"Ein kaltes, ein kaltes - Ein Glas Bier - Ein zweites, ein drittes - Und auch die Vier - Das ist, was ich "wunderbar" nenne! - Das ist, was ich jede Nacht mache!" - so lautet die erste Strophe des Songs "Thrash Alkoholisation" der polnischen Thrasher THE NO-MADS, die damit nicht nur (wenn auch …ähm… holprige) gute Deutschkenntnisse beweisen, sondern auch gleich klarstellen, wo die Bandphilosophie hängt. Mächtig Spaß inne Backen haben die Jungs um die fiese Frontdame Alkoholady Sylwia, die sich hier sowohl stilistisch, als auch von den weiblichen Gröhl - Kotz - Vocals her als sehr patente, osteuropäische Antwort auf HOLY MOSES outen. Auf Experimente wird bis auf die lustige Operneinlage "The Caprice", inklusive Gastsänger, verzichtet; es dominiert fixer, zuweilen auch in heftigem Midtempo gespielter, stampfender Thrash, der ohne Umwege direkt auf den Punkt kommt. Durchweg sehr coole Songs wie der Opener "The Day After", die Abrissbirnen "Insane" und "Mercyful Hate" (geiler Titel!) oder das ebenfalls in tapsigem Deutsch gesungene "Keine Eintracht" sollten jedem Old School - Thrasher zusagen, der etwa besagte HOLY MOSES, aber auch SODOM oder EXODUS mag und nicht immer alles zu ernst nimmt. Bleibt zu wünschen, dass uns diese Band mal auf der Bühne heimsucht, denn die Stücke von "Deranged" schreien geradezu danach, bei einem kalten Bier mit kreisender Birne abgefeiert zu werden!
Da sind sie wieder, die spanischen Retro - Rocker! SEX MUSEUM geistern bereits seit 20 Jahren durch die Szene, konnten aber zumindest hierzulande nie den großen Wurf landen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, bekommt man einen völlig veralteten Sound zu hören, der nur 70er - Jahre - Krautrocker zu begeistern vermag. Das Songwriting ist zwar über einige Strecken hinweg recht unterhaltsam ausgefallen, doch das völlige Fehlen von Power und Dampf dürfte selbst nicht ganz so harten Rockern übel aufstoßen. Allgegenwärtig ist die stets munter vor sich hin quietschende Hammond - Orgel, die die Gitarren meist übertönt und "United" eine fast schon heftige Schlagerseite beschert. Auch die guten, alten Truck Stop kommen einem bei einem Stück wie "The Distance (Despedida A La Francesca)" in den Sinn, deren Härteniveau SEX MUSEUM dann auch in etwa halten. Softe Retro - Rock´n´Roller könnten daher vielleicht Gefallen an Songs wie "Ghost Without A Will", "Mother Nature" (erinnert irgendwie an Humppa…) oder "Something For Real" (gähn!) finden, aber ich habe die Befürchtung, dass es von dieser musikalischen Fan - Gattung nicht allzu viele Exemplare gibt…
Mit ihrem selbst betitelten Debüt haben die Dänen im vergangenen Jahr ein erstaunlich reifes Werk vorgelegt. Zwar wurden - durchaus zu Recht - durch die Bank Vergleiche vor allem mit RADIOHEAD angestellt, aber der intensiven Atmosphäre ihres melancholischen Alternative Rock konnte man sich einfach nicht entziehen. Melancholisch ist auch das neue Album, und auch der Einfluss der oben genannten Band ist nicht verschwunden, wie Songs wie der Opener "Eights" oder "Rorschack" zeigen. Aber er ist geringer geworden und zum Teil 80er New Wave-Anleihen gewichen. Songs wie "Falling/Laughing" oder "Paramount" erinnern stark an JOY DIVISION oder auch die alten CURE. Eine weitere Veränderung stellt der Gesang von Bandkopf Kristian Funder dar, denn der ist eine ganze Ecke tiefer und ruhiger geworden. Gefühlsausbrüche wie auf dem ersten Album gibt es dadurch zwar nicht mehr, dafür hat seine Stimme aber deutlich an Charisma gewonnen. Eine Parallele zum Debüt wiederum stellt die Vielfalt der Songs dar, die vom getragen epischen "Five Flame" bis zum schwer rockenden "Call It" reicht. Allerdings werden die Extreme nicht mehr so stark ausgespielt, was schade ist, denn genau das macht "Limits" etwas weniger interessant und originell als den Vorgänger. Dafür ist das Album insgesamt aber runder und eingängiger, so dass JOYCEHOTEL damit sicherlich einige Fans hinzu gewinnen werden. Und vor allem ist "Limits" immer noch eine überdurchschnittlich gute Scheibe, randvoll mit hervorragenden und gut arrangierten Songs für Leute, die mit Gute-Laune-Musik nichts anfangen können und wollen.
