Die Besucher des diesjährigen “Party.San”-Open Airs hatten am Festivalfreitag bereits die Möglichkeit, diese Zwei-Song-Vorabsingle zum kommenden Album „The Time Of No Time Evermore“ der überragenden holländischen Newcomer exklusiv am Erscheinungstag zu erstehen. Das locker-beschwingte und sehr eingängige Titelstück gibt bereits einen guten Ausblick auf das, was uns Mitte September in Form des Debütalbums erwarten wird: magischer, tief unter die Haut dringender „Occult Rock“, der nicht zu Unrecht vom Althippie bis zum Underground-Black Metaller (gerade dort sind THE DEVIL’S BLOOD die Band der Stunde!) alles begeistert, was noch über einen kleinen Hauch Geschmackssicherheit verfügt. Als zweiten Song bekommt man hier noch den superendarschgeilen Longtrack „Voodoo Dust“ von der „Come, Reap“-EP in einer Live-Version aus dem Studio (also ohne Publikum) zu hören, der aber auch dort zu den stärksten Epen gehört, die in diesem Jahrzehnt irgendwann, irgendwie, irgendwo aufgenommen wurden (diese Gitarren… aaahhhrrrggg!). Auch wenn diese Single (die sowohl auf CD wie auch Vinyl erhältlich ist) nur die größten Fans der Band benötigen und der Rest ruhig auf das Album warten kann, wird man die Ahnung nicht los, dass hier etwas ganz Gewaltiges auf uns zukommt!
DICE gehören mit ihrer ganz spezifischen Musik in den langen Jahren ihres Bestehens (1974 gegründet) wohl so etwas wie zum (beständigsten) Inventar der deutschen Progszene. Fleißig veröffentlicht diese Band um ihren Mastermind Christian Nóvé kontinuierlich neue Alben, die aber nur dem sehr oberflächlichen Zuhörer relativ gleichförmig erscheinen mögen. Inhaltlich haben die Leipziger Progies ihren typisch sphärischen Cosmic Prog immer wieder verfeinert oder mit neuen Schwerpunkten verfeinert. Auch die Zielgruppe dürfte nach wie vor die gleichen Hörer ansprechen, der wohl ein Sympathisant von solchen Kapellen wie CAMEL, ELOY und PINK FLOYD sein sollte, nur ob diese ihren Höhepunkt schon längst hinter sich gelassenen Formationen und ihre relativ altmodische Musik noch neue Fans hinzugewinnen kann, dürfte sehr schwierig aber nicht ganz unmöglich sein.
Der letzte teil der Trilogie besteht nur aus vier Einzelstücken die aber erneut mit einem soliden Sound aufwarten können, der Bass darf teilweise sogar richtig grooven wie beim Opener „Who Inflames The Universe Tonight“ der mir aber von der Komposition her eifnach zu lang geraten ist, denn da passiert außer episch breiten Solis nicht allzu viel. Der nächste Track „When Darkness Comes“ mit einem etwas schnelleren Tempo geht da schon besser ab und für DICE Verhältnisse rockt die Gitarre mal so richtig ab und bietet mehr als nur langezogene elegische Soloparts.
Sehr positiv auffällig sind die deutlich gesteigerten Parts für Saxophon und Flöten hier ist der neue Mann Jens Lübeck voll integriert und ist für den Bandsound ans ich eine enorme Bereicherung, da er nicht nur als schmückendes Beiwerk mitwirkt. Auch für das Schlagzeug wurde das Personal getauscht, der Keyboarder ist ausgestiegen und Alex Klimantov bedient statt Bass jetzt akustischen Gitarren.
