Die 80er-Jahre sind Kult, die 90er gab es halt – so des Öfteren doch die öffentliche Wahrnehmung in unseren Kreisen. Ist aber nicht! Denn das heftige, wenn auch nur kurze Aufbegehren des GRUNGE hinterlies tiefe Spuren in der Rock- und Metalwelt. Und nicht nur da – eine ganze Generation veränderte für eine mehr oder minder lange Zeit ihren Musikgeschmack (was manche Band der 80er die Existenz kostete) - und der Kinofilm „Singles“ lieferte im wahrsten Sinne des Wortes den Soundtrack dazu. Die 13 Songs vermitteln dabei auf Beste das Lebensgefühl der damaligen Zeit – der Opener „Would?“ von ALICE IN CHAINS, das eindringliche Akustikstück „Seasons“ von Wunderstimme CHRIS CORNELL (R.I.P.) oder „Chloe Dancer/Crown Of Thorns“ von MOTHER LOVE BONE (PEARL JAM-Vogänger Band) gehen unter die Haut und ermöglichen eine perfekte Zeitreise. In die Zeit passen sicher auch die beiden PAUL WESTERBERG-Songs – auch wenn sie für mich die Schwachstelle der Kompilation sind. Dafür gibt es für das coole LED ZEPPELIN-Cover „Battle Of Evermore“ (THE LOVEMONGERS), den überraschenden JIMI HENDRIX-Track „May This Be Love” sowie für die beiden Burner „Nearly Lost You“ (von den vor allem in den USA bekannten SCREAMING TREES) und dem intensiv-bedächtigen „Drown“ der späteren Hitmaschine SMASHING PUMPKINS Sonderpunkte.
Zum 25. gibt es nun also die 2-CD-„ Anniversary Deluxe Edition“ von „Singles“ – und auf der zweiten CD kann der Grunge-Fan dann auch so richtig fündig werden. Überwiegend neues Material befindet sich unter den 18 Tracks, zum Beispiel vom gerade erst verstorbenen SOUNDGARDEN-Sänger Chris Cornell; also Outtakes und Vorabversionen, wie der Hit „Spoon Man“ oder auch Live-Versionen. Die Details kann man der unten aufgeführten Tracklist entnehmen. Kleines Schmankerl sicherlich noch der Song „Touch Me I'm Dick“ (gab es in anderer Version auch von MUDHONEY) von der Filmband CITIZEN DICK (u.a. mit Matt Dillon am Mikro und PEARL JAMs Eddie Vedder). Dazu noch eine schöne, wertige Digi-Aufmachung. Wer also irgendwie auf Alternative/Grunge steht und den Soundtrack noch nicht im Regal zu stehen hat, der sollte hier beruhigt zugreifen.
