Einige ältere unter unseren Lesern können sich vielleicht noch an die geilen MITHOTYN erinnern, jene Band, die FALCONER-Gründer Stefan Weinerhall im Jahr 1999 zu Grabe trug und die bereits sämtliche Viking/Folk-Elemente auffuhr, die später zigfach von Schunkelstümpern ad absurdum geführt wurden. Bei den Nachfolgern FALCONER, die seinerzeit ebenfalls hochoriginell (und stilistisch eher im traditionellen Bereich) gestartet sind, habe ich aber so langsam das Gefühl, dass die Luft raus ist. "Armod", das mittlerweile siebte Album des Quintetts, setzt den Abwärtstrend konsequent fort, nachdem bereits "Grime Vs. Grandeur", "Northwind" und "Among Beggars And Thieves" nicht mehr die Qualitäten der ersten drei Alben offenbarten. Die Band setzt zunehmend auf seichte Kost, wenig Härte und fast schon schlagerhafte Mitsingkompatibilität, bei der die nach wie vor sehr gelungenen folkigen Melodien nur schmückendes Beiwerk sind. Stücke wie "Dimmornas Drottning", "O, Tysta Ensamhet" oder "Herr Peder Och Hans Syster" streifen schon arg die Grenze zum Kitsch; lediglich bei Songs der Marke "Griftefrid" oder "Grimborg" scheint die schwermetallische Seite der Band noch einigermaßen durch. Am Ende muss man sagen, dass FALCONER zwar immer noch eigenständig und unverkennbar klingen, niemandem wirklich wehtun, aber auch meilenweit davon entfernt sind, mit ihren Kompositionen noch Maßstäbe im heiß umkämpften Genre zu setzen, was angesichts des Potentials der Jungs echt schade ist.
Hinter LIGHT BEARER stecken Leute, die sich schon mit FALL OF EFRAFA und DUNGEON ihre Sporen verdient haben und mit „Lapsus“ den ersten Vinyl-Output ihrer neuen Band fertig haben. Nicht nur, dass die Doppel-LP wunderschön aufgemacht ist, sowohl vom Gatefold als auch bei den Vinyls selbst, auch musikalisch überzeugt einfach alles. „Lapsus“ ist eine bitterböse Melange aus NEUROSIS, der New Orleans-Chose und natürlich FALL OF EFRAFA, allerdings mit den Reglern auf 11, wenn es um Wuchtigkeit geht – LIGHT BEARER erschlagen den Hörer mit der Wucht ihrer Musik förmlich. Stellenweise kommen auch CULT OF LUNA als Vergleichspunkt in Betracht, gerade in der Gitarrenarbeit und den daraus entstehenden Riffwänden („Lapsus“), die ungemein wichtig für den LIGHT BEARER-Sound sind. Wie es sich für ein konzeptionell geschlossene Platte gehört, gehen die „Lapsus“-Songs nahtlos ineinander über, ohne zu einer gleichförmigen Masse zu verkommen. Immer wieder durchbrechen dabei ruhige Parts mit positiver Attitüde das Meer der Finsternis („Primum Movens“), nur um letztendlich doch aufgesogen zu werden. LIGHT BEARER machen keine halben Sachen, mit diesem ersten Album ihres auf vier Veröffentlichungen angelegten Zyklus treten sie die würdige Nachfolge von FALL OF EFRAFA an. Pflichtkauf für alle Postcorler!
Etwas lieblos gestaltet kommt das Albumcover von ETILIST "Fear In A Handful Of Dust" daher. Ein gezeichneter Baum mit einer eingewachsenen Hand, bei der man die Finger teilwesie abgeschnitten hast. Hier und da ein umgedrehtes Kreuz und Äste, die wie Spieße aus dem Stamm ragen. Nunja, Lust auf das Album macht das Artwork also gerade nicht. Nach dem Einschieben der Silberscheibe bin ich jedoch sehr überrascht, was sich da aus den Boxen rausdrückt. ETILIST spielen in der Regel langsamen Death Metal, der aber eine völlig eigenständige Note hat. Man erzeugt einen düsteren sehr rau produzierten Klangteppich, bei dem nicht Riffs im Vordergrund stehen oder Melodielinien, die man immer wieder zu hören bekommt, sondern eine noisige Atmosphäre, die durch langezogene Schreie und dem Gekreische von Sänger Joshua Greene überdeckt wird. Das klingt nun nicht gerade attraktiv, schafft aber eine unheimlich intensive Atmosphäre, die einen packt und bis ins Mark erschüttert. Wollen viele Death- oder Blackmetal Bands düster klingen und schaffen dies letztlich doch nicht, so sind ETILLIST tatsächlich eine schwer verdauliche Kost, die man nicht so eben mal nebenbei hören kann. Zu kompliziert ist der Songaufbau, zu intensiv ist der Sound, mit dem die Band ihre Songs an die Wand nagelt. Einzelne Songs herausgreifen ist hierbei unmöglich. Man möchte der Band eigentlich vorwerfen, fast nur den gleichen Song immer wieder zu spielen, was jedoch nicht geht, da man das Album als eine Art Gesamtwerk auf sich wirken lassen muss, das viele Facetten hat, aber seinem Stil stets treu bleibt. Es verbleibt eine bleischwere, intelligente Death Metal-Scheibe, wie ich sie noch nie gehört habe. Mit einer solchen Musik stürmt man nicht die Charts, schafft sich aber bestimmt einen treuen Fankreis. Wer sich hierfür interessiert, sollte auf der Website der Band in die Songs hineinhören, bevor er zuschlägt.
