Da ist sie wieder – die Frau mit der bluesig emotionalen Ausnahmestimme: BETH HART – die bei vielen Fans hier zu Lande erst durch ihre Zusammenarbeit mit JOE BONAMASSA beim Cover Album „Don’t Explain“ ins Bewusstsein gerückt ist. Dabei hat BETH HART bereits 1993 ihr erstes Album veröffentlicht und mit „Bang Bang Boom Boom” nun ihren siebten Longplayer am Start – und diesmal sind alle elf Songs Eigenkompositionen. Wurde sie Anfangs noch oft mit JANIS JOPLIN verglichen, so deckt ihr kraftvolles Organ vom rockigen Blues uber jazzige Kompositionen bis zu Soul- und Gospel-Sprengsel alles ab. „Bang Bang Boom Boom“ ist dementsprechend ein sehr abwechslungsreiches Album geworden – von der eröffneten Piano Ballade „Baddest Blues“ (überragend), über den locker groovenden Titeltrack „Bang Bang Boom Boom”, dem Hit „Thru The Window Of My Wind“ (das Stadion ruft) bis zum eben souligen „Spirit Of God“ liefert BETH HART tolle Songs mit noch tollerer Stimme. Das könnte sogar für die Charts reichen – anyway - für Blues-Affinados ist BETH HARET und „Bang Bang Boom Boom“ auf jeden Fall ein reinschmecken wert.
Viel muss man zu diesem Debütalbum der belgischen BURDEN OF FLESH gar nicht schreiben: das Quintett spielt leicht thrashig angehauchten, hymnischen Heavy Metal im Stil von PARAGON, IRON SAVIOR, REBELLION oder TWISTED TOWER DIRE zu „Crest Of The Martyrs“-Zeiten und spart sich jegliches Verpackungsmaterial. Keine achtfachen Chöre, kein pseudoklassisches Gefiedel, kein ostnepalesisches Bass-Xylophon, sondern weitestgehend in (flottem) Midtempo angesiedelte, knackige und Riff-lastige Songs, die zwar nicht auf Erstliga-Niveau angesiedelt sind, aber den einen oder anderen Ohrwurm offenbaren und ordentlich voluminös und fett (wenn auch etwas steril) produziert worden sind. Als Highlights der Scheibe entpuppen sich der stampfende Opener „Afraid“, das flotte „Burden Of Flesh“, das schleppend beginnende, sich dann aber im Tempo steigernde „The Nanomachines“ und das ein wenig vertrackte „Taken“, die allesamt durch das kraftvolle (aber zugegebenermaßen noch nicht sehr variable) Stimmorgan von Jean-Yves Mollica aufgewertet werden. Ein Oberhammer ist „Burden Of Flesh“ nicht, dafür haben sich speziell gegen Ende ein paar nicht wirklich zwingende Stücke eingeschlichen, aber ein durchaus gelungener Einstand ist das Album allemal.
Nummer One in den Deutschen Charts sind sie mit „Dead Silence“ schon mal. Das bei den Kanadiern BILLY TALENT die US-Kollegen von GREEN DAY und ihr „American Idiot“ weiter in den Köpfen rumspukt, darf man dabei durchaus unterstellen. Dadurch ist die selbst in Gespräch gebrachte Rückkehr zu „ihrem“ Sound aber eher hinfällig. Standen BILLY TALENT zu Anfang ihrer Karriere für Reihenweise hitverdächtige Einzelsongs, so hat „Dead Silence“ mit „Viking Death March“ (ein Song über die Occupy-Bewegung), der etwas arg vordergründigen Single „Surprise Surprise“ (trotzdem überragender Ohrwurm) und der tollen Acherbahnfahrt „Crooked Minds“ zwar starke Songs am Start, aber die richtige Stärke des Albums offenbart sich erst nach mehrmaligen Durchhören als Ganzes. Denn auch wenn Album Nummer vier nicht an die Hämmer „I“ und „II“ rankommt, BILLY TALENT haben in 2012 eine verdammt gute, ernstzunehmende Rockplatte am Start, welche (eben) mühelos gekonnt den Spagat zwischen Punk, Rock und Pop schafft. Unübliche Gesangslinien und schräge Melodien setzen Ohrwürmern die Krone auf, trotz Airplayhang („Stand Up And Run", „Swallowed Up by the Ocean”) hält man das Tempo unterm Strich hoch, gelinde Ausflüge gen Metalcore sorgen für Aha-Momente. Wer von „III“ auf Grund der „poppigeren“ Ausrichtung enttäuscht war, wird wohl auch mit „Dead Silence“ trotz härtetechnischer Zunahme nicht warm werden – obwohl dieses Album das Versprechen einer „Erwachsenen-Platte“ einlöst. Ansonsten ist das eine richtig tolle Scheibe, welche in dem Genre erst mal zu toppen wäre.
