„Distortions“ stellt den zweiten Teil einer Trilogie dar und folgt auf das Auftakt-Album “Reflections” (2020). Es ist das zweite Album der Doom-Metaller GODTHRYMM.
Es gibt viel Melancholie, aber auch knackige Riffs.
Die britische Truppe besteht aus ehemaligen Mitgliedern gedienter Bands wie MY DYING BRIDE, ANATHEMA, VALLENFYRE und SOLSTIVE. Spätestens nach dieser Information, wurde ich persönlich hellhörig. Die Band formierte sich um Hamish Glencross (Gitarre/ Gesang/ Songwriting), der von 1999 bis 2014 bei MY DYING BRIDE die Klampfe schwang. Seine Frau Catherine spielt Keyboards und steuert bei einigen Songs Gesang bei. Aaron Stainthorpe, Sänger von MY DYING BRIDE, ist als Gast auf dem Album zu hören.
Los geht’s mit „As Titans” - ein elfminütiger Opener: Das ist mutig, geht aber voll auf. Man wird mit einem sanften Arschtritt in die episch-traurige Welt der Briten befördert und GODTHRYMM können sofort mit Vielseitigkeit aufwarten. Zu „Devils“ gibt’s extrem lässiges und durchaus hartes Bass- und Gitarrenspiel. Mr. und Mrs. Glencross Stimmen passen sich gut ein, aber kontrastieren. „Echoes“ begeistert mit schöner Melodie und absolut fetter Gitarre. Schwere düstere Schatten breiten sich aus. Der weibliche Gesang bei „Obsess and Regress“ mildert die übermächtige Gitarre und schafft die erdrückende Schwere aufzulockern. Es folgt “Unseen, Unheard” und Scoot Gladok unterstützt die Band; er ist Bassist bei der englischen Crust Punk-Band DOOM. Der Track ist bedrohlich mit harter erdiger Gitarren- und Bass-Arbeit. In “Follow Me” (feat. Aaron Stainthorpe) wird eine verletzlich-sehnsuchtsvolle Seite offenbart. „Pictures Remain“ ist anderes, als die restlichen Songs auf „Distortions“. Catherine Glencross watet durch ein Meer von depressiven Moll-Akkorden, ein Hauch von THE GATHERING weht von den Niederlanden hinüber. Gothic-artiges Keyboard gibt Atmosphäre und der Track endet mit einem guten Gitarrensolo.
Die Musiker von GODTHRYMM gehen auf dem neuen Album nicht auf Nummer sicher; sie kopieren nicht einfach den guten alten britischen Sound. Elemente von MY DYING BRIDE und ANATHEMA sind deutlich enthalten, sie wechseln aber immer wieder den Kurs und schaffen Heterogenität.
Produziert wurde die Platte von Andy Hawkins und Gamish Glencross, wobei ersterer auch den Mix übernahm. Die ausbalancierte Endbearbeitung des Masterings übernahm Mark Midgley und das schicke Artwork kommt von Andy Green. In Sachen Produktion und Songwriting haben sich Godthrymm bei „Distortions“ weiterentwickelt und perfektioniert.
Ich wäre weniger begeistert von der Scheibe, hätte das Quartett aus Halifax nicht eine so gute Balance zwischen Härte und Traurigkeit gefunden. Würde sich eine Stunde in der Bitterkeit des Seins gesuhlt, würde es schnell langweilig. Wenn man sich Tracks wie „Echoes“ aber zu Gemüte führt, wird dem Hörer klar, dass Profis am Werk sind, die sich nicht ausheulen, sondern Kraft und Ausdrucksstärke in ihrer Musik transportieren. Zielgenaue geradezu schrille Riffs geben der Musik von GODTHRYMM, in guter alter Peaceville-Manier, die nötige Dynamik auf den Weg: Doom Gothic Metal, der Metal bleibt, ohne in schnöde Trauerweiden-Heulsusen-Mucke zu verfallen. Top!
DEAF AID öffnen auf ihrem neuen Longplayer das Tor zur Hölle, starten die dynamische Todeswalze und hauen ordentlich auf die Kacke. Die Breisgauer Kombo generiert geschmackssicheren Death Metal und hat 8 Schwergewichts-Death-Thrash-Wuchtbrummen als Präsent dabei.
