Gut und gerne sechs Jahre haben sich die Niedersachsen PEST für ihr neues Album Zeit gelassen und in der Zwischenzeit lediglich eine selbst betitelte EP veröffentlicht. Eine große Stiländerung ist jedoch nicht zu vernehmen: noch immer rasiert sich der in der Mehrheit kahlköpfige Haufen (ja, PEST sind unpolitisch – soviel dazu!) durch ein Feuerwerk an räudigem, basischem, ganz klar von altem Norwegendunkelstahl beeinflusstem Black Metal, der zwar zweckdienlich aufs Nötigste reduziert, aber keinesfalls schwachbrüstig-blechern tönt. Auch in Sachen Songwriting lässt das Quartett nicht viel anbrennen, obwohl speziell das Hymnenhafte in den Melodien noch ausbaufähig ist und ein wenig Luft nach oben lässt. Wer etwa auf die ersten drei IMMORTAL-Werke, flottere, ältere DARKTHRONE oder die Anfangstage von SATYRICON abfährt, wird definitiv an „Tenebris Obortis“ Gefallen finden, denn sehr gute und durchdachte Stücke wie „Trance“, „Weltgericht“, das majestätische Instrumental „Bonded“ oder das atmosphärische, sprichwörtlich saucoole und überlange „Entering Forest“ gehören eindeutig zu den besseren Momenten deutschen Black Metal-Schaffens!
Ha! Die alten Black-Metal-Veteranen von der Insel können tatsächlich mit ihrem neuen Album ein paar gängige Erwartungen mal eben vom Tisch fegen. Denn was erwartet man von einem CRADLE OF FILTH-Album? Opulenz? Oh ja, die gibt es, aber anders als erwartet: Statt geschliffener Arrangements regiert bei CRADLE OF FILTH auf dem aktuellen Album "Darkly, Darkly, Venus Aversa" der Black Metal. Und zwar von seiner ungehobelten, temperamentvollen Sorte. Wie die wilde Jagd rasen Dani Filth und seine fünf Mitstreiter durch die Songs, Dani Filth sagt dazu im Interview mit seiner Plattenfirma, es "sei das ohne Zweifel bisher schnellste und brutalste Album" dass CoF bis dato komponiert haben. Und hat damit absolut und uneingeschränkt recht. Weiter sinniert der Frontkreischer, es sei "eine Schlittenfahrt durch einen Gothic-Horror-Themenpark, voll Inbrunst und Perversion." Auch da muss ich ihm voll zustimmen, allerdings ist der Rodelberg zumeist sehr steil - und war offensichtlich sehr hoch. Nur zwei Songs kommen bei unter fünf Minuten ins Ziel, die meisten gehen an oder über sechs Minuten. Außerdem - und das ist eine Koinzidenz von geradezu britischem Humor - war es bisher immer so, dass man sich zwischen den elegischen Stücken auf die wenigen Songs mit reiner Raserei darüber wie ein Kind gefreut hat, dass die Engländer auch mal Gas geben können, so sind auf "Darkly, Darkly..." die wenigen Songs mit Tempovariation die willkommenen Abwechslungen: "The Persecution Song" ist der erste davon, und dank des Midtempos kann man das einprägsame Gitarrenmotiv auch heraushören, die vorletzte ist die eigentlich Perle dieses Albums und dafür ziemlich weit hinten versteckt: "Forgive Me Father (I Have Sinned)" ist die erste Video-Auskopplung aus dem Album und läßt Paul Allender in den Arrangements Luft für Hexereien auf der Gitarre, hat gleichzeitig ein einprägsames Motiv und das obligatorische Gesangsduett - ist also quasi dem Kochbuch für CRADLE OF FILTH-Hits entnommen. Unter den schnellen Songs sticht zunächst einmal der Opener "The Cult Of Venus Aversa" heraus, der mit einem Cembalo-Intro beginnt und die Spuren an allen möglichen Effekten und Instrumenten (außer dem Cembalo noch Streicher, Chöre, Keyboards...) bis in den Himmel stapelt - der Schlitten startet also ziemlich überladen in seine Fahrt. Die Gitarre von "Deceiving Eyes" beginnt mit einem fiesen Horror-Punk-Sound, aber auch dieser Song geht schnell in blackmetallisches Geschredder über. Und noch ein Duett - aber wieder in Überschallgeschwindigkeit - gibt es auf "Lilith Immaculate", dem vielleicht besten Song des Albums und dem mit der Hauptfigur des Albums bereits im Titel, denn "Darkly, Darkly..." ist ein Konzept-Album über die mythische Gestalt Lilith. Letzte Überraschung: "The squeeking weasel" - äh, Dani Filth - kreischt nicht mehr ganz so hoch, sondern keift mehr in den (für ihn) mittleren Lagen herum und singt sogar stellenweise. Fazit: CRADLE OF FILTH haben sich auf diesem Album definitiv in Sachen bpm selbst überholt - das beste Album der Bandhistorie ist es aber bei dem Haufen an ideenarmen Raserei-Songs nicht geworden. Aber auch nicht das schlechteste.
