Denkt man an Australien und Musik, was fällt einem da ein: Kylie (die sieht ja auch nicht gar übel aus), INXS und Midnight Oil (waren mal groß angesagt); na ja, richtig bekannte Metalacts halt eher weniger - außer natürlich Rose Tatoo und die Altvorderen von AC/DC. Aber es gibt da auch hoffnungsvolle neue Bands, auch wenn diese sich oft einem traditionellen Sound verschrieben haben. Vanishing Point ist eine, BLACK MAJESTY eine andere Band aus Down Under (Vanishing Point's Endel Rivers produzierte das Teil auch recht fett). Und die legt jetzt mit "Tomorrowland" ihren dritten Longplayer vor. Sänger John Cavaliere und seine Stammbesatzung, Pavel Konvalinka (Schlagzeug), Hanny Mohamed (Gitarre) und Stevie Janevski (Gitarre) haben bereits mit den Vorgängern "Silent Company" (2005) und "Sands Of Time" (2003) gute Arbeit geleistet und unter Fans des gepflegten Power Metals einige Fans gewonnen. Mit dem neuen Album und gebuchten europäischen Festivalauftritten soll jetzt der Durchbruch auf breiterer Linie gelingen. Dabei setzt das Quartett konsequent die Linie der Vorgänger fort. Melodischer Power Metal mit fast durchgehend hohem Tempo, eine epischen Grundausrichtung und hin und wieder mal eine leicht progressive Ausschweifung. Kennzeichnend sind auch die engagierten und mehr als solide Gitarrengefechte der beiden etwas an den alten Kiske erinnert. Keyboardtöne sind eher dezent auszumachen und sorgen so für etwas atmosphärischen Background. Besonders sticht dabei ein anfängliches Eröffnungstrio heraus. Die sich schnell in den Hirnrinden festsetzenden Songs "Into The Black" (mal etwas tiefer eingesungen und mit ruhigen, fast akustischen Zwischenparts versehen) und das schön treibende "Evil In Your Eyes" sowie der Titeltrack "Tomorrowland” der mit Tempo, Schmackes und Gesangslinie an die alten Helloween erinnert. Mit der Blackmore/Coverdale-Komposition "Soldier Of Fortune” (vom 74er Deep Purple Album "Stormbringer") hat man dann noch ein gelungenes Cover an Bord das recht eng am Original rüberkommt, verdammt gut eingesungen ist und einen sehnsüchtigen Blick in die Vergangenheit erlaubt. BLACK MAJESTY bleiben sich treu und liefern so keine Überraschung ab, stellen mit "Tomorrowland" wohl aber nicht nur ihre Fans zufrieden - die Tür für mehr in der Power Metal Gemeinde sollte damit offen stehen.
Anmerkung: der Digipack dürfte für Fans besonders interessant sein - sind darauf doch zwei Bonustracks enthalten ("Kingdoms", "Memories").
Screamo leidet, wie so ziemlich jedes einigermaßen angesagtes Genre, unter einer Plagiatsschwemme, durch die es schwer wird, den Überblick zu behalten und die wirklich guten Bands und Platten zu finden. ALESANA sind einer dieser Plagiate, die auf ihrem Album ein paar gute Songs zu bieten haben, aber auch so viel durchschnittlichen Screamo, dass sie eigentlich nicht der Rede wert sind. Die ersten paar Songs sind zudem total langweilig und gewinnen locker in der Kategorie "Nervigster aggressiver Gesang". Der klare Gesang und die hin und wieder eingesetzte Frauenstimme sind dagegen ganz cool, können aber die schlechte Leistung der anderen Stimme nicht kaschieren. Im Verlauf der Platte verschwindet zum einen der Frauengesang, um anderen steigern sich alle Sänger (insgesamt singen drei der Bandmitglieder) und die Songs selbst werden griffiger, fast schon poppig. In ihren besten Momenten erinnern ALESANA an MY CHEMICAL ROMANCE ("A Siren’s Soliloquy") und TAKING BACK SUNDAY, ohne freilich deren Klasse zu erreichen. Zu viele Songs sind entweder anstrengend chaotisch oder völlig belanglos, ohne im Ohr hängenzubleiben. Am Ende ergibt das eine durchschnittliche Platte, die sich Komplettisten oder Emos mit zuviel Geld zulegen können, wer aber auf sein Geld achten muss, sollte sich diesen Silberling schenken (lassen).
