Eine druckviolle Produktion mit handwerklichem Perfektionismus ist die Basis für ein gutes Album, die bereits bei vielen Bands fehlt. SLYDE schütteln diese Grundzutaten locker aus dem Ärmel. Mit dem Wissen, dass das alleine nicht reicht. Und so rocken die deutschen Jungs und Mädels mit einer Mischung aus Melancholie beziehungsweise Schwermut und braver Eingängigkeit ohne Belanglos zu werden. Unbeschwerten Anleihen an die vergangenen 20 Jahre, in erster Linie männlicher Gesang, manchmal verstärkt durch weibliche Vocals. Und so setzt die Bands harmlose aber schicke Ohrwürmer wie den Titelsong "Emotion Overflow" genauso perfekt in Szene wie die herzerweichende Ballade "Mother", die zweifelsohne zu den Glanzlichtern des aber durchweg gelungenen Debuts gezählt werden kann. Wenn die Band es schafft neben den gnadenlos gelungenen Tracks auf schon zu oft gehörte Songs der Art "I Alone" zu verzichten, dürfte SYLDE nicht zuletzt wegen der insgesamt wenig extremen Musik eine große Zielgruppe ansprechen.
Die Entwicklung von STAIND macht echt Spaß und man kann den Jungs aus Springfield nur wünschen, dass sie den Mut aufbringen diesen Weg weiter zu gehen. Zwar ist "14 Shades Of Grey” keine Rückbesinnung auf den harten Nu-Metal der Anfangstage geworden, aber auch alles andere als das von vielen erwartete, mit Balladen gespickte Kommerzteil. STAIND befinden sich in einer eher Alternativ zu nennenden Phase ihres Schaffens und haben mit ihrem neuem Album gekonnt den Spagat zwischen hitverdächtigen Nummern (wie die recht harte Single "Price To Play" oder das auf das amerikanische Radio zugeschnittene "Fray") und ausgetretene Pfade verlassende Tracks geschafft ("How About You", "Intro" oder "Layne" - eine Hommage an Alice In Chains, welche fast an die genialen Days Of The New erinnert). Die Kompositionen und Arrangements sind noch treffsicherer als auf dem Millionenseller "Break The Cycle" und produktionstechnisch ist hier sowieso alles der Oberhammer (fast schon ein Stück zu clean). Aber über allem thront Aaron Lewis’ traurig, melancholisches Organ, welches eine Stimmung zaubert die zugleich Sommer und Winter, Schmerz und Befreiung; Wut, Trauer und gar düstere Romantik ausdrückt. Dabei begehen STAIND nie den Fehler allein auf akustisches Allerlei zu setzen, die harten, verzerrten Gitarren sind allemal mit von der Partie und geben den sich in den Gehörgängen festsetzenden Melodien den letzten Schliff. Wir werden dieser Tage da noch manchen Ohrwurm von "14 Shades Of Grey" zu hören bekommen. Das "Grau" des Albums täuscht darüber hinweg, dass das ganz große Klasse ist was STAIND hier servieren - schmeckt selbst dem Metaller in mir.
"Traditional Old School Heavy Metal" - so nennt Zachary Hietala, Gitarrist des finnischen Quartetts TAROT jenen Sound, welchen er und seine Mitstreiter auf "Suffer Our Pleasures" auf die Gemeinde loslassen. Und damit trifft er den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Bereits in den glorreichen Mid-Achtzigern gegründet, kam das letzte beachtenswerte Lebenszeichen von TAROT mit dem 1998er-Output "For The Glory Of Nothing" in die CD-Läden. Im europäischen Norden wurde damit kräftig Staub aufgewirbelt, hierzulande kam man aber nicht über einen Geheimtippstatus hinaus. Ob die neue Scheibe "Suffer Our Pleasures” daran was ändert lässt sich bei der Masse der Neuveröffentlichungen schlecht vorhersagen - qualitativ gehört sie aber mit