Ich war echt skeptisch, wie sich die Hannoveraner HUMAN FORTRESS seit ihrem letzten, auch rückblickend noch saustarken Hammeralbum „Defenders Of The Crown“ entwickeln würden. Einerseits gab Gitarrist Torsten Wolf bereits vor ein paar Jahren (!) zu verstehen, dass das Material härter sei als zuletzt, andererseits ist die Band seit jener Zeit in ihrer Besetzung ordentlich durchgerüttelt worden. Unter Anderem verließen Sänger Jioti Parcharidis (eine der ganz großen Stärken der Band), Gitarrist Volker Trost und Drummer Apostolos „Laki“ Zaios die Band, so dass inzwischen nur noch Gitarrist Torsten und Bassist Pablo zur Urbesetzung gehören. Mit Ex-GALLOGLASS-Sänger Carsten Frank, der „Eternal Empire“ auch amtlich produziert hat, hat man sich zu neuen Ufern gewagt und einen absoluten Oberhammer vorgelegt! Herr Frank klingt zwar stimmlich sehr stark nach seinem Fast-Namensvetter Andy B. von BRAINSTORM, weiß aber auch in deutlich härtere Regionen vorzudringen und bewegt sich oft nahe am Growlen (!), was dem Sound von HUMAN FORTRESS sehr gut bekommt. Die Band hat nicht nur spürbar an Power zugelegt, sondern auch den Keyboard-Bombast noch songdienlicher gemacht und besser in die Songs integriert, so dass statt Pomp fast nur der Dampfhammer regiert. Der „Gladiator Of Rome“ trägt jetzt endgültig Kutte und Nieten! Anfangs fand ich das Album leicht gewöhnungsbedürftig, aber nach x Durchläufen hauen mich Hymnen wie der treibende, mit weiblichen Vocals veredelte Opener „Contrast“, das an das letzte Album erinnernde, saugeile „The Wizard“, das recht heftige „The Raven“, das gotisch beginnende und toll gesungene „Under The Spell“ oder der Killer „Lion´s Den“ direkt aus den Latschen. Es wird sicher Leute geben, die die neue Ausrichtung der Band nicht mögen werden, aber all diejenigen, die HUMAN FORTRESS bisher absurderweise als saftlose Klimpercombo abgestempelt haben, werden hoffentlich eines Besseren belehrt. Lasst „Eternal Empire“, das „Defenders Of The Crown“ sogar noch übertrifft, auf Euch wirken und genießt das bislang beste Melodic Metal-Album des Jahres. Prost!
Victory Records haben sich in den letzten Jahren einen Ruf als Heimat vieler beinharter Metalcore-Combos aufgebaut, die mittlerweile sogar einen typischen Victory Records-Sound haben. JAMIE ELSEWHERE fallen da etwas aus dem Rahmen, scheinbar versucht das Chicagoer Label seinen Produktpalette zu erweitern. JAMIE ELSEWHERE schreien zwar auch, haben mit brutalem Metalcore aber nichts zu tun – dafür ist der Screamo- und Emo-Anteil sehr hoch, was durch den häufigen Einsatz von cleanen Vocals noch unterstrichen wird. Beatdowns und Moshparts haben die sechs Herren auch im Gepäck, die meiste Zeit werden diese aber nicht ausgepackt, sondern auf melodische Songs und ebensolche Gitarren gesetzt. „Guidebook For Sinners Turned Saints“ ist dann wenig überraschend sehr eingängig, fast schon poppig geworden. Der ganz große Überhit ist zwar noch nicht dabei, aber mit Nummern wie dem heftigen „The Politics Of Knife Fighting“ oder dem eingängigen „Life Ain’t Easy When You’re A Mythical Creature“ haben sie einige starke Songs in petto, mit denen sie sowohl im Hardcore- als auch im Emo-Lager punkten können werden.
