Nach einiger Zeit des Wartens auf neues Studiomaterial ist es soweit: LOREENA MCKENNITT ist wieder da und zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Ihr neues Album „The Wind That Shakes The Barley“ ist durchweg keltisch dominiert, mit am Start war wieder ihr bereits bewährtes Team von Musikern. Eine hübsche Mischung ist das, in der sich bekanntere Traditionals wie das wunderschöne und sofort im Ohr festsetzende „The Star Of The Country Down“ mit weniger bekanntem, aber ebenfalls traditionellem Material wechseln. Mal geht es flotter zu, wie bei „As I Roved Out“, mal ganz ruhig, verträumt wie „On A Bright May Morning“. Mit “Brian Boru´s March” und “The Emigration Tunes” finden sich zudem auch zwei Instrumentalstücke. Die zurückhaltenden Arrangements geben dem fragilen Gesang viel Raum und verstehen es nach wie vor, zu verzaubern- LOREENA MCKENNIT macht mit diesem Album einmal mehr ihren Anspruch auf den Titel der Großmeisterin des Keltic Folk geltend.
Schkeuditz ist ein Kaff bei Leipzig, an dem einmal im Jahr die Horden vorbei müssen, die aus Richtung Südwesten zum With Full Force-Festival eilen - und an den anderen 364 Tagen im Jahr rauscht dort einfach die Autobahn vorbei. Was diese Randnotiz mit dem aktuellen Tonträger der Band aus Schkeuditz, nämlich von PLASMIC OCEAN zu tun hat? Auch hier passiert auf den ersten Hördurchgang nicht viel. "Phobia" ist ein progressiver Trip auf den Spuren von Siebziger Jahre-Bombast-Bands - Genesis zu späten Peter Gabriel-Tagen lassen grüßen. Oder Porcupine Tree - wenn man "Fear Of A Blank Planet" ein bißchen relaxter angehen würde. Relaxter? Ja. Selbst die Uptempo-Songs sind so loungig wie der Soundtrack zu einer endlosen Landschaft. Wobei - an dieser Stelle streikt die Synästhesie: Sowohl Keyboard- als auch Gitarrensound sind so kaugummibunt fortschrittsgläubig wie die Mondmissionen der frühen 70er Jahre. Und das latente Liegestuhl-Gefühl wird durch das Einsamplen von George W. Bushs Kriegsrede gebrochen. Damit sind wir am Ausgangspunkt wieder angekommen, auch der Sound von Hair, Bombast Rock & Co. ist ohne Vietnam nicht so denkbar. Und die unaufgeregte Stimme von Sänger Peter Barthel trägt das ihre zu dem entspannten Grundgefühl bei. Bis man PHOBIA vielleicht demnächst in der BR Space Night hören kann, kann man die Alben als Download von den einschlägigen Plattformen erwerben.
Dafür, dass DOWNFALL den heimischen Underground erst seit drei Jahren aufmischen, fahren sie auf ihrer zweiten Eigenproduktion „The Outlaw“ schon ein erstaunlich professionelles Brett auf. Ihre Mischung aus Trash Metal und einem Schuss melodischem Tod, die zumeist in (flottem) Midtempo gehalten ist, klingt zwar relativ unspektakulär, aber in Sachen Sound kann man hier kaum erahnen, dass noch kein zahlungskräftiges Label hinter der Band steht. Zwar gibt die aus Ruhla in Thüringen stammende Band an, dass METALLICA eine große Rolle für sie spielt, aber meinereiner hört hier eher die melodisch verspielteren und – ja, das muss man einfach so stehen lassen – technisch versierteren TESTAMENT, ANNIHILATOR und mitunter auch EXODUS heraus, denn auch DOWNFALL arbeiten viel mit flotten Soli, rhythmischer Vielfalt und technischen, leicht frickeligen Einschüben, die aber immer songdienlich ausfallen und Stücken wie „Until It Burns“, „Calling The Predator“, „Noman´s Land“ oder „Jigsaw“ außerordentlich gut zu Gesicht stehen. Einziger echter Kritikpunkt geht in Richtung Sänger (und Gitarrist) Markus „Pfiffi“ Tröbs, dessen gesangliche Mischung aus Lemmy-artiger Whiskey-Röhre und dumpfen Growls einfach viel zu monoton und auch irgendwie kraftlos ausfällt und der instrumentalen Klasse der Band nicht wirklich gerecht wird. Falls hier noch die eine oder andere Optimierung stattfindet und die Jungs ihre Stärken allgemein noch etwas zielsicherer herausarbeiten (in Sachen Songwriting ist nicht jede Nummer auf „The Outlaw“ ein Treffer), könnte beim nächsten Mal locker der „Tipp“ unter dem Review stehen. Noch nicht überragend, aber schon beachtlich gut!
