Mit diesem Nachschlag schlossen AMORPHIS 1994 das Kapitel Kalevala ab. Ebenso wie für das dazugehörige Album "Tales From The Thousand Lakes" sind die Texte für "Black Winter Day" aus dem finnischen Nationalepos Kalevala entnommen. Die Aufmachung ist für eine MCD vom Anfang der Neunziger recht üppig, damit der finnophile Fan mitfiebern kann, sind die Texte abgedruckt. Das ist auch nötig, denn der Gesang ist noch Death-Metal mäßig roh, Gitarrist Tomi Koivusaari grunzt sich nach allen Regeln der alten Schule durch die Geschichte vom Helden aus dem Norden. Die Musik setzt sich schon aus allen möglichen Trademarks außer den unverkennbaren Gitarrenläufen zusammen: Folk ist der Platzhirsch, das Wah-Wah-Pedal wird kurz angetestet, in fetten Gitarrenwänden geht die Tür auf und hereinspaziert kommt eine kleine Tango-Melodie, die von der nächsten Saitenbreitwand aus dem Zimmer komplimentiert wird ("Moon And Sun"), der Staubsauger-Sound der Moog von Keyboarder Kasper Martenson legt Keyboard-Teppiche aus, anschließend flicht er filigrane Piano-Parts. Aber: Die Architektur dieser Jagdhütte im finsteren Lappland war immer noch Metal. "Dark Metal" nannte man das damals, heute würde man wahrscheinlich eine neue Schublade noch dichter neben dem ollen Death Metal suchen, damit er mit seinesgleichen nicht so allein ist. Wichtige Station einer Reise.
THE MISSION haben ein neues Album sozusagen. Nennen sich FUNHOUSE, ihr Album "Flames Of Love" und sind doch tatsächlich eine eigene Band. Ganz anders als der Namen impliziert und sie es früher auch in Maßen waren, ist "Flames Of Love" ein Album voll melancholischer Nachdenklichkeit geworden. Mit schleppenden Gitarren, einem nicht selten an die britischen Kollegen erinnernden Gesang und bittersüßen Melodien und mit kleinen Änderungen im Line Up. Um die im Mittelpunkt stehenden, thematisch düster zentrierten Vocals, werden Gothic Rock Strukturen aufgebaut, die nur dadurch leiden, dass jemand vor ihnen ähnliche Ideen hatte. Das Album an sich scheint aus einem Guss, die Umsetzung ist professionell und in hoher Qualität gelungen. Etwas aus dem Rahmen fällt lediglich der letzte Song "Oceans Of Tears", der mit seiner elektronischen und untergründigen Spannung und den trägen Aufbau auf eigentümliche Art begeistert. Die gute alte Schule beherrschen FUNHOUSE aus dem Effeff, wer auf Originalität wert legt, sollte aber nicht zugreifen.
Beim Zeus, hier ist der Name noch Programm: der "Morgen danach" ist oft schlecht, man wünscht sich "Free To Heal" (so heißt Song eins) . Allerdings sollte die Heilung lieber in Form eines gepflegten chemischen Grußes aus Leverkusen daher kommen als in Plaste und Elaste aus Griechenland. Von dieser Scheibe gibt’s nämlich erst recht Kopfweh. Ohne Rücksicht auf Verlust mischt der Gyros-Doppelburger Metal neu und alt, Gothic, schlecht und kommerziell und was weiß ich nicht alles. Weiter schlimm isses ja nicht, dass die griechische Bude nur von den Gebrüdern Illopoulos betrieben wird, aber auf einen Dritten Herren vom Grill hätten Tassos und Melios noch warten sollen, denn: was da als Gesang aus der Box kommt, das erinnert mehr an einen südeuropäischen Klagegesang als an ein gepflegtes Rock-Organ. Daran können auch die vereinzelten Grunzer nix ändern. Willenlos werden hier balladeske Teile mit ungezähmteren Rhythmen verknüpft, dass der Kunde denkt, hier gibt’s Suflaki mit Bregenwurst. Zu den Leier-Eierschneider-Vocals mit Mundvoll-Aussprache gesellt sich dann auch unmotiviertes Gedudel an der Sechssaitigen, viel zu prägnantes Keyboard-Gedudel und eine Produktion, die in besagter Grillbutze auch nicht schlechter hätte klingen können. So schmeckt nicht der Sommer, so schmeckt kein Gyros, ähbä, und anhören geht schon gar nicht. Wenn da die Götter mal nicht zürnen …
Deutsche Texte und Metal - da bin ich immer skeptisch, für meine Ohren paßt das viel zu oft einfach nicht oder die Texte sind schlicht scheiße (man denke nur an Zorn). AMETROPIE bewahren mich vor einer allzu genauen Stellungnahme, da man ihre lyrischen Ergüsse dank des mal keifenden, mal growlenden Sängers eh kaum versteht ("Die Hexe"). AMETROPIE haben ihren Sitz in Leverkusen, haben sich dem melodischen Black Metal mit Death Metal-Schlagseite verschrieben und bringen mit "Bei Sturm und Mondenschein" ihr erstes mir bekanntes Scheibchen raus. Wer jetzt bei fünf Songs auf eine MCD tippt, liegt mal voll daneben, denn die Platte geht satte 39 Minuten, da liegt jeder Song zwischen 7 und 10 Minuten (der letzte ist ein langweiliges Outro). Nicht schlecht und recht ambitioniert! AMETROPIE lassen durch sehr abwechslungsreiches Songwriting keine Langeweile aufkommen und packen einen Haufen Ideen und Einflüsse in die vier Songs. Da gibt’s blackige Thrash-Riffs, Blastparts, majestätische Passagen (vor allem durch das sehr häufig eingesetzte Keyboard), rohe Black Metal-Passagen und vor allem einen sehr eigenständigen Sangesburschen, der sich sowohl in typischen schwarzen Gefilden als auch im Death Metal zu Hause fühlt und durch seine variable Stimme den Songs viel Würze gibt. AMETROPIE erfinden den melodischen Black Metal sicher nicht neu, haben aber eine gute Scheibe eingespielt, die nur an der etwas dünnes Produktion krankt. Aber das ist beim Black Metal ja normal haha.
INHUME treiben schon seit längerem ihr Unwesen im Underground, haben aber nach ihrer 2000er "Decomposing From Inside" eine längere Pause eingelegt, jedenfalls was die Veröffentlichungen angeht. Nun sind sie aber wieder zurück. "In For The Kill" heißt das neue gute Stück und nach einigen Durchläufen kann ich nur sagen: das Warten hat sich gelohnt! INHUME prügeln sich umbarmherzig durch die sechzehn Songs und nehmen nur ganz ganz selten mal den Fuß vom Gas, um dem Opfer äh Hörer eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Vom unverständlichen Gurgler am Mikro (da ist die Frage berechtigt, die sich jeder Fan extremen Metals irgendwann anhören muss: "Verstehst du eigentlich, was der da singt"?) über die an early Carcass erinnernde Gitarrenarbeit bis zum Drumtier bieten INHUME eigentlich nur gewohnte Grind-Kost, aber sie schaffen es, jeden Song ein klein wenig anders als den Vorgänger zu machen und dadurch eine gewisse Abwechslung auf "In For The Kill" zu bringen - in den engen Grenzen des Genres natürlich. Das macht den Silberling für Freunde erbarmungslosen Geprügels interessant, aber auch nur für die. Ist ne extreme, kompromisslose Scheibe, die einfach Laune macht. Aber nicht beim Autofahren hören hehe