Die Texte haben einiges zu bieten: Laut Info der Band thematisieren sie die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, menschliche Gier und Egoismus. Der Albumtitel sowie das Cover-Artwork (also das Tor zur Hölle) versinnbildlichen somit die Öffnung in eine unheilvolle Zukunft. Beim Opener geht es darum, dass zu oft derjenige Recht bekommt, der am lautesten brüllt.
„Reign Of Retards“ stellt einen fetten Start mit vollem Sound und mit ratterndem Bass dar. Bald setzt die ultratiefe Stimme von Frontgrunzer Marc ein. Die Gitarre ackert was das Zeug hält und spielt böse Melodien. Vor allem die Midtempo-Passagen gehen ordentlich ins Ohr. „T.O.T.“ beginnt langsamer und majestätischer, bevor das Gaspedal durchgetreten wird. Die Drums flattern brutal und unerbittlich. Tempowechsel werden beim Track mehrfach vollzogen, bevor er mit den Worten „Fuck you self Trump“ endet. Nach dem unheilvollen „Ausgeburt“ folgt „Gutas“: Huch war das ein Rülps? Der groovende Song wechselt den Rhythmus stetig und wird auf Spanisch vorgetragen. Irgendwas mit Saufen und dem Kater am nächsten Tag, Salut Bastardos! Coole Nummer mit Grindcore-Schlagseite! Das thrashige “Let The Infidel Rot” fetzt wie Sau, auch “Harbringer Of Death” hat es in sich und bei „Hellgate“ fräsen sich die Riffs chirurgisch in den Schädel, dass die Knochenspäne umhersprüht. Im Verlauf des Rausschmeißers „Inner Nightmare“ gesellen sich zum melodischem Midtempo, ähnlich wie bei einigen anderen Songs auf dem Album, thrashige Ausbrüche. Mit makabrem Schmatzen endet die Platte.
Das dritte Full length-Album von DEAF AID wurde bei Christoph Brandes im Iguana Studios gemastert; es wurde gut produziert und mit einem fetten Sound versehen. DEAF AID existieren seit 1989, das sind bereits viele Dienstjahre, die die Freiburger Death-Kombo auf dem Buckel hat. Wobei sie erst 2008 mit „Pictured Pain“ ihr erstes Album am Start hatten.
Mit „Hellgate“ haben DEAF AID alles richtig gemacht und liefern ein ordentliches Brett!
Mit "Smile" veröffentlichen die walisischen Stilmixer ihr achtes Studioalbum. Rechnet man die Vorläufer-Band DUB WAR dazu, feiert die Truppe heuer ihr dreißigjähriges Release-Jubiläum. Da ist erst einmal Respekt angezeigt. Mal sehen, ob der neueste Output den Hörer auch wirklich zum "smilen" bringt.
Der Start fällt mit dem schleppenden-düsteren "Our Religion" sehr heavy aus. KORN-Gedächtnis-Riffs treffen auf den unverwechselbaren Gesang von Benji Webbe. Ein ungewöhnlicher und leider nicht ideal gewählter Opener. Vom Energielevel wäre der zweite Track "Gimme That Boom" der bessere Einstieg gewesen. Dieser erinnert sehr an alte DUB WAR-Zeiten. Das kann man positiv sehen, andererseits zeigt sich aber, dass Bands, die kein Metal-Fan jemals als Old School bezeichnen würde, nun auch schon zu ihrem eigenen Anachronismus werden können. Dieser Hüpfsong hört sich so an, als sei er direkt den Mid-Neunzigern entsprungen. Nicht schlecht gemacht, aber irgendwie aus der Zeit gefallen.
Viel besser steht es SKINDRED zu Gesicht, wenn sie ihren Sound in das Hier und Jetzt transportieren, wie etwas bei "Set Fazers". Der Track weist angenehme Parallelen zu DON BROCO auf, aber verpackt in den ureigenen Sound der Waliser. Das folgende "Life That's Free" mit dem schönen Drum'n'Bass-Groove ist ähnlich stark. Bei solchen Songs können SKINDRED ihre musikalischen Fähigkeiten voll ausspielen. Das klingt modern, catchy, packend.
Leider pendelt das Album während seiner zwölf Songs zwischen der alten und der neuen Welt. Höhepunkte sind "Black Stars" mit seinem tollen Alternative-Rock-Refrain und das elektronisch-tanzbare "State Of The Union". MIt zwei, drei Tracks weniger hätte sich die Band einen Gefallen getan und die Scheibe wäre sicher kompakter ausgefallen. Positiv hervorzuheben ist die makellose Produktion, die alle unterschiedlichen Stile ins rechte Licht setzt. Toller Job von Julian Emery (NOTHING BUT THIEVES, LISSIE).
