Ein Konzeptalbum ist das, was IGNIS FATUU da mit dem entsprechend benannten „Meisterstich“ präsentieren, orientiert an nicht Geringerem als den Werken Albrecht Dürers. Das ist grundsätzlich eine durchaus nette Idee, gleichzeitig aber auch, vorsichtig gesagt, sehr ambitioniert. Und man kommt nicht umhin, zu konstatieren, dass sich IGNIS FATUU dabei mitunter ein wenig übernommen zu haben scheinen. Das fängt schon beim zum Teil ungewohnt quäkig-nasal-nöligen Gesang von Sänger P.G. an (siehe zum Beispiel „Nemesis“) und zieht sich durch so einige der Kompositionen, die mitunter eigenartig gehetzt klingen, als hätte der Sensemann höchstpersönlich hinter der Band gestanden und gedroht, sie umgehend mitzunehmen, wenn nicht bald ein Lied im Kasten sei. „Die Vier Reiter Der Apokalypse“, das als Opener fungiert, tritt entsprechend gut aufs Gaspedal. „Der Liebestraum Des Doktors“ punktet mit einem gelungenen, eingängigen Refrain, über die bedauerlichen, gruseligen Sprecheinlagen in Refrain und Bridge breitet man dagegen besser den Mantel des Schweigens aus. „Melencolia I“ präsentiert sich –nomen est omen- eher schleppend und schwermütig, „Der Hl. Hieronymus im Gehaus“ beginnt mit dem Aufbau eines vielversprechenden Spannungsbogens, der seine Auflösung dann aber schuldig bleibt. FAZIT: Dürer zu vertonen war eine an sich gute Idee, aber leider ist das Experiment nicht wirklich gelungen. Nicht, dass man sich „Meisterstich“ als Genrefreund gar nicht anhören könnte, aber IGNIS FATUU waren einfach schon einmal besser und somit bleibt das, was die Irrlichter hier abliefern, dann doch eindeutig hinter den Erwartungen zurück.
Fleißig sind die Spielleute von TANZWUT in den letzten Jahren gewesen: seit 2011 steht fast jedes Jahr ein neuer Silberling im Regal. Der jüngste heißt „Schreib Es Mit Blut“ und der als Opener fungierende Titeltrack rockt geradlinig und vielversprechend drauflos, mit einer für TANZWUT typischen eher dreckig klingenden Strophe und einem eingängigen Refrain. „Steig Ein“ ist ein klassischer Mittelalter-Rocker, das vorwärtstreibende „Geteert Und Gefedert“ hat Potential zum Live-Hit. Dass es bei TANZWUT generell eher etwas brachialer zugeht, bleibt auch bei „Schreib Es Mit Blut“ so, feinere Nuancen und ruhige Klänge erwartet man da gar nicht. Umso mehr überrascht einen die Ballade „Stille Wasser“, die gleich in zwei Versionen vorhanden ist, eine davon als Duett mit der ehemaligen LEAVES EYES-Sängerin LIV KRISTINE, deren klaren Stimme einen deutlichen Kontrast zum rauen Säuferorgan von Teufel darstellt und damit tatsächlich einen Höhepunkt des Albums erschafft. „Auf den Klippen“ kommt langsam und schwermütig daher, auch „Wer Wir Sind“ bewegt sich eher im mittleren Tempo, bevor „Neue Ufer“ wieder etwas mehr aufs Gaspedal drückt.
FAZIT: TANZWUT liefern mit „Schreib Es Mit Blut“ ein solides Werk ab, das im Großen und Ganzen genau das bietet, was man von ihnen erwartet.
Eigentlich waren EARTHSHIP eine Art Hausband ihres Labels Pelagic Recods, haben aber vor dem Release zu "Hollowed" zum rasant wachsenden Napalm-Label gewechselt. Mit ihren letzten Alben haben sich die Berliner einen ganz eigenen Stil zugelegt, der sich aus MASTODON, HIGH ON FIRE, DOWN und etwas Alternative Marke ALICE IN CHAINS speist. Auffällig ist auf "Hollowed" die Kompaktheit der Songs, die den vielen verarbeiteten Ideen nicht im Weg steht. So finden sich bei "Conjured" oder dem coolen"Red Leaves" interessanten Gesangswechsel und Backing Vocals von Sabine. Beiden Songs ist eine durchgehende Grundaggressivität zu Eigen; etwas, das sich auch in den restlichen Nummern findet. Und trotz Growls, trotz aller Aggressivität klingt "Hollowed" oft nach klassischem Stoner Rock, mit dominanter Gitarrenarbeit und druckvoll im Hintergrund arbeitender Rhythmusfraktion. Es klingt alles aus einem Guss, selbst bei vermeintlich gegensätzlichen Aspekten. "In The Arms Of The Medusa" überzeugt als eingängiger Song, während "Castle Of Sorrow" punkig daherkommt - beide, ohne den Flow des Albums zu unterbrechen. Am Ende zeigen EARTHSHIP mit dem zermalmenden "The Edge Of Time", dass sie auch bösartige Songs können. "Hollowed" überzeugt auf ganzer Linie - EARTHSHIP schöpfen ihr Potential voll aus, wodurch das Album zu einem facettenreichen Werk mit eigener Note werden lasst. Die Berliner haben spätestens jetzt ihren eigenen Stil gefunden und die Stärken alle vorherigen Alben zu einem kompakten Werk destilliert.
