SOUND STORM haben mit ihrem dritten Album „Vertigo“ einen hohen Anspruch verbunden. Denn das Werk ist nicht nur als Konzeptalbum angelegt, sondern fungiert als Grundlage für eine TV-Serie, deren Details man aber erst nach und nach enthüllen möchte (die bereits bekannten Videos zu „The Dragonfly“ und „Metamorphosis“ sollen da als Appetizer wirken). Die sechs Herren aus Turin bedienen sich dabei soundmäßig vor allem bei ihren Landsleuten von RHAPSODY und ihren „Symphonic Epic Hollywood Metal“; lassen aber auch das Erfolgsrezept des Symphonic Power Metal Marke NIGHTWISH und EPICA nicht außen vor. So dominiert schneller, spielfreudiger Metal mit speedigen Solis und teilweise opernhafter Gesang, auch mal von Growls kontrastiert – wie beim Vorzeige-Song des Albums „Gemini“. Den progressiven Ansatz mancher Genrebands verfolgen SOUND STORM dabei weniger, der Schwerpunkt liegt mehr bei eingängigen Hooklines und Melodien sowie epischen Chören und Refrains. Die gute und transparente Produktion lassen die Kompositionen fett und kraftvoll aus den Boxen schallen, zwei kurze und ein längeres Instrumentalstück unterstreichen den konzeptionellen Ansatz. Neben den bereits o.g. Anspieltipps sollte man sich mal den abwechslungsreichen Closer „The Last Breath“ zu Gemüte führen. Wobei „Vertigo“ dabei sicher kein Innovationspreis gewinnen wird. Genrefreaks sollten SOUND STORM aber mal eine Chance geben.
Nachdem VERSENGOLD letztes Jahr bereits ein Live-Album veröffentlich hatten, folgt nun die Aufzeichnung des Konzerts auf DVD. Aufgenommen im proppevollen Hamburger Gruenspan, gibt es die Spielleute also nun auch live in Bild und Ton für zuhause- und das auf einer Spielzeit von stattlichen 160 Minuten. Brachte schon das Live-Album auf gelungene Weise Konzertflair in die heimischen vier Wände, so gelingt das der DVD-Version nun wenig überraschender Weise genauso: der Live-Funke und das im Gruenspan herrschende, ausgelassene Flair springen auf den Zuschauer über, auch die Stimmung im Publikum bleibt nicht verborgen, während die Spielleute einen breiten Querschnitt durch ihr bisheriges Schaffen bieten und dabei sichtlich Spaß haben. Die Verbindung zwischen Publikum und Band, zelebriert in Versengoldkonzert-typischer Interaktion, findet sich auch auf der Aufzeichnung wieder und vermittelt ein heimeliges Wohnzimmerkonzertgefühl, Kameraführung und Aufmachung verbreiten zudem ein gewisses Undergroundflair. Ergänzt wird die Aufzeichnung des eigentlichen Auftritts mit zwei Tourpodcasts und einem Interview zur Abrundung des Ganzen. Fazit: für Fans auf jeden Fall Pflicht und auch für generell mittelalteraffine Musikfreunde ein netter Spaß.
„Badmotorfinger“ war das Album vor dem ganz großen Durchbruch. Dieser gelang SOUNDGARDEN dann erst mit dem darauffolgenden „Superunknown“ und den darauf enthaltenen Hit-Singles wie „Spoonman“, „The Day I Tried To Live“ und natürlich dem alles überragenden „Black Hole Sun“. „Badmotorfinger“ wies den Weg dorthin: Das Songwriting ist fokussierter als auf den beiden Vorgänger-Alben, und die späteren SOUNDGARDEN sind hier schon deutlich zu erkennen. Die Songs klingen zwar noch nicht so perfekt wie auf „Superunknown“, dafür aber roher und dreckiger, sind unberechenbarer und haben noch mehr Ecken und Kanten. So wild wie in „Jesus Christ Pose“ oder „Face Pollution“, so intensiv düster wie in „Outshined“ oder „Room A Thousand Years Wide“ und so psychedelisch wie in „Mind Riot“ sollten SOUNDGARDEN nie wieder klingen. Nicht wenige halten „Badmotorfinger“ daher für ihr bestes Album.