Die im Jahre 2003 gegründeten LOONATARAXIS haben einen nicht einfach auszusprechenden Bandnamen und spielen laut Flyer "New School Crossover". Nach dem Debutalbum "This Boy Is A Crying Shame" kommt nun der Nachfolger "Up Here" in die Läden. Optisch macht die Scheibe einen sehr guten Eindruck. Neben dem gelungen Coverartwork erstaunt mich die CD, die nicht nur wie eine Schallplatte gestaltet ist, sondern sogar die Riffelung einer solchen besitzt. Musikalisch bewegt man sich wie beim Crossover typisch in verschiedenen Musikrichtungen. Die Musik ist sehr energiegeladen, spielt mit dem Tempo und dampft letztlich richtig gut durch die Boxen. Vergleiche mit SYSTEM OF A DOWN, RED HOT CHILI PEPPERS oder TURBONEGRO darf man sicherlich anstellen. Dabei macht die Band eine wirklich gute Figur. Die beiden Tracks "Quicksand", "The Brain" und "Emodesign" sind dabei die Zugpferde des Albums, wobei auch das restliche Material das hohe Niveau halten kann. Die CD ist sauber produziert, was nicht verwundert, da man erfahrene Leute hinter das Mischpult gesetzt hat. Positiv aufgefallen ist mir auch der Einsatz des Basses, der z.B. bei der ruhigeren Nummer "Go Down" oder bei "Twin Face" eine dominante Rolle spielt und sofort ins Ohr geht. Mit "A Single Second" gibt es noch eine balladeske Nummer, wobei der Rest des Albums gut aufs Gaspedal drückt. Dass die Scheibe besonders gelungen ist, verdankt die Band nicht zuletzt dem Sänger Till Herence, der durch seine gesangliche Vielfalt den Songs einiges an Leben einhaucht. Daumen hoch!
STILLBIRTH aus Hagen sollte man nicht mit der gleichnamigen Death Metal-Combo auf Italien verwechseln. Das seit 1999 aktive deutsche Quintett um Sänger Lukas Swiaczny entpuppt sich auf der fünften Veröffentlichung "Endgame Is Near" im ersten Track "Brootal Party" als deftiges Grindcorebrett, dessen Gitarrenarbeit mich an eine Mischung aus CANNIBAL CORPSE, SLAYER und PANTERA erinnert, wobei auch die typischen Blastbeatpassagen nicht zu kurz kommen. Sehr extrem sind die für Grindcore nicht untypischen ultratiefen "Grummelvocals", die sich mit Death-Metal typischerem "Gesang", der auch mal in andere Richtungen, wie Hardcore typische Vocals abdriftet, abwechseln. Die Scheibe ist druckvoll produziert, was bei der oft technisch anspruchsvollen Gitarrenarbeit auch unbedingt notwendig ist. Neben dem Openerkeule "Brutal Party" überzeugen mich Songs wie "Endgame" oder "Halb 4 Ist Anstoss". "Endgame Is Near" überrascht oft durch kurze Abflüge in andere Stilrichtungen. So ist beispielsweise das "Ride The Tsunami" eine stellenweise sehr rockige Nummer und "Viva La Pipe" kommt mit einem funkigen Intro daher, womit man nie rechnen würde. Sparen hätte man sich allerdings den "Hidden Track" nach endloser Stile in der letzten Nummer, der nun nichts mehr mit Metal zu tun hat, sondern als akkustische Ballade durchgeht. Trotzdem insgesamt ein frisches Grindcorealbum, das Spaß beim Hören macht und durch seine brutale Gitarrenarbeit überzeugt.
Die 2010 gegründeten ILLUCINOMA kommen aus Amsterdam und legen mit ihrer gleichnamigen Drei-Song-EP einen Appetithappen auf künftige Werke des Quintetts in klassischer Besetzung (zwei Gitarren, Bass, Sänger und Schlagzeuger) vor. Leider bleibt mir dieser Happen doch etwas im Halse stecken, denn die EP plätschert an mir recht belanglos vorbei und fängt bei mehrmaligem Hören an zu nerven. Ein Lob gilt allein der Gitarrenarbeit, die sehr abwechslungsreich und typisch progressiv verspielt sich durch die vielen Riffs der dre Songs arbeitet. Gesanglich kann ich mit der Band auf gar keinem Nennen kommen. Sänger Joram Bronwasser klingt ähnlich wie Mille von KREATOR, leider nur schlechter. Sein Gesang quält sich durch die 3 Songs und ist dabei zum Einschlafen eintönig. Sieht man von den stellenweise gute Ansätze zeigenden Gitarrenriffs ab, so verbleiben oft komplexe Songstrukturen, die bei den drei Tracks, die alle gut fünf Minuten Länge aufweisen, mehr Verwirrung als Freude bringen. Sorry, ich kann mit der Musik nicht viel anfangen und glaube auch nicht, dass die Band eine musikalisch bedeutsame Zukunft haben wird. In erster Linie sollte man am Gesang arbeiten, so dass insgesamt zu hoffen bleibt, dass die Band sich irgendwann in besserer Form präsentiert.