Dass eine einstmals grandiose und hochinnovative Black Metal-Band wie CRADLE OF FILTH die eine oder andere Kopie abwerfen darf, steht außer Frage. Einige dieser Ableger sind die Rohlinge nicht wert, auf die sie gepresst werden, andere hingegen spinnen die Vorlage so gut sie können weiter und erschaffen sogar so etwas wie einen eigenen Sound, den man zwar dem Original immer noch zuordnen kann, der aber genug interessante selbst gestrickte Facetten bereithält. CARACH ANGREN aus den Niederlanden gehören eindeutig zu letztgenannter Gruppierung und hauen uns mit ihrem Debüt „Lammendam“ ein sehr hörenswertes Düstertheater um die Ohren, bei dem zwar etwas mit pompigen Keyboards übertrieben wurde, das aber über seine gesamte Spielzeit spannend bleibt. Auch die Laut-leise-Dynamik, die gekonnten Tempowechsel und die hin und wieder eingestreuten Spoken Words tragen neben den durchweg dynamischen Songs dazu bei, dass „Lammendam“ ein wirklich gutes Stück bombastischen Schwarzmetalls geworden ist, das man aber am Wirkungsvollsten am Stück genießt, denn so etwas wie eingängige „Hits“ sucht man hier erwartungsgemäß vergeblich; hier sind (waren) die englischen „Originale“ immer noch eine ganze Ecke weiter. Das Album sollte demnach allen Fans gefallen, die immer noch den alten CRADE OF FILTH (bis einschließlich „Midian“) hinterher trauern. Ein wirklich gelungener Einstand!
Die Kanadier CRYPTOPSY gehörten innerhalb der Death Metal-Szene schon immer zur absoluten Speerspitze, aber ich lache mich zwei Mal halbtot, wenn sie nach der Veröffentlichung von „The Unspoken King“ von großen Teilen dieser mit Gullideckel-großen Scheuklappen durch die Gegend walzenden Gemeinde geschnitten, verspottet und verhöhnt werden. Das Album ist ein echter Hammer und ganz objektiv eine Klasse für sich, obwohl nicht alle Songs das Zeug zu großen Hymnen haben; technisch gibt es rein gar nichts auszusetzen, und mit Matt McGachy befindet sich nun auch wieder ein hervorragender Vorgrunzer in den Reihen der Band, aber jetzt kommt die Pointe: CRYPTOPSY arbeiten anno 2008 mit einer Keyboarderin namens Maggy Durand zusammen und kommen stellenweise mit cleanen Vocals daher, nachzuhören etwa bei „Bemoan The Martyr“, „The Plagued“ oder dem großartigen „Contemplate Regicide“, einem der absoluten Höhepunkte des Albums, der auch mancher Metalcore-Truppe gut zu Gesicht stehen würde. Zwar werden diese zusätzlichen Verfeinerungen sehr dezent und äußerst songdienlich eingebaut, aber es geht ums Prinzip! Eine High Tech-Death Metal-Kapelle darf keine Keyboards und keinen cleanen Gesang haben, darum ist das Album grottenscheiße und Verrat an der Szene. Da interessiert es sicher auch niemanden, dass Granaten wie „The Headsmen“, das hardcorige „Leach“ oder das geil nach vorne hoppelnde, leicht bombastische „Resurgence Of An Empire“ echte Granaten sind, für die manch andere Band einen Vertrag mit dem Gehörnten unterzeichnen würde. Aber CRYPTOPSY sind eben nicht mehr true, sondern ab jetzt sicher Whimps, Poser und Schwachmaten. Hach ja, Death Metaller müsste man sein, da ist die Welt noch übersichtlich… trotzdem eine mutige Scheibe, die ganz sicher keinen einzigen Über-den-Tellerrand-Gucker enttäuschen wird!
