Review: Live At Sweden Rock
Die drei Herren aus Kanada fanden sich nochmals 2008 zu einer wohl letzten Amerika-Tour zusammen. Und dabei machten sie auch einen einmaligen Abstecher nach Europa. Genauer gesagt, zum Schweden-Rock-Festival. Hierbei wurde - dem Rock-Gott sei Dank - mitgeschnitten. Ich als "alter" TRIUMPH-Fan freue mich ungemein über diese Veröffentlichung und würde mir wünschen, die Band könnte das mit dem Aufhören nochmal überdenken. Denn was wir auf dieser Livescheibe zu hören bekommen, ist reinster Hardrock mit Leidenschaft, Enthusiasmus, Professionalität und enormer Spielfreude vorgetragen. Das Songmaterial dieser Band ist über jeden Zweifel erhaben. Die Frage ist nur, wie bringen es die gealterten Herren, die so lange nicht miteinander sprachen, denn auf die Bühne?
Klasse, um nicht zu sagen atemberaubend, ist die Antwort. Verstärkt mit einem zweiten Gitarristen ist der Sound enorm fett und hat fast schon, was die Gitarrenwand angeht, THIN LIZZY-artige Züge.
"When The Lights Go Down" läutet den Reigen ein. Die Eröffnungs-Nummer wird von Gill Moore gesungen und zeigt TRIUMPH´s harten Kern. Auffällig ist der rohe, authentische Livesound, der einen wirklich nach Schweden ins Publikum beamt und nicht nach allzu viel Studionachbearbeitung klingt. Die hohe, reine und klare Stimme von Rick Emmett (Kontrast zu den zweiten Lead Vocals von Gill Moore) ist nicht mehr vergleichbar mit den Studio Releases, das finde ich aber glaubwürdig und irgendwie erwartbar, nichtsdestotrotz ist sie immer noch erkennbar und kann mich nach wie vor in ihren Bann ziehen.
Leider schaffte das Trio nie den verdienten großen Durchbruch wie ihre Landsmänner von RUSH. Dem geschuldet ist auch die Tatsache, dass wir es hier nicht mit einem Headliner-Gig zu tun haben und die Kanadier nur ca. eine Stunde Spielzeit zur Verfügung hatten. Ob es eine gute Idee ist, diese mit ausufernden Jam Sessions zu füllen und zwei Nummern gar über die 10 Minuten-Grenze zu treiben, muss jeder für sich selbst beantworten. Ich für meinen Teil vermisse schmerzlich ein paar Nummern ihrer jüngeren Alben, wie z.B. "Follow your Heart", "Stranger in a Strange Land", "A World Of Fantasy" oder "Tears In The Rain" - um nur ein paar davon zu nennen. Die Tatsache, dass von "Thunder Seven" keine Nummer gespielt wird, ist fast schon ein Skandal. Dennoch ist es eine Freude, "Never Surrender", "Lay It On The Line" und vor allem "Fight The Good Fight" live, roh und so pur zu genießen.
Natürlich kann ich mit nur einer CD bei einer Live-Veröffentlichung dieser Band, die immerhin seit den 70ern aktiv ist und 10 Studioalben vorzuweisen hat, nicht zufrieden sein. Gerne hätte ich ein Doppelalbum gesehen. Aber eine CD ist immer noch besser als keine.
Live At Sweden Rock
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
10
Länge:
71:21 ()
Label:
Vertrieb:
Konzert:
Blur, The Specials, New Order, Bombay Bicycle Club - London, Hyde Park
Konzert vom Nachdem sich BLUR schon 2009 für zwei Shows im Hyde Park wieder in Originalbesetzung zusammengefunden hatten, gab es dieses Jahr erneut einige Konzerte, von denen das im Hyde Park das wirklich allerletzte der Band sein sollte. Ob das wirklich so sein wird, sei dahingestellt. Derzeit gefallen sich die einzelnen Bandmitglieder in widersprüchlichen Aussagen, und angeblich wurden auch schon einige Songs für ein neues Album eingespielt. Aber ganz davon abgesehen – wenn Blur in ihrer Heimatstadt spielen, ist es selbstverständlich, dass sie den Laden oder eben das Open Air-Gelände vollmachen. Noch dazu, wenn mit den SPECIALS und NEW ORDER zwei weitere legendäre britische Acts mit am Start sind.
