Fernab alles polnischen Düster-Metalls sind CRYSTAL VIPER zurückgekehrt. Wie eh und je zeigt sich die Band um Frontröhre Marta nahezu besessen vom Heavy Metal, liegt die letzte Veröffentlichung mit „Crimen Excepta“ doch gerade einmal ein Jahr zurück. Eine wahre „Possession“ ‒ das nun fünfte Album innert sechs Jahren ‒ stilgerecht veröffentlicht an Freitag dem 13. Dezember, schmackhaft gemacht durch die Single „Fight Evil With Evil“, welche bereits an Halloween zum kostenlosen Download freigeben wurde.
Da wundert es also nicht, dass CRYSTAL VIPER oftmals wie MERCYFUL FATE in Frauengewand erscheinen und alte WARLOCK-Fans hier den Ansatz eines Ersatzes fanden (was nicht zuletzt an „Leather Witch“-Martha liegen mag). Wie gewohnt spielen CRYSTAL VIPER klassischen Heavy Metal, dem die raue, mal kreischende, mal beschwörende und mal sehr melodische Stimme Marthas das gewisse etwas verleiht. Am besten funktioniert diese, wenn es etwas clearer zur Sache geht, wie es in der Fast-Ballade „Why Can’t You Listen“, „You Will Die You Will Burn“ oder dem nahezu verschwörerischen „We Are Many“ der Fall ist. Doch auch bei härteren, raueren und zunehmend höheren Stücken wie dem quasi Titel-Track „Julia Is Possessed“ (in Begleitung von DESASTER’s Sataniac ) oder dem bereits bekannten „Fight Evil with Evil“ in dem Harry Conklin (JAG PANZER) zu hören ist, passt alles. Von Lob ausgeschlossen seien lediglich die kreischenden „Voices In My Head“ welche echt schmerzen und als Opener für ziemliche Verstörung sorgen. Gelobet die Besserung, welche ja wahrlich zu Tage tritt. Auch das RIOT-Cover „Thundersteel“ ist der Heavy-Metall-Kapelle geglückt.
Ein schönes Album der alten Schule haben CRYSTAL VIPER mit „Possession“ hervorgebracht ‒ wahlweise in rot oder in blau (entscheidet man sich für den Kauf einer LP). Eine sanfte Patschuli-Wolke umschwebt den harten Rock Sound der Polen, ohne unnötige Theatralik und Kitsch. Evile Lyriks, ein Hauch räudige Düsternis und jede Menge Heavy Metal!
IRDORATH (nach der Insel mit dem untoten Drachen in Gothic II benannt) „Erwach(t)en“ erstmals 2006 aus ihrem Alpen-Winterschlaf. Nur ein Jahr später ließ die „Götterdämmerung“ den „Zorn Der Elemente“ flogen, 2010 bewies man sich als „Dekonstrukteur Des Fleisches“. Nun (2013) melden sich IRDORATH mit neuem Bassisten, Markus am Mikro und „I Am Risen“ zurück.
Was Gesang nicht alles ausmachen kann … Waren IRDORATH mit ihren Vorreitern doch stets eher dem (Gothic-) Black Metal zuzuordnen, treibt es die Össis nun mehr in Richtung Thrash- bis gar Death Metal. Während Renè auf den letzten Alben deutsche Lyrics ins Mikro keifte, growlt Markus ‒ mit weitaus tieferer und aggressiverer Stimme ‒ ausschließlich auf Englisch (die Aufbereitung „Windgeist“ außer Acht gelassen). Der Black-Anteil ist zwar noch durchaus in Form von Blast Beats und Akustik-Passen vorhanden („Mother Of All Lies“, „No Homan No War“), während weite Riffs und doppelläufige Gitarren Parts („Hammer And Nails“) sowie leicht progressive Auswüchse („Journey To Insanity“) von fragilem Können zeugen ‒ dennoch weicht dieser Anteil immer mehr (melodischem) Thrash Metal.