DEMONBREED sind aus LAY DOWN ROTTEN hervorgegangen und haben sich um einen MILKING THE GOATMACHINE-Menschen verstärkt. Das spricht für Kompetenz in Sachen Death Metal und legt die Erwartungen an das Erstlingswerk hoch an. "Where Gods Come To Die" kann diese Erwartungen erfüllen, das wird schon beim ersten Durchlauf klar. Ganz klar im Schwedentod verankert, sägen die Gitarren, growlt der Herr am Mikro und geben die Songs auf die Mütze. Die bei LAY DOWN ROTTEN gesammelte Erfahrung macht sich in der Bandbreite der Songs bemerkbar, von Groove-Monstern ("Summon The Undead") über gnadenloses Gehacke ("Red Countess") bis hin zur EDGE OF SANITY-Verneigung "Revenge In The Afterlife" - plus dem eigentlichen, guten Coversong "Blood-Colored" - reicht die Palette. Alles auf den Punkt gespielt, druckvoll-dreckig produziert und mit viel Headbang-Potenzial. Eine Platte, die einfach Laune macht. Es fehlt zwar der eine ganz große Hit, aber dafür ist "Where Gods Come To Die" homogen und das auf qualitativ hohem Niveau. Eine feine Scheibe, mit der DEMONBREED in den einschlägigen Totmetall-Kreisen für Aufsehen sorgen dürften und die in sie gesetzten Erwartungen auch nach vielen Durchläufen erfüllen.
Das Album „Are You The Enemy?” von ALIEN DRIVE ist an sich schon ein paar Tage alt – besser gesagt wurde es in Eigenregie bereits im Oktober letzten Jahres veröffentlicht. Aber auf Grund der Tatsache, dass die Single „All These Bitter Days“ wohl reichlich Airplay bei amerikanischen und italienischen Radiostationen erhielt, wird das Album nun auch in Good Old Germany promotet. Der zur Zeit in Berlin lebende Bandleader Marco Pirolo (Vater Italiener, Mutter deutsche) präsentiert dabei Alternative Rock der besser Sorte. Stimmlich – und in Folge auch der Sound – erinnern mich bei ALIEN DRIVE das ein oder andere Mal an Brian Molko und PLACEBO. Eine durchaus wertige Referenz. Bei den 12 Songs auf „Are You The Enemy?“ stehen die eingängigen Melodien und die Gitarren im Vordergrund – manches scheint dabei dem erfolgreiche Brit Rock entlehnt, ohne sich anzubiedern oder gar zu eine Kopie zu verkommen. Dazu zeigen oben genannte Single, aber vor allem das hitverdächtige „Velvet Bullet“ sowie die beiden letzten Songs des Albums – der Live-Smasher „Yellow & Red“ und die wunderschöne Ballade „When They Come“ – genügend eigenständiges Potential auf. Das darf man durchaus mal antesten. Und wen es interessiert – zur Zeit laufen mit dem dänischen Produzenten Boe Larsen die Aufnahmen zum zweiten ALIEN DRIVE-Album.
WHITECHAPEL beschenken sich zum zehnjährigen Bandjubiläum mit "Mark Of The Blade" quasi selbst. Denn wie lässt sich ein Jubiläum besser feiern als mit einer neuen - und starken! - Platte? Produzent Mark Lewis (THE BLACK DAHLIA MURDER, CANNIBAL CORPSE), der die beiden Vorgängeralben produzierte, hat auch diesmal einen vorzüglichen Job gemacht und den elf Songs eine enorme Durchschlagskraft gegeben. Musikalisch knüpfen WHITECHAPEL an "Our Endless War" an und entwickeln sich gleichzeitig weiter. Stillstand ist ihre Sache nicht, zumindest seit "Whitechapel". "The Void" macht mit SLAYER-Anleihen Laune und bringt die drei Gitaren gut zur Geltung, während "Elitist Ones" mit interessanten Lyrics und einer Fokussierung auf Melodien überrascht, ohne den Flow des Albums zu unterbrechen. Richtig überraschend wird "Mark Of The Blade" mit "Bring Me Home", in welchem Shouter Phil Cleangesang nutzt und dieses sehr progressiv-komplex zum Einsatz bringt. Hier zeigen WHITECHAPEL, wie sehr sie sich handwerklich und kompositorisch entwickelt haben. Gelungener Song und einer der Highlights der Platte. Der knackige Titelsong entpuppt sich als weiteres Highlight; WHITECHAPEL legen mit dieser Abrissbirne alles in Schutt und Asche. Im Verlauf des Albums wird deutlich, dass die Amis immer noch extrem brutal zu Werke gehen, gleichzeitg den Groove des Vorgängeralbums auch auf "Mark Of The Blade" nutzen und ihre Songs immer wieder um neue Elemente anreichern, von denen der klare Gesang nur das überraschendste ist. WHITECHAPEL-Fans können "Mark Of The Blade" blind kaufen und sich auf knap 50 Minuten knallharten, technisch versierten Death Metal freuen. Neueinsteigern in den WHITECHAPEL-Sound kann "Mark Of The Blade" wärmstens empfohlen werden, denn so brutal, eingängig und technisch waren sie noch nie. Ganz fette Scheibe. Auf die nächsten zehn Jahre und noch viele Alben dieser Güteklasse!
