Nach dem ersten Release der kalifornischen Punkrock-Girlies, der EP "Worst Enemy" von 2004, waren die Erwartungen hoch, denn die Latina-Antwort auf die DONNAS wusste mit ihrem eingängigen, poppigen Punkrock in Verbindung mit dreckigen Gitarren und abwechslungsreichem Songmaterial durchaus zu überzeugen. Das erste volle Album "Nothing Is More" schafft es aber leider nicht, über die volle Länge zu überzeugen. Zwar sind die Ingredienzen dieselben, aber im Vergleich zu den DONNAS - der sich aufgrund des sehr ähnlichen Sound geradezu aufdrängt - schneiden sie deutlich schlechter ab. Besonders der Gesang von Nicolette klingt stellenweise zu gewollt in Richtung Punkrock-Bitch gedrückt, wozu ihre Stimme aber einfach zu süß ist, weshalb der Effekt teils etwas lächerlich bis nervig ist. Dass der Gesang bei einigen Refrains gedoppelt oder gar verdreifacht wird, macht die Sache auch nicht besser. Böse sein ist nun mal nicht das Ding von GO BETTY GO, niedlich steht ihnen eindeutig besser. Auch der Gitarrensound - obwohl schön dreckig - drückt nicht so recht. Und die Songs selbst sind oft etwas einfallslos und beliebig, so dass trotz netter Melodien nicht viel hängen bleibt. Herausstechen tun nur wenige Stücke, wie z. B. das spanisch gesungene "No Hay Perdon", das mit seiner Off-Beat-Strophe und einer gelegentlich im Hintergrund eingesetzten Flamenco-Gitarre direkt ins Tanzbein geht, oder der folkige "Pirate Song", bei dem immerhin James Fearnley von den POGUES am Akkordeon und FLOGGING MOLLY´s Ted Hutt am Banjo mitwirkten. Negativ fällt dagegen "Ticking Bombs" auf, das wohl eine Art Ballade darstellen soll und bei dem man wirklich nur noch heulen möchte - weil so viel Schmalz einfach nur weh tut... Insgesamt ist "Nothing Is More" also ein eher mittelprächtiges Vergnügen. Schade - ich hatte mich so drauf gefreut...
NEAL MORSE hat mal wieder zugeschlagen - wie schon in letzten beiden Jahren, gibt es auch wieder Anno 2005 herbstliches Futter für die Ohren des verwöhnten Prog-Fans. Auch auf Album Nummer drei nach seiner Trennung von SPOCK’S BEARD und TRANSATLANTIC beschreitet Mr. MORSE seinen eingeschlagenen Weg des wiedergeborenen Christen konsequent - die Lyrics lassen daran keinen Zweifel. Unabhängig wie man dazu steht - dafür, dagegen oder auch nur gleichgültig - musikalisch gibt es mal wieder ausgezeichnetes zwischen progressiver Instrumentalkunst, symphonischen Jazz-Anleihen und epischen Artrock zu vermelden. Zwar gibt es auf "?" nicht unbedingt Neues zu hören - aber gewohnte Klasse. Die MORSE’schen Zutaten wurden teilweise neu arrangiert; dabei geht der Meister hörbar gelassen zu Werke und kommt - Überraschung - oft recht schnell und ohne große Umschweife auf den Punkt. Dies könnte den einen oder anderen Fan etwas zu einfach gestrickt sein - der Zugänglichkeit für eine breitere Schar von Fans kommt es auf jeden Fall zu Gute. Einzelne Songs hervor zu heben fällt hier mal wieder besonders schwer. Nicht nur wegen dem durchgehend hohem Niveau, sondern auch wegen dem Charakter des Albums. Möchte NEAL MORSE die Musik auf "?" doch als ein einziges Stück begriffen sehen, unterteilt in 12 Sektionen. Trotzdem kann man die einzelnen Sektionen recht deutlich unterscheiden. Dabei fallen besonders das kraftvolle, epische "In The Fire" und "12" mit einem mehr als gelungen Gitarrenpart auf (Steve Hackett). Weitere Unterstützung gab es wieder einmal von Schlagzeuger Mike Portnoy (Dream Theater) und Bassist Randy George - beide diesmal auch an den Kompositionen beteiligt. Dazu kam dann noch Dream Theater-Tastenguru Jordan Rudess, Flower Kings Gitarrist Roine Stolt, Saxophonist Mark Leniger und Neals Bruder Alan, seines Zeichens noch immer Gitarrist bei den Spock’s Beard. NEAL MORSE erschließt seinen Fans und der Prog-Gemeinde nicht gerade neue Horizonte - "?" ist aber qualitativ wieder mal ganz oben anzusiedeln. Und das heißt dann wohl auch, dass man an "?" kaum vorbeikommen wird.