STEVE HACKETT gehört immer noch zu den außergewöhnlichsten Gitarristen der heutigen Zeit und er macht konsequent dass, worauf er gerade Lust hat ohne Rücksicht auf Verluste, musikalische Berechenbarkeit kann man ihm daher ganz sicher nicht vorwerfen. Ebenso ungeachtet aller derzeit neu aufgeflammter GENESIS Original-Reunion Gerüchte zeigt er sich hiervon völlig unbeeindruckt und hat auf seinem aktuellen Werk "Wild Orchids" wieder ein absolut schubladenfreihes Stück Musik abgeliefert.
Sein "kleines" Kammerorchester ist ebenfalls wieder im Einsatz aber die neue CD ist dann doch etwas weniger "nur" klassisch ausgerichtet als der Vorgänger "Metamorpheus", es kommen u.a. rockigere Routs verstärkter durch. Da der Titelaufdruck meiner Promo leider nicht mit den Songreihenfolge übereinstimmt, möge man mir die ein oder andere etwaige falsche "Benamsung" bitte verzeihen. Gleich beim gelungenen Opener "A Dark Night in Toytown" wird diese prägende Mischung aus opulenten Streicherspitzen verbunden mit virtuosen Gitarrenmotiven beispielhaft demonstriert, der DAVID BOWIE-mäßige Gesang paßt ebenfalls ganz gut dazu. Orientalisch/Karibische geprägte Melodiebögen mit starken Ethnoklängen, auch dank großzügigem Sitareinsatz, werden gekonnt auf "Waters Of The Wild" überzeugend vermengt. An "Down Street" werden sich die Geister etwas scheiden, mir gefällt dieser stark Barry WHITE erinnernde Sprechgesang eher weniger, die Jahrmarktsklänge sind so schon öfters verbraten worden aber der stark blusige Touch kommt wieder positiv rüber. Wie schon gewohnt, kein Album klingt bei Hackett so wie dass andere, er wagt diesmal sogar einige gelungene Ausflüge in Folk oder besser gesagt Countrygefilde, er möchte die Barrieren zwischen Kulturen auflösen - dies gelingt dabei meistens wie bei dem äußerst griffigen "Man In The long Coat" (BOB DYLAN Cover). Hier erinnert er mit nölendem Gesang an eine Mischung zwischen Mark KNOPFLER und Johnny CASH, dass Gitarrensolo hier ist einfach nur brillant gemacht.
Insgesamt ist "Wild Orchids" ein mehr als solides Werk geworden, mit vielen schönen Stimmungsbildern, zwar vielleicht für Progfans nicht mit der absoluten Experimentierfreudigkeit und unerwarteten Wendungen, aber es gibt immer noch viele tolle Ideen sowie wunderbare Symbiosen aus Rock mit deutlicher Klassikbetonung, jedoch glücklicherweise ohne zu stark in Richtung E-Musik abzuschweifen. Wie Hackett solche zerbrechliche fast schon soundtrackartige Songs wie "She Moves In Memories" und dann wieder straighte Rocker "Ego Asnd I" gleichermaßen packend auf einer Pladde serviert, zeugt schon von großer ganz großer Songwriterkunst und gelebter Umsetzung von Soundvisionen. "Wild Orchids" bildet daher für alle etwas aufgeschlossenen Hörer, abseits jeden Genredenkens, eine äußerst interessante CD.
Neben der reviewten regulären Ausgabe erscheint noch eine Special Edition mit vier zusätzlichen Bonustracks.
Wenn Cathedral’s Lee Dorian was über sein eigenes Label Rise Above veröffentlicht ist man in der Regel von Durchschnittsware genauso weit entfernt wie von gewöhnlicher Hard’n’Heavy-Kost. Dies trifft auch auf das insgesamt vierte Album von FIREBIRD zu. Kurz und schmerzlos "Hot Wings" betitelt liefert ex-Carcass und Napalm Death Gitarrist Bill Steer 10 Songs ab, welche ihre Wurzeln im bluesigen Hard Rock der Siebziger haben, geprägt von Bands wie Deep Purple, den frühen Whitesnake, Cream und natürlich Led Zeppelin und Hendrix. Mr. Steer hat sich schon seit Jahren Meilenweit von dem entfernt was Grindcore und andere Metal-Kapellen der härteren Gangart in den Neunzigern mal waren und scheint im Blues seine Seeligkeit gefunden zu haben. Und dementsprechend qualitativ gut kommt "Hot Wings" dann auch aus den Boxen. Vom treibenden Opener "Carousel", dem nachfolgenden rhythmischen Rocksong "Good Times", über das intensive und mit einem im Ohr hängen bleibenden Refrain versehene "Horse Drawn Man" und dem cool groovenden "Bow Bells" bis zum überbluesigen Schlusspunkt "Needle In The Groove" liefert FIREBIRD gut gemachte Rockmusik, rau und erdig produziert sowie mit Gefühl und Emotionen vorgetragen. Dabei wird selten die 4-Minutenmarke überschritten und diese zeitlose Zeitreise ist für Fans oben genannter Referenzbands und deren Umfeld ein abwechslungsreicher, wenn auch nur knapp 40-minütiger Trip.