THE WHO galten zu Anbeginn ihrer Karriere als Radaubrüder. Einen Ruf, den die britische Band pflegte (und hegte) und welche zu ihren zum Teil recht aggressiven Auftritten einschließlich abschließender (legendärer) Zerstörung des Equipments und oft auch noch von Teilen der Bühne führte. Das am 20. November 1975 in Houston, Texas mitgeschnittene Konzert zeigt eine Band auf den Höhepunkt ihrer Karriere. Die meisten Singlehits waren durch, die Alben „A Quick One“ (1966), „The Who Sell Out“ (1967), „Tommy“ (1969), „Who’s Next“ (1971) und „Quadrophenia“ (1973) veröffentlicht. Roger Daltrey (Gesang, Mundharmonika), Pete Townshend (Gitarre, Gesang), John Entwistle (Bass, Gesang) und Keith Moon (Schlagzeug, Gesang) boten an diesem Abend einen Best-of Set der, wäre er besser eingefangen, zu einer absoluten Kaufempfehlung führen würde. So können Hits wie „Substitute“, „I Can’t Explain”, „Behind Blue Eyes“, „Pinball Wizard“, „I’m Free“, „Summertime Blues“ und natürlich „My Generation“ – insgesamt 25 Songs mit rockhistorischen Background das Manko einer schlechten Aufnahme nicht ausgleichen. Soundtechnisch hat man trotz Dolby Digital Stereo Bootleg-Niveau (wenn das remixt ist, müssen die Originalaufnahmen grauenhaft sein) – die Performance ist nicht nur rau (was ja für THE WHO Live durchaus Standard war), sondern kommt arg dünn, das gerieselte Bild in Format 4:3 hat den Standard von 1975 (kann man ja noch akzeptieren), aber das ganze Konzert scheint nur von einer Kameraposition aus eingefangen worden zu sein, Zuschauer sieht man fast gar keine. Eagel Vision/Edel haben ja schon einige Schätze auf DVD/BluRay gehoben. THE WHO „Live in Texas ‘75“ gehört da nicht dazu – viel ZU authentisch das Ganze.
1) Substitute
2) I Can’t Explain
3) Squeeze Box
4) Baba O’Riley
5) Boris The Spider
6) Drowned
7) However Much I Booze
8) Dreaming From The Waist
9) Behind Blue Eyes
10) Amazing Journey
11) Sparks
12) Acid Queen
13) Fiddle About
14) Pinball Wizard
15) I’m Free
16) Tommy’s Holiday Camp
17) We’re Not Going To Take It / See Me, Feel Me / Listening To You
Hinter WOVEN HAND steckt der 16 HORSEPOWER-Kopf David Eugene Edwards, der mit „The Laughing Stalk” das bereits siebte Album seines Projekts am Start hat. Auf dem geht es melancholisch zu, in guten Momenten an Nick Cave und Johnny Cash erinnernd, wie überhaupt die Mischung aus Country, Folk und MOTORPSYCHO ihresgleichen sucht. Den Instrumenten wird viel Platz gelassen, gerade der prägnante Bass stützt den Gesamtsound und lässt „The Laughing Stalk“ immer wieder mit viel Groove überzeugen („In The Temple“), da hat Neuzugang Gregory Garcia am Tieftöner ganze Arbeit gemacht. Zusammen mit der sich immer wieder schöne Melodien aus dem Ärmel schüttelnden Gitarrenarbeit (die so manchen Song vor dem Abgleiten in die Belanglosigkeit rettet) und der über allem schwebenden düsteren Stimme Mr. Edwards ergibt sich so ein atmosphärisch sehr dichtes Album, das zwar nicht für jeden Krachmaten was ist – aber wer sich seine Offenheit für Musik bewahrt hat und mit melancholischer Gitarrenmusik was anfangen kann, für den ist „The Laughing Stalk“ eine interessante Platte.
