Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor über zehn Jahren das Debütalbum "Eerie Sceneries" des nordrheinwestfälischen Duos God Killing Himself (Gitarre, Bass, Gesang) und Herbst (Drums) in den Händen hielt: das Album mit der internen Kennung "Ván021" gehörte neben den Frühwerken von THE RUINS OF BEVERAST oder natürlich den NAGELFAR-Re-Releases zu den ersten Veröffentlichungen des seinerzeit noch jungen Labels Ván Records und war nicht nur sehr liebevoll aufgemacht, sondern enthielt auch klanglich minimalistischen, abgrundtief finsteren Black Metal erhöhter Güteklasse. Seitdem ist es ruhig um IMPAVIDA gewesen, die dieser Tage mit ihrem Zweitwerk "Antipode" erneut aufhorchen lassen. Stilistisch hat sich trotz eines Wechsels im Line-Up (God Killing Himself spielt hier sämtliche Instrumente und überlässt dem US-amerikanischen Neuzugang He, Who Walketh The Void den Gesang) nichts verändert: nach wie vor setzt das Duo auf minimalistischen, sehr atmosphärischen Black Metal, der seine Vorbilder etwa bei frühen BURZUM oder FORGOTTEN WOODS haben könnte und trotz des Dauereinsatzes von Keyboards zu keiner Zeit schwülstig oder pompös klingt. Hinzu kommen die markerschütternde Schreie von He, Who Walketh The Void, die einmal mehr stark verwaschene, Genre-typische, aber zur Musik passende Produktion sowie die durchweg packenden Kompositionen (zwei sehr lange, zwei sehr kurze Stücke), die "Antipode" zum Genuss am Stück verpflichten. Wie schon der Vorgänger, ist dieses Album für Normalhörer höchstwahrscheinlich ungenießbar, qualitätsbewusste Black Metaller müssen aber zuschlagen. Da IMPAVIDA selbst innerhalb der Szene weitestgehend unbekannt sind und hier wieder einen wahrhaft abgründigen Hassklumpen absondern, vergebe ich für die angepeilte Zielgruppe sehr gerne den "Tipp"!
Drei Jahre ist es her, dass TANZWUT mit „Schreib Es Mit Blut“ ihr letztes Album veröffentlicht haben. Nachdem die vorausgegangenen Werke in mitunter erstaunlich kurzen Abständen das Licht der Welt erblickt hatten, hat sich die Band mit dem neuen Silberling etwas mehr Zeit gelassen, jetzt aber steht er in den Läden und trägt den Titel „Seemannsgarn“. Der gleichnamige Opener beginnt mit melodiöser Folk-Instrumentierung und ruhiger Strophe, bevor der Teufel im eingängigen, aber nach wie vor getragenen Refrain seinen typisch kratzig-rauen Gesangsstil herauskehrt. „Galgenvögel“ beginnt rockiger mit druckvollen E-Gitarren und hat erhöhtes Ohrwurmpotenzial. „Die Letzte Schlacht“ ruft in den Instrumentalparts stellenweise Erinnerungen an den Soundtrack von „Herr der Ringe“ wach – womöglich durchaus nicht ganz zufällig, ließe sich der Text auf die eine oder andere Episode des Epos doch genauso beziehen wie er sich als allgemeine Kriegskritik auffassen lässt (im Gegensatz zu manchen Kollegen lassen TANZWUT dem Hörer bei ihren Texten Gott Lob noch ein gewisses Maß an Interpretationsspielraum). Mit „Ich Bin Der Nachtwind“ haben die Herrschaften überdies eine überraschend wenig kratzige Ballade am Start. „Der Puppenspieler“ kommt relativ metallisch daher, das eingängige „Francoise Villon“ geht schnell ins Ohr. Wie der geneigte Genrefreund weiß, ist das Sauflied inzwischen ein obligatorischer Bestandteil eines Mittelalter-Rock-Albums und so darf ein solches auch auf „Seemannsgarn“ nicht fehlen: das programmatisch betitelte „Gib Mir Noch Ein Glas“ gehört zu den besseren Vertretern der Kategorie, da es nicht zu plump daherkommt und daher auch in nichtalkoholisiertem Zustand noch gut hörbar ist. Ob man das Ganze aber gleich in doppelter Ausführung auf das Album packen musste (einmal mit, einmal ohne Beteiligung von KÄRBHOLZ), muss jeder für sich entscheiden. Fazit: alles in allem haben TANZWUT mit „Seemannsgarn“ ein durchweg solides Album abgeliefert, das über zahlreiche eingängige Melodien verfügt, dabei aber weitestgehend auf die ursprünglich für die Band typischen elektronischen Elemente verzichtet und sich vielmehr auf relativ klassischen Mittelalter-Rock mit metallischem Einschlag konzentriert.
