"Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter!", muss sich Morgan Steinmeyer Hakansson in der entscheidenden Songwriting-Phase von "Rom 5:12" gedacht haben. Denn noch ein weiterer Überschall-Hassbolzen der Marke "Panzer Division Marduk" oder "Plague Angel" hätte die konsequente Selbstkopie und den kreativen Absturz dieser wegweisenden Band bedeutet. In dieser Richtung war also nichts mehr möglich, und darum gehen MARDUK auf ihrem neuen Werk einen ähnlichen Schritt, wie ihn SLAYER von "Reign In Blood" zu "South Of Heaven" vollzogen. Mehr Midtempo, mehr schleppende Aggression, weniger schnelle Passagen, dafür aber böser und mit nicht weniger Feuer im Allerwertesten. Natürlich gibt es mit "Cold Mouth Prayer" (bei dem Mortuus, der sich noch einmal merklich gesteigert hat, im Duell (!) mit Ex-MARDUKer Joakim Göthberg um die Wette grunzt - Hammer!), "Through The Belly Of Damnation", "Limbs Of Worship", "Vanity Of Vanities" und "Voices From Avignon" noch genug schnelle Songs, aber auch diese werden nicht immer konsequent durchgeknüppelt, sondern glänzen mit ausgefeilten Breaks und vielen musikalischen Feinheiten, die man MARDUK noch vor Jahren kaum zugetraut hätte. Auch ein paar sehr ungewöhnliche Experimente haben sich die Bläckies auf ihrem zehnten Werk gegönnt, wie etwa das zusammen mit den umstrittenen Marschmusik-Soundtüftlern ARDITI aufgenommene Spoken-Word-Instrumental "1651" oder die alles überragende Hymne "Accuser/Opposer", bei der auch PRIMORDIAL-Frontgott Alan Averill zu hören ist und die den bislang geilsten MARDUK-Song überhaupt darstellt. "Rom 5:12" ist abwechselungsreich (ein Wort, das bisher im Zusammenhang mit dieser Band selten gefallen ist), anspruchsvoll, dabei aber jederzeit bitterböse und hasserfüllt - kurzum: das für mich bislang beste Album der Schweden und erneut ein Genre-Highlight!
Warum die schwedischen Black-Deather LORD BELIAL nie einen großen Fuß auf den Szeneboden bekommen haben, ist nicht ganz nachvollziehbar. Zwar haben die drei Backelins noch keine echten Meilensteine auf ihrem Konto, im Gegenzug aber auch noch nie schwache Ware präsentiert, auf den letzten Werken schon mal gar nicht. Und diese Tradition wird mit "Revelation - The 7th Seal" fortgeführt, auf dem das Quartett insgesamt wieder etwas mehr Gas gibt als noch auf dem Vorgänger "Nocturnal Beast", der insgesamt zwar sehr stark, aber auf Dauer zu Midtempo-lastig tönte, was Kollege Heitmann in seinem Review auch sofort bemängelte. Stilistisch reicht man sehr nah an die Landmänner von NECROPHOBIC heran, die auf ähnliche Weise hymnischen, melodischen Black Metal mit Death Metal (oder umgekehrt) anreichern. Die Mischung stimmt einfach, aber genau hier befindet sich auch die Achillesferse von LORD BELIAL: vergleicht man "Revelation" etwa mit dem aktuellen, göttlichen "Hrimthursum" der Kollegen, so wird dieser Pegel und diese unglaubliche, mitreißende Songwriting-Qualität nicht ganz erreicht. Zudem wurde das Album von Andy LaRocque (KING DIAMOND) nicht optimal und irgendwie blechern-kraftlos-dröge produziert, was starken Songs wie "Ancient Splendor", "Aghast" oder "Unspoken Veneration" Einiges an Durchschlagskraft nimmt. So ist "Revelation" eine sehr gute Scheibe mit einer exquisiten Verknüpfung schwarzer und todesbleierner Welten, die zwar ihren Vorgänger knapp übertrumpft, sich insgesamt aber nicht mehr für den "Tipp" qualifiziert, wobei ich mir sicher bin, dass LORD BELIAL hier noch nicht am Ende ihres Potentials angelangt sind.
