JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE ist ein im positiven Sinne beklopptes Projekt. In ihren Anfangstagen haben sie ihre Scheiben noch für lau verschickt und gratis ins Netz gestellt. Die Zeiten sind mittlerweile vorbei, die Band hat sich unter Label-Fittiche begeben. Immerin ermöglichen Bastardized Records diese Compilation mit dem schönen Titel "Früher war auch nicht alles gut" (stimmt ja auch, früher war alles besser!), auf der 32 rare JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE-songs zu finden sind, inklusive der vier bisher unveröffentlichten Songs vom Demo. Alle Songs wurden in ihrem ursprünglichen Soundgewand belassen, was aber in keinem Fall negativ zu sehen ist. Jeder Track ist für Freunde des gepflegten Fun-Grinds sicher eine kleine Offenbarung, zu denen man gut das DIY-Bastel-Cover fertigmachen kann. Nur Schere, Kleber hinzu und fertig ist das Cover! Schön. Eine liebevoll aufgemachte Compilation voller interessanter Tracks wird so noch spezieller gemacht.
Im Vereinigten Königreich sollen LOST FOUND BROKEN eine ganz große Nummer sein, mit allem was dazugehört, ausverkaufte Konzerte, kreischende Mädchen und so. Vielleicht liegt es daran, dass ich kein Brite bin, aber so recht will sich mir nicht erschließen, was an "This Is What We Live For" so doll ist. Die gesamte Scheibe plätschert so vor sich hin und gibt nur tausendmal gehörte Ideen wieder. Und auch wenn die ganz ansprechend verpackt sind, ist kein Song so herausragend, dass er als Genre-Hit durchgeht. "This Is How They Made The Godfather" rockt zwar ganz ordentlich und hat einen netten Hardcore-Touch, während "Open Mouth Of A Grave" sicher die Herzen von Emomädchen zum Schmelzen bringen dürfte, das hebt LOST FOUND BROKEN aber nicht aus der Masse ähnlich klingender Bands hervor. Ich halt es mit einer Textzeile aus "Who Said Silence Was Golden": "This is a disappointment." Eine gesichts- wie zahnlose Enttäuschung, um genau zu sein.
Kollege Memme war von der ersten EP der Hildesheimer CODE OF HONOUR schwer angetan, auch wenn sie mit nur drei Songs etwas kurz war. Scheinbar mögen die Jungs keine Veränderung, denn auch die neue EP "Disciples Of Brutality" enthält nur drei Songs. Die haben es aber in sich und kommen mit der unbarmherzigen und unaufhaltsamen Wucht eines Panzers über den Hörer gerollt. Ja, genau wie BOLT THROWER. An die erinnern CODE OF HONOUR natürlich stark, auch wenn sie eine anständige Dosis Hardcore in ihren Sound mischen, was besonders beim Gesang deutlich wird. Die drei sehr gut produzierten Songs sind schlicht guter Death Metal, der Fans der Engländer gefallen wird. Bei drei Songs kann man ja als Band auch nicht viel falsch machen. Bin mal gespannt, wie sich CODE OF HONOUR über ne volle Albumlänge schlagen. Ausgehend von der EP, würde ich sagen: gut. Also haut rein Jungs!
Black Metal meets Folk. Yeah, das klingt doch mal richtig neu. Aber was solls, Schwarzmetall ist ja schon lange nicht mehr das Genre für Innovationen. Hinter SVARROGH verbirgt sich Dimo Dimov von HATRED DIVINE, der bei den elf Songs alle Instrumente höchstselbst eingespielt bzw. programmiert (den Prügelknecht) hat. Das führt zu einigen sehr atmosphärischen Passagen, gerade wenn der etwas monotone und drucklose Drumcomputer eine Ruhepause hat, wie beim sphärischen "The Solitude Of Stara Planina", das durch den foligen Gesang und der authentisch-bulgarischen Instrumentierung sehr ungewohnt und gleichzeitig spanned klingt. Black Metal-Geprügel gemischt mit ebenjenen bulgarischen Instrumenten macht die andere Seite von SVARROGH aus, klappt aber nicht immer, wie das doch recht zusammengestückelte "Rhodopean Winter" beweist. Die besten Momente hat Dimo eindeutig in den ruhigen Songs, beim Black Metal verhindern einige Defizite an den Instrumenten und beim Songwriting einen guten Eindruck. Fans einer der beteiligten Genres können ja mal probehören, um Toleranz wird aber gebeten.