DARK TRIBE – und ich dachte, der sei ausgerottet. Knapp sechs Jahre ist das bisher letzte Werk nun schon alt. Aber wenig Grund zur Sorge: Die Band, also das Asordis und Parannoth) hat sich kaum verändert. Keine Keys, fiese (also echt fiese) Screams, dünner Sound, düstere Melodien und Atmosphäre, abwechslungsreiches Treiben zwischen Depressive Black Metal und alter norwegischer Schule. Die Sachsen-Anhaltiner bringen die Chose auch echt überzeugend und authentisch rüber, nur zünden will es diesmal nicht so ohne Weiteres. Liegt es daran, dass die zwölf Songs in ihrer Gesamtheit nicht an einem Strang ziehen. Geht das Gekeife doch zu sehr in die unerträgliche Striborg-Richtung? Man könnte jetzt viel von gewetzten Messer, aufgeschlitzten Leibern, übermäßigem Drogenkonsum und so weiter schwadronieren – das passte durchaus alles zu DARK TRIBE. Aber so richtig wirken will es dennoch nicht. Vielleicht sieht und hört das die Zielgruppe in diesem Fall anders, denn sehr roh und ziemlich hospitalistisch ist „Archaic Visions“ in jedem Falle.
Mit „Live! In Chicago” setzt KENNY WAYNE SHEPHERD ein dickes Ausrufezeichen in die Blueswelt. Nicht umsonst wird der erst 33 Jahre alte Gitarrist aus Shreveport, Lousiana vom einflussreichen Guitar-World-Magazin nach B.B. KING und ERIC CLAPTON als drittbester Blueskünstler geführt (ja, auch vor JOE BONAMASSA!). In 2007 veröffentlichte er „10 Days Out...Blues From The Backroads”, wobei er damals eben für die genannten 10 Tage sich mit bekannten Blues-Veteranen traf. „Live! In Chicago” enthält einen fast 80-minütigen Mitschnitt der damaligen Tour, aufgenommen im legendären Chicagoer House of Blues und mit Unterstützung bekannter Genregrößen wie Hubert Sumling, Bryan Lee, Buddy Flett und Willie „Big Eyes“ Smith. SHEPHERD bietet dabei einen Querschnitt seiner Songs und die unvermeintlichen Cover – immer wieder veredelt mit unglaublich gefühlvollen Gitarrensoli – und das ganze ohne dabei den Groove zu verlieren. Erwartungsgemäß differieren die dargebotenen Songs dabei zum Teil deutlich von den Originalkompositionen. Improvisationen gehen den Jungs ganz locker von der Hand – der Mann hat eine klasse Band im Back. Einzelne Songs hervorzuheben verbietet sich hierbei fast, da „Live! In Chicago” ja vor allem als Gesamtheit fasziniert und wirkt – die Atmosphäre des Konzertes wird richtiggehend spürbar. Wer aber trotzdem mal was zum reinschnuppern sucht dem seien das ruhige „Deja Voodoo“ sowie das abschließende Trio „Rocking Daddy“ (geht schön nach vorne), das recht bekannte „Blue On Black“ (fast schon ein Hard Rock Track) und das formidable „I'm A King Bee“ subjektiver Weise angeraten. Die Bluesfreaks mal außen vor gelassen – jene haben „Live! In Chicago” sicher eh’ schon auf dem Einkaufszettel stehen – KENNY WAYNE SHEPHERD sei jedem Rockfan mit Affinität zu handgemachtem, gefühlvollen Sound wärmstens Empfohlen.