1. Would? – Alice In Chains
2. Breath – Pearl Jam
3. Seasons – Chris Cornell
4. Dyslexic Heart – Paul Westerberg
5. Battle Of Evermore – The Lovemongers
6. Chloe Dancer/Crown Of Thorns – Mother Love Bone
7. Birth Ritual – Soundgarden
8. State of Love And Trust – Pearl Jam
9. Overblown – Mudhoney
10. Waiting For Somebody – Paul Westerberg
11. May This Be Love – The Jimi Hendrix Experience
12. Nearly Lost You – Screaming Trees
13. Drown – Smashing Pumpkins
Bonus Disc (in der 2CD UND der 2LP Version enthalten)
1. Touch Me I'm Dick – Citizen Dick (first time on CD)
2. Nowhere But You – Chris Cornell (Poncier)
3. Spoon Man – Chris Cornell (Poncier)
4. Flutter Girl – Chris Cornell (Poncier)
5. Missing – Chris Cornell (Poncier) (first time on CD)
6. Would? (live) – Alice In Chains (first time on CD)
7. It Ain't Like That (live) – Alice In Chains (first time on CD)
8. Birth Ritual (live) – Soundgarden (first time on CD)
9. Dyslexic Heart (acoustic) – Paul Westerberg (first time on CD)
10. Waiting For Somebody (score acoustic) – Paul Westerberg (previously unreleased)
Die FEHLFARBEN auf ihren NDW-Hit „Ein Jahr (Es geht voran)“ zu reduzieren verbietet sich für jedweden Musikfan mit Verstand - denn damit wird man dem Ansatz der aus der Düsseldorfer Punkszene stammenden Band nicht gerecht. Insbesondere nicht für ihr 1980er-Debüt „Monarchie und Alltag“, welches als eines der wichtigsten deutschsprachigen Rockplatten überhaupt gilt. Das Album fängt auf perfekte, im Untergrund gerade noch verhaftete Weise die damalige Stimmungslage zwischen Atomkriegsangst, Wirtschaftskrise, AKW-Bau und Mainstreamverdruss auf. Ursprünglicher Punk und New-Wave waren Tot (zumindest fast), NDW und der 80er-Kommerz noch nicht da. Dazu lieferte „Monarchie und Alltag“ die Hintergrundmusik mit Texten zum Nachdenken – nicht zum Wegschmeißen. Denn nicht die aus dem schrammeligen Punk kommende und mit poppigen-synthi-Klängen vermengte Instrumentierung, sondern die kritischen, sich oft erst nach mehrmaligen Hören und Denken erschließenden Textzeilen stehen im Mittelpunkt des Albums. Das punkige, gröbere „Gottseidank nicht in England“ und das sozialkritische, tanzbare „Militürk“ seien da mal exemplarisch genannt. Den unverwüstlichen Schlusspunkt setzt dann der Lieblingssong von Fans und Band „Paul ist tot“. Mit „Monarchie und Alltag“ sollte, ja muss man sich beschäftigen. Denn die FEHLFARBEN nur als Teil der NDW zu betrachten – wie bereits oben beschrieben – ist ein Fehler. Der o.g. Song („Ein Jahr (Es geht voran)“) wurde als Single eh‘ erst zur NDW-Hochzeit in 1982 veröffentlicht. Da war die Band auch schon eine etwas andere. Die remasterte Überarbeitung kommt klanglich sauber daher, das 16-seitige Booklet ist gelungen (Texte, Review, Pics). Das es ansonsten nichts mit Mehrwert ist mag dem Umstand geschuldet sein, dass die 11 Kompositionen des Originalalbums wertig genug sind. Stimmt! Über etwas Bonusmaterial hätte sich der geneigte Fan trotzdem sicherlich nicht beschwert. Aber egal - bei „Monarchie und Alltag“ gilt - für Musiknerds essentiell.
Euer neues Album „You Are We“ kommt ja demnächst raus, und ich würd euch zunächst fragen wollen, worin ihr die wichtigsten Unterschiede zu den vorherigen Veröffentlichungen seht.
Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass es allzu viele Unterschiede gibt. Wir waren von Anfang an recht divers, wollten uns nie einem einzigen Genre zuordnen lassen und haben immer versucht, Grenzen zu überschreiten. Sei es in Bezug auf die melodischen oder die harten Parts. Besonders bei diesem Album haben wir es geschafft, diese Grenzen so weit wie möglich auszuloten. Jedes Mal wenn wir ein Album schreiben, packen wir alles von uns hinein. Deshalb stehen wir am Ende oft da und wissen nicht wirklich, wie wir das nächste Album angehen sollen, da wir all unsere Ideen und Fähigkeiten in die entsprechende Platte gesteckt haben. Aber bei diesem….ich weiß nicht, ich denke es ist authentischer, aber nicht furchtbar anders als die anderen Alben, denn letztlich wird alles, was wir schreiben nach While She Sleeps klingen. Wir gehen nie ins Studio und nehmen uns vor, dass die Songs einen ganz bestimmten Sound o. ä. haben sollen. Es kommt viel mehr organisch zustande – entwickelt sich natürlich.