Zum 25-jährigen Jubiläum wird „Badmotorfinger“ jetzt in vier verschiedenen Varianten wiederveröffentlicht. Die mir vorliegende ist eine Doppel-CD: Neben dem überarbeiteten Cover-Artwork und dem geremasterten Originalalbum ist auch eine zusätzliche CD mit neun Studio-Outtakes und sieben Tracks von „Live At The Paramount“ enthalten, das 1992 in Seattle mitgeschnitten wurde. Die zweite CD ist sicher kein Muss, aber allemal interessant zu hören. Outtakes wie Live-Tracks sind soundtechnisch nicht perfekt, kommen aber noch einmal direkter, und außerdem extrem druckvoll daher.
Sammler, bei denen der Geldbeutel etwas lockerer sitzt, werden wohl ohnehin direkt zur Super Deluxe Edition greifen. Diese enthält vier CDs, zwei DVDs und eine Blu-ray Audio Disc und umfasst insgesamt ganze 109 Tracks, von denen 79 bislang unveröffentlicht waren. Letztere umfassen Studio-Outtakes, Live-Mitschnitte, B-Seiten und Videos. Fraglich, ob man das alles braucht. Wer den ganzen Schnick-Schnack überflüssig findet, kann sich an die 1-CD-Standardversion halten, oder noch besser an die schick aufgemachte Doppel-LP auf 180-Gramm-Vinyl im Gatefold-Cover.
An den beiden Schwestern Ann und Nancy Wilson kam man Ende der 70er und in den 80er-Jahren kaum vorbei. Mit ihrer Band HEART waren sie Stammgast in den Charts, ihre Rockballaden (u.a. „What About Love“, „These Dreams“, „Alone“) waren Standard beim kuscheln und das flotte „Barracuda“ ist mittlerweile einer Klassiker. All die Tracks waren natürlich Bestandteil des im Juni 2016 aufgezeichneten Konzertes in der altehrwürdigen Royal Albert Hall in London; wobei HEART bei der ausverkauften Show vom Royal Philharmonic Orchestra begleitet wurden. Die Setlist bestand dann aus ihren Hits, diversen Interpretationen der Bandhighlights (z.B. „Dreamboat Annie“, „Crazy On You“) und Songs ihren neuen Albums „Beautiful Broken“. Wobei es vor allem die neueren Stücke waren, welche den meist ruhigen Set auflockerten, auch wenn es dabei etwas den Fluss des Konzertes veränderte. Den Anwesenden hat es den sichtbaren Reaktionen nach unheimlich gut gefallen. Stimmlich ist das ja alles immer noch im grünen Bereich, musikalisch macht man den Profis von HEART (und dem Royal Philharmonic Orchestra) eh‘ nichts vor. Richtig Stimmung kommt aber erst gegen Ende des Sets auf – ihr Überhit „Barracuda“ zwingt fast jeden zum Aufstehen und mitgehen. Das davor geschaltete LED ZEPPELIN Tribute tut ein übriges die Spannung im Saal zu steigern. Es ist halt so - „Live At The Royal Albert Hall” zeigen HEART von ihrer bedächtigeren Seite – der Location angemessen – und bietet so eher Unterhaltung für einen schönen Abend zu zweit statt zum rocken. Man muss halt Schwerpunkte setzen.
Ach ja, das einzigste an Bonusmaterial ist noch ein Interview mit der Band – das ist etwas dünn. Dafür sind Sound und Bild allererste Sahne.
Endlich Neues aus Down-Under: Ein eigenartig bizarres Trio namens THE LOOM OF TIME mischt derzeit den australischen Osten auf. Auf ihrem Debüt „NihilReich“ bedient die Band sich nämlich sämtlicher Metal-Genres, agiert völlig abseits von allem und schafft so ein Reich welches schwarz-bunt, aber keinesfalls chaotisch daher kommt.