Die im Vergleich zu den anderen Bands noch ziemlich jungen Londoner BOMBAY BICYCLE CLUB hatten die undankbare Aufgabe, das eintrudelnde Publikum zu bespaßen. Inwieweit das gelungen ist, kann ich nicht beurteilen, da ich während ihres Auftritts noch in einer der langen Schlangen vor dem Gelände steckte. So richtig ging es dann also erst mit NEW ORDER los, die es mit ihrem melancholischen Sound im hellen Sonnenschein anfangs etwas schwer hatten. Im Verlauf des Sets stieg die Stimmung aber, auch wenn natürlich alle nur auf „Blue Monday“ warteten. Das kam dann auch irgendwann in einer überlangen Version, und auf einmal sah man überall tanzende Menschen. Danach konnte die Band die Spannung halten und bot schließlich mit dem JOY DIVISION-Klassiker „Love Will Tear Us Apart“ noch einen tollen Abschluss.
Von Startschwierigkeiten war bei den SPECIALS dann gar nichts zu spüren. Ein gewisser Teil des Publikums war offenbar eigens oder hauptsächlich wegen ihnen gekommen, was man gut an der immer wieder sichtbaren guten alten Rude Boy-/Girl-Kluft erkennen konnte. Auch wenn es die SPECIALS schon so lang gibt, dass es sie gar nicht mehr geben dürfte und die Band nur noch ihre alten Hits runterspielt, gingen sie dabei mit so viel Spielfreude zur Sache, dass sich in Nullkommanix auf dem ganzen Gelände die besten Stimmung verbreitete. Was wirklich erstaunte, war, dass die großen Hits wie „A Message To You, Rudy“ oder „Too Much Too Young“ von weiten Teilen des Publikums mitgesungen wurden, und zwar eben nicht nur von den Fans, sondern wirklich von den unterschiedlichsten Menschen jeden Alters. Das hielt einem vor Augen, dass einige SPECIALS-Songs offenbar in das kulturelle Erbe der Engländer eingegangen sind, wie man das sonst wohl nur von BEATLES-Stücken kennt.
Bei der Hauptband konnte man dann aber mal erleben, was es heißt, wenn Songs Wort für Wort aus 70.000 Kehlen mitgesungen werden. Werden BLUR hierzulande auch schon mal als Mädchen-Band wahrgenommen, erhoben hier gerade die derbsten englischen Stiernacken am lautesten ihre Stimmen. Was die Band an diesem Abend bot, war aber auch einfach ein grandioses Feuerwerk. Mit „Girls & Boys“ ging es direkt in die Vollen, und danach wurden Hits wie „Beetlebum“, „Parklife“ und natürlich auch der immer wieder mitreißende, explosive „Song 2“ mit einer Energie und Spielfreude abgefeuert, der sich niemand entziehen konnte. Aber die Band um den bestens gelaunten Damon Albarn gab sich keinesfalls damit zufrieden, ihre großen Singles abzuspulen, sondern baute auch weniger bekannte und selten live gehörte Songs ein, wie z. B. das irre Instrumental „Intermission“ vom „Modern Life Is Rubbish“-Album, außerdem auch komplett neues Material sowie das wunderbare, speziell für dieses Konzert geschriebene „Under The Westway“.
Was mir an diesem Abend immer wieder auffiel: was für ein großartiger Gitarrist Graham Coxon doch ist. Auf den Alben bekommt man das irgendwie nicht so mit, aber auf der Bühne faszinierte er immer wieder mit seinem Gitarrenspiel, das so introvertiert und absolut lässig daherkommt und in das er dann doch auch immer wieder die kränksten Soli und noisig verzerrte Sounds einbaut. Hier wurde dann wirklich einmal klar, wie wichtig er bei BLUR gerade für die durchgeknallte, punkige und experimentelle Seite ist (die man allerdings nur mitbekommt, wenn man sich ihre kompletten Alben anhört).
Hatte man nach dem wunderschön atmosphärisch gespielten „Tender“ gegen Ende des regulären Sets schon geglaubt, den Höhepunkt der Show erlebt zu haben, wurde nach gut zwei Stunden mit „The Universal“ als letztem Song der Zugaben noch einmal einer draufgesetzt. Hier strahlten BLUR noch einmal eine dermaßen ergreifende Magie aus, dass sich auch so harte Kerle wie ich die Tränen grade noch so verdrücken konnten. Damon Albarn ging es genauso, wie man am Ende gut über die Bildschirme erkennen konnte. Und wenn man seinem Gesichtsausdruck Glauben schenken durfte, der ihn sowohl fassungslos wie auch zutiefst gerührt zeigte, war das wohl wirklich das allerletzte BLUR-Konzert.
Seiten