MONSTER MAGNET sind mittlerweile auch schon seit einer kleinen Ewigkeit im Geschäft, das eine oder andere unschöne Intermezzo wie Dave Wyndorfs Tablettenvergiftung inklusive, jetzt melden sie sich mit „Mastermind“ zurück. Im Großen und Ganzen ist man dabei dem bewährten Rezept treugeblieben: Stoner Rock; mal ein wenig spacig, mal ein wenig doomig, mal mehr, mal weniger psychedelisch, immer dunkel- das zeigt schon das düster-groovige Bassintro des Openers „Hallucination Bomb“. Die Single-Auskopplung „Gods And Punks“ ist überdurchschnittlich eingängig, das recht doomig daherkommende „The Titan Who Cried Like A Baby“ zieht sich dagegen etwas. „Perish in Fire“ zieht das Tempo an, um dann im Anschluss mit der Ballade „Time Machine“ gelungen für Abwechslung zu sorgen. „Ghost Story“ ist ungewohnt gemäßigt und melodiös und mit „Alll Outta Nothin“ schließt das Album mit einem relativ geradlinigen Rocksong. Fazit: MONSTER MAGNET sind nicht ausgezogen, um das Rad komplett neu zu erfinden, sondern liefern während einer beachtlich langen Spielzeit von etwa einer Stunde genau das ab, was sie am besten können.
Der israelitische Fenriz treibt mit TSORER sein schwarzmetallisches Unwesen. Tom Davidov heißt das Projektil, das sich ganz ohrenscheinlich an den alten Größen der Zunft orientiert. Wer also Rotwein-Musiker wie Satyr, Musik-Professoren wie Ihsahn oder Bombast-Schmierlappen wie Dimmu immer noch für Black Metal hält, bitte schön. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Doch TSORER, die alte Schwarzbaumwurzeln, gehen ganz zurück zu den Roots: Steinalte Bathory, rüpelige Sodom, naja Darkthrone - eben die relativ üblichen Verdächtigen. Nun gibt es Bands, die hören sich einfach so schlecht an, weil sie es nicht besser können. Der einsame Tom aber, der versteht es, einem zu dokumentieren, dass die Scheibe eben deswegen so oldschool klingt, weil sie es soll. Weil er es will. Wenn schon Rasier-Gitarren und ranzige Produktion, dann bitte mit solchen authentischen, echt coolen Songs. AAAARRRGGGGGH und Uh!
Der erste Durchgang mit diesen Griechen geht zwar nicht in die Hose, aber irgendwie dennoch vorbei. Beim zweiten horcht der geneigte Hörer auf, beim Dritten ist er mehr und mehr gefesselt. Denn „Absence“ entwickelt sich von der 08/15-Doom-Death-Pladde mit „My Dying Bride und Co. Einflüssen“ zur wirklich vielschichtigen Frustrations-Demonstration. Schleppendes bis mittleres Tempo, unzufrieden gegrowlte Vocals und schwere, an der Grenze zur Monotonie stehende Riffs, fast funeralistische Anwandlungen und plötzliche daherwabernde Traum-Melodien kennzeichnen schon den 13-minütigen fantastischen Grower und Opener „Amidst Nocturnal Silence“. Und so entwickelt sich eine tolle Scheibe, die auch ohne die Mithilfe vom SATURNUS- und ATARAXIE-Musikern gut ausgehen hätte. Wer gerne MDB oder (alte) Paradise Lost hört, der wird hier mächtig gut bedient. Klar, es gibt bessere, verzweifelteren Doom-Death (zum Beispiel von Ophis), aber gerade eine Band wie Paradise Lost und deren (alte) Anhänger wären sicher froh, wenn die Briten noch mal eine derart gute Scheibe hinbekommen würden.