Tauchgang gefällig? AHAB veröffentlichten im Januar „The Coral Tombs“ und es gibt Nautik Doom vom Feinsten: Ihre fesselnden Kompositionen ziehen uns in die dunklen Abgründe der Tiefsee.
Das Vorgängeralbum „The Boats Of The Glen Carrig“ wurde 2015 veröffentlicht. Die Heidelberger AHAB ließen sich für ihr fünftes Album also ziemlich lange Zeit. Diesmal setzte sich das Quartett daran, Jules Vernes Roman "20.000 Meilen unter dem Meer" zu vertonen. Thematisch geht es um die Reise von Kapitän Nemo mit seinem Unterwasserboot Nautilus. AHABs Literaturvertonung strotzt von Dynamik und schwerem Riffing.
„Prof. Arronax’ Descent Into The Vast Oceans“ heißt der Opener und ist alles andere als ein typischer AHAB-Track. Erschütternde Blastbeats ertönen und die Band geht brutal und schnell zu Werke. Nach einer Minute wird der Fuß vom Gaspedal genommen, die Musik wird puristisch und die Stimmung tragisch-nachdenklich. Chris Noir (ULTHA) steuert Gast-Vocals hinzu. „Colossus Of The Liquid Graves“ präsentiert sich überaus mächtig und Daniel Drostes Vocals sind abermals wechselhaft clean und abgrundtief growlend. Es folgt das wuchtig drückende „Mobilis In Mobili“. Kurze AMENRA-Momente sind zu verspüren. Zäh und grobkörnig ist die Nummer und zum Ende werden Death Metal affine Riffs ausgepackt. AHAB geben der Musik Zeit, um sich zu entfalten und sind mutig genug, mit längeren meditativ-repetitiven Passagen Stimmung zu erzeugen. Es ergibt sich ein Soundtrack-Feeling. „The Sea As A Desert“ ist voll getragener Wehmut. „A Coral Tomb“ startet langsam mit erzählend tiefer Stimme; cleanes Gitarrenspiel und Klargesang geben lange den Ton an. Erst nach 8 Minuten verzerrt die Gitarre. Das gute „Ægri Somnia“ ist ganze zwölfeinhalb Minuten lang und mit „The Mælstrom“ endet die Scheibe melancholisch und mit Gastgesang von Greg Chandler (ESOTERIC).
AHAB haben quasi ihr eigenes Genre geschaffen, ihr Stil ist extravagant und verzaubernd: Keine Mucke zur Beschallung nebenbei. „The Coral Tombs“ besticht mit Epik und kompromissloser Schwere.
Aus dem Schwabenland - genauer: aus dem allseits bekannten Balingen - kommen ENDLEVEL und bringen heuer ihr neues Album "Weekend War" unters Volk. Die Thrash Metal Band existiert seit 2011 und debütierte sechs Jahre danach mit ihrem ersten Longplayer "Time To Kill". Ein weiteres halbes Dutzend Jahre später liegt nun das Zweitwerk vor. "Weekend War" lässt bereits mit dem Cover keine Zweifel daran, dass der Inhalt eher zackiger Natur ist. Das coole Covermotiv stammt von Martin Chmelícek, der auch solch illustre Barden wie SPASM oder GUTALAX künstlerisch unterstützt.
Nach einem düsteren Intro, schmettert Frontmann Robin Richard ein kerniges "Unleash fucking war" durch die Boxen. Der fast gleichnamige Opener pendelt zwischen Death Metal und klassischem Thrash. Damit sind die beiden Hauptsäulen des ENDLEVELschen Sounds benannt. Das folgende "Drink Beer" wechselt nicht nur abrupt das lyrische Themenfeld, sondern nimmt leider in Sachen Geschwindigkeit den Fuß schon früh vom Gaspedal. Kein schlechter Song, mit Crossover-Einflüssen, aber definitiv zu früh im an der Reihe. Danach nimmt das Album nämlich erst richtig Fahrt auf. Der Banger "Hangover From Hell" reißt mal so richtig schön die Hütte ein mit klasse Riffs und eben überwiegend zackigem Tempo. Sänger Robin baut hier sogar Pig Squeals ein - im Kontext von Thrash Metal eine Seltenheit und ein schöner Farbtupfer, wenn man damit grundsätzlich klar kommt. "Nuclear Inferno" haut in eine ähnliche Kerbe, es bleibt kein Auge trocken und kein Thrasher-Herz unberührt. Dabei darf man von der Band keine technischen Feinheiten oder Kabinettstücke erwarten. Das ist aber mit Sicherheit auch nicht Ziel der Jungs, die sich offensichtlich selbst nicht zu ernst nehmen. Und auch als Hörer darf eine Platte auch einfach mal nur Spaß machen. Weiter geht die wilde Fahrt mit dem richtig coolen "Possessed by Trinity" und jeder Menge GUTALAX-Gedächtnis-Vocals. Dieser Song mit seiner optimalen Dosierung von schnellen Teilen und Midtempo-Parts wird live sicher für den ein oder anderen Abriss im Publikum sorgen. Auch "Slaves To Instict" und besonders "Division 1516" sind weitere Granaten, die die Energie hoch halten. Bei "Panzerheer 666" experimentieren ENDLEVEL mit einem deutschen Text - ob dies gelungen ist, möge jeder für sich beurteilen, musikalisch kann der Song leider nicht das Niveau des Albums halten.