Bereits 2017 ist "Ossuary" als limitierte Eigenproduktion erschienen, jetzt machen Season Of Mist Ernst. Musikalisch liefern die Rand-Pariser mächtige Death-Metal-Bolzen, die klingen, als kämen sie aus Floridas Sümpfen und nicht vom Fuße des Eiffelturms. Sprich: DEFLESHER machen konventionellen, meist amerikanisch geprägten Death Metal, der weder in Sachen Tempo noch in Sachen Technik unglaublich extreme Werte anpeilt. Extrem ist dafür der Sound – der ist nämlich exorbitant gut, fett sozusagen. "Ossuary" brät wie Kalle in ihm sein Imbiss-Wagen die bemitleidenswerten Hühner. Riecht nur nicht so streng. Im Ernst: Das Album und seine 13 Songs ballern ohne Ende, manchmal gibt es auch kleine Grindcore-Ausflüge ("Dysentry") und ein bisschen Thrash. So weit, so gut. So sehr die Krawallbrüder aber auch Dampf machen, so sehr fehlt ein echtes Überraschungsmoment. Oder ein Mega-Mördergroove. Oder DER Song, den du nie wieder vergisst. So bleiben DEFLESHER zwar keine Stangenware, und es gab nicht wenige Scheiben bekannter Bands, die mit weniger Drive zusammengekloppt wurden, aber so richtig Maß geschneidert ist "Ossuary" eben auch nicht. Ca va, würde der Franzose sagen.
Party.San, 2003: Das Debüt-Album der Berliner namens "From Womb To Tomb" ist draußen und exzellent. Und live zocken SINNERS BLEED ihren technisch anspruchsvollen Death Metal mit viel Verve und gehen noch motivierter ab. Verdammt großes Potential sahen alle in der Band, auch die Zuschauer damals – wippende Köpfe und fliegende Haare überall. Und dann? Nüscht! Kein Plattenvertrag, keine neue Scheibe, irgendwann keine Bandmitglieder mehr. Gut, dass sich die Hauptstädter selbst ihrer Band erinnerten und die Thüringer Kriegshymnen-Verwalter nicht lange zögerten und SINNERS BLEED unter Vertrag nahmen. Denn so kommen Death-Metal-Fans in den Genuss der anspruchsvollen, druckvollen und meist flotten Songs, die gleichzeitig vor Groove und Eingängigkeit nur so strotzen. Hier wirken sämtliche Soli und Gitarrenparts nicht wie eine Selbstbeweihräucherung des String-Trägers, sondern auch diese Abschnitte fräsen sich extrem intensiv in die Hirnrinde. 16 Jahre nach ihrem Debüt präsentieren sich Eric, Sebastian und Co. musikalisch genauso gut wie frisch. 90er-Technik-Death, ein bisschen Thrash hier – all das erinnert an DEATH, die mit OBI musizieren, richtig viel Lust haben und nicht so angeben wie SADUS oder NILE. Lediglich der etwas klinische Bass-Drum-Sound stört das verdreckte Ohr des retardierten Konsumenten. Aber das ist eine Kleinigkeit, wenn er dafür zehn so geile Songs bekommt wie die Aushängeschilder "The Second Being" oder "Behind The Veil".
