Sauber, Jungs! Endlich kommt die "Zombie Society" auch physisch heraus, für Sammler musikalisch belasteter Plaste- und Vinylprodukte. Die erste CD der Neuruppiner Death Metal-Kombo ist jetzt sicher nicht das, was der geneigte Fan als unkonventionell oder gar mördermäßig innovativ bezeichnen würde, aber eben auch gar nicht braucht. Der Opener, das gleichzeitige Titelstück, klingt dann auch klar nach einer extremen Variante von AMON AMARTH, ein Zustand (also extrem!), der den schwedischen Chartbreakern öfter gut zu Gesicht stünde. Und auch, wenn manche Parts in "Bloodred Forest" oder "Metropolis" etwas hakelig klingen, so bemühen sich BLOODY INVASION um eine größere Bandbreite, streuen ruhige Akustikparts ein oder verschiedene Samples. Dazu grunzt Sänger Max tief und quiekt hysterisch, so dass allein deswegen Vergleiche zu SIX FEET UNDER in den Sinn kommen. Doch im Gegensatz zu diesen Altvorderen sind BLOODY INVASION lange nicht so stumpf. Letztlich arbeiten die Nordostdeutschen fleißig alle Trademarks des Genres ordentlich ab, haben einen anständigen Sound und zeigen dabei viel Herz. Und dennoch wirkt der BLOOD INVASION-Erstling merkwürdig hausbacken: Die Band könnte noch ein bisschen mehr aus sich heraus gehen, noch ein bisschen mehr auf die Kacke hauen, ein bisschen mehr ausflippen. Sicherlich bekommt "Zombie Society" keinen Beamtenstatus, aber nächstes Mal sollten sich BLOODY INVASION noch mehr trauen. Dennoch: Eine durchaus gute Premiere.
Gut gemeinter Melodic Death kommt aus Bremerhaven rübergeschwappt. "Memorial" ist die zweite CD von SYMPTOMS OF DECAY, die bereits seit 2006 musizieren und 2009 mit „The Condemned Machinery“ debütierten. Als Einflüsse bezeichnen die Norddeutschen „europäische Todesmetall-Kapellen wie AMON AMARTH, IN FLAMES oder HEAVEN SHALL BURN“ und zählen sich zur Speerspitze der lokalen Metalszene, auch, wenn sie (noch) kein Label gefunden haben. Nun: Klar stehen hier Melodic-Death-Bands-Pate, aber "die Symptome" sind noch ein Stückweit entfernt von den Vorbildern. Das liegt zum einen sicherlich am flachen Sound, der den Songs viel von ihrer Wucht nimmt. Dann steht der Gesang viel zu weit im Vordergrund, was sich vor allem dann negativ auswirkt, wenn der klare Gesang ein bisschen kraftlos daher leiert. Und die nicht wirklich tiefen Grunzer klingen auch merkwürdig schmalbrüstig. Das Titelstück leidet jedenfalls ziemlich unter den Vocals. Was ja alles nicht wirklich schlimm wäre, wenn die Songs zündeten wie ein knallrotes Seenot-Signal. Aber: Wenngleich die Jungs ihre Hausaufgaben gut gemacht oder auch mal gekonnt bei den Vorzeige-Trinkhorn-Haltern und Co. abgeschrieben haben, so finden sich eben auch einige leblos umher wabernde Melodien in den Songs. Absolute Schweden-Death-Nerds können gern Punkte addieren oder die Steine rausholen (um das Album zu kaufen oder den Rezensenten zu bestrafen).
Nachdem DESTRUCTION und SODOM bereits Ende letzten Jahres mit neuem Material ihre Fans erfreuten, kommt nun RAGE, ein weiteres deutsches Urgestein in Sachen Metal, mit einer neuen Scheibe namens “Wings Of Rage“ um die Ecke.