Es ist wieder einmal so weit: eine neue ALICE COOPER-Veröffentlichung ist da. Diesmal mitgeschnitten bei einer Show vergangenen Jahres im Londoner Hammersmith, werden dem geneigten Zuschauer satte 92 Minuten an Musik und -natürlich nicht zu vergessen- altbewährten Exekutionen (vier an der Zahl) geboten. Auffällig ist, dass dabei neueres Material fast völlig unter den Tisch fällt: nur wenige Songs datieren in die vergleichsweise jüngere Schaffensphase COOPERs, der Rest stammt praktisch ausschließlich aus den ersten 30 Jahren seiner mittlerweile stolzen 40-jährigen Karriere. Auch die Show vertraut auf Altbewährtes, was das Ganze etwas vorhersehbar macht- die guten alten Puppen schockieren mittlerweile eben doch nicht mehr gar zu sehr. Was nun nicht heißen soll, dass der gute ALICE es an Einsatz mangeln lassen würde: es wird engagiert gestorben und die Kostüme gewechselt, dass es eine Pracht ist und musikalisch passt auch alles- man ist ja schließlich nicht umsonst schon so lange im Geschäft. Selbstredend umfasst das Set zahllose Klassiker, darunter fast das komplette „Welcome To My Nightmare“-Album, ein wenig mehr neues Material jedoch wäre hübsch gewesen, um vielleicht für die eine oder andere Überraschung zu sorgen und dem Ganzen etwas weniger das Flair einer Nostalgieveranstaltung anhaften zu lassen.
Als ich "Godlike", das Demo der Seelzebuben von COLD CODA das erste Mal in den Player geschoben hatte, musste ich schallend lachen: Deathcore mit stonerigen 70s Riffs zu mischen - diese Chuzpe muss man erst mal haben. Aber generell scheint die Band aus dem Großraum Hannover wenig Probleme damit zu haben, alles mögliche in den großen Topf zusammen zu schmeißen: [COLD CoD:A] - so das Bandlogo ausgeschrieben - sind im Land größerer Gitarrenmelodien zu Hause und machen von dort aus Ausflüge in alle Richtungen, die ihrer Meinung zum jeweiligen Song passen. Einer der beiden Sänger growlt dazu, der zweite singt eher nasal. Zu den "eroberten Gebieten" gehört so ziemlich alles von 90s Crossover bis zu den eben erwähnten Stoner-Passagen. Besonders gelungen sind die Songs "Rifleman's Creed" (eher (stoner-) rockig), "Common Violence" und "Single Malt" (letzterer ist der crossoverigste). "Godlike" ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam, auch oder vielleicht grade weil man Growls und Nineties-Alternative-Elemente nicht oft in einem Song zusammen erlebt.
Mit „Physik“ meldet sich pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum eine der irrsten Punkbands Deutschlands zurück. Die einen lieben DIE KASSIERER, die anderen hassen sie, und bis heute ist nicht ganz geklärt, ob sie einfach nur prollige Säufer sind oder richtig was auf dem Kasten haben, ob sie Dilettanten oder große Künstler sind. Mit dem neuen Album haben sie sich sieben Jahre Zeit gelassen, aber diese Fragen beantworten wird es auch nicht. Zwar gibt es mit „Ich fick dich durch die ganze Wohnung“ oder „Das Lied vom Kot“ Songs, wie sie die Fans vermutlich erwarten. Dass die Wattenscheider aber auch ganz anders können, zeigt sich z. B. in den vielen Verweisen auf den Schlager der 20er Jahre, zu hören z. B. im „Zitronenhai“, dem Georg Kreisler-Cover „Was für ein Ticker ist ein Politiker“ oder „Nieder mit der Arbeit“, ein Punk-Cover eines Stücks aus den 20ern. Auch Songs wie „No Future, das war gestern“ und „Ich war ein Spinner“ haben witzige, gesellschaftskritische und z. T. auch durchaus subtile Texte. Und dann gibt es auch noch ein paar Songs, die einfach nur blöd, zugegebenermaßen aber doch ganz witzig sind, wie der „Drillinstructor-Song“, oder die „Wirtshausschlägerei“, ein Cover des Rolf Zuckowski-Klassikers „In der Weihnachtsbäckerei“. Musikalisch geben sich die KASSIERER so vielfältig wie nie, so werden z. B. auch Off-Beat, elektronische Sounds und ein Zither-Orchester verwurstet. Das Problem des Albums ist aber, dass sich die KASSIERER offenbar nicht so recht für eine Marschrichtung entscheiden konnten. Zum Teil wird hier denjenigen Fans Stoff geboten, die auf die üblichen Fäkal-, Bums- und Sauf-Texte stehen, zum Teil werden aber auch eindeutig satirische und wirklich geistreiche Stücke zum Besten gegeben. So ganz glücklich wird mit „Physik“ also wohl niemand werden.
