Wenn das nächste Mal das Wüstenwetter bei euch zu Gast ist und die Luft wabert wie bei einer Fatamorgana, die Ozonwerte in neue Höhen steigen - das ist die richtige Zeit für Wüsten-Doom wie diesen. Wenn also das Blut fließt wie Lava und sich der Kopf anfühlt wie bei Erik Zabel nach drei Tagen EPO, dann legt "Inside The Difference Engine" von END OF LEVEL BOSS rein. Seltsamer Bandname? Unverständlicher Albumtitel? Egal. Der Ex-Hangnail-Gitarrist und Sänger Heck Armstrong weiß, was er da tut und bringt die Wüste zum Leben. In einem Jahr, in dem selbst die Queens Of The StoneAge erkannt haben, dass heavier im Zweifel besser ist, sind END OF LEVEL BOSS genau richtig. "Inside The Difference Engine" ist ein Geheimtipp. Sieben Songs sind genau richtig, um im Sommer zu relaxen. Und bis zur wirklich nervigen Distortion-Orgie vom 8. Track "Connortations" ist man entweder schon zu bekifft, um sie zu bemerken - oder wacht noch rechtzeitig auf, bevor der Sonnenbrand zu stark wird...
Grimness gleich Grindcore. Und die Italiener reiten auf vielen Klischees rum, machen aber entgegen der durchaus annehmbaren Vermutung (wegen der 690) keinen Porn Grind. Nein, hier geht es anständig um den Tabubruch, es geht um mongoloide Freundinnen, Scheiße, Pisse und Nazis. Viele, viele Songs in eher wenigen Minuten passen ebenfalls ins typisierte GC-Bild, genauso wie der käseglocken-ähnlich grunzende (der zwischenzeitlich auch mal keift wie die abgestochene Sau kurz vorher) Frontmann und die stumpfe Ballerei, die von Zeit zu Zeit an die immer unsäglicher werdenden Gorerotted erinnert. GRIMNESS 69 sind hart wie einfach, mschen Grindcore fast zwangsläufig mit punkigen Anflügen und old-scholligem Death Metal. Ach ja, nicht zu vergessen sind die grotesken Spitznamen der Nudel-Exporteure - "Lord Nuclear Ripped Pig zum Beispiel singt, Jesus Christ Hooker aka The hammer of God trommelt - spaßig, woll? Nun denn die Zutaten sind vorhanden, das Rezept gut gemeint, in der Umsetzung zum First-Class-Dinner hat es aber. Der Sound ist dünne, und zwar im Sinne von dünn und nicht undergroundig. Und letztlich bleibt die ganze Scheibe viel zu gewöhnlich, als dass sie noch irgendwie schocken könnte. "Grimness" steht in diesem Fall für "ganz okay"…
"Deathbeat"? Weil der Kollege manchmal grunzt zur technoiden Gothic-Mucke? Na, in der Tat verbinden die Esten Elektro, Gothic und Dark, als Ergebnis hängen aber bleibt das, was aus den Wagen schallt bei den Pillenschmeisser-Umzügen mit großen Boxen und darauf tanzenden Ludern: Bumm-Bumm-Bumm! Klar, es gibt auch chillige Atmosphäre, poppige Parts und vieles andere. Aber der lose Bezug zum Metal wird höchstens klar durch tatsächlich gegrunzte Vocals und gelegentliche Riff-Attacken, die aber so versteckt und aufgesetzt daherkommen, dass es der geneigte Metallero wohl kaum solange aushält, FORGOTTEN SUNRISE zu hören. Manches scheint wenigstens "tanzbar", bleibt also irgendwie hängen, vieles aber kollabiert irgendwo zwischen Gothic, Techno und Plastik. Die Musik ist so klischeehaft wie ein Tatort-Krimi im WGT-Umfeld. Forgotten Sunrise? Kannste vergessen!
ENTOMBED haben nach dem Weggang von Uffe Cederlund mit der letztjährigen "When In Sodom"-EP ein Ausrufezeichen gesetzt, mit dem sie sich auf ihre Death Metal-Wurzeln besonnen haben. Auf ihrem ersten Longplayer ohne den Cederlund und Peter Stjärnvind (NIFELHEIM) gehen die schwedischen Oldies einen großen Schritt zurück und lassen ihre Death’n’Roll-Phase hinter sich. Der Opener "Serpent Saints" entpuppt sich als schön fiese Death Metal-Nummern, in der aber das große Manko der Scheibe offenbart wird: die Produktion. Die Gitarren sind viel zu leise in den Hintergrund gemischt worden, das Schlagzeug hat weniger Wumms als noch bei der EP, während Petrovs Gesang zu dominant ist. "Masters Of Death" kann das noch mit gutem Songwriting und vielen Verbeugungen vor alten Kollegen kaschieren, spätestens beim dritten Song ("Thy Kingdom Coma") gibt es nichts mehr zu beschönigen. Die Produktion ist ENTOMBED nicht angemessen. Dafür haben sich die Schweden beim Songwriting im Vergleich zu ihren letzten Alben gesteigert und einige coole Death Metal-Nummern fabriziert - allen voran der Opener und das von der EP bekannte "When In Sodom". Einige lahme Nummern haben sich trotzdem auf das Album schleichen können, wodurch "Serpent Saints" am Ende nur zu einer guten Platte wird, die ENTOMBED auf Nostalgie-Pfaden wandelnd zeigt, wobei sie die Sicherheit vergangener Tage vermissen lassen.