Seit 1993 ging Nocturno Culto (DARKTHRONE) mit der Idee schwanger, einen Film über Norwegens Black Metal zu drehen, ihm war bis anno 2006 aber die Technik dafür nicht gut genug. Wer sich die knappe Stunde anschaut, fragt sich zwar, wo hier High End-Technik gebraucht wurde, aber egal. Der gute Mann schreibt im Booklet, dass es kein sonderlich inhaltsvoller Film ist und ihn viele Leute langweilig finden werden. Man muss schon ein beinharter DARKTRHONE-Fan sein, um ihm in dieser Einschätzung zu widersprechen. Ein Großteil der Einstellungen besteht aus Aufnahmen norwegischer Wälder (meistens sogar frostbitten), Culto wie er Fahrrad fährt (!) oder einen Sarg durch den Schnee zieht. Das ist schon fast meditativ. Etwas mehr Action gibt es bei Szenen mit anderen Musikern, beispielsweise wenn AURA NOIR einen Vertrag mit Tyrant Syndicate unterzeichnen und danach mit dem Labelchef himself eine wilde Party feiern. Oder DARKTHRONE und AURA NOIR einen Wandertrip durch die Natur unternehmen. Norweger sind halt anders. Selbst seinen Tokio-Trip hat Culto festgehalten und eine denkwürdige Performance von GALLHAMMER mitgebracht, die wirklich true undergroundig klingt. Der tiefsinnigste Spruch kommt von einem SVARTAHRID-Mucker ("it was never important to make music other people like"), während sich Fenriz und Nocturno Culto (die beide mit unglaublich häßlichen Tattoos gesegnet sind) sehr zurückhalten und stattdessen lieber mal einen alten norwegischen Alm-Öhi labern lassen. Das alles mit wackeliger Kamera festgehalten und mal untertitelt, mal nicht. Es ist auf der einen Seite hochinteressant, wie normal und profan das Leben von Kultbands wie DARKTHRONE (die sogar proben - ja, sogar der werte Herr Fenriz!) abläuft und wie anders das norwegische mindset im Vergleich zu unserem doch ist.
Als Bonus gibt es einige Aufnahmen eines sehr frühen DARKTHRONE-Gigs, eine Standbilder-Collage und ein Video zu "Too old, too cold", sowie auf beiliegender CD ein paar Tracks der im Film im vorkommenden Bands. Ob das knapp 20€ wert ist, muss jeder für sich entscheiden…
Beinharten Schwarzmetallern wird GOAT SEMEN ein Begriff sein, aber selbst für die wird sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Scheibe stellen. "En Vivo En Lima Hell" ist eine Live-Scheibe, auf der die Peruaner zwölf Tracks festgehalten haben, mit gutem Sound aber ohne irgendwelche Publikumsgeräusche. Das Trio ballert sich durch das Dutzend chaotisch-brutaler Songs, die durchaus ansprechend sind, aber von denen kein einziger exklusiv auf der Live-Scheibe zu hören ist. Wer die anderen beiden Scheiben besitzt, braucht "En Vivo En Lima Hell" nicht. Für Die Hard-Sammler mag das was sein, aber deren Zahl dürfte sich im Hunderter-Bereich bewegen.
Kommt Zeit, kommt Änderung. Aus DØDHEIMSGARD wurde DHG, aus Black Metal, Avantgarde Black Metal. Wobei eben diese Stilrichtung kaum noch hörbar ist - wie wohl auch schon auf dem Vorgänger "666 International"und Vicotnik hat neue Mitstreiter um sich gescharrt - unter anderem Kvohst als Vokalakrobat. Und? Ist die Band noch so wichtig wie seinerzeit mit "Kronet Til Konge"? Sicher werden wieder viele den enormen Anspruch loben, die technische Fähigkeit, die avangardistische Herangehensweise… Und? Ganz neutral betrachtet bleiben kalte, industrielle Gitarrenklänge, viele künstliche Samples, Elektronik, ruhige, fast ambienteske Klänge, Schrei- oder Sprech-Gesang, zahllose Breaks, Disharmonien, Blast-Beats, abgehacktes Riffing, orientalische Einleitungen, rein-rockige Töne und ein paar Metal-Anleihen. Das mag ja alles irre fortschrittlich sein und anspruchsvoll und bla und blubb. Letztlich aber bleibt nur eine ziellose Verquickung vieler verschiedener Zutaten zu einer schwer verdaulichen Tonkonserve. Und das nervt - je länger die Scheibe dauert.Kommt Zeit, kommt hoffentlich Ende.