EF, die sträflich unterbewertete schwedischen Postrocker, legen mit „Delusions Of Grandeur“ eine EP vor, die nur auf Vinyl (im 10“-Format) erscheint. In gut 25 Minuten zelebriert die Band drei Songs, von denen der Titelsong und das ebenso überlange „I Never Felt This Way Before“ vom Zwischenspiel „Fem“ zusammengehalten werden. Gemeinsam erschaffen die drei Songs eine Atmosphäre, die (Postrock-typisch) fröhlich-fragil ist. Wird im Titelsong mit Gesang geabeitet, um dieses zu erreichen, baut „I Never Felt This Way Before“ u.a. Streicher und ein Piano ein, um eine ähnliche Stimmung aufzubauen, was in beiden Songs mühelos gelingt. EF klingen schwerelos, das war schon auf „Mourning Golden Morning“ und ist auf „Delusions Of Grandeur“ nicht anders, was den Hörer schnell fesselt und ihn ich der Magie der Schweden hingeben lässt. Mit der EP legen EF einen Tonträger voller wunderschöner Musik vor, dessen einziges Manko die viel zu kurze Spielzeit ist. Wird Zeit, dass da mehr Nachschub kommt, auch wenn die Wartezeit mit „Delusion Of Grandeur“ sehr schön überbrückt werden kann. EF festigen ihren Ruf als außergewöhnliche und sehr talentierte Postrock-Band und werden hoffentlich mehr Hörer für sich einnehmen können - verdient hätten sie es.
Manchmal ist es einfach unglaublich, was man als glücklicher Rezensent aus dem Briefkasten fischen darf. Einen wahren Glücksmoment bescheren einem die Texaner ETHEREAL ARCHITECT. War schon das Vorgängerwerk „Dissension“ ein Hammeralbum, so setzen ETHEREAL ARCHITECT mit „Monolith“ noch einen drauf. Auch wenn ETHEREAL ARCHITECT unglaublich eigenständig sind, so kann man ihre Musik grob als Verbindung der Power von Bands wie ICED EARTH oder HELSTAR mit der Verspieltheit und Virtuosität diverser 90er US Prog Metal Acts wie MERCURY RISING, PSYCO DRAMA oder RADAKKA beschreiben. Allein die schwebenden Melodien des Openers „Kalinago“ in Verbindung mit knallharten Doublebassattacken jagen einem einen wohligen Schauer nach dem anderen den Rücken herunter. Die vier jungen Herren sind absolute Ausnahmekünstler, welche es aber immer schaffen ihre Musikalität dem jeweiligen Song unterzuordnen. Trotz einer hohen Melodiedichte wird es nie kitschig, und ETHEREAL ARCHITECT erweisen sich immer wieder als überaus geschmacksicher, wenn es darum geht träumerische Melodiebögen mit harten Riffs zu verbinden. Trotz vieler Rhythmuswechsel und hart / soft Dynamics wirken die Songs zu jeder Zeit schlüssig durcharrangiert und niemals zerfahren. Jedes Break sitzt da wo es hingehört. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Zerbrechliche Prog Rock Tracks, wie das den Geist von SPOCK'S BEARD atmende „Obscura“ stehen dabei gleichberechtigt neben fast schon thrashigen Nackenbrechern à la „Bardo Becoming“. ETHEREAL ARCHITECT haben mit „Monolith“ ein anspruchsvolles Progressive Metal Werk erschaffen, welches nahezu alle Facetten harter Musik abdeckt und mit Sicherheit den Test of Time bestehen wird. Mit ETHEREAL ARCHITECT steht eine der beeindruckendsten Formationen der letzen Jahre am Start. Was SHADOW GALLERY für den Underground der 90er Jahre waren, sind ETHEREAL ARCHITECT heute.