Wie schon angedeutet der Sound in Gänze hat sich dadurch jetzt nicht so extrem verändert ist aber schon etwas runderneuert. DICE bringen ihren eher introvertierten Artrock, mit einigen Tempiwechseln sowie üppigen Instrumentalpassagen aber bestens rüber, die Gesangsanteile ind gegenüber früheren Werken noch etwas geringer ausgefallen geworden. Das macht aber nichts aus im Gegenteil Nové mit seinem etwas eckigen Gesang ist sowieso nie der ganz große Sänger gewesen aber dies braucht es vielleicht auch nicht. Der Haupttrack mit seinen 25 Minuten Spieldauer „Hold The Spirit“ fängt an wie eine Art JETHRO TULL Song mit diesen tollen Flöteparts, es gibt stets diese schönen melodiös gehaltenen Songverläufe, auch sind noch genügend „weiche“ Breaks vorhanden, allzu vertrackte oder gar frickellige Sachen sind Dice zum Glück völlig fremd. Hier herrschen stehts wohlige Harmonie vor effekthascherischem Gehabe bzw. aufgesetzter Vertracktheit der Instrumentenbediener. Wie gesagt dieser Longtrack hat trotz der atmosphärisch weiten Instrumentalblöcken tolle relativ rockige Parts, wo die Gitarre mal so richtig laufen gelassen wird, das gab’s vorher nur selten bei den Leipzigern. Die teilweise klasse hypnotisierende Flötenparts sorgen dabei ebenfalls für eine deutliche Steigerung der musikalischen Bandbreite. Wer auf entspannend Momente mit einem Schuß Rock abfährt, dürfte auf "Versus Without Versus - End Part" viel passendes finden. Na denne bis zum nächsten Jahr und dann Album Nummero 16.
Schön unsommerlich ist „Below The Thunders Of The Upper Deep” ausgefallen, das neue Album der Doomies (und Sonnenfeinde) CULTED. Da passt es, dass die Band anscheinend aus Nerds besteht (die sehen ja eh kein Tageslicht), haben sie sich doch noch nie im wirklichen Leben getroffen, ergo alles via Internet erledigt. Umso erstaunlicher, dass CULTED sechs Songs zustande gebracht haben, die dermaßen finster und apokalyptisch sind, dass selbst bei Bombenwetter die Laune verhagelt werden kann – vorausgesetzt, die Platte wird am Stück angehört und nicht nur nebenbei, denn dann entfaltet sie ihr volles Potential. Darkness, Doom, Death. Der perfekte Soundtrack für den Winter, also entweder Euronen bis November beiseite legen oder die CD unausgepackt neben den Player legen, bis die Tage wieder viel zu kurz sind.
Mit neuem Schlagzeuger haben sich MAN MUST DIE an ihre neue Scheibe „No Tolerance For Imperfection“ gemacht – herausgekommen ist eine spürbare Verbesserung im Vergleich mit der 2007er Scheibe. Die Songs wirken zusammenhängender, mehr aus einem Guss und nicht mehr wie wahllos aneinander gepappte Teile. Der neue Drummer bringt zudem deutlich mehr Punch in den Sound der Inselhpfer ein und auch beim Gesang gibt es keinen Grund mehr zum Meckern. Brutal gehen die Herren dabei immer noch vor, aber Songs wie „This Day Is Black“ oder „How The Mighty Have Fallen“ zeigen, wie sehr sich MAN MUST DIE beim Songwriting entwickelt und verstanden haben, dass Death Metal nicht nur brutal sein muss, sondern auch ordentlich aufgebaute Songs braucht. Von den ganz großen Bands sind MAN MUST DIE zwar noch immer ein Stück entfernt, mit „No Tolerance For Imperfection“ haben sie aber einen großen Schritt nach vorne gemacht und dürften so manchen Totmetaller als neuen Fan gewinnen, auch wenn es bis zur Perfektion noch ein wenig hin ist.
BREATHING DUST sind eine junge Combo (keine sichtbaren Tattoos), die nach einigen Line Up-Wechseln mit „Marching With Empty Faces“ ihr erstes Lebenszeichen von sich geben. Die EP bietet typischen Metalcore in der AS I LAY DYING-/ MAINTAIN-Ausrichtung mit leichtem Death Metal-Einschlag, melodische Gitarren ebenso dabei wie Breakdowns und ein ordentlich aggressiver Sänger. Produktionstechnisch kann die EP mit einem druckvollen Sound überzeugen, genau wie die handwerkliche Leistung der Musiker gut ist, gerade die Herren am Bass und Schlagzeug liefern gute Arbeit ab. Einzig beim Songwriting müssen sich BREATHING DUST noch steigern und eigene Wege gehen, „Marching With Empty Faces“ ist zu vorhersehbar und klammert sich zu stark an bekannte Strickmuster, so dass die Eigenständigkeit auf der Strecke bleibt, was angesichts des Talents der Band schade ist. Für eine erste Veröffentlichung geht das in Ordnung, beim nächsten Mal müssen aber eigenständigere Songs auf der Platte sein.