Ich habe beim Hören eures Albums das Gefühl bekommen, dass ihr in gewisser Weise einen anderen Ansatz in Bezug auf das Songwriting verfolgt habt. Würdest du sagen, dass es stimmt? Bzw. habt ihr diesmal etwas anders gemacht?
Wir haben jetzt ein Schuppen, d. h. wir haben unseren eigenen Raum mit unserem eigenen Aufnahmestudio. Das ist in gewisser Weise eine Rückkehr zu früheren Zeiten, wie wir damals die Musik geschrieben haben. Damals hatten wir einen Ort, „The Barn“, der als kreativer Raum fungierte, den wir immer besuchen konnten während wir aufwuchsen. Wahrscheinlich gibt es viele Bands, denen sowas vor allem am Anfang fehlt: ein Ort zum Treffen und Proben. Aber wir hatten das die ganze Zeit. Dort haben wir „The North Stands For Nothing“ aufgenommen und auch eine Menge von „This Is The Six“ geschrieben. Doch dann haben wir diesen Ort verloren. Und bei diesem Album hatten wir das Gefühl – wir wollten das wieder aufleben lassen. Das ist wohl der springende Punkt bei „Your Are We“, warum es so erfolgreich ist (oder zumindest das Album, das es ist – und wir finden, dass es unser bisher bestes Album geworden ist). Weil wir wieder einen Rückzugsort haben, an dem wir uns kreativ ausleben können, unsere Freiheit und Ruhe wiederfinden. Ja, das ist für mich der wichtigste Unterschied, obwohl es natürlich nur in Hin blick auf unser vorheriges Album „Brainwashed“ zutrifft, denn dies ist die Art und Weise, wie wir sonst immer geschrieben haben.
Gibt es vielleicht so etwas wie einen roten Faden, der die Songs auf „You Are We“ verbindet?
Ja, es gibt immer so etwas wie ein grundlegendes Thema. In den Texten von While She Sleeps geht es immer um kontroverse Themen, wir reden über den Zustand der Welt, Religion, Politik usw. Es ist immer unsere persönliche Sicht auf alles und wie wir dazu stehen. Ich wiederhole mich da, aber „Brainwashed“ war mehr ein politisches pissed-off-album, wir waren einfach sehr wütend auf die Welt. „You Are We“ spricht da prinzipiell über dieselben Dinge wie schon die anderen Alben zuvor, allerdings ist es mehr als eine Botschaft der Einheit zu verstehen. Wir reden von der Einheit der Menschen, die symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Natur, dass du das eine nicht ohne das andere haben kannst. Als wir im letzten Jahr „You Are We“ geschrieben haben hatten wir grad das Referendum über den Brexit und dann kam auch noch Donald Trump an die Macht. Wir bekamen das Gefühl, dass alle führenden Politiker nur noch über Spaltung reden und versuchen, die Menschen zwischen den verschiedenen Kulturen aufzuteilen. Wir dachten dann, dass wir den Leuten die uns zuhören eine Plattform geben wollen. Da wir grad in einer Welt leben, in der all unsere Anführer über Segregation sprechen, wollten wir eine Botschaft der Einheit überbringen.
Warum habt ihr beschlossen, einen Song mit Oli Sykes aufzunehmen?
