Das Schweizer Duo DIVISION KENT, bestehend aus Andrea B. und Sky Antinori, liefern mit ihrem Debüt "Monsterproof" eine auf ihre eigene Art Retro klingende Synthiepop-Scheibe ab - denn die überwiegenden Anzahl der Songs atmet hörbar die Luft der Achtziger, irgendwo zwischen Elektro- und Gitarrenpop, NDW und New Wave und mit einer melancholischen Grundstimmung versehen. Die Texte sind je nach Lust und Laune in englisch, französisch aber auch mal deutsch gehalten und ähnlich wie die musikalische Ausrichtung minimalistisch angelegt. Das dieser tanzbare Minimalismus manchesmal zu weit geht, nimmt dem Album aber einiges von seiner Durchschlagskraft und erzeugt so einen Effekt der Monotonie und der Oberflächlichkeit. Trotzdem ergatterten DIVISION KENT schon mit ihrer ersten Scheibe einen Majordeal bei Sony BMG und sollten so auch einiges an Unterstützung und Airplay für "Monsterproof" kriegen. Als Anspieltipp kann man neben der gelungenen Single "Faraday Cage" das entspannende "Frantic", das von kräftigen Elektrobeats getragene "All You Fantasized", das fast 7-minütige trippige "Brooklyn Dub" und das abschließende, untypisch schnelle und fast schon elektro-punkige "Bordello Affair" nennen; wobei vor allem bei den erstgenannten, ruhigeren Tracks der Gesang von Andrea B. heraussticht. Mit diesem Album wird DIVISION KENT bei der Synthiepopgemeinde sicher Freunde finden, darüber hinaus bleibt die Luft aber erst mal dünne.
"The Adversary" ist in Schwarzmetallkreisen das wohl am Meisten erwartete Werk 2006! Groß waren die Erwartungen nach dem zu Recht stark umjubelten EMPEROR - Abschiedswerk "Prometheus", aber ungleich größer die Spannung, was Ihsahn stilistisch auf seinem Solo - Debüt zelebrieren würde. Electro, Industrial, etc. wurde gemutmaßt, aber "The Adversary" bestätigt keine der zahlreichen Vermutungen. Das Album ist die konsequente Essenz der EMPEROR - Karriere und zeigt einerseits die immer noch vorhandene Liebe zu Black Metal auf, andererseits aber auch des Masterminds Affinität zu progressiven Klängen und arg verschachtelten Songstrukturen. Selbst getragene Passagen und ruhige Momente haben sich eingeschlichen, so dass man dieses Debüt in keine Schublade packen kann. Ein Stück wie das äußerst eingängige "Called By The Fire" (der wohl einzige "Hit" des Albums") besitzt sogar viking - metallische Hymnenhaftigkeit, während sich der Rest eher zum Durchhören am Stück eignet. Black Metal trifft auf Artrock, typisches Gekreische auf cleane Chöre, hohe Kopfschreie und sogar Operngesang, alles vermischt zu einer mitreißenden, aber auch anfangs sehr gewöhnungsbedürftigen Mischung. Selbst nach zig Durchläufen will sich "The Adversary" nur schwer erschließen; das Album ist wohl so etwas wie "düstere Weltmusik", ohne Grenzen, ohne Tabus, mit viel Mut, aber auch sicher genauso viel Ablehnung von der "Basis". Ich persönlich denke, dass Ihsahn (der alles selbst geschrieben und bis auf die Drums auch selbst eingespielt hat) hier zusammen mit Drummer Asgeir Mickelson (BORKNAGAR, SPIRAL ARCHITECT) ein Meisterwerk eingespielt hat, über das in der nächsten Zeit viel diskutiert werden wird. Rein qualitativ und kompositorisch (wenn auch nicht wirklich stilistisch) liegt das Album etwa auf einer Höhe mit "Prometheus", was locker den "Tipp" rechtfertigen würde, jedoch leidet es unter einer mehr als gewöhnungsbedürftigen Produktion. Das dringend benötigte volle Volumen ist nicht vorhanden, und alles wirkt soundmäßig irgendwie dünn; die Keyboards quietschen blechern, und die Drums haben keinen Wumms und klingen wie "Bonduelle" - Erbsendosen. Trotzdem sollten sich aufgeschlossene Fans an "The Adversary" heranwagen und dem Album ganz ohne Hintergedanken an EMPEROR eine faire Chance geben!
