Deutschlands "größte Gothic-Metal-Band" hatte sich aus Bocklosigkeit aufgelöst, mit einem Knall wiedervereinigt, wollte mit einem Knall das Reunion-Album veröffentlichen - und jetzt liegt die Vorab-Maxi schon seit vier Wochen in den Läden, das Album ist verschoben - und ich habe es fast verpasst. Genauso unspektakulär verzichte ich jetzt auf den Sermon, den ich seit der Ankündigung der Reunion vorbereitet habe. Ist das fair gegenüber den wahrscheinlich zahlreichen Leutchen unter 20, die unter Umständen die "glorreichen Zeiten" der Pfälzer Mitte der Neunziger verpasst haben? Ist es. Lieben oder Hassen, entscheidet euch selbst - "egal" werden CREMATORY wahrscheinlich auch in Zukunft nicht sein: "Greed" ist selbst für CREMATORY-Verhältnisse sehr eingängig, vielleicht sogar zu sehr: Shouter Felix beeindruckt und brüllt-grunzt tief herum wie lange nicht mehr. Gitarrist Matthias Hechler überrascht - der kann nämlich tatsächlich singen und schmettert hoch und klar den Chorus. Sind CREMATORY in ihrer besten Form seit 1997? Kann sein. Allerdings haben sie es immer noch raus, sich mit kleinen Dinge große Feinde zu machen: Das Keyboard spielt "Bontempi im Sturm" und unterscheidet sich nicht wesentlich von meinem Staubsauger, dafür hätten Billig-Keyboard-Firmen sogar in den Achtzigern Schläge bekommen. Alternativ kann man mit dem Ding sicher auch töfte Ratten oder andere geräuschempfindliche Schadnager aus gülligen Proberäumen vertreiben. Großes Wechselbad der Gefühle, von hochgeklappten Fußnägeln zurück zu schönen Stimmen, "Farewell Letter" ist eine perfekte, fast akustische Ballade mit wirklich sparsam eingesetzten Mitteln. Die Achterbahn ist noch nicht zu Ende, als Gimmick wurde DER Metallica-Song gecovert, "One". Felix, Harald und Matthias meistern dieses Herzensanliegen bravourös - bis gegen Ende das Keyboard mit einem weiteren seltsamen Sound erneut aufdreht. Die Maxi ist auf 10.000 Exemplare limitiert, vom Titeltrack gibt es ein putziges Video. Eine der letzten Fragen bleibt: Wie hat Markus Jülich die Double-Bass-Parts gegen Ende von "One" hingekriegt?
"Bis zum Anschlag... uaaaah" Hölle was ist das fett, richtig fett. Und dabei meine ich nicht die Leibesfülle der Darsteller, auch wenn diese oft an CROWBAR denken lassen. Nein, ich meine den Sound, ich meine die Power mit der Schose aus den Boxen wummert, ich meine den Groove der in der Sache steckt. Wie schon beim Vorgänger bringt Hardcore den Rhythmus, Death Metal die Aggressivität und nimmt Doom das Tempo raus. Die Abwechslung selber tritt dabei zurück, der Sound an sich ist aber unterhaltsam genug um dies zu kompensieren. Gesang nahe den Vorbildern, kommt grade bei dem reinen Doomtrack "Godless" die Stärke der Band heraus, denn der Sänger kann auch anders wenn er nur will. Modern wird es nur ganz selten, ansatzweise zu vernehmen bei "Truth Is On My Side". Doomcore braucht fast einen dicken Bauch um den fetten Rhythmus ins Blut zu kriegen, nicht umsonst, sind CROWBAR wie sie sind. Dass eine deutsche Band eben diesen Rhythmus im Blut hat, freut umso mehr, "Revenge For The Innocent" ist großes Kino!