Also, wir hatten da ein paar persönliche Probleme. Ich will da nicht näher drauf eingehen, aber für viele Jahre wurde gewissermaßen ein Keil zwischen uns und Bring Me The Horizon getrieben. Doch darüber kamen wir hinweg. Wir waren alle bei Tom Searles Totenwache (der Gitarrist von Architects) und haben uns danach zum ersten Mal vernünftig zusammengesetzt. Und nach so einem Ereignis – wir mussten nicht mal mehr, worüber wir uns überhaupt gestritten haben – haben wir beschlossen, das alles hinter uns zu lassen und das Kriegsbeil zu begraben. Das Leben ist zu kurz für solche belanglosen Streitereien. Sobald wir dieses Gespräch hatten, haben sie uns angeboten, mit ihnen auf Tour zu gehen (letztes Jahr in Europa und dann im Februar in Australien). So haben wir Oli ein paar von unseren neuen Songs gezeigt und er war wirklich begeistert davon. Harte Musik begeistert ihn eigentlich nicht mehr so sehr, deshalb war dies das erste Mal seit Jahren, dass er so angeregt auf Musik aus diesem Genre reagiert hat. Dann hat er gefragt, ob er uns irgendwie helfen kann und wir haben ihm angeboten, dass er uns bei einem Song aushelfen kann, wir gewissermaßen zusammen daran arbeiten. Dann hat er die Lyrics geschrieben und wir haben den Song gemeinsam aufgenommen. Ja, das war sehr cool und ich bin froh, dass wir die ganzen Feindseligkeiten hinter uns lassen konnten.
Warum habt ihr euch entschieden, „You Are We“ selbst rauszubringen?
Wir waren einige Zeit bei Sony Music, fühlten uns aber ein wenig vernachlässigt und dachten, dass es für uns einfach nicht mehr funktioniert. Dann wurden wir von Sony Music fallen gelassen, worüber wir eigentlich recht glücklich waren. Ich meine, das ist schon eine komische Situation. Würde mein 14-jähriges Ich diese Situation sehen, wie wir begeistert davon sind, dass uns ein Major Label kündigt, würde es wahrscheinlich gar nichts verstehen. Aber es war cool. Daraufhin haben wir uns nach weiteren Labels umgeschaut, überlegten uns aber, ob wir wirklich wieder in solche Situationen kommen wollen. Außerdem haben wir inzwischen eine ausreichend gut etablierte Fangemeinde, sodass wir independent gehen konnten. Das war zudem das einzige, was uns in Hinblick auf die Aufnahme des neuen Albums begeistert hat. Nicht, dass wir nicht eh schon gespannt waren, aber die Idee, „You Are We“ selbst rauszubringen hat uns wirklich begeistert. Ich denke, dass man manchmal auch einfach ein gutes Gefühl für sowas haben kann und so war das auch die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Das ist auch der Grund, warum das Album „Your Are We“ heißt. Also auf einer Ebene bedeutet es natürlich, dass man die Menschheit in allem sehen kann. Aber auf der anderen Seite handelt der Titel auch davon, wie wir unsere Musik an die Fans bringen, dass wir gar nicht in der Lage wären eine Band zu sein oder das Album zu veröffentlichen, wenn wir nicht unsere Fans hätten und das unsere Fans unsere Musik so auch nicht hören könnten. Insofern geht es um diese symbiotische Beziehung – es würde nicht funktionieren, wenn nicht beide Seiten davon profitieren würden.
Und wie ist das Leben als Musiker in Vollzeit, der auch noch independent gegangen ist?
Man hat auf jeden Fall viel mehr zu tun. Das ist aber auch spannend, denn wenn du zu einem Label gehören würdest, wärst du gar nicht in der Lage all die coolen Sachen zu machen, wie z. B. die Ringe die wir aus den Gitarrensaiten machen ließen, mit denen das Album aufgenommen wurde. Es gibt da diesen Schmied gegenüber von meinem Hof und er hat uns die Ringe angefertigt. Natürlich bedeuten solche Sachen auch immer, dass man wesentlich mehr arbeiten muss, da sich das Label sonst um viele solcher Dinge kümmert. So geht aber alles, was mit dem Album zu tun hat direkt von uns an die Fans – all die Extras und Boni kommen buchstäblich direkt von uns und sind von uns gemacht. Somit ist es die ganze Arbeit letztlich wert.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Einfach das normale System: das Album rauszubringen, dann direkt auf die Straße und versuchen, an so vielen Orten wie möglich aufzutreten. Das wird wohl die nächsten paar Jahre in Anspruch nehmen. Tja – und anschließend werden wir wohl wieder das nächste Album schreiben. Das ist es eigentlich: den Leuten unsere neuen Songs zeigen.