Es ist ihr mittlerweile 24. Werk und knüpft mehr oder weniger an die beiden Vorgänger “The Devil Strikes Again“ und “Seasons of the Black“ die im jährlichen Abstand erschienen. Dieses Mal haben sich Peavy (Gesang und Bass) und seine beiden Mitstreiter 2 ½ Jahre Zeit gelassen und meiner Meinung nach, hat das dem Album gut getan. Ebenso wie die Auftritte im letzten Jahr, auf denen man das Album “XIII“ zelebrierte.
Seit Victor Smolski (Gitarre) nicht mehr dabei ist, geht der Trend mit Marcos Rodriguez (Gitarre) und Vassilios „Lucky“ Maniatopoulos (Schlagzeug) wieder deutlich in Richtung “Black In Mind“, dem Masterpiece von RAGE aus dem Jahr 1995. Die Songs haben insgesamt wieder mehr Wucht ohne einseitig zu wirken.
Der Hörer findet sich mit “True“ sofort im düsteren Twilight von RAGE angekommen. “Let Them Rest In Peace“ führt über den Friedhof voller Kanonenfutter hin zu “Tomorrow“, einer Nummer, die mit RAGE-typischen Melodien im Speedgewand wieder Licht ins Dunkel bringt.
Mit dem Power-Metal-Titeltrack zollt man u.a. der Fridays For Future – Bewegung Respekt. Über eine kurze Instrumentalnummer geraten wir mit “A Nameless Grave“ in ruhigeres Gewässer. Hoppla...da ertönen doch wieder klassische Instrumente, LMO lässt grüßen. An dieser Stelle sei das Gitarrenspiel von Mr. Rodriguez erwähnt, das bestens mit den Streichinstrumenten harmoniert. Bei “Dont Let Me Down“ wird das Tempo erneut angezogen, die klassischen Elemente aber bleiben und leiten über das Ende hinaus in das eigentliche Highlight der Scheibe: “Shine A Light“. So eine epische Nummer hätte ich den Jungs echt nicht zugetraut. Tolles Stück von fast sieben Minuten, das sich trotz seiner getragenen Stimmung wunderbar in das restliche Material einfügt. Wenn die CD nun zu Ende wäre, würde sich wahrscheinlich keiner beschweren. Wir hatten bisher einen düsteren Einstieg mit Power, jede Menge melodischen Speed und werden mit dem klassischen Block aus dem Album entlassen, aber einen ham se noch....oder zwei..oder 3!
“HTTS 2.0“ ist ein altes Stück aus dem 96er “End Of All Days“, das neu eingespielt wurde. “Higher Than The Sky“ war der ursprüngliche Titel und bildet nun die Thrashgranate auf der Platte. “Blame It On The Truth“ haut so etwa in die gleich Oldschoolkerbe, bevor uns das Double Bass dominierte “For Those Who Wish To Die“ über finstere Wege in die eisige Nacht schickt.
Insgesamt liegt hier ein brachiales Stück Metal vor uns, das in dieser Vielfältigkeit und musikalischen Klasse nicht zu erwarten war. Das Songwriting ist ausgefeilt und facettenreich, die Gitarre von Marcos fungiert als Contrapart zum guten doomigen Sound vorzüglich und die Melodiebögen haben einen hohen Wiedererkennungswert.
Es hört sich so an, als ob hier eine Band zusammen gewachsen ist, die halt eben 5 Jahre und drei Alben gebraucht hat. Ob man das Ergebnis nun unbedingt mit “Black In Mind“ vergleichen muss, weiß ich nicht, aber gemessen am bisherigen Schaffen der aktuellen RAGE-Formation ist es für mich definitiv das Stärkste.