Lyrisch stellt „I Am Risen“ zur Hälfte die Jesu-Geschichte in neuer Interpretation vor: Es beginnt mit der Vergewaltigung Marias durch Gott und endet mit einem auferstanden, frustrierten Jesus. Auf der anderen Hälfte des Össi-Werkes werden die „heilige Schrift“ und das Christentum kritisiert und auseinander gepflückt („Mother Of All Lies“, „No Human No War“). Zusammen mit den verstärkten Death-Einflüssen denkt man hier glatt an DECIDE. Für das gar epische Artwork zeigte sich Jan Yrlund (u.a. TYR, KORPIKLAANI) verantwortlich. Stilistisch sei hier auf musikalischer Ebene jedoch eher zu Vergleichen mit OBSCURITY oder INQUISITION geraten.
Man begehe nicht den Fehler und verwechsele BLOODGOOD mit dem Bloodgod (Thomas Gurrath), der seines Zeichens Sänger der Death-Metal Band DEBAUCHERY ist, handelt es sich bei den US-Heavy-Rockern doch um eine in Christian-Kreisen seit mehr als 30-Jahren gut etablierte White-Metal Band. Nach mehr als 22 Jahren (Gedenk-) Pause ist „Dangerously Close“ die erste Studioaufnahme der Evangelisten.
BLOODGOOD versinnbildlicht das (gute) Blut, welches Jesus für die Menschheit vergoss. Und das ist härter geworden ‒ bald gestählt ‒ vergleicht man die musikalische Darbietung der Guten mit ihren Erzeugnissen aus den 80ern: Trotz des zunehmend fortgeschrittenen Alters der Band sind die Gitarren und das Schlagzeug hier prägnanter, sowie die Gesangparts flotter. Die Stimme Les Carlsens hat sich erholen können und klingt angenehm rau wie eh und je. Doch nicht nur metallischer, nein, auch gottesfürchtiger sind BLOODGOOD geworden: ob es an der gewachsen Erfahrung, oder Michael Bloodgoods zwischenzeitlicher Beschäftigung als Pastor zuzuschreiben ist, klingt das „White“ im Metal der US-Amerikaner stärker durch als je zuvor: allem voran „Pray“ und die Ballade „Father Father“ seien hier zitiert. Auch die Bezeichnung „Lamb Of god“ (im Opener und „Man In The Middle“) mag so mancher modernen Frau wohl sauer aufstoßen. Ebenfalls lässt sich bezweifeln, dass das Liebeslied „Crush Me“ einer Dame gewidmet ist … Musikalisch gibt es bei BLOODGOOD nichts zu beklagen, astreiner Heavy Metal, mit ein paar Durchhängern aber auch musikalischen Höhepunkten wie „Child On Earth“, „Bread Alone“ und dem Stimmverzehrten „In The Trenches“. Wieso sollten Christen nicht rocken dürfen?
Heav(entl)y Metal der alten Schule wird hier zelebriert, der sich nicht vor modernen Einflüssen scheut. Zwar von der anderen Seite der Macht, kann man sich einige Lieder durchaus anhören. Um in der Metal-Szene beliebter zu werden, sollten die Propheten allerdings ihr lyrisches Konzept wohl überdenken oder wenigstens in einem Meer aus Bildsprache metaphorisch ertränken. Amen, oh voll Erfurcht.