Bandname, Cover und auch Promo-Agentur Club Inferno ließen gegebenenfalls auf eine zielgruppen-orientierte Band schließen. Aber BESTIANERA machen "Alternative Rock Wave", der in den besten Momente an eine schlechte Kopie Faith No Mores denken lässt, meistens aber als Ferienmusik für Italien-Urlauber durchgeht. Pop-Rock oder auch Rock-Wave, mit seichtem Keyboard elektrifiziert, der niemandem schmerzt, ein Sänger, der wohl nur dank italienischer Vocals an große Vorbilder erinnert und bei den man im Grunde nicht weiß, wer mehr leidet: Seine Stimmbänder oder der Hörer? Am furchtbarsten aber quält die Band, die sich angeblich an 80er-Vorbildern wie Depeche Mode oder Duran Duran orientert und sogar Elemente von Jane’s Addiction verwursten will, mit der billigen Key-Klimperei - klingt billiger als die geschenkte Plastik-Tröte für Fußball-Zuschauer im Stadion. BESTIANERA sind die Hölle, entfachen aber beileibe kein Inferno.
Bei METALLICA endete der Ausflug mit Orchester in meinen Ohren in völlig unnötiger Musik und war nur der eigenen kreativen Leere geschuldet, bei RAGE oder THERION hingegen drängte sich oft eine bombastisch erdrückende Materialschlacht in den Vordergrund. Der eigentlich elektronisch umgesetzten Musik von DEINE LAKEIEN wurde zum zwanzigjährigen Bandjubiläum die Ehre zuteil, ein über zweistündiges Programm mit den Musikern der Neuen Frankfurter Philharmonie aufzuführen. Auf der Tour mit ebendiesem wurde der Auftritt in Oberhausen für die nun vorliegende DVD verwendet - ein optisch recht unspektakuläres Ereignis, das seine Stärke voll auf der musikalischen Seite ausspielt. Denn die Musik des Duos Veljanov/Horn tönt, vollständig umgeschriebenen, gänzlich anders als man dies von den regulären Studioalben kennt. Denn was vorher ein einfacher Höhepunkt in einem Song war, klingt bei dieser Umsetzung mit Streichern und Bläsern wahrhaft dramatisch. Was vorher schon fesselte, macht nun eine richtige Gänsehaut. Die Soundtüftelei - hier in sauberem 5.1 Surround Sound aufgenommen - liegt ihnen seit jeher am Herzen und auch wenn - ohne die Musik irgendwie schmälern zu wollen - die etwa 30 Musiker rein technisch sicherlich nicht von den eher einfachen und klaren Kompositionen überfordert waren: DEINE LAKAIEN haben sich mit dieser DVD/CD ein Denkmal gesetzt. Ihre Musik klingt facettenreicher und nicht ganz so steril arrangiert wie bei manchen Alben. Horn dirigiert die Musiker und herrscht über einige Keyboards und Veljanov tut mit hochtupierten Haaren was er am besten kann: Er singt hochkonzentriert, bisweilen gar verbissend guckend, mit seiner unverwechselbaren Tonfarbe. Für diese Musik und erst recht für diese Umsetzung muss man jedoch in der richtigen Laune sein, DEINE LAKAIEN sind auf ihrem Jubiläumsoutput nur was für bestimmte Zeiten und sicher auch nur für bestimmte Hörer. Wer "20 Years of Electronic Avantgarde" im vollen Umfang erleben möchte, kann auf eine dicke Box mit 3 DVDs und 2CDs zurückgreifen. Die beiden CDs und beide DVDs beinhalten den gleichen Auftritt, die dritte DVD widmet sich dem beinahe obligatorischen Backstage-Shottings, Interviews und allen Videos von DEINE LAKAIEN - nur letzteres ist in meinen Augen wirklich sehenswert. Ob mich auch was stört an "20 Years of Electronic Avantgarde"? Es mag kleinlich klingen, aber den unnötig häufigen Szenenapplaus des sicherlich begeisterten Publikums empfand ich beinahe als störend.