Grimnisse und Vardalv sind THRONE OF KATARSIS und TOK sind Black Metal, norwegisch und true as Sensemann. Der auf dem dynamischen Cover übrigens angepinselt, mit Nieten geschmückt das Unrecht der Welt herausschreit. Was auf ein klischee-beladenes, langweiliges Album schließen lässt. Ersteres stimmt, letzteres nun überhaupt nicht. Na klar bedienen sich die Norweger aller Stilmittel, die auch schon Mayhem, Darkthrone und Co. zu tollen Alben verwursteten. Und natürlich verweigert sich das Duo stur allen Kompromissen und neuen Einflüssen (vor allem der Sound ist "Anno-dunnemal-Qualität"). So klirrt die Gitarre tüchtig, während der Bass kaum zu hören ist. Dazu kreischt der Deibel und die Drums klöppeln flott. Aber das 2003 ins Leben gerufene Projekt macht dabei vieles richtig, garniert die fünf sehr langen Songs mit vielen langsamen Parts, akustischen Zwischenspielen und anderen Breaks und sorgt so nicht nur für enorme Abwechslung, sondern auch für jede Menge packende Atmosphäre.
SHINING, die vielleicht skandalumwittertste Band der Metal-Welt, überzeugt endlich mal wieder durch etwas anderes als Eigen-Urin-Therapie, Medien-Geplärr, Gerüchte, Suizide, Körperschnitzereien, Gewaltorgien, Anal-Fisteleien, Kinderverführung (siehe vieles auch hier http://www.metalinside.de/galery.php?id=915). Was der olle Kvarforth und seine verbliebene Crew auf Album fünf bewerkstelligen, das ist ein makelloses Beispiel an vertonter Misanthropie ohne plumpe Klischee-Reiterei. Die Schweden sind inzwischen zwar weiter vom ursprünglichen Black Metal entfernt denn je - und dennoch haben sie das dunkelste und härteste Kapitel der Bandgeschichte geschrieben. Es handelt vom blanken Hass, bestenfalls von allertiefster Melancholie, von schierer Verzweifelung, vom Tod aber eben nicht vom Teufel. Musikalisch wirkt "Halmstad" bisweilen fast poppig, nur bleibt einem die gute Laune, das Vertrauen innerhalb von Sekunden im Halse stecken, die beinahe lieblichen Melodien wie im Schluss-Stück "Neka Morgondagen" verführen - bis Kvarforths Schreie und sein verzweifelter Klargesang wieder zurück von Gedeih ins Verderb lotsen. Rein musikalisch haben sich SHINING von den jazzig-progressiven Experimenten des Vorgängers weiter in eine scheinbar verträgliche Dark-Metal-Richtung verändert, wagen aber immer wieder Ausflüge in den Black Metal und all seine verwandten Spielarten. Letztlich aber gibt es für die Suizidal-Metal-Experten nur eine Schublade: Das ist die eigene. Und die ist beklemmend, Angst einflößend, beeindruckend. Kurz: Großartig.