zum Besten was ich dieses Jahr aus dieser Ecke gehört habe und die vier Jungs hätten es absolut verdient auch bei uns die entsprechenden Lorbeeren einzufahren. TAROT sehen sich selbst in der Tradition von Bands wie Black Sabbath, Rainbow, Judas Priest, Deep Purple und Dio. Und wie bei letztgenannter Sangesgröße hat TAROT mit Zachary’s Bruder Marco Hietala einen echten Könner am Mikro - welcher nebenbei auch noch den Bass behakt (und dies ebenfalls bei Bands wie Sinergy und Nightwish tat bzw. tut). Bei einem Song wie "Rider Of The Last Day" schießen eine geradewegs Erinnerungen an vergangenen Dio-Großtaten durch den Kopf. Der Song beginnt recht getragen und mit einer etwas gewöhnungsbedürftigen Gesangslinie, powered dann im gnadenlos Mid-Tempo durch die Boxen und endet in einem furiosen Finale. Marco setzt sein Ausnahmeorgan gezielt dazu ein, den Kompositionen zusätzliche Druck und Volumen zu geben, ohne ständig in nervende Höhen abzudriften. "Of Time And Dust" ist ein ähnlich episch aufgebautes Meisterwerk und hebt des Shouters Können genial hervor. Dabei wechseln sich auf dem Album schnelle, harte Tracks, wie der arschtretende Opener "I Rule" und das melodische "From The Void" (klasse Refrain) und eben jene bereits genannten Epen gekonnt ab und präsentieren uns ein druckvoll produziertes Album wie aus einem Guss. Dabei geben ganz klar die Vocals und die Gitarre die Marschrichtung vor, das Keyboard hält sich wohltuend im Hintergrund. TAROT haben das Kunststück fertiggebracht den coolen Sound vergangener Tage in das Jetzt zu transportieren, ohne auch nur ansatzweise altbacken zu wirken. Nur mit dem abschließenden "Painless" (mit nervigen Akustikparts) kann meinereiner sich nicht so anfreunden. Also Freunde: wer sich mal wieder eine kraftvolle Stimme im Achtziger-Heavy-Metal-Gewande zu Gemüte führen möchte und dabei noch eine Vollbedienung in Sachen Sound braucht, sollte bei TAROT ruhig mal reinlauschen.
Da haben sie einen Vertrag bei Supreme Chaos Records unterschrieben und bringen eine Mini-CD mit fünf Stücken heraus, quasi als Vorgeschmack auf die sommerliche Full-Length. Mit mehr als einer halben Stunde kommen NOCTE OBDUCTA dennoch auf eine Spielzeit, die in Kalkfressen-Kreisen auch mal als "normale LP" durchginge. Ruhiger sind’s geworden die traurigen Deutsch-Singer. Was die Schwäne im Moor träumen, wer die Töchter des Mondes erblickt, warum der Regen hart ins Gesicht peitscht, wieso die Tage welken oder wann schließlich alles vorbei ist, das wird von den Mainzer Black-Metallern geklärt - mit wirklich traurig-schaurigen Worten und Metaphern. Dabei verbreiten sie mindestens so selbstmörderisch-melancholische Stimmung wie My Dying Bride. Allerdings geht’s musikalisch diesmal nicht gar so heftig zur Sache. Neben eben der sterbenden Braut zitieren die Jungs Amon Amarth ("Vorbei") oder aber gar Pink Floyd (Anfang von "Töchter des Mondes"). Mit "Tage, die welkten" beweisen NOCTE OBDUCTA aber, dass sie sich tatsächlich noch dem Black-Metal-Genre zurechnen. Aber eben nicht old-school und eben auch nicht COF-kommerziell-bombastisch. Sondern eigenständig, ach, einfach cool. Und mutig, weil diese Scheibe sicherlich sooo nicht von den Fans erwartet worden ist. NOCTE OBDUCTA sind speziell. Und: Eins ist mal klar: NOCTE OBDUCTA stehen mit ein bisschen Glück vor einer großen Zukunft - im Gegensatz zu den heimischen Kickern vom ewigen Zweitligisten Mainz 05.