Lange war es still um Schwedens Vorzeige-Glamrocker HARDCORE SUPERSTAR. Nach ihrem letzten Album (2003) haben die Jungs anscheinend ne Auszeit und etwas Abstand voneinander gebraucht. Aber wie das bei Vollblutmusikern so ist, brannte das Feuer in ihnen weiter und letztes Jahr traf man sich wieder, trank einen und hörte MÖTLEY CRÜE - und schon waren neue Songideen geboren. Oder so ähnlich. Fakt ist, dass HARDCORE SUPERSTAR auch 2006 besten Glamrock liefern, wie er heute kaum noch gespielt wird. Die Einflüsse sind klar, neben CRÜE natürlich auch alle anderen üblichen Verdächtigen. Da überrascht es nicht, dass die zwölf Songs wie eine einzige Hommage klingen und voller gelungener Hooks, Mitsingparts und Gepose sind. Die Schweden sind mittlerweile gestandene Mucker und wissen, wie man einen anständigen Rocksong schreibt ("Last Forever" oder das rockende "We Dom’t Celebrate Sundays"), einzig die Halbballade am Ende ist lahm. Für Freunde gepflegten Posens ist "Hardcore Superstar" genau das Richtige. Und dabei schön Whiskey trinken und die MC-Bio lesen…
Nach ewigen Drogeneskapaden und dem Split mit der "besseren Hälfte" Paul Barker musste man sich um das Industrial - Flaggschiff MINISTRY echte Sorgen machen. Aber wenn erneut eine Bush - Regierung die Welt unsicher macht, dann scheint ein Al Jourgensen (verständlicherweise) so dermaßen angepisst zu sein, dass er die "New Ministry Order" ausruft. Die Scheißpolitik seiner Regierung scheint bei dem Wahl - Texaner (!) der treibende Motor zu sein, was nach "Psalm 69" mit dem Überhit "N.W.O." spätestens das famose 2004er Werk "Houses Of The Molé" bewies. Doch das Line - Up währte nicht lange, und auch das gewöhnungsbedürftige, experimentelle neue REVOLTING COCKS - Werk deutete nicht darauf hin, dass diese Topform von MINISTRY anhalten würde. Aber denkste! Der gute Al scheint so einen dicken Hals und mindestens doppelt so dicke Eier zu haben, dass er sich mit Paul Raven (KILLING JOKE) und Tommy Victor (PRONG, DANZIG) die wohl stärkste Formation der Bandgeschichte ins Boot geholt hat, die zudem live noch von Joey Jordison (SLIPKNOT) verstärkt wird, der an den Drums Mark Baker ersetzt. Was soll da schief gehen?! "Rio Grande Blood" ist nicht nur die mit Abstand härteste und rifflastigste Scheibe seit "Psalm 69" geworden, sondern auch die beste! Selbst der bärenstarke Vorgänger wird ausgebremst, wenn mit allerlei "Zitaten" versehene Granaten wie der Titelsong, "Fear Is Big Business", "Lies Lies Lies", das gegenüber der vorab veröffentlichten Version veränderte "The Great Satan", das von Punk - Ikone Jello Biafra unterstützte "Ass Clown" oder das psychedelische "Khyber Pass" aus den Boxen hämmern! Ultrafett produziert, thrashiger (teilweise sogar fast schon schwarzmetallisch - heftig) als der Vorgänger, technisch brillant und mit durchgehend hammerstarken Kompositionen bestückt, zeigt "Rio Grande Blood" eine Band, die sich nach 25 (!!!) Jahren auf ihrem absoluten Höhepunkt befindet. Und wenn dummes, kleines Schorse Sachen wie "I am a weapon of mass destruction, I am a brutal dictator, I am the evil!" oder auch "I am an asshole!" von sich gibt, kann man eh nur noch Beifall klatschen. Dazu passt das grenzgeniale Cover - Artwork, das zusätzlich unterstreicht, dass MINISTRY anno 2006 die wahrscheinlich beste "politische" Band des Planeten sind. Und das in jeder Hinsicht!!!