Ein kalkulierter oder besser, ein inszenierter Abschied einer Band kann auch schön sein. Nach fünf Jahren Bandgeschichte und dem theatralisch anmutenden Albumtitel ihres Zweitlings "Lebe Wohl" endet die Geschichte von HALB SO WILD. Und was die Theatralik angeht, so ist dies ein Feld, das auch musikalisch aufgegriffen wird. Bereits nach wenigen Takten und einsetzendem Gesang wird die Nähe zu einem musicalartigen Flair deutlich. Sehr deutlich im Vordergrund befindlicher cleaner Gesang, sowohl männlich wie weiblich, beschäftigt sich mit dem Thema Liebe in klar verständlichen, deutschen Texten. Abwechslungsreiche Gitarren, die manchmal fast progressive Züge annehmen, pendeln sich zwischen Rock und softem Metal ein. Ein Keyboard sorgt sowohl für teils melancholische Stimmungen und trägt auf der anderen Seite neben den Gitarren die Melodie. Textliche hätte man in meinen Augen noch tiefer gehen können, die Duette der beiden Protagonisten könnten noch um Nuancen besser aufeinander abgestimmt sein. Haarspalterei? Mag sein, aber bei dieser sonst auf Perfektion getrimmten Musik, solch enormer Kreativität und solch vielfältigen Songs, fällt selbst ein Detail ins Auge, dass sonst kaum Beachtung finden würde. Die Musik ist eigenwillig, ambitioniert umgesetzt und alles andere als alltäglich. Und alles andere als halb so wild ist die Tatsache, dass es die Band bald nicht mehr gibt. Lebe wohl!
Aus Dänemark stammt diese Formation, die sich aus ehemaligen ROYAL HUNT, - WUTHERING HEIGHTS, - ZOOL, - MANTICORA , - und SINPHONIA - Musikern zusammensetzt. Angereichert wird dieser Mix durch Gastmusiker von unter Anderem MALMSTEEN und TIME REQUIEM. Den Stil, den dieser Haufen spielt, kann man sich daher wohl leicht ableiten: Gniedel - Fiedel - Träller - Pomp - Quietsch. Einige der Songs wie das heitere "Oh Harlequin", der speedige Titelsong oder die Hymnen "Children Of The Light" und "Lucy The Evil" sind alles andere als schlechte Kost, ragen jedoch auch nicht aus der Veröffentlichungsflut heraus und nerven doch sehr mit ihren viel zu schrillen Gitarren und Keyboards. Was primär ein Herr MALMSTEEN einst für sich entdeckte und auch perfektionierte, wird von zigtausenden (meist italienischen…) Bands kopiert, geschändet und einfach nur der Lächerlichkeit preisgegeben. Kein Wunder, warum so viele "echte" Banger diesen Sound heutzutage verabscheuen. "Welcome To The Show" ist im Ganzen guter Durchschnitt und sollte Sympathisanten des kitschigen Metalls gefallen, aber ist das ein Argument, wenn man für das gleiche Geld etwa eine neue EDGUY bekommt? Ich wage die starke Bezweifelung dessen…
ASTROQUEEN haben mit dieser Scheibe einen echt bleibenden Eindruck in der Stonerrock-Szene hinterlassen und klargemacht, dass erdiger Rock nicht zwangsläufig aus Wüstenstaaten der USA kommen muss. Oder dass Schweden nur Geballer machen. "Into Submission" rockt und groovt wie Sau, wer bei Granaten Marke "Landslide" oder "Sonic Ride" nicht wenigstens einen Muskel rührt ist taub. Oder tot. Fragt sich, was schlimmer ist, aber wer ASTROQUEEN so verkennt hat’s nicht anders verdient. Musikalisch Fu Manchu näher als Kyuss, können die Wasas mit einem unglaublich erdigen baßlastigen Sound Akzente setzen und eine fette Wand aufbauen. "The Action Is Go" sag’ ich nur. Angenehmerweise verlieren sich ASTROQUEEN nicht in ausufernden Jamarien oder bauen SloMoKiffer-Parts ein, hier regiert noch der Rock und es geht immer schön straight nach vorne. Da gibt’s wunderschöne Hooks, ganz viel Melodie, Mitsingparts - einfach gelungene Rocksongs, die sich schnell festsetzen und die man beim Kiffen, Autofahren, Bude putzen (ha!), Parties und wobei auch immer laufen lassen kann. Schon ertappt man sich beim dezenten Mitwippen, leichtes Moshen setzt ein und irgendwann springt man wild durch die Räume und gibt sich Songs wie "Soulburner" hin. Musik, die die Seele bewegt, genügend Härte aufweist, damit auch Prügelfreaks wie ich sie ohne rot zu werden anhören können haha und mit einem Gespür für Eingängigkeit, Groove und Melodie glänzt, das schon beängstigend ist. Hammerscheibe, in meinen persönlichen Top20 gleichberechtigt neben "Blues For The Red Sun", "Welcome To Sky Valley", "The Action Is Go" und ähnlichen Kalibern. Hammerhammerhammer!