Insgesamt haben ENDLEVEL mit ihrem zweiten Album vieles richtig gemacht. Der Mix aus Thrash Metal, Death Metal und derben Vocals, die alle Facetten extremer Musik abdecken, macht Spaß und ist darüber hinaus von Christian Schäfer toll produziert und gemischt worden. Wer seinen Thrash gerne mal nur einfach nur voll auf die Zwölf braucht, kann dieses Album bedenkenlos einsacken.
Mit “Inhale/Exhale“ veröffentlichen die Post-Grunge-Rocker von THOSE DAMN CROWS nun ihr drittes Album mit dem sie ihre spektakuläre Erfolgsstory, die sie mit “Point Of No Return“ 2020 los getreten hatten, weiter schreiben wollen. Hierbei hätte der Zeitpunkt auch nicht besser gewählt sein können. Vieles was Rang und Namen hat und sich in diesem Genre gewöhnlich tummelt, ist aktuell in der Versenkung verschwunden oder agiert auf mittelmäßigem Niveau. Die Jahreszeit passt ebenso perfekt zum charismatischen, einfühlsamen, melodischen und gleichwohl vor Kraft strotzendem Rock der Waliser.
Da ist die dunkle, warme Stimme von Shane Greenhall mit diesem leichten Touch an Melancholie, die wunderbar zum ausklingenden Winterblues passt und im nächsten Moment lauthals Melodiebögen beschreibt, gerade so, wie die immer kräftiger werdende Sonne die Dunkelheit und Kälte vertreibt und zum Frühlingserwachen ruft.
Wie bereits beim Vorgänger fällt es mir heuer genauso schwer, einzelne Songs heraus zu heben, da mich alle wieder und wieder packen. Es ist erneut ein Werk aus einem Guss das auf irgendeine Weise zu jeder Stimmung passt. Da sind diese hoch energetischen Nummern, wie “Fill The Void“, “Man On Fire“ oder “Wake Up (Sleepwalker)“, die man gerne im Auto lauthals mitträllert. Dann frisst sich ein Song wie “Takedown“ mit seinem Tike-Tike-Groovemonster im Hirn fest. Bei “Find A Way“ erlebt man eingangs den Flirt mit einem erdigen Power-Riff, das in sich zerfließt und schwerelos davon schwebt. Das Klavier darf auch nicht fehlen, kommt aber deutlich diskreter zum Einsatz. “This Time I'm Ready“ bildet zwar den Ruhepol der Platte, da die Gitarren jedoch neben dem Piano ein gewaltiges Wörtchen mitzureden haben, wäre Ballade der falsche Terminus. Das darauf folgende “I Am“ wirkt nahezu wie die stimmige Fortsetzung und “Waiting For Me“ geleitet einen letztendlich ungemein leichtfüßig aus einem mitreißenden, leidenschaftlichen Opus heraus.
Produzent Dan Weller (Enter Shikari, Monster Truck, Bury Tomorrow) und Mischer Phil Gornell (Bring Me The Horizon, 5 Seconds Of Summer, You Me At Six) bilden das Team, das der Band half, diese nächste Stufe ihrer Entwicklung zu erreichen. „Inhale/Exhale“ wurde sowohl in den malerischen Vada Studios (erbaut in einer Kapelle aus dem 13. Jahrhundert), als auch im pulsierenden Herzen ihrer Heimat Wales, in den Giant Wafer Studios, aufgenommen.
