Metal und Hardcore sind immer noch eine männderdominierte Veranstaltung - zumindest die Besetzung der Bands ist meistens weit vom statistischen Durchschnitt entfernt. Auch wenn sich mittlerweile mehr und mehr Damen ihren Mann stehen, sind reine Frauenbands immer noch ein echtes Phänomen, die sicherlich dadurch Aufmerksamkeit bekommen. Bei THE WAGE OF SIN handelt es sich um eine solche (ja, wer hätte das nach der Einleitung gedacht?), die sich ziemlich anstrengender Mucke verschrieben hat. Ausgehend vom pumpenden Bass und dem fiesem Schlagzeug bauen die vier Mädels teilweise echte Noisecore-Wände auf, die von Shouterin Melissa Forabaio mit kratzbürstiger, haßerfüllter Stimme treffend unterlegt werden. THE WAGE OF SIN schaffen den Spagat zwischen gnadenlosem Noise und eingängigen Hardcore-Parts, sind aber beileibe keine Easy Listening. Gerade die Gitarren weigern sich standhaft, eingängige Sachen zu spielen und verwerfen jedes halbwegs melodische Riff nach wenigen Sekunden. So weit so gut, gleichermaßen fordernd wie anstrengend. Das Problem ist für mich nur der Gesang gewesen. Das ist ein dermaßen fieses Gekeife, dass es mir nach wenigen Minuten echt auf den Sang ging. Hin und wieder gibt es auch mal cleane Parts und nette Backing Shouts einer Männerhorde (über die viel zu leise abgemischten Shouts von Rachel decken wir mal den Mantel des Schweigens), aber das stinkt gegen die dominante Keif-Röhre einfach ab. Live wird Melissa sicher anders klingen, aber auf Platte macht ihr Gekeife echt Kopfschmerzen. Vielleicht war das aber auch Absicht, würde ja wunderbar zur Mucke passen, anstrengend, wie sie ist. Sagt also nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!
Cover, Plattentitel und Bandname versprechen Altbekanntes und DAWN OF DISEASE lösen dieses Versprechen ein. Roher Death Metal, der seine Wurzeln im alten Schweden- wie Amitod hat, wir vom Osnabrücker Quartett in den knapp zwanzig Minuten der MCD runtergekloppt. Dabei gibt es keine großen Überraschungen, DAWN OF DISEASE konzentrieren sich darauf, ihre Sache gut zu machen, anstatt ihre Energie in Experimente zu stecken. Das ist auch vollkommen in Ordnung und macht "Through Bloodstained Eyes" zu einer guten Death Metal-Platte, was für DAWN OF DISEASE ein guter Einstand im deutschen Underground bedeutet. Gerade der Gesang ist sehr cool, eben diese typische Schwedenröhre, was mir immer sehr gefällt. Das Drumming ist hier und da noch ein wenig holprig ("Realies"), ist aber meistens mehr als ok. Bei den Riffs gibt es nicht viele Überraschungen (würde auch nicht zur Platte passen), auch wenn einzelne Riffs echt eingängig sind und sehr nach Thrash Metal klingen. Besnders gelungen ist der Anfang von "Sadistic Ejaculation" (man sieht, auch bei den Themen gewohnte Kost): der pumpende Bass zu Beginn und das Killeriff kurz danach sind einfach klasse! DAWN OF DISEASE haben sich als solide Death Metal-Band in Stellung gebracht, bei der Freunde traditioneller Kost voll und ganz zufrieden gestellt werden. Sauber!
Als ehemaliger Leadsänger der legendären SPECIALS war der in Jamaika geborene Neville Staples maßgeblich am Ska-Revival Ende der 70er beteiligt. Seit seinem Ausstieg aus der Band im Jahr 1981 gründete er diverse Bands und Projekte und ist seit 1998 mit seiner eigenen Band auf der ganzen Welt unterwegs. Jetzt hat er eine neue CD aufgenommen und präsentiert damit seine Mischung aus altem und modernem Ska. Besonders letztere Variante klingt aber ziemlich seltsam, da hier äußerst einfallslos mit Elementen aus derzeit angesagten Dancefloor-Beats und z. T. auch mit Pop- und Rock-Einflüssen gearbeitet wird. Das ist teils einfach nur langweilig, teils aber auch unerträglich, z. B. im Falle von "Pick It Up" und dem "Pressure"-Dance-Mix, die durch ihren Billig-Techno Beat und den Plastik-Bass stark an Dr. Alban erinnern. Fast genauso fehlplatziert wirkt "Nachna", das mit seinem Dancehall-Beat und den indischen Samples wie eine billige Mischung aus Sean Paul, SEEED und Panjabi MC klingt. Auch das Donovan-Cover "Yellow Star" hätte man sich schenken können. Hier versucht wird sich an einer Art Rock-Ska versucht, die allerdings völlig saft- und kraftlos und darüber hinaus ziemlich peinlich daherkommt. Aber zum Glück hat Neville Staple seine Wurzeln nicht völlig vergessen und so bekommt man auch noch einiges an wunderbar altmodischer Musik zu hören, nämlich Reggae ("Do Nothing" - mit Mick Jones von THE CLASH an der Gitarre!), 2-Tone ("Pressure") und Roots-Ska ("Since You´ve Been Gone"). Trotz dieses also etwas zwiespältigen Vergnügens hat die CD noch etwas Lohnenswertes zu bieten - und zwar eine Bonus-DVD. Neben Interviews sind hier Ausschnitte eines Konzerts enthalten, das 2003 in London aufgenommen wurde, und das hat es in sich. Neville Staple dürfte inzwischen nicht mehr der Jüngste sein und sieht auch schon etwas fertig aus, hat sich ansonsten aber gut gehalten und geht mit unglaublicher Energie und mit viel Dreck in der Stimme zu Werke. Hier ist kein Schmuse-Ska angesagt, sondern wilder, rauer 2-Tone. Da macht es auch nichts, wenn beim zweistimmigen Gesang mal ein Ton daneben geht. Die Songauswahl ist ebenfalls mehr als gelungen, u. a. gibt es diverse Klassiker aus der SPECIALS-Zeit zu hören wie auch das Bob Marley-Cover "Simmer Down". Als Special Guests sind noch dazu Chas Smash von MADNESS und Rankin´ Roger von THE BEAT dabei. Schade - und im Grunde völlig sinnlos - ist nur, dass das Konzert immer wieder von Interviewausschnitten unterbrochen wird (und am schlimmsten: auch von einem gealterten und grauenvoll auf einer Gitarre rumklampfenden Donovan). Schöner wäre es gewesen, wenn es an einem Stück durchgehen würde, denn so wird man immer wieder aus dem Konzert-Feeling gerissen, wenn man sich grade eingegroovt hat, was das Vergnügen dann doch wieder erheblich beeinträchtigt...