Oha, da hat wohl jemand lange alte CANNIBAL CORPSE gehört? "Relentless" hat einen Klang, der aus dem legendären Morrisound kommen könnte und stark an alte "The Bleeding"-Zeiten erinnert. Leider hinken ERADICATE den legendären Kannibalen musikalisch mindestens zwei Schritte hinterher, mehr als Standard-Kost haben sie auf "Relentless" nicht zu bieten. Technisch ist zwar alles annehmbar, was in vielen coolen Parts mündet ("Buried To Suffocate"), aber zu eben mehr reicht es nicht. Kein Song kann wirklich von Anfanng bis Ende überzeugen. So schleppt sich das Album dahin, mit ein paar Lichtnlicken, aber auch viel zu viel langweiligen, sich widerholenden Passagen. Kein Album, dass ich in ein paar Jahren nochmal aus dem Schrank holen werde, um mich an die gute alte Zeit zu erinnern. Ganz im Gegensatz zu "The Bleeding". Damals, das waren noch Zeiten…
FRANKENSTEIN DRAG QUEENS sind wohl leider endgültig Geschichte, da ist es ein kleiner Trost, dass der etwas anämisch aussehende Wednesday 13 weiterhin aktiv ist und unter eigenem Namen Horror-Rock macht. Wie schon beim letztjährigen Album ist auch "Fang Bang" eine wilde Mischung aus Punk, Rock und Metal - immer schön schnell, schön augenzwinkernd böse und schön rotzig. Ist der Opener "Morgue Than Words" noch sehr in Richtung Psychobilly unterwegs, wird im weiteren Verlauf in allen Genres gewildert, "Die Sci Fi" entpuppt sich als getragene Halb-Ballade, während "Haddonfield" ein fast schon Stadion-kompatibler Mitgröhl-Rocker ist. Dem Punkrock hat Mr. Wednesday wieder mehr Platz eingeräumt, das ganze Album klingt dadurch spontaner und dreckiger. Am Gesang wurde aber nichts verändert, wer mit dem dreckigen Gesang bisher gut leben konnte, wird auch bei "Fang Bang" nicht enttäuscht. Der Gesang ist es dann auch, der "Fang Bang" sehr viel Atmosphäre gibt und Altmeistern wie ALICE COOPER in nichts nachsteht. Bis auf zwei Ausnahmen ("Curse Of Me" und das angesprochene "Die Sci Fi") sind die Songs derbe treibende Rocker, die man einfach nicht ruhig sitzend anhören kann. Mit diesem Album läßt sich das Dahinscheiden der Drag Queens etwas leichter verschmerzen. In diesem Sinne: rock on, dude!
Scarlet Records hatten beim letzten LORDS OF DECADENCE-Album immerhin noch die Idee, das Album nachträglich zu lizensieren, warum "Bound To Fall" nicht gleich bei den Italiern erscheint, ist da unverständlich. Die hervorragende Scheibe bietet alles, was sich ein Freund melodischen Death Metals wünschen kann und hat elf erstklassige Songs, die sich locker mit etablierten Bands messen können. Na ja, manchmal kommen Labels zu unverständlichen Entscheidungen. So muss man sich die Scheibe erstmal über die Homepage der Band bestellen, für 12€ kann man da nicht meckern. Die Band hat nochmal eine Schippe draufgelegt und "Bound To Fall" noch abwechslungsreicher, vielschichtiger und gleichzeitiger massenkompatibler gemacht. So ist der Anteil des klaren Gesangs stark ausgebaut worden, was in einigen sehr coolen Songs resultiert, wie dem sehr an SOILWORK erinnernde "The Hero’s Day". Die aggressiven Gesangsanteile wurden glücklicherweise nicht zu sehr in den Hintergrund gedrängt und verleihen dem Sound die nötige Härte, um nicht als blutarmer IN FLAMES-Klon durchzugehen. Dazu tragen natürlich auch die tollen Gitarren ihren Teil bei, die sowohl anständig braten können ("This Feeling"), als auch unendlich melodisch zu klingen ("Open Wounds"). Die dezent eingestreuten Hardcore- und sogar HipHop-Anteile lassen die Platte nur noch komplexer wirken, ohne aufgesetzt zu klingen. Eine klasse Leistung der vier Kerle, die sich mit dieser Platte locker einen Platz im CD-Regel eines jeden Schwedenjüngers sichern können sollten. Wenn es nicht total mit dem Teufel zugeht und alle Label dieser Welt auf ihren Ohren sitzen, wird sich auch jemand die Lizenz für die Scheibe schnappen und "Bound To Fall" in jeden Plattenladen bringen. Verdient haben das LORDS OF DECADENCE mit dieser tollen Scheibe auf jeden Fall!