Die schweizerInnen GATES OF OBLIVION machen es einem nicht gerade einfach. Auf ihrem zweiten Werk „Mirrored Reflections“ gibt es sowohl Licht als auch Schatten. GATES OF OBLIVION verbinden progressive Songstrukturen und anspruchsvolle Instrumentalarbeit mit Einflüssen aus dem Gothic Bereich. Mitunter klingen sie wie eine komplexere Variante von EDENBRIDGE. Die Stücke sind sehr detailverliebt und bieten auch nach mehrmaligem Hören immer neue Feinheiten, welche die Sache interessant und spannend halten. Was zugunsten des Anspruchs an hoher Musizierkunst etwas auf der Strecke bleibt sind die ganz großen Hooks, welche einem auch nach Tagen nicht aus dem Ohr wollen. Hier ist noch Luft nach oben. Ideen wie die Hammondorgel in „Miracle Bird“ sind dagegen richtig cool. Das größte Problem sehe ich persönlich im Gesang von Frontfrau Aline Bühler, welche über eine sehr hohe und fragile Stimme verfügt. Während sie in den sehr ruhigen Moment äußerst wohl tönt, so kommt sie in den aggressiveren Parts schnell an ihre Grenzen und wenn sie versucht die Rockröhre auszupacken wird es schrill und man hört, dass das überhaupt nicht ihr Ding ist. Die Eigenpressung tönt recht professionell und man ist definitiv auf dem richtigen Weg, in Sachen Gesang sollte man aber noch einmal in Klausur gehen.
Sieben lange Jahre hat es gedauert bis PRAYER einen Nachfolger für das brilliante „Wrong Adress“ Album in die Regale wuchten. Sieben Jahre in denen die Zeit in Finnland offensichtlich und glücklicherweise still stand, denn „Danger In The Dark“ fängt genau da an, wo „Wrong Adress“ damals aufhörte. PRAYER spielen äußerst wohlklingenden AOR mit einem feinen Händchen für leicht melancholische Melodien. Der perfekte Soundtrack um nachts bei Regen über eine Autobahn zu düsen. PRAYER vermengen Einflüsse von THIN LIZZY mit den kanadischen Prog Göttern von SAGA und würzen das Ganze mit leicht DIRE STRAITS-artigen Vocals. Heraus kommt ein leckeres Gebräu, welches jedem AOR Gourmet munden sollte. Die stilsicheren 80er Jahre Keyboards setzen „Danger In The Dark“ dann noch das Sahnehäubchen auf. Wer mir nicht glaubt, der führe sich das Titelstück oder das treibende „KP“ zu Gemüte. Ich hoffe, dass wir nicht wieder 7 Jahre warten müssen.
Es gibt Formationen, die einfach nicht tot zu kriegen sind. SAVAGE gehören defintiv zu dieser Sorte Bands. 1979 gegründet, debütierten sie 1983 mit dem zu Recht als Klassiker geltenden „Loose 'n Lethal“. Selbiges Album bzw. die Demos davor hinterließen auf Hetfield, Ulrich und Co. einen ähnlich bleibenden Eindruck, wie die ersten Gehversuche von ANGEL WITCH, BLITZKRIEG und DIAMOND HEAD. Auch ich kann mich der Faszination für das rohe Frühwerk von SAVAGE nicht erwehren. Allerdings muss ich gestehen, dass ich SAVAGE nach eben „Loose 'N Lethal“ aus den Augen verloren habe. Anno 2012 stehen die alten Herren dann tatsächlich mit ihrem 6ten Werk auf der Matte. Mit „The Rage Within“ geht es dann auch ganz schmissig los und man hört sofort, dass es SAVAGE geschafft haben, sich ihren ureigenen Gitarrensound zu konservieren und ihn in die Gegenwart zu transferrieren. Zwar tönt alles bedeutend fetter, aber der typische Klang ist noch wahrnehmbar. Leider wird mit dem bluesigen „Black 'n Blue“ gleich im Anschluß etwas Schwung herausgenommen. Auch das Titelstück klingt etwas brav. Und so geht es munter weiter: Schmissige Hard Rock Songs an der Grenze zum Heavy Metal („The Hanging Tree“, Waking The Dead“, „Now“, Fallen Idol“) wechseln sich mit etwas kraftlosem, angestaubtem Material ab („Monkey On My Back“, „Junkyard Dogs“ oder „Masters Of War“). Das an THIN LIZZY erinnernde „Choose Revolution“ ist dann nochmal ein richtiges Highlight. SAVAGE haben 2012 keinen Meilenstein an den Start gebracht, aber ein gutes Hard Rock Album , welches besonders Verehrern der frühen NWoBHM gut 'reinlaufen müsste.