WITCHBURNER aus Fulda gründeten sich bereits 1992 und gehören damit sozusagen (in etwa zusammen mit DESASTER) zur zweiten heimischen Thrash Metal-Welle, die sich nach Truppen wie PROTECTOR, VENDETTA, NECRONOMICON oder MINOTAUR hinter den Zugpferden KREATOR, SODOM und DESTRUCTION eingereiht hat. Trotz rund einem Dutzend Besetzungswechsel in 20 Jahren schaffen die Jungs in schöner Regelmäßigkeit gute bis sehr gute Veröffentlichungen, in deren Riege sich Album Nummer Sieben, „Bloodthirsty Eyes“, nahtlos einreiht. Müsste man WITCHBURNER mit einer der großen Urväter-Bands stilistisch vergleichen, dann käme man am Ehesten auf DESTRUCTION, denn die „verwaschenen“ Riffs (gerne auch mit SLAYER garniert!) haben die Hessen ebenso drauf wie die kreischenden Soli und den rotzigen Gesang. Genrefremde Einflüsse sucht man hier vergebens; „Bloodthristy Eyes“ bietet einmal mehr zu 100 Prozent 80er-Kutten-Reinkultur vom Fass – nachzuhören in gelungenen Schraubern wie „Sermon Of Profanity“, „Master And Slave“, dem Titelsong oder „Spirits Of The Dead“. Schade ist lediglich, dass sich auf dem Album trotz des durchgehend hohen Niveaus keine richtigen Übernummern befinden, die „Bloodthirsty Eyes“ von einem guten Retortenprodukt zu einem Pflichtkauf gemacht hätten. Oldschool-Thrasher machen hier aber wie immer nix falsch!
Seit mehr als einer Dekade sind auch die Griechen INSIDEAD nun schon unterwegs. Einiges hat sich seit „Chaos Elecdead“ getan: Von Roadrunner hat man sich herzlich dankend verabschiedet und publiziert fortan über Noisehead, ein österreichisches Label, das sich dem (Melodic) Death und Thrash Metal verschrieben hat. Und in diese Spalte fallen INSIDEAD ganz und gar, auch wenn man den dargebotenen Musikstil eigens gern als „Hellenic Folk Metal“ betitelt.
„Elysis“ deutet erneut wie ein stählerner Pfeil auf die griechische Heimat, wie man es von den gebürtigen Athenern gewohnt ist (InsI), was sich jedoch in keiner Weise als störend, sondern als erfrischend anders und außergewöhnlich erweist. INSIDEAD spielen Thrash Metal, der viel Platz für melodische Refrains und gar folklorische Elemente bietet. Zudem glänzt „Elysis“ durch seine sperrige Komplexität: Das Werk weißt bei nur neun Songs immerhin eine Spieldauer von knapp 70 Minuten auf. Dabei bilden die schreiend düsteren Thrash-Vokals einen guten Kontrast zu den teils Hymnen-artigen Refrains, welche partiell durchaus Ohrwurmpotential besitzen („We The Hellenes“, „Together As One“, „Reign Into The Light“, „Athena“). Düstere Backgroundvokals und sanfte Akustik-Passagen nehmen hier einerseits den Kitsch, andrerseits jedoch die Härte. Demgegenüber schlagen Songs wie „Reign Into The Light“ oder „Zero Point“ eher in die Neo-Thrash- bis Neu Metall-Schiene, ohne allerdings den „hellenic“-Aspekt zu vernachlässigen. Ja, INSIDEAD verweisen nicht nur auf die griechischen Landen und die hellenischen Sagen, auch bedienen sie sich des Öfteren ihrer Landessprache, was einen gar heroischen Effekt hat. In dem Titelstück und dem Rausschmeißer „Alexander“ werden die Griechen gar episch und beweisen stille, wie zentrierte und ausschweifende Größe. Ausladende Akustik-Passagen und Sirenen-Geheul weiß der Hörer hier zu vernehmen, zu Beginn von „Elysis“ sogar Vogelgezwitscher.
Professionell und voller Experimentierfreudigkeit gehen die Griechen zu Werke ‒ Höhepunkte hat „Elysis“ ganz klar zu verzeichnen. Doch bei weitem trifft nicht jeder Song gleich stark ins Gehör, die Klinge Athens bleibt so zweischneidig zu beurteilen: wer INSIDEAD nicht kennt, sollte die Jungs mit dem epischen „Alexander“ dem Großen (!) und dem etwas härterem „Reign Into The Light“ an testen. Unvergleichbar INSIDEAD in jeder Hinsicht.