Dass es hier nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wird dem Hörer bereits beim Opener „The Ashes Of Your Fall“ deutlich gezeigt: Ungehalten startet der Song mit rasendem blackened Thrash um sich schließlich doch ganz anders zu entwickeln.
THE LOOM OF TIME bauen nämlich gerne ausgedehnte Riffs, Breakdowns und stampfendes Schlagzeug in ihre Songs ein – um schließlich wieder alles über Bord zu werfen und sich schnelleren Parts in Form von rasendem Black Metal, Rock oder Doooom zu widmen. Letztere werden vor allem in „The Cries Of Weak“ (und „The Fight For The Subhuman“) mehr als ausgiebig zelebriert, einen coolen Refrain gibt es hier obendrein. Doch natürlich ist „The Cries Of Weak“ weitaus mehr al ein reiner Doom-Song, so wie auch das rasanteste Stück „The Greed Of Lesser Man“ kein purer Black Metal ist. Jede Menge Abwechslung und ein Tanz durch die verschiedensten Genre-Schubladen sind in „NihilReich“ also an der Tagesordnung. Das gibt es in der Tat häufiger. Doch THE LOOM OF TIME schaffen es erstaunlicher Weise all diese Elemente hervorragend miteinander zu verweben, nichts klingt hier wie „abgekupfert“ oder wie „ein Experiment“. Auch Längen oder unpassende Parts lässt das Album außen vor.
„NihilReich“ ist ein in allen Punkten stimmiges wie abwechslungsreiches Album und für jeden Doom/Black/Rock/Metal-Fan in jedem Fall eine Empfehlung wert!
Die Songs auf „Orion“ klingen dermaßen ausgereift, dass man kaum glauben kann, dass es sich hierbei um ein Debüt handelt. Erklären lässt sich das zum Teil damit, dass KING BUFFALO schon seit drei Jahren zusammenspielen, neben einem Demo schon diverse Singles und Splits veröffentlicht haben und die Mitglieder außerdem schon alte Hasen in der New Yorker Rock-Szene sind. In klassischer Trio-Besetzung mit Gitarre, Bass und Drums spielen sie eine Mischung aus Psychedelic, Blues und Stoner Rock, die es meistens nicht eilig hat, an irgendein Ziel zu kommen, sondern den Instrumenten und Sounds viel Raum lässt.
Bei allem, was sie tun, lassen sich KING BUFFALO viel Zeit, hier geschieht nichts plötzlich oder völlig unerwartet, alles ist immer im Fluss und entwickelt sich. Trockene, sparsame Beats werden mit viel musikalischem Space umgeben und immer wieder übernehmen schließlich schwere Riffs die Oberhand. Schon der Opener und Titelsong gibt die Richtung vor, indem er sich gemächlich aufbaut und erst ganz am Ende ein unwiderstehlich drückendes Mid-Tempo-Riff einsetzt. „Monolith“ erinnert mit seinem Voodoo-Blues-Einschlag an BLACK REBEL MOTORCYLE CLUB und „Sleeps On A Vine“ steigert sich von einem zurückgelehnten Blues in lauten Jam-Rock. „Down From The Sky“ ist eine wunderbare Akustik-Ballade, die Wüstenstimmung ausstrahlt und als einzigen Schnörkel eine Slide-Gitarre im Hintergrund zulässt, und das zweiteilige „Goliath“ vereint meditative Psychedelik mit KYUSS-Riffing. Einen letzten Höhepunkt bildet das abschließende 10-minütige „Drinking From The River Rising“, das sich am Ende in ein herrlich lärmiges Finale hineinsteigert, nach dem die Instrumente eine gute Minute lang einfach ausklingen.
Mit „Orion“ liefern KING BUFFALO ein intensives und höchst atmosphärisches Album ab, das gerade deswegen so eindrücklich ist, weil die Band ihre Musik mit so viel Ruhe und Unaufgeregtheit angeht. Live dürfte einen dieser Sound dann vollends wegtragen.