FATES WARNING ist die Progressive Metal Band mit der beeindruckendsten Hitstory, und auch dadurch begründet sich ihr erhabener Status. Hinzu kommt, dass sie mit Ray Alder auch den berührendsten und ausdruckstärksten Sänger des Genres ihr eigen nennen. Somit ist eigentlich Kritik an der "heiligen Kuh" des Prog-Metals nicht so mein Ding. Ich habe das Glück, dass dieser Kelch an mir vorüber geht, denn "Theories of Flight" bietet im Gegensatz zum etwas unnahbaren Vorgänger nicht den geringsten Anlass dazu.
Erbarmungslos hart, aber mit der punktgenau richtigen Dosis an Nähe und nachvollziehbarem Grip präsentiert sich das neue Werk. "Seven Stars" schlägt wie ein aufgeregtes Herz tief im Brustkorb, Jim Matheos Gitarre zaubert dazu eine tragisch schöne Melodie, und Ray Alder "beschwert" die Nummer mit seiner unnachahmlich trauergefärbten Stimme. Dieses besondere Zusammenwirken ist beispiellos, es ist die Essenz der neuzeitigen FATES WARNING und 2016 stimmig und funktional wie lange nicht. "The Light And Shade Of Things" hat was von einem langsam aufziehenden Gewitter, das zur Mitte hin losbricht und stürmt, um dann gegen Ende von der wärmenden Gitarre gleich einer Sonne aufgelöst und letztendlich verjagt zu werden. Erwähnung muss noch das starke Schlagzeugspiel von Bobby Jarzombek finden, das gerade dieser Nummer ein hohes Maß an Intensität gibt.
FATES WARNING haben bei diesem Album alles richtig gemacht. "Theories of Flight" ist eine Machtdemonstration, die Band zeigt eindrucksvoll, fast schon liebevoll detailliert, wer hier der Chef im Prog-Ring ist. Ich wusste das schon, aber jetzt muss das auch der letzte Zweifler endgültig kapiert haben
Am 08.07.2016 wird der immer mehr um sich greifenden Liebe zum Vinyl auch bei Pure Steel Records Rechnung getragen. Am Freitag ist das neue OMEN-Werk "Hammer Damage" dann auch als limitierte Vinyl-Version von 100 Stück in silber und 400 in schwarz erhältlich. Das schicke Teil kommt mit bedrucktem Inner Sleeve und mit Schlangenkopf auf dem Label daher.
Die zwei OMEN-Alben "Battle Cry" und "Warning of Danger", allen voran letztgenanntes, sind Meilensteine und Referenzwerke des US-Metals. Der damalige Sänger J.D. Kimball (R.I.P.) war mit seiner warmen, tiefen und melodieseeligen Stimme einer der herausragendsten Protagonisten des Genres. Er prägte den Sound von OMEN wie kein Zweiter. Und da ist des neuen Longplayers kleiner Pferdefuß. Der aktuelle Frontman Kevin Goocher (PHANTOM X) hat leider nicht die stimmliche Möglichkeit, sprich Qualität, eines J.D. Kimballs. Das schwächt das ansonsten solide bis gute Werk, gibt ihm aber als kleinen Ausgleich was reudig-schroffes, dass im True Metal-Bereich nicht unbedingt als Nachteil gelten muss. Das starke "Evlogy For A Warrior" hat das für die alte US-Schmiede typische, leicht pathetisch-düstere Grundaroma; mit seiner feierlich getragenen Aura weckt es Erinnerungen an lang vergangene Tage. Auch im weiteren Verlauf erheben sich immer wieder solche Deja vus (Caligula, A.F.U) aus der Rille, welche dann doch letztendlich das OMEN-Logo auf dem Longplayer zu 100% rechtfertigen. Ich schließe mich Fabian an (siehe Link): das ist purer 80er Jahre US-Metal - und ja, seit Jahrzehnten wurde nie mehr OMEN eingetütet als auf "Hammer Damage".