Power Metal aus Norwegen. Debüt-Album. Seit 1995 aktiv. Cover –Artwork von GAMMA RAY abgeschaut. Alles Fakten, die wieder einmal auf eine hundsmiese Kopie genialer Originale hindeuten. Entsprechend gering war meine Vorfreude, als ich das Teil in den Player schob. Aber spätestens nach dem zweiten Song "Heavens Gate" saß ich mit aufgerissenen Augen vor der Anlage, denn "Satrap" ist ein Knaller par Excellence geworden, mit dem ich nicht mal ansatzweise gerechnet hatte. Bereits der Opener "Keepers Of Time" mit seinen Gitarren/Keyboard-Duellen und dem powervollen Refrain deutete darauf hin, dass wir es hier mit einem der besten Debüts dieses Genres der letzten Jahre zu tun haben. Unter anderem dazu beigetragen hat Morty Black, einst Bassist der Kultband TNT, der geile Hymnen wie "Fire & Ice", "Inside The Storm", "Die For Your King" oder "Cyber Future" veredelt. Absolutes Highlight ist das gut neunminütige "Star Wars" mit so genialen, kultigen Textzeilen wie "Death Star is near, but the rebels have no fear... Darth Vader he is the man in black...". Man erkennt einerseits, dass die Jungs absolut ernstzunehmende Mucke machen, die locker mit jener von stilistisch ähnlichen Bands wie STRATOVARIUS oder THUNDERSTONE mithalten kann; andererseits hingegen nehmen sie ihre Texte nicht unbedingt ernst und gehen mit dickem Augenzwinkern zu Werke, ohne in J.B.O.-artigen Comedy zu verfallen. Mir kommen spontan Erinnerungen an das obergeile SCANNER-Debüt "Hypertrace" von 1988 in den Sinn, auf dem die Band damals mit superbem Speed/Power Metal in ultrakitschigen "Raumschiff Highlander"-mäßigen Uniformen regelrechte Teutonenhymnen schmetterte. Natürlich gibt es ein paar Mankos an "Satrap", wie das doch manchmal zu sehr im Vordergrund bratende Keyboard oder der etwas ...äähhmm... "preiswerte" Sound. Aber da es sich hier um ein Debüt handelt, das trotz der kleinen Abstriche ungeheuren Spaß macht und technisch auf sehr hohem Niveau angesiedelt ist, müssen echte Teutonen/True/Power/Poser/etc. Metaller hier unbedingt zuschlagen. Ein echter Geheimtipp!
Sturm, das ist das erste, was mir einfällt, wenn ich an die Heimat der Österreicher von SILENT AGONY denke. Sturm Graz, ein Fußballklub der ersten Liga des Alpenstaates, hat nämlich schwarze Trikots. Um im Fußballbild zu bleiben: Die stillen Todeskämpfer hingegen tragen zwar lieber orange, sind deswegen noch lange keine Holländer. Zum System der Schluchten-Kicker: Sie gehen offensiv zu Werke, legen dabei sehr viel Wert auf gute Raumaufteilung und moderne Spielführung: Fette Rhythmusabteilung, abwechslungsreiche Melodielinien, tatsächlich zwischen irgendwo zwischen Tradition und Moderne. Anfangs (beim Opener "Demon") dachte ich ja noch: Oh nein, Nu-Metal mit Hardcore-Rap-Einschlag. Aber nein, ist wirklich ganz in Ordnung. Beispiele: "Senseless Hate" brilliert mit einem coolen Metal-Refrain, "Daydreaming" besticht mit Varianz in Tempo und Gesang, der zwischen Aggro und flüsternd schwankt und "Schlitza" wird mit einer charmanten österreichischen Schmäh-Ansage eröffnet und erinnert dann bisweilen an Biohazard. Nicht zu vergessen, "Geily Kylie", das als kleine Hommage an die süße kleine Australierin daher kommt. Kleine Abstriche gibt’s beim Gesang, der manchmal ein wenig bemüht klingt. Ach ja, der Sound: Bei "Live And Orange" handelt es sich, wie der Name schon sagt, um einen Mitschnitt eines Konzert im heimischen Graz. Zwar klingt die Scheibe alles andere als Explosiv (so der Name des Klubs), aber für einen Underdog ist die Qualität ganz ordentlich. Nur das merkwürdige Schnarren wie bei "Schlitza" kann ich nicht recht einordnen. Wenn sie jetzt das Orange weglassen, dürfen sie vielleicht auch mal bei einer Weltmeisterschaft mitmischen …
Klar, old-school-Black-Metal wie Darkthrone und so. Also: Schwacher Sound, böse Atmo? Nee, mitnichten. Der Klang der Scheibe ist zwar recht dürr, vor allem die öfter sehr penetranten Becken pöckern ein wenig nervig durch die Gegend. Und der ziemlich abwechslungsreiche Gesang geht einem streckenweise auch ein wenig auffen Sack. Das Hiha-Gekreische bei "In der Nacht bei den Gedanken" bleibt da beispielsweise übel haften. Dass es sich dennoch um ein anständiges Album seiner Spielart handelt, verdankt die Scheibe der tatsächlich dichten Stimmung. Denn durch geschickte Geschwindigkeitswechsel in Richtung Midtempo sorgen die Herren aus Leer in Ostfriesland nicht nur für Abwechslung, sondern auch für enorme Melancholie. Wie es sonst beispielsweise Kapellen wie Shining schaffen (Wobei ich die knapp sieben-minütige "Live-Übertragung" eines Gewitters beim Titelstück "Nachgedacht" doch etwas zuuu atmosphärisch finde). Die schnelleren Parts wie beim abschließenden "Schattengesang", das als Bonustrack bezeichnet wird, jedenfalls werden Schwarzwurzlern der traditionellen Richtung gehörig munden, auch, wenn sie natürlich nichts Neues bieten. Dennoch ein ordentliches offizielles Debut der menschenfeindlichen, atheistischen und starken Böslinge aus dem Norden.