Sind die BITCH QUEENS die Schweizer Antwort auf TURBONEGRO? Einiges weist darauf hin, alleine schon von der Optik her: Kajal um die Augen, ausschließlich schwarze Klamotten, das Hemd gerne komplett offen oder gleich ganz oben ohne und Jacken mit Aufnähern und dem eigenen Bandnamen auf dem Rücken. Auf Originalität haben es die Basler jedenfalls nicht angelegt, das zeigen schon diverse klischeehafte Songtitel ihres dritten Albums „L.O.V.E.“, wie „Anti-Social“, „Naked Or Denim“ oder „Techno Is Dead“. Mit Ästhetik haben sie es auch nicht so, wie das ziemlich abstoßende Cover-Artwork oder etwa auch das Video zu „Anti-Social“ zeigen, in dem sie mit allen möglichen Flüssigkeiten und z. T. auch Esswaren überschüttet und beworfen werden. Um noch mal auf TORBONEGRO zurückzukommen: Bei denen bedient sich die Musik der BITCH QUEENS großzügig, ebenso bei anderen Vertretern der skandinavischen Schweinerock-Schule, wie den BACKYARD BABIES oder den HELLACOPTERS.
Das soll aber jetzt gar kein Verriss werden – der straighte Arschtritt-Punk 'n' Roll auf „L.O.V.E.“ macht nämlich mächtig Spaß. Song auf Song werden hier nicht nur dreckige Riffs und treibende Drums, sondern auch ein Ohrwurm nach dem anderen abgeliefert. Stücke wie „Anti-Social“, „Deadbeat Generation“, „Colleteral Damage“ oder „Girls Girls Boys...“ verfügen über herrliche Mitgröl-Refrains und sind kaum mehr aus dem Gehörgang zu bringen. Zugute halten muss man der Band auch, dass hier wirklich alles selbst gemacht ist: die Aufnahmen, der Mix, das Artwork und die Videos, und sogar ihre Touren buchen die BITCH QUEENS selbst. Hier wird also noch echter D.I.Y.-Spirit hochgehalten. Im abschließenden „Techno Is Dead“ ist übrigens ein ziemlich witziges David Guetta-Bashing versteckt, was beweist, dass sich die Band selbst durchaus mit Humor nimmt.
Ein schönes Album also, dem man das Artwork schnell verziehen hat, das ohne Ende Energie ausstrahlt und das sich alle Fans der oben genannten Bands einmal zu Gemüte führen sollten. Unbedingt auch live antesten!
Mit seinem überragenden Debütalbum "All Hell´s Martyrs" von 2014 hat sich das irische Trio um PRIMORDIAL- und TWILIGHT OF THE GODS-Frontmann Alan Averill alias Nemtheanga bereits frühzeitig ein Denkmal gesetzt, an das die Jungs - so viel sei bereits verraten - mit "For Doom The Bell Tolls" (genialer Titel übrigens!) nahtlos anknüpfen können. Zwar wurde Simon O´Laoghaire an den Drums durch Johnny King ersetzt, aber sonst hat sich zum Glück rein gar nichts verändert: einmal mehr beherrscht epischer, dramatischer und von Nemtheanga gewohnt ergreifend gesungener Doom Metal das Geschehen, der in drei herausragenden Hymnen (plus zwei Intros bzw. Intermezzi) gipfelt, die am Ende von einer unerwarteten, sehr coolen Coverversion von VENOMs "Live Like An Angel, Die Like A Devil" gekrönt werden. Von den drei im Mittelpunkt stehenden Songs einen Favoriten auszuwählen, ist ein schweres Unterfangen, wobei es mir persönlich das großartige "The World Is Doomed" besonders angetan hat, das als legitimer Nachfolger des genialen "We Wield The Spear Of Longinus" vom Vorgängerwerk angesehen werden kann und einfach nur mitreißt, sei es auf Platte oder live beim "Acherontic Arts"-Festival, organisiert von den immer wieder geschmacksicheren Machern des Labels Ván Records. Aber auch der dreizehnminütige Lavaklumpen "Twelve Bells Toll In Salem" und das sogar recht flotte und leicht spacige "The Spines Of Saturn" lassen keinerlei Wünsche offen und ergeben in Summe das vielleicht bislang beste Doom-Album des Jahres. Sehr geil!
