ESCALATIONUNIT CHAOS ENGINE - das liegt im Wettbewerb um den längsten Bandnamen mal ganz weit vorn. Die Band scheint ein treues Following zu haben, die sich - wie auf der Homepage zu sehen - sogar Brandings mit dem Logo der Truppe verpassen lässt. Sick! Auf jeden Fall eine originelle Art, seiner Band die Treue zu beweisen. Weniger originell ist da die Mucke, um die es sich eigentlich dreht. CHAOS ENGINE klingen zu Beginn der Scheibe wie eine Sepultura zu "Chaos A.D."-Truppe, also gar nicht mal schlecht. Da wird ordentlich Dampf gemacht und ein schönes Thrash-Riff nach dem anderen rausgejagt, während der Sänger wie Max C. in seinen besten Tagen röhrt. Im weiteren Verlauf der Scheibe wird schnell deutlich, dass CHAOS ENGINE sich nicht um irgendwas scheren, sondern einfach nur brutalen Metal zocken. Da werden erwähnte Sepultura genommen, durch den Wolf gedreht und mit Slipknot, Soulfly, Machine Head, Pantera und Biohazard (der Gesang) vermischt. Raus kommt eine groovende Metalcore-Schose, die ziemlich gut knallt und mit einigen netten Parts aufwarten kann, Wut und Aggression brechen ziemlich oft Bahn ("The Worlds Last Days"). Insgesamt krankt die Scheibe aber am geringen Wiedererkennungswert der einzelnen Songs. Das ist so ähnlich wie bei Driller Killer. Ein, zwei Songs kann man sich gut geben, aber auf Dauer klingt alles zu gleich. So bleibt "The Worlds Last Days” eine nette Aggro-Scheibe, auf der CHAOS ENGINE schon ganz gute Ideen haben. Wenn sie die noch in eingängige Songs umsetzen, wird’s richtig klasse.
Metal aus der Ukraine hat hierzulande sicherlich immer noch Exotenstatus. Während man sich (besonders im Grind und Death Metal) an Bands aus Tschechien, der Slowakei und Polen gewöhnt hat, ist FLESHGORE die erste ukrainische Band, die mir untergekommen ist. Der Vierer trümmert auf seinem zweiten Album "Killing Absorption" in bester Amitradition und weiß mit abgefahrenen Gitarrenspielereien und einem derben Grunzer zu punkten. Dabei kommen einem ganz schnell Bands wie Deeds Of Flesh, Disgorge oder Morbid Angel ("Severe Pain") in den Sinn. Ähnlich wie die Ami-Einflüsse setzen FLESHGORE neben gnadenlosen Blastattacken auf viel schweren Mid Tempo-Death und eine anständige Portion Groove ("Domain Of Death"). FLESHGORE erfinden den extremen Death Metal sicher nicht neu, sind aber eine anständige Bereicherung für die heimische Plattensammlung.
LIZETTE &. Nein, das ist kein Schreibfehler, das seltsame Zeichen gehört zum Namen dazu. "This Is" ist das Debut der Band um die schwedische Sängerin Lizette. Lizette und die anderen Ebenen. In der um sie zentrierten Welt sind ihre Vocals, ihre ausdrucksstarke und wandelbare Stimme das Kapital dieser Band. Die teils rockigen, meist leicht poppigen und oftmals elektronisch aufgepeppten Song tendieren nicht selten in eine entspannte Trip Hop Richtung. Doch grade der Opener ist eine recht seichte und nur auf den ersten Blick spannende Rocknummer geworden, die sich mit viel Nanana im Chorus und einem ausgefadeten Ende recht dünn präsentiert. Und dabei können sie Songs schreiben, was sie bei den folgenden Tracks teilweise recht eindrucksvoll unter Beweis stellen. Oftmals wechselt innerhalb eines Songs das Thema von balladesken Anfängen hin zu erstaunlich rockigen Parts, manchmal verpassen sie hierbei aber auch die Stimmungen zu einem Höhepunkt zu führen. Mit einer derart fähigen Sängerin und von Ausnahmen abgesehen guten Songs sollte es ein leichtes sein, sich im bei softeren Electronika Rockern ein Ohr zu verschaffen. Wenn, ja wenn man die schwächeren Tracks verbannt und sich auf die anspruchsvolleren Ansätze besinnt.