Das Titelstück, passenderweise auch gleich der Opener, demonstriert in gut acht Minuten, was diese Band ausmacht. Der schnelle thrashige Start lässt auf eine typische deutsche Thrash-Kapelle der achten Welle schließen, doch die biohazardigen Vocals lenken den Song in Richtung Hardcore. Zudem zeichnet "Supremacy Of Destruction" auch im weiteren Verlauf (also Song und CD) ein schmissiger Groove aus. Die jungen Baden-Württemberger (19–22 Jahre) schlagen so gekonnt den Bogen zwischen Tradition und Moderne, veröffentlichen also nicht das x-te totale Thrash-Album, sondern garnieren die Thrash-Ursuppe mit würzigen Zutaten. Und sie wirken sogar dann nicht lächerlich, wenn sie auf MOTÖRHEAD-Rock´n´Roll machen wie in "Thunder", wo der Hörer denken könnte, sie hätten Lemmy zum Singen aus der Gruft geholt. Dazu hat sich die Band einen tollen, dichten, passenden Sound verpasst, so dass das Publikum denken könnte, hier ist eine gestandene Band seit hundert Jahren am Start. Doch die jungen Burschen aus Schmiers Nachbarschaft lärmen dort "erst" seit fünf Jahren herum. Wem reiner Thrash zu abgeschmackt ist, METALLICA zu mainstreamig und wem der ganze Metal- und Hardcore-Einheitsbrei nicht mehr mundet beziehungsweise zu sehr nach Plastik schmeckt, der sollte sich die frischen SUICIDIUS anhören. Sie verbinden das beste dieser Stilrichtungen zu einer frischen CD und schaffen so sehr unterhaltsame, gute 50 Minuten.
Im Studio machen NIGHTWISH sich in letzter Zeit rar: „Endless Forms Most Beautiful“, das letzte Studioalbum, stammt aus dem Jahr 2015, der Vorgänger „Imaginaerum“ erschien 2011. Umso fleißiger sind die Finnen dafür in Punkto Live-Output, denn mit „Decades: Live In Buenos Aires“ steht nun die seit 2013 dritte Live-Aufnahme in den Läden. Anlässlich der Jubiläums-Tour im Rahmen der Veröffentlichung von „Decades“, das als Best Of-Compilation die Highlights aus 20 Jahren Bandgeschichte zusammenfasste, wurde beschlossen, die umfassende Werkschau auch all jenen Fans zugänglich zu machen, die nicht bei einem der Konzerte dabei sein konnten. Herausgekommen ist ein über zweistündiges Werk, bei dem NIGHTWISH ihre gesamte Karriere Revue passieren lassen und eine breitgefächerte Setlist ins Feld führen, für die eigens auch Material wieder ins Programm aufgenommen wurde, das seit einiger Zeit im Dornröschenschlaf vor sich hinschlummerte. Bedingt durch den Sängerinnenwechsel klingt dabei zwangsläufig der eine oder andere Song etwas anders, aber Floor Jansen meistert die Herausforderung, es mit dem Erbe ihrer beiden Vorgängerinnen aufzunehmen und gibt dem Ganzen gesanglich eine etwas rockigere, rauere Note. Buenos Aires bietet ein mehr als enthusiastisches Publikum, das die Band mit Feuereifer durchs Set trägt, das einen Bogen von „The Carpenter“ und „Elvenpath“ über „Nemo“ , „Ghost Love Score“ und „Amaranth“ bis bin zu „Élan“ schlägt. Kurz: NIGHTWISH demonstrieren überaus anschaulich, warum sie nach wie vor unangefochten auf dem Symphonic Metal-Thron sitzen. Wer die Tour also verpasst hat, in Erinnerungen schwelgen will oder es auch einfach nur nicht abwarten kann bis die nächste ansteht, der kann sich mit „Decades: Live In Buenos Aires“ beste Konzertstimmung ins heimische Wohnzimmer holen.