2001, mitten in der "goldenen Ära" des "True Metal" (ja, rückblickend kam da extrem viel Schrott auf den Markt, auch wenn man das damals nach den eher traditionsmetallfreien 90ern nicht immer wahrhaben wollte...) hat sich diese schwedische Formation gegründet, jedoch erst im Jahr 2009 - nach einer 2006er Single ("Metal Strike") - ihr erstes Album ("Exodus To Hell") veröffentlicht. Danach hat es noch einmal zehn Jahre und eine EP ("Man With The Chains, 2010) benötigt, bis nun endlich "From Life To Death" in den Läden steht. Und nach dieser langen Zeit enttäuscht das Quintett nicht, und typischen Euro-"True Metal" bekommt man auch nicht zu hören, stattdessen eher kauzige Klänge, die an die kultigen Landsmänner HEAVY LOAD ebenso erinnern wie in gewissem Maße an die NWOBHM-Urgesteine ANGEL WITCH oder an (dezent) obskur US-Metallisches wie OMEN oder gar BROCAS HELM. Mit HAMMERFALL, SABATON, aber auch ENFORCER und Co. haben HELVETETS PORT nichts zu tun, sondern setzen mitunter sehr ohrwurmtaugliche Hymnen wie "The Invincible", "Röda Nejlikan" (drei Songs des Albums werden auf Schwedisch gesungen!), "Ruled With An Iron Hand" (klasse!), "White Diamond" oder "Thunder Ace" mit erstaunlich wenig plakativem Pathos um. Auch wenn nicht jeder Song auf "From Life To Death" ein Hit geworden ist (etwa das flotte "Hård Mot De Hårda" oder das halbballadeske "Die To Stay Alive" wollen nicht so recht reinlaufen), so bleibt am Ende ein echter Überraschungserfolg einer Band, die sicher niemand mehr auf dem Schirm gehabt hat.
Cover mit Totenschädel, Titel mit Krieg, Schriftzug mit typischer Typographie - das muss Death Metal sein. Ist es in der Tat – und der erste Gedanke: "Oh, nicht noch eine...". Die Badener (ich hoffe, ich liege da richtig, viele Menschen in der Gegend sind ja generell etwas dünnhäutig) verlassen sich zudem auf einen etwas dünneren Sound, der dem Ganzen außer einem Underground-Flair vor allem einen thrashigeren Ansatz verleiht. Aber, es ist und bleibt Death Metal – der hat spätestens zum dritten Song "Arc Of Doom" gezündet. Vielleicht haben sich die Ohren an den Sound gewöhnt, jedenfalls ist dieser Titel alles andere als lahm, und die folgenden Nummern breiten sich gar zum Flächenbrand aus. Die Gitarren sägen mächtig, das Tempo drückt und wenn nicht, dann tanzt der Groove mit dem Hörer wie Travolta mit Olivia Newton-John in "Grease", nur eben ohne Schmiere. Tight trotz oder gerade wegen nicht übertriebener Tempowechsel sind DEMORPHED – also alles andere als „verformt“, wie der Bandname zu suggerieren scheint. Nicht mehr in Form ist nach dem Hören, wenn alles gut geht, die Frisur des Hörers. Wenn es normal läuft, hat er auch ein paar blaue Flecken von dieser geilen Scheibe, die nun mal den ganzen Körper fordert. Besonders cool: Die DEMOPRHED-Stimme kommt ohne die totale Verzerrung megakrass und dennoch verständlich rüber. Feine Scheibe, die es für 8,50 Euro plus 1,50 Euro Versand beim bandeigenen Label unter bloodybastardrecords@gmail.com zu bestellen gilt!