Nach fast fünf Jahren Unterbrechung legen die Amis von TILES mit "Window Dressing" ein neues und damit ihr viertes Album vor. Das mit Produzent Terry Brown ein bekennender Rush-Fanatiker an den Regler saß hört man dem Album und auch den Songs auf "Window Dressing" an (jener produzierte neben Fates Warning und IQ auch die unvergleichlichen Rush-Alben Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre). Und das TILES Anno 99 im Vorprogramm von Dream Theater durch die Lande tourten ist auch nicht spurlos am Songwriting vorbeigegangen. Mit diesen beiden Götterbands können sich TILES (noch) nicht messen - dürfen sich aber getrost auch mit Album Nummer vier nicht all zu weit dahinter einreihen. Besonders das eröffnende 17-minütige "Window Dressing" hat es mir angetan. Tempowechsel, Breaks, verträumte Melodie, harte Passagen und Akustikparts prägen den äußerst abwechslungsreichen, nahezu epischen Titeltrack. Allerdings braucht der komplexe Song etwas Geduld - aber er wächst mit jedem Durchlauf - garantiert. TILES toben sich aber im Gegensatz zu manchen Genrekollegen nicht ausschließlich in ellenlangen Songs aus (auch der sog. Frickelfaktor ist eher selten vorhanden und das Keyboard bleibt, wenn überhaupt vorhanden, meist dezent im Hintergrund) sondern wissen auch kurz und prägnant zu rocken ohne den progressiven Anspruch zu verlieren, wie bei dem zweiten Stück "Remember To Forget" oder dem heftigen "Paintings". Die violinenunterstützte Ballade "Tear-Water Tea" weis unaufdringlich zu gefallen, der Refrainteil zum großartigen "All She Knows" ist fast schon zu eingängig und mit "Capture The Flag" haben die Mannen um Gitarrist Chris Hain dann auch noch eine richtige Prog-Rock-Perle am Start. Harte Riffs und wunderbare Melodien gehen hier eine vollendete, fast 9-minütige Symbiose ein. Ach ja, das fast jazzmäßig anmutende, kurze Instrumentalstück "Stop Gap" ist zwar recht untypisch, zeigt aber einiges vom Können der Band aus Detroit auf. Wer also zwischen Bands wie Rush und Dream Theater pendelt - und es dazu hin und wieder ein wenig melancholisch mag, der liegt bei TILES richtig. Und als Extra gibt es das neue TILES-Werk auch noch als Special Edition mit einer Bonus-Disc welche neben einem Intro noch 7 vollwertige Live-Tracks der 1999er Europa-Tour enthält. Das Ganze ist als True Bootleg Fashion ausgelegt, was meint die Qualität ist nicht gerade berauschend - vermittelt aber gerade deswegen eine echte Liveatmosphäre. Enthalten sind: "Patterns", "Token Pedge", "Static", "Modification", "Ballard Of The Sacred Cows”, "Facing Faiulure” und "Another’s Hand”.