Mit dem SUFFOCATION-Comebackalbum "Souls To Deny" konnte (und kann) ich noch immer nicht so viel anfangen, auch wenn es beileibe kein schlechtes Album ist. Der schlicht "Suffocation" betitelte Nachfolger ist da schon ein anderes Kaliber, das wird bereits beim ersten Durchlauf klar. Die Songs krallen sich direkt im Gehörgang fest und haben einfach mehr Biß als die "Souls To Deny"-Tracks. Es passt einfach alles: die Produktion ist unglaublich fett und läßt besonders den Baß schön zu Geltung kommen, Frank Mullen growlt wie in seinen besten Tagen und das Songwriting ist erste Sahne. Schon das einleitende "Abomination Reborn" ist eine gnadenlos brutale und gleichzeitig groovige Death Metal-Granate und verlangt dem Drummer alles ab, auch wenn einige bösartig-langsame Passagen eingebaut wurden. In denen gibt es einige nette Soli-Spielereien der Gitarrenfront zu hören, die keineswegs fehlt am Platz wirken. Der gute Auftakt wird mit den folgenden Songs fortgesetzt, "Suffocation" wirkt wie aus einem Guß. Jeder Song steht für das, was SUFFOCATION ausmacht: brutalen Death Metal, technisch anspruchsvoll und gnadenlos. Der neu eingespielte Klassiker "Prelude To Repulsion" fällt da nicht aus dem Rahmen und zeigt die Fähigkeiten, die die Genre-Vorreiter schon immer hatten. "Suffocation" ist schlcht ein Hammeralbum, das zu den Top-Scheiben 2006 zählt!
Chad Stokes, Gründer und Kopf des Trios STATE RADIO aus Sherborn, Massachusetts, ist wahrlich kein unbeschriebenes Blatt mehr. Mit seiner Band DISPATCH hat er während ihres achtjährigen Bestehens über 400.000 Platten verkauft - und zwar im Direktvertrieb und ohne Werbung oder Marketing-Maschinerie einzusetzen. Drei Jahre, nachdem sich DISPATCH aufgelöst hatten, gründete er 2005 gemeinsam mit Chuck Fay von PRINCES OF BABYLON und der Bostoner Underground-Reggae-Legende Brian Sayers STATE RADIO. Jetzt ist ihr Debüt-Album erschienen, und - um es schon vorwegzunehmen - es ist sensationell gut geworden. Die Basis der Musik ist ganz klar Reggae, aber so rockig und rau gespielt, dass er kaum weiter entfernt von irgendwelchem Pseudo-Jamaika-Flair sein könnte. Mit dem Opener "People To People" geht es zwar ziemlich chillig los, und auch später kommt immer wieder relaxter Off-Beat und sogar der ein oder andere getragene Song zum Zug. Aber Stücke wie "Black Cab Motorcade" oder "Mr. Larkin" sind lupenreiner Rocker, wogegen "Man In The Hall" bluesig-soulig groovt. Dieser ganz eigene Stil-Mix packt einen von der ersten Sekunde an, noch dazu weil er in einem rauen, authentischen Sound umgesetzt wurde, was dem Album stellenweise fast schon Live-Charakter verleiht. Die Texte von Chad Stokes haben es auch in sich, denn diese sind randvoll mit Systemkritik, aber angenehmerweise wird einem weder ständig der erhobene Zeigefinger vor die Nase gehalten, noch wird er dabei so radikal wie ein Zack De La Rocha. Dieses Album macht von Anfang bis Ende Spaß, ist absolut rund, vielfältig und doch aus einem Guss. Und auch Leute, die mit Reggae sonst nicht viel anfangen können, könnten durchaus Spaß daran haben. Diese Scheibe holt einem auch im Herbst noch einmal den Sommer zurück.
