere In Time“ gibt es feinste DOOMRIDERS-Gitarrenläufe zu hören, die sich perfekt in den VICTIMS-Sound einfügen. Überhaupt ist der Schweden-Sound facettenreicher geworden („Ignorance Is Bliss“), ohne dabei die rohe Direktheit und den Punch zu verlieren – „A Dissident“ knallt ohne Ende. Bei „In Control“ werden Fieberträume an RAISED FIST und SICK OF IT ALL geweckt, versiffter und bösartiger natürlich, dafür mit mächtig Groove. „A Dissident“ ist ein grandioser Wutbrocken geworden, mit dem VICTIMS direkt ins Herz des Hörers zielen und ihn locker erlegen. Großartig, schlicht und einfach großartig.
Mit “Men Or Machine” wollen ALPHA TIGER sich ihren Platz in den Rängen des Power Metal erkämpfen, ob sie mit der Scheibe allerdings den durchschlagenden Erfolg verbuchen können wird sich wohl noch zeigen müssen.
Musikalisch wohl am ehesten Power Metal, jedenfalls von den gut getroffenen typischen 80ger-Jahre Vocals her, instrumental geht es teilweise eher in Richtung eines kratzigen bis teilweise aber auch recht druckvollen Heavy Sound, inklusive einiger fetziger Soli. Wäre (und ist teilweise sogar) ja ganz cool, mag aber kein gutes Gesamtbild liefern.
Denn oft sind die Kompositionen schnarchend langweilig; einen sich dauernd wiederholenden Metal-Rhythmus ohne besondere Finesse über sechs Minuten zu strecken („Exit: Night“), das ist was für IRON MAIDEN; eine Nachwuchsband scheitert hier kläglich. Auch an anderen Stellen wird etwas arg oft “Schema-F“ in Form einiger weniger Akkorde runtergespult und wiederholt, richtig spannend klingt das nicht auf Dauer.
Was mir allerdings wirklich gegen den Strich geht ist die grausame Abmischung der Scheibe. Die Vocals, wie erwähnt durchaus nicht ohne Potential, ersaufen in diesem Proberaum-Sound an Verzerrung. Wie soll da das einzige was mir irgendwie doch zusagt noch zur Geltung kommen? Aber immerhin: Meinen Preis für das schrecklichste Albumcover hat die Band schon mal im Kasten. Glückwunsch.