Es ist Rettung in Sicht für alle, deren Herz alten Sachen von Größen wie BON JOVI oder JOURNEY gehört. Wegen profunderer Kenntnisse der Rezensentin in diesem Einzelfall sollen fürs Weitere exemplarisch BON JOVI herhalten, den genau wie diese in ihren noch rauer- rockigen Tagen (lang, lang ist´s her...) klingen BROTHER FIRETRIBE (darunter die Herren Emppu Vuorinen von NIGHTWISH und Pekka Ansio Heino von LEVERAGE) auf "Heart Full Of Fire", und das eigentlich schon bis zur Perfektion. Schöne Melodien, schöne Stimme, klasse Chorgesang, die Arrangements rocken, restlos alle Songs gehen direkt ins Ohr. Die Vorzüge aller Songs einzeln zu preisen würde den Rahmen sprengen, von daher nur so viel: es ist keine einzige Niete dabei. Beim Titelsong "Heart Full Of Fire" kommen ein wenig die finnisch-nordischen Klänge durch, hier klingen schon vom stilistischen ein kleines bisschen NIGHTWISH an, was überdies dadurch verstärkt wird, dass man Emppu Vuorinens NIGHTWISH-Kollegin Anette Olzon für das Duett gewinnen konnte. Ganz kurz gesagt: Kaufen!
Die erste spontane Assoziation der Rezensentin beim Anhören von "Break Away" war folgende: So könnte Lionel Richie klingen, sollte er einmal beschließen, sich im Rock-Sektor zu betätigen. Das mag nun im ersten Moment zugegebenermaßen etwas merkwürdig klingen, aber vielleicht kann es der eine oder andere beim Hören von OVERLAND ja doch ein wenig nachvollziehen, insbesondere bei den beiden Tracks "This Time" und "Alive And Kicking" gleich zu Beginn des Albums. Sehr melodiös ist das ganze, mit unterlegten Keyboards und immer wieder mal hier und da auftauchenden Klaviereinlagen, was in Kombination mit den stets vorhandenen Gitarren einen dichten Klangteppich schafft, in den sich Steve Overlands Stimme harmonisch einfügt, Background- und Chorgesang sind allgegenwärtig. Gelegentlich werden die Gitarrenklänge von der Tendenz her auch mal einen Tick härter, wie beim Titeltrack "Break Away" und Teilen von "Rescue Me", die Melodie behält jedoch immer die Oberhand. Zum Teil klingen von der Instrumentierung her recht deutlich Anleihen aus den 80ern an, so zum Beispiel bei "Heartache Calling" und dem Keyboard bei "Evangeline", das eingängige "Mad Mad World" weckt ein klein wenig Reminiszenzen an Bon Jovi. Innovativ ist "Break Away" zwar nicht, aber das braucht es auch gar nicht zu sein, denn schön ist das Album allemal.
Wer ruhigen Instrumental-Rock mag, darf sich auf ein neues Schmankerl freuen: hier kommen Spitzbart. Kopf des Instrumental-Trios bestehend aus Gitarre, Bass und Schlagzeug ist Björn Müller, der nebenbei auch als Dozent an der Offenbacher New Music Academy tätig ist und auch schon eine DVD über Improvisationskonzepte an der Gitarre veröffentlichte. Dass der Mann sein Instrument beherrscht, steht also außer Frage und muss entsprechend nicht weiter erwähnt werden. Häufig tendieren ja nun sich auf technisch gehobenem Niveau bewegenden Instrumental-Artisten unglücklicherweise dazu, sich auf Kosten der Hörbarkeit in zwar bewundernswerter, aber leider mitunter nur schwer anhörbarer Fingerakrobatik zu ergehen- auch diesen Vorwurf kann man SPITZBART nicht machen. Was die Herren da fabrizieren kommt im Gegenteil größtenteils sehr entspannt daher ohne sich aufzudrängen. "Pisa" wirkt zum Teil etwas funky, "Ein Spionagehai tanzt Polka" (der Gerechtigkeit halber soll hier auch auf die mitunter herrlich schrägen Songtitel hingewiesen werden, so der eben genannten und das sogenannte "Schweben Im Zustand Des Schümli") beginnt dank zusätzlicher untergelegter Gitarre einen ganz kleinen Tick mehr heavy. "Spitzbart On Speed" macht seinem Namen zunächst durchaus Ehre, wird dann jedoch auch wieder ruhiger. Wer also keinen Gesang braucht, kann hier getrost mal zugreifen.