KOBRA AND THE LOTUS holen zum vierten Schlag aus. Nachdem die letzten beiden Alben mit hartem und modernem Power Metal überzeugen konnten, begeht man auf „Prevail I“ eine leichte Kurskorrektur. Die mittlerweile recht modernen Breitwandsounds erhalten viel Raum und die Band entfernt sich partiell vom Power Metal vergangener Tage. Allerdings gibt es immer noch genug Stoff, mit dem die Anhänger der letzten Alben sofort warm werden sollten: der düstere, schwer pumpende Opener „Gotham“ (Batman rules, yeah), das mächtige, mit großem Chorus versehene „Manifest Destiny“, das treibende „Hell On Earth“, das schnelle „Specimen X (The Mortal Chamber)“ und das abschließende Titelstück „Prevail I“. Neben diesen eher klassischen Power Nummern haben Kobra Paige und ihre Jungs aber auch einiges Neues versucht. Songs wie das hypnotische „TriggerPulse“, die düster/traurige Single „You Don’t Know“, die gelungene Power Ballade „Light Me Up“ oder das sehr groovige „Victim“ sind eher ungewöhnlich im KOBRA AND THE LOTUS Kosmos. Dazu gibt es mit „Check The Phyrg“ noch ein Instrumental, bei dem die Saiten richtig glühen dürfen.
Auch unter den neuen Stücken gibt es für sich genommen keinen Ausfall, jedoch stören sie etwas die Homogenität des Albums, und durch den eigentlich löblichen Vorsatz, nicht still stehen zu wollen, wirkt „Prevail I“ manchmal etwas zerfahren. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Als roter Faden zieht sich immer noch Kobra’s Stimme durch das Album und diese ist mit so viel Wiedererkennungswert ausgestattet, dass man geneigt ist das eine oder andere Experiment zu viel sofort zu verzeihen.
Im Gegensatz zu den Vorgängern klingt „Prevail I“ viel „breiter“ und „offener“. So stelle ich es mir vor, wenn Devin Townsend plötzlich Bock auf Power Metal hat.
Die Zukunft wird zeigen, ob KOBRA AND THE LOTUS ihre klassischen Metal Roots noch weiter verlassen oder sich eher wieder darauf besinnen werden. Naturgemäß hoffe ich eher auf Letzteres, habe aber auch an „Prevail I“ durchaus meinen Spaß.
Munich Southern Rock – so sehen sich die Bajuwaren von THE LEGENDARY selbst – und beschreiben ihren treibenden Rockstil somit recht gut. Mir fallen bei der ordentlichen Mischung aus klassischem, bluesigen Hard Rock, Alternative/Stoner-Sound sowie Southern–Anleihen (ohne Country-Touch) vor allem LED ZEPPELIN und ZZ TOP als Urväter ein – aber auch QOTSA oder gar MONSTER MAGNET. Und das passt dann auch mal so, dass das Debüt „Let’s Get A Little High” durchweg Laune macht. Das Münchner Quartett um Bandgründer, Sänger und Gitarrist Thorsten Rock setzt dabei auf fetten Sound und ebenso dicke Gitarren; die Kompositionen atmen dabei den Mainstream (sprich dürfen auch im Radio gespielt werden). Eine erdig bis rauchige Atmosphäre durchströmt das komplette Package – Musik, Gesang und Style. Auch sind unter den 11 Songs keine Ausfälle, obwohl nicht jeder Song für ewig im Ohr bleibt (da ist noch Luft). Und das THE LEGENDARY dabei nichts neu erfindet – geschenkt. Ergo, wer sich hier wiederfindet, sollte unbedingt mal in die groovende Single „Half A Devil“ antesten – toller Song, klasse Appetizer.