Zusammen mit dem Werk "Windows Dressing" bringt InsideOut Anno 2004 die vorherigen Alben der US-Prog-Rocker TILES als Special Edition auf den Markt - und das macht insoweit Sinn, als das der direkte Vorgänger von "Windows Dressing" bereits vor fünf Jahren veröffentlicht wurde. "Presents Of Mind” ist also Scheibe Nummer drei in der TILES-Historie und das bis dahin ambitionierteste Werk der Amis. Etwas sperriger als die ersten beiden Alben braucht "Presents Of Mind” etwas Zeit (was der geneigte Fan ja sowieso mitbringt). TILES Kompositionen und Songaufbau lehnen sich hier ebenso an Dream Theater wie an Rush an - sind aber meist mehr harte Rockmusik als reiner Prog. Die allgegenwärtige Rush-Einflüsse kommen wohl zum Teil auch durch Producer Terry Brown. Schon der Opener "Static" erinnert an die kanadischen Rockgötter - und bleibt ähnlich wie bei Rush irgendwie sofort haften. Mit "Modification" lassen die Jungs aus Detroit dann die etwas härtere Gangart durchscheinen und Sänger Paul Rarick macht recht schnell deutlich, dass er sich vor den Sangeskollegen anderer Proggrößen nicht zu verstecken braucht. Auch die Mitstreiter Pat Delon (drums), Jeff Whittle (eindrucksvolles Bassspiel) und natürlich der Chef, Gitarrist, Keyboarder und Songwriter Chris Herin verhelfen der Scheibe zu einem durchweg hohem Niveau. Ein Markstein der TILES-Kunst dürfte der Track "Ballad Of The Sacret Cow" sein. Ein echt aberwitziges Instrumentalteil das einer Achterbahnfahrt gleicht und fast zwangsläufig zu einem drücken der Repeat-Taste führt - Klasse. Bei "Taking Control" werden die Gitarren dann härter, aufgelockert durch dezentes Banjo geht der eingängige Song recht schnell ins Ohr. Ein weiterer Höhepunkt des Longplayers ist der über 11-minütige atmosphärische Schlusssong "Reasonable Doubt" welcher seine äußerst abwechslungsreiche eher rockige statt frickelnde Komposition mit einer Violineneinlage krönt. Ob das digitale Remastern bei einer Scheibe die im Original 1999 erschien groß was bringt kann ich nicht beurteilen, gehe aber davon aus, dass auch schon damals der Sound ordentlich war. Die Special Edition hat auf jeden Fall ein echt fettes Soundgerüst zu bieten, eine vernünftige Aufmachung mit einem erweiterten Booklet (u.a. einige Bemerkungen von Sänger Chris Herin zu dem Album und den darauf enthaltenen Songs) sowie zwei Bonustracks welche bisher nur auf der ursprünglichen japanischen Version des Albums zu finden waren. Das bereits 1990 komponierte kurze Instrumentalstück "In The Corner" und das 99 neu eingespielte melodisch relaxte Debüt-Überbleibsel "Ambition". Dazu kommt noch ein 12-minütiger Multimediapart welcher einen Soundcheck in Lyon und die zwei anschließenden Live-Tracks "Patterns" und "Modification" enthält, sowie einen Soundcheck vom ersten Gig der 99er Tour (in München) im Vorprogramm von Dream Theater - allerdings alles in einer dezenten Video-Bootleg Qualität. Also alles in allem - TILES sind eine runde Sache für Freunde progressiver Rockmusik.
Ein amerikanisches Gewitter kommt aus dem Land der tausend Seen zu uns herübergezogen. Weder Gothic-mäßig schmachtend, noch grimmig "Satan"-keifend oder weichgespülter Keyboard-Metal, nix da! Hier gibt’s die volle Ladung brutalen Death Metals, der unbedarfte Hörer, auf einen neuen massenkompatiblen Klon hoffend, einfach umblasen wird. PYURIA entfachen auf ihrer neuen MCD ein dermaßen heftiges Inferno, dass sich die Todesblei-Konkurrenz in acht nehmen muss. Nach einem beinahe kompletten Austausch des Line-Ups prügeln sich die vier verrückten Vinnen (so wird’s eine Alliteration hehe) unbarmherzig durch die fünf Songs plus Intro. Fett produziert und mit einer Menge Groove gesegnet, erinnern sie dabei nicht in an eintönig ballernde US-Konkurrenz, sondern an Danish Dynamite… Illdisposed aka Panzerchrist schlagen in die gleiche Kerbe und vermischen Rock’n’Roll mit saubrutalem Death Metal. Hört euch nur "Murder Metaframe" an und ihr wisst, was ich meine. Bei diesem Groove das Bein stillzuhalten ist unmöglich! Highlight des Albums ist sicher "Douleur Mortelle", das mit einem dermaßen Dampf aus den Boxen kommt, das einem Angst und Bange werden kann. Sänger Oskari macht dazu noch alles richtig und klingt perfekt wie ein wütender Pitbull, der zu oft Cannibal Corpse gehört hat, während Guitar-Hero Tapani mit ihm zusammen einen dichten Riffteppich webt und die Rhythmusabteilung echt ein Brett auffährt. Bleibt nur zu sagen, dass PYURIA mit "Sublime Metrics Reallocation" eine richtig geile Death Metal-Scheibe eingetrümmert haben. Von dieser Band hören wir ganz sicher noch mehr!