Ursprünglich waren IRRBLOSS lediglich als Ein-Mann-Projekt angedacht, doch musste der Sänger selben Namens einsehen, dass seine Fähigkeiten als Gitarrist begrenzt sind, und so kamen nach und nach immer mehr Mitglieder hinzu. Nach einem Demo im Jahr 2007 erscheint nun „Bloodline“, das erste Album der Band. Verschrieben haben sich IRRBLOSS einer gesunden Black/Death/Thrash-Mischung, die in erster Linie von den voluminösen, sägenden Gitarren lebt und in Sachen Tempo recht variabel daherkommt. Ab und an meint man, IMMORTALs „Damned In Black“-Wundertüte herauszuhören, was sich aber lediglich stilistisch äußert. In Sachen Songwriting haben die Schweden noch eine ganze Menge nachzuarbeiten, denn kein einziger Song auf „Bloodline“ besitzt großen Wiedererkennungswert. Das Album läuft vor sich hin, enttäuscht nicht wirklich, nimmt aber auch zu keiner Sekunde gefangen, sondern verliert sich in belanglosen Songstrukturen, denen auch der wenig charismatische Kreischgesang des Bandchefs keine eigene Note verpassen kann. Somit ist „Bloodline“ eine dieser Scheiben, die man nicht in hohem Bogen aus dem Fenster werfen will, ihnen aber auch irgendwie rein gar nichts abgewinnen kann. Da muss beim nächsten Mal mehr kommen.
Ich glaube manchmal, die Mittelalter-Rock/Metal-Fans werden systematisch verarscht, immer nach dem Motto: „Wir können ruhig bei anderen Bands klauen, merkt ja eh keiner!“. Genau dieses Gefühl habe ich bei „Rache“, dem neuen Werk der Spielmänner RAGNERÖEK. Moment, habe ich „Spielmann“ gesagt?! Genau so nennt sich der Opener, der neben Songs wie „Knochenschiff“ oder „Küss Mich“ auf dem Album steht. Hätte die Band jetzt noch „Alles Nur Geklaut“ von den Prinzen gecovert, wäre das wirklich ein Grund zum Schmunzeln gewesen, aber so bleibt das Gefühl, dass pure Ideenlosigkeit purer Dreistigkeit gewichen zu sein scheint. Immerhin macht „Rache“ unter Ausblendung sämtlicher „Inspirationen“ durchaus Spaß und bietet locker-flockiges Easy Listening-Futter mit üblicher Instrumentierung (Dudelsack, mittelalterliches Schlagwerk, etc.) und sogar ein paar echten Ohrwürmern: besagtes „Knochenschiff“ etwa beißt sich richtig im Ohr fest, genau wie „Meister Röckle“, und auch „Fleisch“ oder „Totentanz“ begeistern mit großer Dynamik und Spielfreude. Mittelalter-Fetischisten, denen die vielen Abguckereien einerlei sind, werden an „Rache“ ihre helle Freude haben. Die Kollegen INGRIMM haben mit ihrem Zweitwerk auch den Sprung von reinen Kopisten zu richtig guten, eigenständigen Songwritern geschafft. Sollte RAGNARÖEK dieses ebenso gelingen, darf man sich womöglich auf eine richtig starke Platte freuen.
Mit ihrem Debüt „From The Depth Of Time“, das vor gut dreieinhalb Jahren erschien, legten AVIAN ein sehr hörenswertes Melodic Metal-Album vor, das jedoch nicht durchweg überzeugen konnte. Nun steht mit „Ashes And Madness“ der Nachfolger in den Regalen, der unter ähnlichen Problemen leidet wie der Erstling. Lance King ist immer noch ein erstklassiger Sänger, der viele Passagen vor dem Abdriften in die Banalität rettet, aber ein Zauberer ist auch er nicht. Auch nach einem guten halben Dutzend Durchläufen will das Album nicht so recht zünden. Dass die Jungs durchaus können, wenn sie wollen, beweisen unter Anderem sehr gute Songs wie der treibende Opener und Titelsong, das epische „Beyond The Hallowed Gates“ oder das absolute Highlight, das mit einem grandiosen Killerrefrain gesegnete „Into The Other Side“, deren Qualitätslevel fraglos „Tipp“-Niveau erreicht. Denen gegenüber stehen etwa mit „The Lost And Forsaken“ (mit SAVATAGE-lastigem Mittelteil) oder dem völlig belanglosen „Esoteric Lies“ aber einige Songs, die nicht in Fahrt kommen und vor sich hinplätschern. Auch der etwas kraftlose Sound nimmt den Songs Einiges an Power, die sie fraglos verdient gehabt hätten. Somit gelingt AVIAN keine merkliche Steigerung zum Vorgänger, was bedeutet, dass Fans des Debüts auch hier bedenkenlos zuschlagen können, ein Sprung in die erste Liga aber leider erneut verpasst wurde.