Könnt ihr euch noch an die Zeiten erinnern, wo ein richtiger Thrasher diese hellen Jeans an hatte (Stretch natürlich!), dazu weiße, hohe Turnschuhe trug und am besten das "No–Posers-Shirt"?. Wenn ja, dann wisst ihr bereits ziemlich genau, wie sich die Thüringer Thrasher anhören. So dolle old-school wie Exumer, Kreator und Destruction zusammen. Von mir aus zählt auch Slayer, Assassin und Grinder dazu. Und Sodom. Und wen auch immer von damals, mehr Bands fallen mir gerade nicht ein. BURIED GOD transportieren das Lebensgefühl der damaligen Zeit authentisch und ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Lasst es mich so beschreiben: Ich mag zum Beispiel neue Destruction-Sachen sehr gerne. Aber noch lieber höre ich "Sentence Of Death" oder "Infernal Overkill". Weil sie halt diesen gewissen Charakter, diese zeitlose Schönheit besitzen, die mich seinerzeit zum Metal gebracht hat. Und genau dieses Feeling kommt auf, wenn ich BURIED GOD höre. Die Scheibe ist alles andere als innovativ oder so. Aber hier musizieren Fans für Fans. Weil sie Bock dazu haben. Und genau so was macht mir auch Spaß. Wie früher. Billig-Bier und Schallplattenspieler. Und kein Kumpel war "Poser". Und das sind BURIED GOD mit Sicherheit ooch nich.
VITAL REMAINS hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Vital ist jedenfalls was anderes, dachte ich mir. Und als ich dann auch noch lesen musste, dass Kamerad Vollpfosten (Glenn Benton, "DEbilCIDE") mitmischt, dachte ich: Suzuki is eh Mist. Doch Dave, musikalisches Multitalent (Bass, Drums und Lead guitars) mit dem Nachnamen der japanischen Motorradschmiede belehrt mich eines Besseren. Los geht’s "My Name Is Jesus", Carmina Burana (wie beim Eishockey im Harz;-)) und ab dafür: "Let The Killing Begin...." Das Titelstück verbindet die harten Seiten des Schweden-Death mit dem brutalen Geknüppel der Amis und Polen. Brachial, potent, geil. Der Bekloppte grölt sich ´nen Wolf (wie er es bei Deicide lange nicht mehr hinbekommen hat) und seine Kollege trümmern, was das Zeug hält. Die zumeist sehr langen Stücke muten zwar komplex an, sind es bisweilen auch, aber die Jungens aus Rhode Island lassen dabei nie den Song, die ursprüngliche Idee außer Acht. Vor allem das Titelstück hat es in sich. Was den Amis da gelungen ist, an Härte und an Melodie, das ist aller Ehren wert. Sound? Morri! Alles wird gut. Vitaler!
"Legacy, the legacy" - gutes Heft, hehe. Und: gute Scheibe! Aber jetzt zur Sache: Es gibt sicherlich spannendere Sachen als Reime wie "Hate - Fate" oder so. Und es gibt sicherlich auch Aufregenderes als Judas- oder Running Wild-Nachahmer. Aber auch, wenn die Texte immer noch vor Klischee triefen und die Vorbilder oftmals überdeutlich zu Tage treten, so gelingt den Hamburgern von PARAGON doch mal wieder eine amtliche Power-Metal-Scheibe. Und amtlich meint, dass die Scheibe das "Adjektiv" vor Metal wirklich verdient hat. Die Jungs rocken, was das Zeug hält und was die Tradition hergibt. Ob "Law Of The Blade" besser ist, wage ich nicht zu beurteilen, ich mag beide Scheiben. Aber ich bin mir recht sicher, das "Babuschka" sicher ordentlich gesteigert hat. Vor allem macht es Bock, dass der Kollege im Gegensatz zu vielen anderen Power-Metal-Shoutern eben Eier hat. Tempo-technisch gehen die Norddeutschen im gehobenen Bereich zu Werke, aber sie beweisen beispielsweise mit "Breaking Glass" auch, dass sie auf der mittleren Schiene auch ordentlich grooven können. Der Sound ist grundsolide, Sielck eben. Neben den etatmäßigen neun Songs gibt es am Ende mit "Into The Black" einen alten, richtig aufgemöbelten Song von der gleichnamigen 94er-Mini-CD. Alles in allem ein cooles Album, dass natürlich nicht nur wegen des Openers "The Legacy" richtig regelt.