Wer immer schon auf den Sound von SKINDRED stand, wird hier sicher nicht enttäuscht werden, ob neue Fans dazu kommen, ist allerdings fraglich. Dazu verharrt die Truppe dann doch zu sehr im Sound der Neunziger.
SOMNURI. Grün-blaues Artwork. Klar wie Kloßbrühe auf den ersten Blick: Finnischer Power Metal. Aber weit gefehlt. Die Band kommt aus Brooklyn. Macht aber auch keinen Hardcore, sondern hat sich Sludge und Doom auf die Fahne geschrieben. Aber auch das reicht nicht als Stilbeschreibung. Denn die dritte Scheibe „Desiderium“ spannt den Bogen weit. Sehr weit. Der Opener “Death is the Beginning” nimmt bei aller Groove-Schlagseite sogar einen beinahe black-metallischen Abzweig mit Alternative-Kreuzungen. Dann ist da der unglaublich fette und angegrungte Wüsten-Rock-Runner “What A Way to Go”! Einen Grunge-Ausstieg mit „The Way Out“ (was nicht misslingt, weil Sänger Justin Sherell außer Grunzen und Brüllen auch prima klar singen kann) gibt es auch. Und was für eine Mega-Groove-Maschine ist bitte „Paramnesia“??? Hart wie ein Vorschlaghammer kommt "Flesh and Blood", aber mit Melodie und gefühlvollem Gesang – paradox. Außerdem und zwischendurch laufen SOMNURI Crowbar, Mastodon, Mustach und allerlei anderen Kapellen über den Weg, die so unter dem Banner Sludge, Doom oder Stoner ihre Kreise ziehen. Das klingt wirr. Ist es aber nie. Es erstaunt vielmehr über alle Maße, wie gut sich die Band auf das stimmiges Songwriting versteht – da kann auch ein jeder mitgehen, der sich sonst über die verkopfte Attitüde von Bands wie eben Mastodon ärgert oder wenigstens nicht mitkommt. Und dann ist da noch dieser mächtige Sound aus dem Gojira-Studio Silver Cord. Boah! Wem Sludge zu schlammig, Stoner zu staubig, Doom zu trocken und Alternative zu schleimig ist, dem könnten SOMNURI die Augen öffnen, welche Vorzüge jede Stilrichtung hat. Gutes und interessantes Album!
FREEDOM CALL gehen nach „Live Invasion“ und „Live In Hellvetia“ in die dritte Liverunde und bieten auf fast 80 Minuten einen bunten Querschnitt durch die meisten Highlights einer fast 25jährigen Karriere. Keine andere Band schafft es Heavy Metal Klischees in solch süßlichen Hymnen zu verpacken, wie es FREEDOM CALL seit jeher meisterlich verstehen. Es wimmelt von „Unicorns“, „Rainbows“, „Kings & Queens“, „Rainbows“, „Warriors“, „Light“, “Happiness” und natürlich “Metal” in all seinen Schreibvarianten. Das Livealbum wurde beim Metalfest in Pilsen und einer Clubshow in Regensburg mitgeschnitten. In der Audiovariante aber ergibt sich der Eindruck einer zusammenhängenden Show. „The M.E.T.A.L. Fest“ funktioniert sowohl als „Best Of“ für Neueinsteiger als auch als sinnvolle Sammlungsergänzung für Altfans und gute Laune ist hier garantiert. Dass die Band tadellos agiert und Frontkuschelbär Chris Bay mit seiner sympathischen Art selbst den bösesten Black Metaller zum Grinsen und Schunkeln bringt, versteht sich mittlerweile fast von selbst. Als Bonus fungiert der neue Studiotrack „The M.E.T.A.L. Fest“, eine bandtypische Mid-Tempo Hymne, welche live sicherlich großen Anklang finden wird.