“Point Of No Return“ war ein großartiges Album und es war de facto nicht leicht, dieses Niveau zu halten oder gar zu toppen. Ob Ihnen das eine oder das andere gelungen ist, mag der Zuhörer gerne selbst entscheiden. “Inhale/Exhale“ ist jedenfalls mit der gleichen Hingabe und Spielfreude entstanden und verkörpert ebenso unumstößlich das, wofür diese Band steht: kraftvollen organischen Rock.
ISSA die 7te. In unserer schnelllebigen Zeit erweist sich die Norwegerin Isabell Oversveen einmal mehr als Konstante und auch „Lights Of Japan“ ist vortreffliches Melodic Rock Album geworden, welches durch den starken Gesang von Isabell getragen wird. Im direkten Vergleich zum Vorgänger „Queen Of Hearts“ lässt sich attestieren, dass „Lights Of Japan“ kraftvoller tönt und vor Allem ausgefeilter daherkommt. Die rockigen Tracks wie „Live Again“ oder „Seize Day“ gehen mehr nach vorne und die balladesken Songs wie „I Give You My Heart“ oder die Umweltschutz Nummer „Stop The Rain“ haben die größeren Melodien. Mit dem fantastischen „Moon Of Love“ ist ISSA sogar ein echter Hit gelungen. Das passt auch das Saxofon. Hier ist der Geist der 80er zwar jederzeit präsent, ohne daß es jedoch eine pure Retroveranstaltung wird.
„Lights Of Japan“ schlägt gekonnt die Brücke zwischen den Dekaden und verbindet das Beste aus den 80ern mit der aktuellen Melodic Rock Welle. Ihre Hintermannschaft agiert dabei immer songdienlich und versteht es ohne Show-offs dennoch Akzente setzen zu können. Um ISSA im Rooster ihrer Labelkolleginnen zu verorten, so tönt sie moderner wie CHEZ KANE und softer wie THE BIG DEAL und behauptet so ihre eigene Nische. Jetzt dürfen auch gerne mal ein paar Livegigs folgen, dann an dieser Stelle war ISSA die letzten Jahre nicht gerade überpräsent.
„Lights Of Japan“ sei hiermit einmal mehr allen Freunden knackigen und zeitgemäßen AOR Klängen empfohlen.
Mit „Ravenblack“ legen MONO INC. ihr mittlerweile zwölftes Studioalbum vor. Richtig schmuck kommt das Ganze daher, mit einer golden geprägten Krähe auf programmatisch passendem rabenschwarzem Grund. Mit dem Opener „At The End Of The Rainbow“ präsentiert die Band einen flotten, eingängigen Dark Rock-Track mit mehrstimmigem Gesang, für das wuchtige „Angels Never Die“ hat man sich die Label-Kollegen von SANZ mit ins Boot geholt. Apropos Boot: ebenfalls mit von der Partie ist die Piratenkombo STORM SEEKER, mit deren Unterstützung das stampfende, im Refrain aber etwas arg simpel gestrickte „After Dark“ entstand. Mit dem vorwärtstreibenden „Heartbeat Of The Dead“ zeigen Mono Inc. mal ein bisschen die Krallen, was ihnen sehr gut zu Gesicht steht: das bissige Gitarrenriff sticht sofort aus der Masse heraus und geht ins Ohr. Heimlicher Hit der Platte aber ist das ausgesprochen melodiöse „Day Of Reckoning“, dessen teilweise parallel laufende Melodielinien im Refrain erhöhtes Ohrwurmpotenzial haben. Mit „Wiedersehen Woanders“ schließt das Album mit einem deutschen Track (das Album beinhaltet auf vielfach geäußerten Fan-Wunsch hin zwei Songs mit deutschen Texten). Das Risiko, ins Schlagerhafte abzugleiten ist bei deutschen Lyrics immer besonders groß, doch hier gelingt es MONO INC., echte Emotionen rüberzubringen, und zwar in einem Maße, das einem das Lied wirklich zu Herzen geht – der hier zu Musik gewordene Schmerz ist echt und rührt einen an (wer gerade einen Trauerfall zu verarbeiten hat, sollte hier beim Hören daher besser Vorsicht walten lassen). Fazit: insgesamt ist „Ravenblack“ ein rundes Dark Rock-Album, das den bisherigen Freunden der Band sicherlich gefallen und vielleicht auch den einen oder anderen neuen Hörer gewinnen wird.