ANOTHER MESSIAH legen im Opener "These Lonely Eyes" mit einem derart knackigen Riff los, dass man sich verwundert die Ohren reibt und fragt, ob hier wirklich eine doomige Band am Werke ist. Das Break nach wenigen Momenten bringt die Erkenntnis, dass die Holländer nur selten zu schnellen Ausbrüchen neigen werden im Laufe der nächsten 45 Minuten. Der Song wird schleppender, während eine Oboe (!) die Akzente setzt und die Geschwindigkeit langsam wieder angezogen wird, bis endlich die Growls einsetzen und Death/ Doom-Flair aufkommt, wie man es von alten AMORPHIS kennt. Sänger Robbie weiß neben den growligen Parts auch mit einer sehr schönen klaren Stimme zu überzeugen, auf die er sehr oft zurückgreift, was den Songs ein erhabenes Gefühl verleiht. Die Musiker haben sich beim Schreiben der Songs hörbar Zeit gelassen, kaum einmal gibt es Längen oder langweilige Abschnitte. Stattdessen werden schnelle und langsame Abschnitte (die in der Überzahl sind) geschickt variiert und durch die immer wiederkehrende Oboe Akzente gesetzt, so dass man gar nicht merkt, wie die Zeit vergeht und die Scheibe schon am Ende ist. ANOTHER MESSIAH werden mit diesem guten Album Fans alter ANATHEMA, PARADISE LOST und AMORPHIS in Verzückung versetzen und die Erinnerungen an die frühen 90er Jahre befeuern. Jaja, damals…
DEATH BEFORE DISHONOR haben sich mit nur wenigen Releases (die aktuellste EP "Family Friends Forever" erschien 2003), aber konstantem Touring einen sehr guten Ruf in der HC-Szene erspielt. "Count Me In" ist tatsächlich das erste Album der Bostoner, die darauf dreizehnmal voll zur Sache gehen und keine Zweifel daran lassen, dass sie zu den gradlinigsten Bands des Genres gehören. Ähnlich wie bei TERROR wimmelt es auf "Count Me In" von Gang Shouts, metallischen Riffs und Singalongs, bestes Beispiel dafür ist das bei aller Heftigkeit sehr eingängige "Curl Up And Die". Auch wenn das Tempo durchgehend hoch ist und DEATH BEFORE DISHONOR im Grunde genommen immer den gleichen Stiefel durchziehen, wird das Album niemals langweilig - das zeichnet begnadete Songschreiber aus. Bei jedem der zwölf eigenen Songs genauso wie beim Cover von COCK SPARRER ("England Belongs To Me", wobei Boston für England eingesetzt wurde) brennt die Luft und man läßt sich von der ungezügelten Kraft der Band mitreißen. "Count Me In" ist eine der besten oldschooligen HC-Scheiben der letzten Monate, mit dem DEATH BEFORE DISHONOR ähnlich durchstarten werden wie TERROR mit "One With The Underdogs". Und womit? Mit Recht!
Respekt. HEL haben mit "Falland Vörandi" und Orloeg" zwei Meisterwerke des Pagan- und Viking-Metal geschaffen. Weil sie sich auf eine Reise durch ihr Innerstes machen (mussten), und weil sie sich stilistisch nicht begrenzen wollen, ist die neue Scheibe komplett akustisch geblieben (und mal wieder schick in schwarzem Digi-Pack herausgekommen). Geblieben ist außerdem die märchenhafte Melancholie, die sagenumwobene Trauer, die auch schon auf beiden genannten Scheiben anzutreffen ist. Die Gitarrensoli klingen gekonnt, Klavier und Streichinstrumente, Ccello und Akkordeon sopwie Flöte (von Jana Langenbruch) transportieren triste Trauer - und auch der leidende Sprechgesang, die rezitative Stimme schafft passende Atmosphäre - wenn auch die deutschen Texte (mit Ausnahme von "Lenger Enn Eringdriung mit Myrkgrav-Norweger Lars Jensen) nicht immer hundertprozentig dem Anspruch der Lüdenscheider zu genügen scheinen. Die Atmosphäre stimmt, sogar dann, wenn die akustischen Ausflüge zu sehr an deutsche Liedermacher erinnern. Der Stilwandel wird alten Empyrium-Fans vielleicht gefallen und nötigt Respekt ab, sicher. Aber der wirkliche Genuss will sich nicht einstellen. Und wenn es nicht gerade HEL wären, dann fiele diese Kritik vernichtend aus. Tristheim? Irgendwie ja. Leider. Und das ist traurig, nicht nur irgendwie, sondern sehr.