FORGOTTEN SUNS setzten in 2009 auf Härteres. Das dritte Album der Portugiesen weist überwiegend gen Metal gehenden Prog auf und hat mit Nio auch einen neuen Sänger am Start, der gegenüber seinen Vorgänger Linx einen mehr direkten, weniger warmen Stil bevorzugt. So schwelgen FORGOTTEN SUNS auf „Innergy“ zwar in komplexen (hart und breaklastigen) Kompositionen, welche aber nicht immer einem roten Faden zu folgen scheinen und denen etwas die Atmosphäre des Vorgängerwerkes abhanden geht. Gewollt oder nicht – kühl erscheint das Werk, und lässt dazu auch eine etwas transparentere Produktion vermissen, welche Power dieser Art ganz gut verträgt. Trotzdem hat der geneigte Fan genügend Feinheiten in überlangen Tracks wie „Racing The Hours“, „News“ und „Nanoworld“ zu entdecken und das spielerische Können der Südeuropäer zu bestaunen. Man segelt weiter im Fahrwasser DREAM THEATERs (auch mit den zahlreich eingespielten Samples) und lässt richtiggehende Eigenständigkeit nur teilweise zu. So dürften in erster Linie die DT-Gemeinde hier reinschnuppern – und wohl auch gefallen finden.
Mit „Song For My Son“ eröffnet das vierte Album der Schweizer Prog-Formation METAMORPHOSIS ungewöhnlich gitarrenlastig, ohne traditionellen Prog-Zugaben außen vor zu lassen. Nicht nur hier, sondern überall auf „Dark“ begegnen einen sphärische, meditative und pychedelic Parts – allerdings im Vergleich zu den Vorgängerwerken weniger PINK FLOYD und GENESIS lastig. So kann man „Dark“ eine bisher vermisste Eigenständigkeit attestieren, auch wenn die Überväter weiter zitiert werden. Die große Stärke der 8 Kompositionen sind ihre mystisch dunkle Seite im Zusammenspiel mit lauteren Momenten und träumerischen Melodien – auch an METAMORPHOSIS scheint der Erfolg von PORCUPINE TREE nicht vorbeigegangen zu sein. Und Bandleader, Sänger und Multiinstrumentalist (Keyboards, Moog, Drums und Bass) Jean-Pierre Schenk steht dies hörbar gut. Mit „Dark“ sollten METAMORPHOSIS ihre bisherigen Fans zufrieden stellen aber auch für Proggies interessant werden, denen es bisher zu „lasch“ war. Anpieltipps: „The Fight Is Over“, „Hey Man“, und „You“.
Was macht ein dänischer Gitarrist, wenn er mal so richtig schön nach NEVERMORE und CONTROL DENIED klingen will? Richtig, er zieht (laut Biografie aus persönlichen Gründen) nach Italien, sucht sich eine Horde Eingeborener und musiziert lustig vor sich hin – und das schon seit 2003. Dabei macht seine Band CHAOSWAVE gar keine schlechte Figur und konnte mit ihrem 2004er Demo sogar meinen Kollegen und Lieblings-Melodienhasser Lars Heitmann überzeugen. Und auch wenn „Dead Eye Dreaming“ nicht ganz die Klasse der Werke der beiden oben genannten Vorbilder erreicht, macht das Album wirklich Spaß. Ein wenig stört mich die etwas dumpfe, sterile Produktion, und auch das Songmaterial erreicht das angestrebte Weltklasseniveau nicht ganz, trotzdem dürften Stücke wie „10 Years Of Denial“, „How To Define A Race“ oder der Quasi-Titelsong „Dead Eye Dream“ allen Leuten gefallen, die auch auf Bands wie ANACRUSIS oder DEPRESSIVE AGE abfahren. CHAOSWAVE machen auch nicht den Fehler, ihren weiblichen Gesangstriumph Georgia inflationär (sprich: als dauerplärrende Heulboje) auszuspielen, sondern lassen sowohl Sänger Fabio als auch seine „bessere Hälfte“ sehr songdienlich agieren. All das macht „Dead Eye Dreaming“ unterm Strich zu einem guten Album, das zwar keine Bäume ausreißt, aber auch weit von einer Enttäuschung entfernt ist.
Hinter SCIENCE FAXTION verbirgt sich mit Buckethead kein Unbekannter, hat der Gitarrist doch schon mit Axl Rose zusammengearbeitet und einen Haufen Soloscheiben veröffentlicht. Mit bootsy Collins hat er sich jetzt zusammengetan, um SCIENCE FAXTION mit Leben zu füllen und dabei auf Grenzen keine Rücksicht zu nehmen. Munter verbraten die Herren Metal, Funk, Soul und Industrial, um mal wie MARILYN MANSON und mal wie JAMES BROWN zu klingen. Homogen ist das nicht immer, über das ganze Album betrachtet, die Songs selbst sind in sich schlüssig und zeigen die große Kreativität, die in den Musikern steckt. „Living On Another Frequency” braucht Zeit und die Bereitschaft, offen für ungewohnte Wege zu sein, was nicht jedem Metaller gefallen dürfte. Zudem ist das Album nicht wirklich heavy, dafür sorgen schon die vielen Funk-Einflüsse. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wir mit einer hochinteressanten und jederzeit hörbaren Platte belohnt, die definitiv auf einer anderen Frequenz funkt.