Auch auf seinem zweiten Album huldigt das Quartett VUG aus Berlin seinen musikalischen Helden der Vergangenheit. Sprich: Wie schon auf dem Debüt gibt es auch auf „Onyx“ authentischen Retro-Rock zu hören, der mit dem einen Bein im Proto-Metal und mit dem anderen im Blues-Rock steht. Dabei gehen VUG eher trocken und cool rockend zu Werke, mal auch schleppend und doomig, gleichzeitig aber auch sehr melodisch. Besonders hervorzuheben ist dabei das Zusammenspiel der beiden Gitarren von Max Raine und Felix Scholl, die sich, schön auf die beiden Kanäle links und rechts aufgeteilt, perfekt ergänzen und mal auch duellieren. Scholl überzeugt zudem mit seiner bluesgetränkten Stimme, mit der er die gesamte Bandbreite von ruhigen Tönen bis zum intensiven Gefühlsausbruch beherrscht und bei der man stellenweise gar an Jimi Hendrix denken muss.
Innerhalb ihres Sounds bieten VUG auf „Onyx“ außerdem eine erstaunliche Vielfalt. Der tighte Rocker „Easy“ etwa erinnert an die späten HELLACOPTERS, wohingegen „Tired Of“, der wohl spannendste Song des Albums, mit einem tollen Aufbau, herausragender Gitarrenarbeit und einem ruhigen Mittelteil mit zweistimmiger Gitarren-Hook und Orgel im Hintergrund punktet, während das knapp 9-minütige „Palace Of Sin“ über weite Strecken doomig und beinahe episch daherkommt. Lediglich die kraft- und inspirationslose Ballade „On My Way“ muss man als verzichtbar bezeichnen. Ganz anders dagegen das noch ruhigere und größtenteils akustische „Todbringer“, das erst mit Western-Atmosphäre, dann mit leisem Folk einen stimmungsvollen Album-Abschluss darstellt.
So liefern VUG mit „Onyx“ einen mehr als gelungenen Zweitling ab, der ihr Debüt besonders an Vielseitigkeit noch übertrifft.
Nach vorherigen unabhängigen Veröffentlichungen und ausgeprägter Touraktivität, mit der die Band sich bereits einen gewissen Namen machen konnte, haben EDGE OF PARADISE nun einen Vertrag bei Frontiers Music ergattert. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit steht nun in den Läden und hört auf den Namen „Universe“. Der Opener „Fire“ tritt direkt ordentlich aufs Gaspedal. „Alone“ kommt relativ symphonisch daher, „Hollow“ dagegen deutlich industrial-lastiger. Mit „World“ zeigt die Band sich zu Pianoklängen von ihrer ruhigeren, aber dennoch düsteren Seite, bevor man mit „Perfect Disaster“ das Tempo wieder anzieht. Insgesamt kreuzen die US-Amerikaner um Sängerin Margarita Monet Symphonic Metal mit Industrial- und Elektroelementen in unterschiedlichen Härtegraden, was eine durchaus interessante Mischung ergibt, bei der es in der praktischen Umsetzung aber leider an der einen oder anderen Stelle hapert: die Arrangements sind durchaus druckvoll und gehen nach vorne, die Melodien schaffen es aber auch nach mehrmaligem Anhören nicht wirklich, in Erinnerung zu bleiben. Gewöhnungsbedürftig ist auch der Gesang: Margarita Monet wechselt zwischen laszivem Gesäusel (z.B. Parts bei „Fire“ und „Alone“) und rockigeren Klängen, aber irgendwie fehlt es tendenziell an Volumen und das Ganze klingt recht dünn, was vielleicht auch mit der beständigen elektronischen Verfremdung ihrer Stimme zusammenhängt, die deren tatsächliche Klangfarbe derart überschattet, dass sie kaum noch zu erkennen ist. Das mag kurzzeitig als gezielt eingesetztes Stilmittel ganz reizvoll sein, auf Dauer aber zerrt es eher an den Nerven, gerade im höheren Stimmlagenbereich. Fazit: interessante Idee, aber da ist noch reichlich Luft nach oben.