Abgesehen von ihren frühen Werken befand sich MOONSPELL in einem steten Wandel, kein Album war wie das nächste, mit "Sin/Pecado" und vor allem "The Butterfly Effect" verloren sie die düstere Wütendheit und damit viele Fans. "The Antidote" zeigte die Portugiesen dann auf dem Gipfel ihrer Kreativität, eingängige "Bretter" aber waren diese Alben alle nicht. Doch mit "Memorial" bleibt alles anders. Wiederum ist dieses Album ganz sicher nicht wie erwartet und wird doch viele der mittlerweile auch erwachsen gewordenen Fans der "Wolfheart" und "Irreligious" Zeit aufhorchen lassen. Und wenn der Albumtitel das Andenken schon anspricht, darf man sich erinnern: Die Kombination aus einem düsteren Intro mit viel Geläut und anschließendem harten Track kennt man schon von Ihnen. Und auch wenn der Übergang von "In Memoriam" zu "Finisterra" nicht ganz so flüssig verläuft wie seinerzeit bei "Opium", ist das sehr flotte "Finisterra" mit seinem brachialen Death Metal geküssten Vocals ein wahrer Befreiungsschlag. "Memoriam" ist das Album, das viele MOONSPELL Jünger lange erwartet und doch wohl nicht mehr daran geglaubt haben. Musikalisch kann es gegen "The Antidote" schwer bestehen, die rohe Gewalt ihrer Erstlinge will es gar nicht erreichen. Blitzsauber produziert und bombastisch inszeniert und durchgestylt sind Songs wie das dramatische "Upon The Blood Of Men" als vielschichtige Metalkracher angelegt, die zwar nicht ganz so hart wie DAEMONARCH zur Sache gehen aber ganz klar schwarzmetallische Elemente in die Musik bringen. Ribeiro kann noch immer klar singen um in der nächsten Sekunde zu Brüllen, beim etwas wirren "At The Image Of Pain" tut er dies im Wechsel in Vollendung. Bei zwei Keyboardern ist viel Platz für atmosphärische Begleitung. Mit dem düsteren "Sanguine" haben sie sich zumindest eine kleine Hymne geschrieben die ins Liveprogramm gehört. Sehr schmissig, wenn nicht gar poppig ist das brave "Luna" - und als einziger echter Ausreißer aus der metallischen Gewalt bleibt er im Gedächtnis: Weibliche, geschmachtete Vocals im Chorus, eine schöne Melodie und gedrosselte Härte. Nur an einigen wenigen Stellen des Albums klingen MOONSPELL so, als hätten sie Songs ihrer beiden frühen Erfolgsalben durch den musikalischen Reißwolf gedreht. Der Großteil der dichten Songs überzeugt aber lässig, kein bisschen müde sind sie wieder mehr Metal als auf all ihren Alben der letzten zehn Jahren zusammen. Von der Spielzeit des Albums sind effektiv etwa 10min für einen Hidden Track abzuziehen.
Ich frag’ mich immer wieder, warum Leute aus einem Sonnenscheinstaat wie Kalifornien so wütende Mucke machen können, wie es bei APIARY der Fall ist. "Lost In Focus" ist eine gnadenlose Abrissbirne, die mit umbarmherziger Wucht immer wieder auf den Hörer einschlägt und hn nach den deizehn Songs zerstört zurücklässt. Sänger Jason ist mit einer brutalen Stimme gesegnet, die - wenn auch auf Dauer etwas eintönig - seine ganze Wut und die angestauten Aggressionen herausbrüllt und perfekt zum Riffgewitter von APIARY paßt. Die beiden Saitenhexer legen keinen Wert auf Eingängigkeit oder trendige schwedische Melodien, sondern suchen mit irrwitzigen, brutalen Riffs die Erleuchtung in Zerstörung. Dass die Rhytmusfraktion den beiden in nichts nachsteht und die komplexen Songs mit einem wanhwitzig anmutenden Beat unterlegt, dürfte klar sein. Man ahnt es, "Lost In Focus" ist keine einfache Scheibe. MESHUGGAH treffen auf Hardcore. Nur wütender und dabe nicht ganz so genial wie die Schweden nunmal sind. Denn leider werden APIARY mit jedem Track berechenbarer - es gibt nicht so viel Variation in ihrem Spiel, dass man sich bei den abschließenden Songs noch einmal vor Überraschung die Ohren reibt (oder so). Für ein Debüt geht "Lost In Focus" aber vollkommen in Ordnung. Das Potential der Jungs wird deutlich und für ne Runde Mitbewohner nerven ist die Scheibe auch prima geeignet. Nur die Langzeitmotivation will sich nicht einstellen.
Thorsten WINGENFELDER - wem dieser Name nicht gleich soviel sagt, für den sei erwähnt, dass der gebürtige Hamburger (Jahrgang 1966) seit nahezu 20 Jahren als äußerst erfolgreicher Gitarrist, Komponist und wie er es am liebsten nennt "Teilzeit-Sänger" bei FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE aktiv ist. Mit seinem englischsprachigen Solodebut "Driftland - Songs Of Love And Hope" vor rund drei Jahren hatte er bereits ein sehr gelungenes Werk am Start und mit dem aktuellen "360° Heimat" legt er endlich einen mehr als würdigen Nachfolger vor. Die musikalische Richtung hat sich nicht so stark verändert, es wird größtenteils amerikanisch geprägter Songwriterrock der Marke BRUCE SPRINGSTEEN geboten, allerdings sind die Titel diesmal komplett in Deutsch eingesungen. Auch dieses Album enthält wieder 10 melancholisch rockig-balladeske Songs die von Tom Ripphahn, einem langjährigen Freund Wingenfelders, mit einem sehr erdig klingenden Liveambiente produziert und abgemischt wurden. Im Winter 2004/2005 wurde dabei aufgenommen wobei die Songs anfänglich zunächst mit englischen Texten versehen waren aber nach einer Art Geistesblitz schrieb Wingenfelder die Stücke ins Deutsche um bzw. textete einzelne Passagen komplett neu. Das kostete ihn zwar seinen Plattendeal, so dass er die Aufnahmen selbst finanzieren musste, aber die künstlerische Freiheit war ihm wichtiger.