Weiters liegt dem Package eine Blu-Ray (oder DVD, so sicher ist man sich nicht: das Plattenfirmen Info spricht abwechselnd von beidem, auf dem Backcover ist eine DVD ausgewiesen, drinnen scheint aber eine Blu-Ray zu sein) bei, welche mich etwas überfordert zurücklässt. Hauptteil ist ein Feature „The Film“ betitelt, welcher auch aus den beiden Shows besteht (mit leicht anderer Setlist als die CD). Ich persönlich finde es relativ verstörend einem Livekonzert zu folgen, wo sich innerhalb eines Songs mehrfach die Location und auch das Line-Up (Drummer Chris Widman in Tschechien und Kevin Kott auf den Regensburg Aufnahmen) ändern. Die Bildqualität vom Metalfest ist exzellent und die aus Regenburg etwas schwächer, aber immer noch sehr gut. Ich verstehe, dass das als Film und nicht unbedingt als klassischer Konzertmitschnitt konzipiert wurde, irritierend ist es dennoch.
Darüber hinaus gibt es ein witziges und mit neidisch machenden Aufnahmen versehenes, 20minütiges Video vom 70.000 Tons Of Metal Trip in der der Karibik.
„The M.E.T.A.L. Fest” ist eine runde Sache für Fans und solche, die es werden wollen, auch wenn bei mir der Audiopart deutlich öfter als der Videopart laufen wird.
Der Marcel ist ein Dummer, aber EXISTENT sind nicht scheiße. Der Opener klingt sehr typisch nach dieser Neuen Deutschen Härte, mit Marcels leidend-pathetischem Gesang und diesen eingängigen-klebrigen Zeilen, leicht aufdringliche Refrain gibt es auf der CD immer wieder. Ab er wer genau hinhört, der bemerkt hier schon einen anderen Ansatz: Nicht Underdog-Gejammer, sondern Gesellschaftskritik ist angesagt. Und in der Folgezeit beschränken sich die Hamburger Jungs nicht auf das Kopieren der Deutschrock- und Metall-Blaupausen von BO über DTH und DÄ bis RS. Das ganze Feeling ist punkiger als vieles im polierteren Deutschrock-Bereich, trotz sehr, sehr, sehr professioneller Produktion. Das Prädikat der Kompetenz verdient sich auch die Präsentation – das golden-schwarze Make-Up der Jungs auf Fotos und in Videos sowie das Layout des Digi-Packs (inklusive Poster) sind echt schick und markieren einen weiteren Schritt nach vorn. Klar, es gibt immer wieder Parallelen zu den genannten Platzhirschen, aber im Groben machen die Hansestädter ihr eigenes Ding und letzteres bringt Spaß. Das Abschluss-Duo „Willkommen im Untergang“ und das Klavier-Outro „Untergang“ – „…die Welt ist abgedreht, bevor dieses Stück zu Ende geht…“ – lässt einen aber recht nachdenklich zurück. Wer hätte schon gedacht, dass die Titanic jemals untergeht? Aber wenn das schon alles so kommen wird, dann gibt es ja immer noch ganz gute Musik. Jedenfalls sind EXISTENT keine stillen Helden, weder plump noch peinlich und schon gar nicht … scheiße.
Jaja, CREEPING DEATH. Der Name ist … Ach neeee. Ja und Corpsegrinder mischt mit bei „Intestinal Wrap“ (lecker!). Und Texas! Steht ja vor allem mit den großartigen Frozen Soul im Verdacht, in Sachen Death Metal mächtig aufzuholen. Natürlich protzen die Info-Schreiber sogleich mit brutalen Riffs (stimmt!) und Südstaaten-Grooves (hmmm. Schon mal was von Crowbar gehört?) und Spielfreude (okay) daherkommen. Dann noch Name-Dropping (produziert von Killswitch Engage-Gitarrist Adam Dutkiewicz – As I Lay Dying, The Acacia Strain, Underoath) und ein bisschen von Metalcore-Einschlag rhabarbert (Mammoth Grinder, Iron Age und Power Trip) und schon ist er fertig, der fruchtbarste, frische Spross „Boundless Domain“ der nicht ganz so neuen texanischen Death-Metal-Herde. Nur: Ganz so geil ist das alles nicht, auch wenn „Vitrified Earth“ zum Beispielg fett groovt und gut nach vorne geht. Letztlich klingt das alles ein bisschen zu beliebig, nicht so furchterregend wie geplant, nicht so monolithisch wie die Vorbilder, nicht so mitreißend wie erhofft. Aber dennoch ganz gut. Und live dürften die Cowboys reinhauen wie die wilden Pferde, die sie normalerweise zureiten. Hü-a-hoh!