ALPHA AND OMEGA bestehen aus Musikern, die hörbar keinen Bock auf nerdigen Hardcore haben, wie er anno 2010 so angesagt ist. Dann lieber ehrlichen Mid-90er Kram, der von LEEWAY und Thrash Metal gleichermaßen beeinflusst ist und einfach nur kräftig aufs Maul gibt. Die Gitarrenarbeit hat immer wieder Verweise auf METALLICA und SLAYER zu bieten („Searching“), während Shouter Luis mit einem aggressiven Gesangsstil aufwartet, der perfekt zu den Gitarren und der wütenden Grundstimmung passt. Die Rhythmusabteilung legt derweil ein solides Fundament und bringt die Songs von schleppendem Mid-Tempo problem- und nahtlos in flottere Abschnitte, wodurch „Life Swallower“ nicht eintönig wird. Was die Platte aber erst so richtig gut macht und sie wochenlang nicht aus der Playlist verschwinden lässt, ist der fette Groove, den die Amis auspacken. Dank ihm macht die Scheibe von Start bis Ende Laune und reiht sich in die Reihe ehrlicher, solider Hardcore-Alben ein, die sich auf alte Helden berufen. Mächtig stark und für Hardcore Kids wie Thrasher gleichermaßen interessant!
Ganz klar – als Kopf der altgedienten METEORS hat P. Paul Fenech Rock ´n´ Roll-Geschichte geschrieben. Ob die METEORS wirklich die Kings of Psychobilly sind, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, aber sicher ist, dass sie diesen Sound geprägt haben wie keine andere Band. Auch nach 30 Jahren ist Fenech immer noch mit den METEORS quasi auf Dauertour, findet aber zwischendurch auch immer wieder Zeit für Solo-Alben. „International Super Bastard“ ist bereits sein achtes, und es rechtfertigt durchaus, dass er immer mal wieder einen Alleingang einlegt. Ein Teil der Songs könnte zwar auch genauso gut METEORS-Material sein, wie etwa der treibende „Legions Song“, das cool groovende „Dead Mans Road“ oder das Surf-/Western-(Fast-)Instrumental „Giocando Con La Mano Sinistra Di Dio“. Daneben gibt sich Fenech aber überraschend vielseitig. „Greenback Dollar“, „Just Thought I'd Set You Straight“ oder das bluesige „Lovers Rock“ z. B. sind eher im ursprünglichen Rock ´n´ Roll und Rhythm ´n´ Blues verwurzelt. Auch mit der Instrumentierung wird experimentiert: Mal werden z. B. eine alte E-Orgel oder ein Bar-Piano eingebaut, im Seemanslied „Fire Down Below“ werden Tuba, Banjo und Quetschkommode ausgepackt, und das ruhige „Long Time No See“ kommt ohne Bass und Drums aus. Eher unnötig – wenn auch ganz witzig – ist allerdings das Cover des Folk-Traditionals „A Man Of Constant Sorrow“, das vor allem durch den Coen-Brüder-Film „O Brother Where Art Thou?” bekannt wurde. Insgesamt bietet das Album aber einen Haufen toller Songs, die oft zu Ohrwürmern werden und auch schon aufgrund des herrlich rohen Old-School-Sounds Spaß machen. Trotz des prolligen Titels ist dieses Album also eine wirklich runde Sache, die METEORS-Fans wie auch Rock ´n´ Rollern, die gerne mal über den musikalischen Tellerrand hinausblicken, gefallen sollte.