Jedem Fan des Vorgängeralbums sowie von deutschsprachiger Rockmusik wird "360° Heimat" ganz sicher auf Anhieb sehr gut gefallen, der Gesang ist manchmal etwas kantig aber gut und erinnert mich ein wenig an Herwig Mitteregger (SPLIFF). Das Ganze wirkt dermaßen leicht und ungezwungen, so daß nicht nur dass äußerst gelungene Songwriting dieser handgemachten Musik mit Gitarre, Schlagzeug, Bass & Hammondorgel ohne jegliche technische Spielereien zusammen mit den gefühlvollen, teilweise autobiografischen Texten ein stimmiges Gesamtbild abgibt. Nachdem WESTERNHAGEN schon lange nichts mehr wirklich Gutes aufgenommen hat und KUNZE auch immer längere Pausen macht, bietet Torsten Wingenfelder mehr als "nur" ein lohnenswerte Alternative. Was mir wirklich gut gefällt sind diese fließen, ehrlichen Texte ohne diese nervige erhobene Zeigefingermentalität, er ist vielmehr ein eher beschreibender Lyriker und will seine "Meinung" nicht um jeden Preis an den Mann bringen. Egal ob leicht contrymäßig wie bei "Die Unperfekten", dann wieder melancholisch-packend beim Titelsong "360° Heimat" oder auch das recht pathetische-bluesige aber nie platte "Wir werden sterben" - stets werden großartige Melodien mit tollen Gesang sowie viel Gefühl zu einem überzeugenden Mix verschmolzen. Als weitere Highlights sind das opulente "Totgeburt der Stunde", das wirbelnde sowie FURY-deske "1966" sowie die liebevoll bzw. wunderbar leicht daherkommende "Fab Four" Homage "An dem Tag, als ich die BEATLES traf" zu nennen - wirklich sehr gut. Diese solide Scheibe ist der ideale Soundtrack für die hoffentlich kommende vielen lauen Sommernächte bei denen man egal ob auf der Veranda, beim Campen oder auch einer lockeren Party zusammen mit diese Musik wunderbar abtauchen kann.
"Hydrodynmaic Wave", das Debütalbum der Italiener LUNAR SEA, hat mir in den ersten Sekunden einen großen Schrecken ob des sehr powermetallischen Anfangs eingejagt. Die Gitarren versprachen nichts Gutes und ließen mich einen Eunuchen-Sänger erwarten. Aber als dann Sänger Angelo das erste Mal zum Einsatz kommt, kann er mit seiner aggressiven Death Metal-Röhre die Angst vertreiben. Schon einige weitere Sekunden später hat er seinen ersten cleanen Part und macht die Vorliebe für SOILWORK deutlich. Songaufbau, Chorus, Gesang, Gitarrenarbeit - alles von den schwedischen Vorreitern beeinflusst. Das es sich bei LUNAR SEA aber nicht um einen gesichtslosen Klon handelt, wird in den anderen Songs deutlicher. Die Band bemüht sich um eine eigene Identität und hat dazu neben dem typischen schwedischem Melodic Death starke schwarzmetallische Einflüsse, etwas Power Metal und eine akzentuierte Synthie-Arbeit, was zusammen ein vielschichtiges Melodic Death Metal-Album mit eigener Note ergibt. LUNAR SEA setzen sehr auf einen starken Chorus, einen häufigen Wechsel zwischen aggressivem Gesang und cleanen Parts und - natürlich - verdammt viel Melodie. "Hydrodynamic Wave" entpuppt sich nicht überraschend als sehr ohrschmeichelnd und mit genug Talent eingespielt, um im internationalen Vergleich bestehen zu können. Es finden sich zwar (noch) nicht die Mega-Hits auf der Scheibe, aber Songs Marke "Hate Net On Barren Heart" hat durchaus Potential und läßt auf eine Weiterentwicklung und gute Promotion für die Band hoffen, dann geht da was