Normalerweise habe ich für exotische Bands mit eigenwilligen Stilmischungen und einer gehörigen Portion Obskurität immer ein offenes Ohr, noch dazu, wenn es sich um idealistische Underground-Truppen handelt. Im Falle der Slowenen ist zumindest auf ihrem Debütalbum (die Band existierte von 1995-2005 unter dem Namen EXPULSION und reformierte sich 2009 als MOTHERMOUND) „The Burden Of Tomorrow“ Hopfen und Malz verloren, denn die angekündigte Mischung aus Doom- und Progressive Metal entpuppt sich als Schlafmittel der allerübelsten Sorte. Die Songs sind trotz diverser Tritte aufs Gaspedal durchweg lahmarschig-pseudovertrackt hoch Zwölf, der Gesang von Bassist Janez Zega ist an Monotonie (besonders bei den klar gesungenen Parts – die Growls sind aber nicht viel besser…) kaum zu überbieten, und die furztrockene, sterile und von jeglicher Dynamik befreite Plastikproduktion macht die letzten Anflüge von Dramatik zunichte. Ich habe es kaum geschafft, mir „The Burden Of Tomorrow“ mehrmals anzuhören; diese Platte ist auf höchst unangenehme Weise anstrengend und öde bis zum Dornröschenschlaf. Als Anspieltipps (oder in diesem Fall Beweise) „empfehle“ ich das Doppelpack „Dogma Defiled“ und „Omega Omnipresent“, die allerhöchstens Prinz Valium im Ekstase versetzen. Wer hier wirklich Interesse hat, sollte nach einer Vinyl-Version Ausschau halten, die kann man immerhin noch auf 45 rpm schalten… zumindest kann man das gesamte Album auf der „Bandcamp“-Seite des Quartetts gegen eine freiwillige Spende runterladen.
Der erträumte Tod in Wolfsgestalt ist zurückgekehrt: die Bestie ALGHAZANTH. Mit „The Three-Faced Pilgrim“ ziehen die „majestätischen“ Schwarzmetaller aus Finnland ihre Hörer erneut in den Bann des okkulten Satanismus. Stilistisch wurde sich auch hier nicht neu erfunden: die Musik ALGHAZANTH‘s lebt nach wie vor durch majestätische Keyboard-Melodien, mystische Schwärze und ihre starke Authentizität, die zwischen den Zeilen hervorschimmert. Auch Chorale Elemente, der ein oder andere (Wind-)Sampler und Akustik-Passagen („In Your Midnight Occard“, „AbraMelekTaus“) weiß der Hörer zu vernehmen. Pompös oder gar kitschig (man vergleiche DIMMU BORGIR) wird es jedoch nie. Auch die Kunst der Variation beherrschen die Finnen: Während der Opener sehr emotional und mystisch daherkommt, beginnt „The Pearl On High“ schon um einiges straighter, wird mit „AbraMelekTaus“ rockiger und in „Promethan Permutation“ finden sich zunehmend Blast Beats.
Was aber wahrlich zu beeindrucken weiß, ist der hohe Stellengrad, den die Finnen dem Black Metal beimessen. Das Lesen des Booklets lohnt sich an dieser Stelle wirklich, strotzt das Heftchen doch von epischer Schönheit und finden sich diverse philosophische Anregungen und Erläuterungen. Mit der bedingungslosen Hingabe zu Gott und okkulten Praktiken („The Pearl On High“, „Promethean Permutation“, etc.), der Freiheit des Menschen den eigenen Tod zu bestimmen („With Sickle, With Sense“), dem vorherbestimmten Schicksal und Geistern (In Your Midnight Occhard“) setzt sich das neue Machtwerk des Quintetts um Schlagzeuger Gorath Moonthorn auseinander. Das Christentum wird dabei intelligent (und nicht provokant oder gar kindisch) hinterfragt. Einmal mehr zeigen ALGHAZANTH, dass sie vollkommen zu Unrecht zwischen die Stühle fielen. Mit „The Three-Faced Pilgrim“ haben sie ein melodisches, aber dennoch glaubhaftes Stück kältesten Schwarz Metalls erschaffen, mit dem sie sich nicht hinter alten DIMMU BORGIR, SUMMONING oder CRYPTIC WINTERMOON verstecken brauchen. „We are born masters - Why should we submit like dogs!” So ist es, und das fragt man sich.