Tief im Lande unserer belgischen Nachbarn muss es wohl eine unendlich weite Wüste geben, in deren Mitte ein heruntergekommener Saloon steht und in welchem ein Trio ihre belgische Variante des Wüstenrock zelebriert. So ganz passt das allerdings dann doch nicht. Während TRIGGERFINGER mit dem lässige "Drivin’" und das zum Teil schon fast ZZ-Top-mäßige "On My Knees" zu überzeugen wissen, bedürfen andere Songs (das träge "Back On Track" oder das eher unsägliche CCR-Cover "Commotion" zum Beispiel) eine gewisse Gutmüdigkeit. Zu oft verlieren sich die Songs in energetischen Attacken oder Psychedelic Klangpassagen, welche eher Belanglosigkeit ausdrücken statt Wüstenfeeling. Da hilft auch eine fette Produktion und eine für das Genre untypische Klarheit des Sounds (Mensch - wo bleibt denn da die Atmosphäre) sowie eine amtliche Aufmachung nicht. Live mag das Trio da schon was auf dem Kasten haben - auf dem Debütalbum kommt das leider nur teilweise zu tragen. In ihrem Heimatland werden TRIGGERFINGER mit ihrem selbstbetitelten Debüt wohl trotzdem einiges an Lohn einheimsen - zu einem Erfolg über die Grenzen hinaus wird es aber wohl nur begrenzt ausreichen.
"Wir sind EISREGEN und wir dürfen das", behauptet M. Roth im Booklet zur vorliegenden Mini CD. Was dürfen sie denn noch alles, könnte man mit erhobener Augenbraue fragen. Es könne kaum extreme Texte, fies gutturale Vocals, böser Death bis Grind oder blutige Fantasien sein. Was EISREGEN nach ihrer zehnjährigen Bandgeschichte erstmalig probieren ist elektronischer Natur, zumindest einen Song lang: "Die Wahre Electro-Hexe" als "echter" Electro drückt die Augen dabei noch mehr zu als beim Titeltrack "Electro-Hexe" ohnehin schon nötig ist. Mit "Hexenhaus" feiert Thüringens extremster Export eine Dekade ihrer Musik. Zu erwähnter "Electro-Hexe" kann man bereits herrlich mit dem Hintern wackeln, der unblutige Text und fast poppiger Groove könnte in die Clubs passen und das "Scharlachrote Kleid" ergänzen. Textlich deutlich extremer, musikalisch aber umso ruhiger und melodiebetont wie die letzten Bandoutputs versöhnt das "Kaltwassergrab" oder das harte und bissige "1000 Tote Nutten" wohl die Fans. Remakes von "In Der Grub" vom Debutalbum "Zerfall" und der Bandhymne "Thüringen" mit leicht geändertem Text, ein Cover vom bekannten "Lili Marleen" und eben der elektronische Mix "Die Wahre Electro-Hexe" hätten auf ein reguläres Album nicht recht gepasst, fügen sich aber zu diesem Anlass gut ins Bild. Zu diesen acht Tracks gesellt sich eine DVD mit einem Video des Titeltracks, massig Making Of Material, einigen Liveeindrücken und Interviews. Mir war die DVD zu langweilig und mit zu viel sinnarmen Gerede gefüllt, als Fanpaket verstanden erfüllt dieses Jubiläumsoutput aber seinen Zweck.