Jawoll ja! Es geht doch! Kaum haben SONIC REIGN dieses Hammeralbum über ihr eigenes Label "Sovereignty Productions" veröffentlicht, da finden sich bei Metal Blade ein paar Leutchen mit richtig eingestellten Öhrchen, entdecken die Klasse der Band und hauen "Raw Dark Pure" nun als offiziell erhältlichen Release raus. Diese Maßnahme sollte dem schwarzen Duo nun einen gehörigen Schub geben, damit die acht erstklassigen Hymnen von "Raw Dark Pure" aus möglichst vielen Anlagen der Nation donnern. Viel machen mussten Metal Blade aber nicht: bereits die eigens vertriebene Version der Scheibe war hochprofessionell aufgezogen. Die Änderungen beschränken sich bei der neuen Variante lediglich auf das Cover-Artwork, das den Band-Schriftzug eine Ecke größer ausfallen lässt und den Titel in die Mitte rückt. Auf ein Remastering oder Bonustracks wurde verzichtet, was besonders den Käufern der vorab vertriebenen Version gefallen wird, da sie nun nicht um Zusatzmaterial "geprellt" werden. Wer "Raw Dark Pure" also schon besitzt, hat vielleicht sogar den Vorteil, eine Rarität erhascht zu haben. Und wer das Ding als qualitätsbewusster Bläckie noch nicht im Schrank stehen hat, sollte dieses Versäumnis schnellstens nachholen. Ich verweise da gerne auf mein Review aus dem letzten Jahr und gebe Euch noch mal mit auf den Weg, dass hier einer der besten Genre-Newcomer der letzten Jahre am Werk ist!
Die niederländischen GRIMM haben vor "Heksenkringen" schon zwei Alben veröffentlicht, die mir aber nicht bekannt sind. Sollten die beiden Scheiben auf einem ähnlich hohen Qualitätsniveau wie das neue Langeisen des Trios angesiedelt sein, sind sie fast schon einen Blindkauf wert, denn was in den acht Songs geboten wird, ist schwarzmetallischer Pagan Metal auf hohem Niveau! Gelegentlich unterstüzt durch Geigen ("Tovermaas Der Hmijning") treffen Black Metal-Riffs auf die majestätische Erhabenheit, die Pagan Metal haben sollte, um mitreißende Songs zu kreieren und für Gänsehautmomente zu sorgen. Hier passt einfach alles, allen voran der Gesang, der sowohl klar als auch fies-schwarzmetallisch überzeugen kann und eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens steht, aber auch das Drumming und die aggressiven Gitarren sind auf hohem Niveau angesiedelt und treiben die Songs im wahrsten Sinne des Wortes voran. Kurz und knapp: verdammt gute Scheibe!
Wenn im sonnigen Italien ganz selten mal eine Band nicht der glorreichen Idee verfällt, das Keyboard zu tunen und damit den "Power Metal" in erschreckende Sphären zu befördern, dann kommt gelegentlich eine superbe Combo wie THUNDERSTORM oder eben HANDFUL OF HATE dabei heraus, wobei sich letztere ganz dem Black Metal verschrieben haben, der in diesem Land auch nicht unbedingt eine große Lobby hat. Das Trio um Bandgründer/Sänger/Gitarrist Nicola B. zockt auf seinem mittlerweile vierten Studiolangeisen seit der Gründung 1993 technisch sehr ausgefeiltes, aggressives und oft pfeilschnelles Schwarzmetall, das man stilistisch irgendwo zwischen IMMORTAL zu "Damned In Black"-Zeiten, MELECHESH und NAGLFAR (bei den langsameren Parts) einordnen kann. Man hört HANDFUL OF HATE ihre Herkunft überhaupt nicht an, und jeder, der die Band nicht kennt, würde sie spontan irgendeiner Ecke in Skandinavien zuordnen. Sehr auffällig ist auch die fette Produktion von "Gruesome Splendour", die zwar für rasenden, kalten Black Metal etwas glatt gebügelt klingt, ihren Zweck aber erfüllt und die Klasse der Band, wie auch viele Feinheiten, noch weiter hervorhebt. Ein zwar kurzes, aber dafür sehr heftiges Inferno, bei dem man etwa den geilen Opener "Livid", das teils treibende, teils ultraschnelle "Grotesque In Pleasure, Rotten In Vice" und das mit coolen Riffs versehene "Spawn Of Decadence" als Anspieltipps empfehlen kann. Am Besten genießt man diesen Hassbolzen aber am Stück und überzeugt sich selbst davon, dass HANDFUL OF HATE viele ihrer nordischen Kollegen übertreffen und nicht nur hierzulande deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Für Blackies mit musikalischen Ansprüchen ein echt heißes, bzw. kaltes Eisen!