CROBOT galten beim Branchenprimus Nuclear Blast als einer der Hoffnungsträger in Sachen Heavy Rock – und haben sicherlich starke Alben abgeliefert. Nur ganz konnten sie die Erwartungen nicht erfüllen – letztendlich fehlten der Mischung aus flotterem Retro-Doom der Marke BLACK-SABBATH und Stoner-mäßigen Grunge-Anleihen bei manchen Songs die Durchschlagskraft bezüglich der Hitdichte. Und auch daran leidet ein wenig Album Nummer vier. Denn an sich machen die Jungs aus Pennsylvania auf „Motherbrain“ alles richtig; aber neben bärenstarken Teilen wie der eingängige Hammer „Low Life“ oder „Gasoline“ gibt es halt auch Massenware wie „Alpha Dawg“ oder „Blackout“ die sich doch etwas ziehen. Anyway! CROBOT haben ihren modernen Hard Rock mit funkigen Parts ausgestattet, was der ganzen Chose hörbar guttut. So ist „Motherbrain“ eine gut durchzuhörendes Retro-Scheibe ohne Aussetzer, fetter Sound inklusive (das Riffmonster „Drown“ darf man gerne Mal zum an testen nehmen) – aber der letzte Tick um über „einfach gut“ hinauszukommen - also eine durchgehende Reihe von Ohrwurm-Tracks oder starke Grower fehlen leider. Aber CROBOT klingen nicht so, als hätten sie keinen Spaß an der Sache – und dann freuen wir uns doch schon mal auf Album Nummer fünf. Den das Potential für den entscheidenden Schritt ganz nach vorne haben sie. Ergo: Vor allem was für die Genre-Fans.
"Rote Augen, zielen, schielen, blaue Sonne, blauer Stern, toter Stern, tote Augen. ÜBERLEBEN!"! Dazu stumpfes Drumming, wütender Sprechgesang, monolithische Gitarren, massives Reproduzieren – Nerv raubend, raffinierte Primitivität! "Zentrum", und schon der Opener "Rote Augen" geht den Weg noch konsequenter als der Vorgänger "Endstrand". Und noch minimalistischer. Das sechste Album der deutschen Genre-Unabhängigen kann vielleicht als einziges die Lücke schließen, die die kongenialen TOTENMOND hinterlassen mit ihrem (vorläufigen?) Ende. Denn das Gefühl, das VALBORG verursachen, gleicht dem der antifaschistischen Satanisten aus Backnang – sie schüren die totale Begeisterung durch Weglassen und Wiederholen. Eintönig, massiv, extrem! "Alphakomet" beispielsweise ist krank angedoomt, aber VALBORG wildern ganzheitlich in sämtlichen Metal- und artverwandten Genres, immer wieder angetrieben vom oftmals militaristisch-monothematischem Schlagzeug. Das einmalig-stakkato-zentrierte "Anomalie", das groovige "Nahtod" oder das schwer-schwarze "Ultragrab" – schon allein die Titel vermitteln das Gefühl, dass die verstörende Musik VALBORG und der irre (Sprech-) Gesang sich um ein Vielfaches potenzieren. Diese Bonner Musiker gehen direkt an die Seele (wenn sie an den Nerven des Hörers vorbeikommen) mit ihren tatsächlich einzigartigen Klängen. Und befinden sich damit im Zentrum irritierender Kunst – schwarz, hoffnungslos, unfein, gemein, ordinär, vulgär – und richtig geil. Fragt nicht. „Kein warum“! PS: "Zentrum" kommt als Digisleeve-CD und LP (schwarz und weiß-limitiert). Außerdem veröffentlichen Lupus Lounge/Prophecy Productions die gesamte Album-Diskographie der Bonner bis "Romantik" als Digipak-CDs mit neuem Artworks in einem limitierten und nummerierten Box-Set namens "Urknall", inklusive früher Demos auf zwei zusätzlichen CDs und einem 64-Seiten-Booklet. Ein Geschenk der Götter – wie die Band im "Nonnenstern" bemerkt. Freilich in ganz anderem Zusammenhang.