Was mit dem selbstbetitelten Debut vor knapp fünf Jahren begann, wurde bis heute eine Erfolgsgeschichte, die die Vorgängerband COAL CHAMBER überflügelt hat. "The Last Kind Words" klingt viel härter als die beiden ersten Alben der Band um Sänger Fafara - und ich glaube kaum, dass das am allgemeinen Trend zu "härter, schneller, brutaler" liegt. Vielmehr scheint es so, als habe Fafara nach schon superben Vorgänger "The Fury Of Our Makers´ Hand" sehr gradlinig seinen eigenen Weg verfolgt und sich 2007 seinem Ziel genähert: Eine moderne, knallharte und doch stets melodische Metalcombo um sich zu scharen, deren "The Last Kind Words" das beste Album der jungen Bandgeschichte der nicht mehr ganz so jungen Musiker markiert. Wo ihre blutjungen Labelgenossen TRIVIUM den Metal abseits des Core wieder salonfähiger gemacht haben oder MACHINE HEAD vielleicht noch einen Tacken dicker auftragen, besetzen DEVILDRIVER mit ihrem melodischen Thrash eine eigene Nische. Nicht mehr ganz so eingängig wie zu "I Could Care Less"-Zeiten sind sie, nachvollziehbar aber immer - das beginnt bereits beim tollen Opener "Not All Who Wonder Are Lost" und wird mit Double-Bass Attacken bei "Clouds Over California" festzementiert. Generell gehen DEVILDRIVER meistens recht flott zur Sache, geben ihren Songs einen ordentlichen Bumms weniger durch langsam groovende Gitarren als viel mehr durch die wahre Wucht ihrer fähigen Saitenfraktion und erbarmungslos tackernden Drums. Langsamer geht’s aber auch: Etwa beim groovigen Ende von "Horn Of Betrayal" oder dem schwachen und bis auf einige coole Gitarrenparts zu trägen"Monsters Of Deep". Dass die Produktion hierbei auf höchsten Niveau und auch dem aktuellen Standard liegt, erklärt sich von selbst. Was DEVILDRIVER jetzt nur noch limiert ist Fafaras monotoner Gesang, der nicht nur etwa beim live sicherlich gut feierbaren "These Fighting Words" von den Gitarren (Schweden grüßt) komplett in den Schatten gestellt wird. DEVILDRIVER sind mit dem Album - trotz einiger nicht ganz überzeugender Momente - oben angekommen!
Genau wie man bei Hustensaft erst dann eine Heilung erwartet, wenn er bitter schmeckt, erwartet man auch bei einem Neurosis-Album schon gleich im voraus, dass es weh tun muss - mindestens emotional. Gern erzähle ich die Geschichte von meinem allerersten NEUROSIS-Konzert, das so intensiv war, dass ich davon eine Woche lang Alpträume hatte. Derart beeindruckend kann meines Wissens keine andere Band dieser Welt die ansonsten eher hohle Phrase "psychedelisch" tatsächlich umsetzen. NEUROSIS konnten durch ihre dunklen Klangabenteuer die dunkelsten Winkel der Seele ausloten. Und dann kamen die letzten beiden, schon fast "altersmilden" Alben "A Sun That Never Sets" und "The Eye Of Every Storm", deren Grundstimmung eher dazu diente, gute und böse Geister miteinander zu versöhnen. Also sehr gute Alben, die aber beileibe nicht so polarisierten wie die "frühen" NEUROSIS. Warum ich diese Volte ziehe, bevor ich zu "Given To The Rising" komme? Weil ab Dezember 2006 Gerüchte durch Telefonleitungen zogen, wie hart und "oldschool" das aktuelle Album werden würde. Noch gesteigert wurde die Vorfreude dann durch die Online-Single "Water Is Not Enough", die seit Monaten auf Myspace verfügbar ist - tighte 7 Minuten lang und doch ohne Abnutzungserscheinung: Stetig wie eine Mühle pulverisieren die Gitarrenriffs die Nerven zu Staub, nur anscheinend träge säbeln NEUROSIS Scheibe um Scheibe von der bisherigen Gemütsverfassung ab und Steve von Till schreit sich die Seele dazu heraus und in den Hörer hinein. Und man kann weder weiter skippen noch weghören, weil dieses Stück Musik einfach die gesamte Aufmerksamkeit erfordert. Dadurch wird natürlich die Erwartungshaltung noch einmal um ein x-faches nach oben geschraubt - und kann nur enttäuscht werden. Trotzdem ist "Given To The Rising" ein Wahnsinns-Album geworden, es ist wieder hart und dunkel, tiefschürfend und hochemotional - aber es hat auch erhebliche Längen. Während der Titelsong und das bereits erwähnte "Given To The Rising" beides Überhämmer sind, brauchen andere Songs 10-20 Durchläufe eh sie zünden, und je mindestens sechs Minuten von "At The End Of The Road" und "Origin" hätten NEUROSIS genauso gut weglassen können. Darum, aber auch weil Epigonen wie CULT OF LUNA, ISIS oder JESU qualitativ an ihre Väter im Geiste angeschlossen haben, wirken NEUROSIS anno 2007 nicht mehr gar so spektakulär...