Eine der wenigen bekannten Black Metal - Bands aus Finnland meldet sich nach nur einem Jahr Pause zum letzten Werk "Winternight Tragedies" zurück und haut uns mit "Location: Cold" ein neues, abermals sehr melodisches Werk um die Ohren. Mit echtem Black Metal der alten Schule haben CATAMENIA definitiv nichts am Hut, sondern die Tendenz des Materials geht erneut in Richtung DIMMU BORGIR oder jüngere CRADLE OF FILTH; und besonders das Keyboard dürfte bei vielen Schwarzwurzel - Anhängern wieder für angeklappte Horchlappen sorgen. Wer mit bombastischem Melodic Black Metal, der zudem teilweise noch cleane Vocals auffährt, keinerlei Probleme hat, dürfte also mit "Location: Cold" bestens klarkommen. Auch die sehr hörenswerten Gitarrenduelle der Herren Hopeakoski / Nissilä wissen zu gefallen, wobei auch hier nicht auf tief gestimmtes Gerumpel gesetzt, sondern sogar recht traditionell und glasklar produziert vorgegangen wird. Wer also das letzte Album der Finnen mochte, wird auch mit dem neuen, abermals sehr hörenswerten Werk keinerlei Probleme haben, wobei man im Songwriting - Bereich wieder nicht ganz an genannte Referenz - Bands anknüpfen kann. Und neben eigenen, gelungenen Krachern wie "Coldbound" (top!) oder "Closed Gate Of Hope" (fies und heftig!) gibt es auch diesmal eine Coverversion zu bestaunen: nachdem zuletzt SATYRICON nicht gerade toll dran glauben mussten, hat man sich nun mit W.A.S.P.´s "I Wanna Be Somebody" ein anscheinend völlig unpassendes Original vorgenommen, das aber prächtig mit dem CATAMENIA - Sound funktioniert und Erinnerungen an die ähnliche Interpretation von "Hellion" durch die Kinder Bodoms weckt. Eine coole Sache!
"Ein kaltes, ein kaltes - Ein Glas Bier - Ein zweites, ein drittes - Und auch die Vier - Das ist, was ich "wunderbar" nenne! - Das ist, was ich jede Nacht mache!" - so lautet die erste Strophe des Songs "Thrash Alkoholisation" der polnischen Thrasher THE NO-MADS, die damit nicht nur (wenn auch …ähm… holprige) gute Deutschkenntnisse beweisen, sondern auch gleich klarstellen, wo die Bandphilosophie hängt. Mächtig Spaß inne Backen haben die Jungs um die fiese Frontdame Alkoholady Sylwia, die sich hier sowohl stilistisch, als auch von den weiblichen Gröhl - Kotz - Vocals her als sehr patente, osteuropäische Antwort auf HOLY MOSES outen. Auf Experimente wird bis auf die lustige Operneinlage "The Caprice", inklusive Gastsänger, verzichtet; es dominiert fixer, zuweilen auch in heftigem Midtempo gespielter, stampfender Thrash, der ohne Umwege direkt auf den Punkt kommt. Durchweg sehr coole Songs wie der Opener "The Day After", die Abrissbirnen "Insane" und "Mercyful Hate" (geiler Titel!) oder das ebenfalls in tapsigem Deutsch gesungene "Keine Eintracht" sollten jedem Old School - Thrasher zusagen, der etwa besagte HOLY MOSES, aber auch SODOM oder EXODUS mag und nicht immer alles zu ernst nimmt. Bleibt zu wünschen, dass uns diese Band mal auf der Bühne heimsucht, denn die Stücke von "Deranged" schreien geradezu danach, bei einem kalten Bier mit kreisender Birne abgefeiert zu werden!