Ich habe immer Angst, wenn Franzosen anfangen, extremen Metal zu spielen. Das können sie nämlich genauso wenig wie Bier brauen. Mit dem Zeug darf man nicht mal den Grill ablöschen, weil sonst die Wurst schlecht wird. Das Sextett AMPHITRYON aus dem nordwestlichen Boulogne-Sur-Mer beschreibt die Atmosphäre seiner Musik durch Bilder von Schiffskriegen im 16. und 17. Jahrhundert oder durch das Gefühl, alleine in der Wüste gestrandet zu sein. Ja, nee, is´ klar! Wenn ich solche Biografien auf Homepages lese, glaube ich eher, ich stehe im Wald. Musikalisch wildern AMPHITRYON in allen möglichen Genres: die treibenden, kellertiefen Riffs und die Growls erinnern des Öfteren an BOLT THROWER oder ILLDISPOSED, dazu gesellt sich diverser Operngesang, einerseits weiblich, andererseits männlich im Stil von ENIGMA. Das Ganze wird gut durchgemengt, leicht angewärmt und mit einem Schuss Funeral Doom serviert. Das heißt im Klartext, dass sich AMPHITRYON zwar bemühen, möglichst viele Akzente in ihre Musik zu bringen, ihnen diese gewagte Mischung aus Härte und Bombast jedoch zu oft entgleitet. Viele einzelne Parts auf "Sumphokéras" sind für sich genommen wirklich hörenswert, doch zusammengebastelt zu den kompletten Stücken entsteht tatsächlich nur der simple Eindruck, dass viele einzelne Parts zu kompletten Stücken zusammengebastelt wurden. Eigentlich stehe ich auf Bands, die einen eigenen Sound haben und sich nicht einfach einkategorisieren lassen, aber im Falle von "Sumphokéras" ist das Experiment noch nicht geglückt, wobei hier durchaus Potential vorhanden ist und ich der Band wirklich mehr zutraue.
Wer sitzt denn hier in seinem "Bonker"? Es sind vier Polen, die eine gut halbe Stunde versuchen, die dicken Wände ihres "Bonkers" einzureissen. Könnte klappen, denn die nötige Energie zeigen die Jungs allemal. Sie sind aggressiv, laut, grunzen ihre Wut frei heraus. Pro-Pain oder Napalm Death lassen genauso grüßen wie modernere Death-Metal-Bands. Aber auch leichte Thrash-Einflüsse der Marke Sepultura sind manches Mal zu spüren. Überhaupt ist "spüren" bei den TOXIC BONKERS mehr angesagt als zuhören, denn die Osteuropäer zielen volles Brett in die Magengrube, fordern die Sinne mehr als das Hirn. Und das ist ja auch mal schön. Noch schöner ist, dass hier Death Metal auf Hardcore trifft, ohne dass der verängstigte Hörer sich gleich vor omnipräsentem Metalcore fürchten muss. Hier können Fans harter Metal-Mucke jeglicher Couleur zugreifen, egal ob Deather, Punk, Hardcorler oder auch Grinder. Endlich mal coole Scheiße aus dem Bonker!
Ein echtes Sammelsurium bieten die Bayern auf ihrer zweiten Veröffentlichung nach einem Demo. Grundsätzlich handelt es sich wohl um melodiösen Death Metal - aber zu diesem Grundstoff gesellen sich noch ganz viele andere Zutaten. Da wäre erstmal der sehr hohe, fast nighwishige Gesang Katrins, der sich zum tiefen Grollen Eugens gesellt. Zweitens auffällig: Manche Lieder auf dem - mit sehr schickem Artwork geschmückten - Tonträger marschieren vor allem durch Keyboard-Einsatz und Engels-Gesang in Richtung des bombastischen Black Metals - manchmal aber bleibt das Liedgut im knietiefen Morast des Gothic Metals hängen. Und dann, wie in "Dark Emperor" gibt es sogar thrashiges Riffing. Double-Bass-Attacken, sogar Blastbeats, Geigen - eigentlich gibt es nicht, dass es nicht gibt… Was den Release außergewöhnlich machen soll, das wirkt andererseits ein wenig unausgegoren, als hätte die Band zu viel auf einmal gewollt. Schade, denn jedes Tel für sich, jedes Instrument, die Stimmen, die Produktion, alles bewegt sich mit Abstrichen auf ordentlichem Niveau - doch insgesamt haben hier zu viele Gesichter die Farbe ein wenig verdorben. Schade, aber immerhin ist die Scheibe ein guter Anlass, mal wieder Enslavement of Beauty zu hören…