"Skeleton Jar", das zweite Album der Australier YOUTH GROUP, fängt großartig an: Die ersten beiden Tracks bestechen durch eine Mischung aus treibender Energie und melancholischen Harmonien in Verbindung mit klarem Gesang, leicht schrebbeligen Gitarren und rauen Drums, was eine schöne Kombination aus Indie-Rock, Folk und ein bisschen Pop ergibt. Auch "Lillian Lies", das dritte Stück, ist mit seinen größeren Folk-Anteilen ein wunderbarer Song, der eine große Ruhe ausstrahlt und direkt ins Ohr geht. Danach verliert sich der Vierer leider im allzu Schönen: Der Kitsch-Anteil der darauffolgenden Tracks liegt deutlich über der Schmerzgrenze, es wird mehr gesäuselt als Musik gemacht und es fehlen die nötigen Ecken und Kanten. Erst bei "Someone Else´s Dream" kommt wieder der eingangs beschriebene Sound zum Tragen und es geht endlich mal wieder nach vorne. Mit den beiden letzten Tracks folgen dann noch ein dramatisch aufgebauter, aber belangloser und ein Simon & Garfunkel-artiger Gitarren-Geklimper-Song, der ebenfalls irgendwie im Sande verläuft. Schade - insgesamt wäre da mehr rauszuholen gewesen. Aber leider werden die wenigen guten Stücke letztendlich von zu viel Geschnulze erdrückt. Mein Tipp: Mehr Rock!
Diese ist eine der Platten, die bei Erscheinen gerne mal untergehen, und bei denen man später vielleicht feststellt: "Hoppla, da war doch was!!!". SUBTERRANEAN MASQUERADE wurden 1997 von Tomer Pink gegründet und beziehen ihre Einflüsse unter Anderem aus der Dark Wave - Szene, wobei DEAD CAN DANCE eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Keine Ahnung, wie sich dieser Umstand zusammensetzt, aber mit Dark Wave hat diese Band so viel zu tun wie Tokio Hotel mit Grindcore. "Suspended Animation Dreams" ist Prog at it´s best und stellt den zweiten Teil einer Trilogie namens "X" dar, die bereits auf der vorausgegangenen EP begonnen wurde. Das Septett (wenn ich mich nicht verguckt habe), inklusive Sängerin und Chor, musiziert herrlich geschickt zwischen sämtlichen Stühlen und variiert instrumentalen Jazz mit Streichern, Piano oder Saxophon, growligen Death Metal und moderne, rockige Düstersounds der Marke späte TIAMAT absolut geschickt und songdienlich. Dass dabei natürlich niemals das Gefühl von "Easy Listening" aufkommt, brauche ich wohl nicht extra zu betonen. Sämtliche Stücke (bis auf das Titelsong - Intro) weisen Überlänge auf und fesseln mit völlig abgefahrenen Songstrukturen und überraschenden Wendungen, aber zu keiner Sekunde hat man dabei das Gefühl, dass die Musik zu arg konstruiert oder möglichst pseudointellektuell sei. Mit Anspieltipps kann man hier leider nicht wirklich dienen, da sich alle Stücke auf demselben hohen Niveau bewegen und das Album seine vollen Qualitäten erst am Stück richtig entfaltet. Wer trotzdem gerne einmal schnuppern möchte, sollte sich die äußerst genialen "No Place Like Home" und "Rock´n´Roll Preacher" ´reinpfeifen und sich einfach an der von Neil Kernon (!!!) toll in Szene gesetzten Soundwand erfreuen. Das Artwork stammt übrigens von Travis Smith; ein weiterer Beweis dafür, dass SUBTERRANEAN MASQUERADE viel zu geil sind um von der (düster -) proggigen Masse einfach ignoriert zu werden!
Was die Multikulti-Band JUMBO JET auf ihrem gleichnamigen Debüt abliefert, ist harter Tobak: Ein italienischer Bassist, ein ungarischer Gitarrist und zwei Deutsche an Gitarre und Schlagzeug verbreiten arhythmischen Lärm, während eine griechische Sängerin sich darüber die Kehle aus dem Halse schreit. Klingt strange und ist es auch. Etwas präziser formuliert besteht die Musik des Fünfers aus Noise-Sound-Collagen, die durch kurze, ruhige, meist aber nur ansatzweise melodische Parts mit richtigem Gesang unterbrochen werden, um dann eine neue Wand aus purem Lärm aufzubauen. Das zieht sich dann durch das komplette Album, ist aber schon nach der ersten Minute nur noch schwer zu ertragen. Lärm an sich ist ja nichts Schlechtes, aber aufgrund der durchgehend ungraden Takte geht es es eben nie nach vorne, sondern es scheint alles ständig auf der Stelle stehenzubleiben. Mag sein, dass das künstlerisch total anspruchsvoll ist, aber für mich ist das leider unhörbar. Ist wohl nur was für echte Noise-Fans.
Die Drei nennen sich Hamburger Jungs, kommen vom Kiez und direkt zur Sache. "Ich bin ein Rock'n Roll Sexgott und ich bin cooler als cool", singt Chris Laut. Und dann brüsten sich die Herrschaften mit der Beteiligung am Harley-Sampler. Und genau da scheint ein klitzekleines Problem zu liegen. Denn Harley-Fahrer sind - gemessen am eigenen Durchschnitt - ungefähr so heiß wie der Stuhl eines Sachbearbeiters beim Arbeitsamt. Und auch der AC/DC-geprägt deutsche Rock OHRENDFEINDTs ist so spannend wie der Strip in einer Prellbar auf dem Kiez. Ein pumpender Bass wird ohne Ideen nicht heftiger, ein dumpfer Chorus durch gebetsmühlenartige Wiederholung nicht weniger nervig, stumpfe deutsche Texte bekommen durch häufige Verwendung von Vokabeln wie Rock oder Roll nicht mehr Whiskey- und Drecks-Flair. Es hört sich irgendwie leicht an, was AC/DC machen, aber um es ähnlich kicken zu lassen, braucht es mehr als OHRENFEINDT hier leisten. Nicht, dass die Jungs scheiße spielen oder Sound kacke klingt - aber das Gesamtprodukt schwimmt in einer ekligen Suppe aus Jack-Daniels-Klischee und Harley-Putzmittel. Das Wortspiel mit dem Band-Namen taugt ebenso wenig wie diese Scheibe. Außer eben vielleicht auf dem Harley-Treffen für annähernd hunderttausend whiskey-betäubten Schnauzbartträgern, um auch mal ein Klischee zu bemühen. Ich finde die Scheibe alles andere als toll - aber ich fahr ja auch kein amerikanisches Moped. Oder, um es mit einer Antwort auf eine Zeile aus dem dritten Song zu sagen: "Bist Du glücklich (achtunddrölfzig Mal)? Nein!"