Nachdem vor rund 13 Jahren bereits das großartige 1984er Debütalbum "War And Pain" der Frankokanadier einen sehr wertigen Re-Release in einer Box mit zwei Bonusscheiben erfahren hat, sind nun im Zuge der Neuveröffentlichungen des Noise-Backkatalogs auch die Alben Nummer Zwei, Drei und Vier an der Reihe, die zweifellos ebenfalls zu den besten Thrash-Granaten der 80er Jahre zählen und hier remastert in üppig ausgestatteten Box-Sets mit jeweils drei Discs erscheinen.
Das Zweitwerk "Rrröööaaarrr" von 1986 klang seinerzeit schon deutlich geschliffener als das Debüt, ließ die primären VENOM- und MOTÖRHEAD-Wurzeln des Quartetts einen kleinen Schritt zurücktreten und zeigte erstmals deutlich den Hang von Snake, Piggy (R.I.P. 26.08.2005) und Co. zu verspielten Instrumentalparts und progressiven Songstrukturen, wobei die späteren, mitunter leicht psychedelischen und spacigen Eskapaden hier allerhöchstens zu erahnen waren. Nichtsdestotrotz befindet sich auf "Rrröööaaarrr" kein einziger Ausfall, aber mit "Korgüll The Exterminator", "Slaughter In A Grave", dem brachialen "Ripping Headaches" (allesamt von Seite A, der "Ripping Side"), "Thrashing Rage" (dafür würden nicht nur Nachwuchs-Thrasher heute diverse Körperteile eintauschen!), "Helldriver" oder dem unbändig nach vorne peitschenden "To The Death!" (allesamt von Seite B, der "Thrashing Side") ausschließlich Klassiker, die rückblickend zwar noch nicht das große musikalische Potential der Jungs ausloteten, aber in Sachen Power und Energie bis heute ihres gleichen suchen! Auf der zweiten CD befindet sich ein Live-Mitschnitt aus Montreal vom Oktober 1986 ("No Speed Limit Week-End"), der neben vielen seinerzeit neuen Stücken hauptsächlich Material des Debüts auffährt und sehr hörenswert und angenehm roh ausgefallen ist. Auf der dritten Disc, einer DVD, befindet sich ein Audio-Part mit dem gesamten Album als Rough-Mix-Demo aus dem Jahr 1985, das klanglich gar nicht mal sehr weit vom späteren Album entfernt ist. Dagegen fällt der Mitschnitt des allerersten (!) VOIVOD-Gigs vom 25.06.1986 eher mau aus und ist nur für Fans ein rumpeliger Genuss. Für die "Early Rehearsals" von 1983-1984, die "Piggy Sound Collage" sowie die Slide-Shows diverser Cover-Konzepte gilt Selbiges, wogegen die Live-Aufnahmen des Video-Parts noch deutlicher abfallen und aussehen, als habe man sie in der VHS-Sammlung von Julius Cäsar gefunden.
Alles in Allem ist diese Box, die zudem bei vielen Anbietern zum Preis einer Normal-CD zu haben ist, nur mit kleinen Abstrichen ein Meisterstück, das jedoch als Paradebeispiel für einen Re-Release durchgeht, der kaum Wünsche offen lässt - klasse!