Angefangen haben CARNAL GRIEF wohl mal als Punk-Combo, davon ist auf dem ersten Lebenszeichen "Out Of Crippled Seeds" nicht mehr viel zu hören. Statt Rotzpunk regiert hier die alte melodische Schule, die in Göteborg erfunden wurde und im Land der Elche immer noch bereitwillig neue Bands findet. CARNAL GRIEF hauchen dem melodischen Schwedentod aber frischen Wind ein und sind mehr als nur eine weitere In Flames-Kopie. Zwar können auch sie sich nicht von den Großen wie eben In Flames oder Dark Tranquillity lossagen ("Deadlands" klingt schon arg nach alten In Flames), aber durch die Hinzunahme von ein wenig Carcass’schem Groove (die Carcass der Spätphase halt) wie in "Entrapment Concealed" klingen CARNAL GRIEF schon eigenständiger als viele andere vergleichbare Kapellen. Die üblichen klassischen Metalparts haben sie auch - gerade im Gitarrenbereich - aber das gehört für eine Melodic Death-Band ja fast schon zum guten Ton. CARNAL GRIEF ballern "Out Of Crippled Seeds" die ganze Zeit über flott durch die schwedische Botanik, was ihnen richtig gut zu Gesicht steht. Sänger Jonas erledigt seinen Job mehr als gut und weckt oft Erinnerungen an selige Tompa-bei-ATG-Tagen. Ach ja… Die Gitarrenarbeit ist filigran, voller kleiner Spielereien und dabei immer noch atemberaubend melodisch wie mitreißend (aber auch einfach mal fett deathmetallisch braten wie bei "Just Another RPG"), auch wenn mir manche Soli-Einlagen doch ein wenig auf die Eier gingen. CARNAL GRIEF machen ihre Sache mehr als gut und sollten für Freunde des melodischen Schwedentods eine echte Alternative sein und haben das Kunstück vollbracht, bei elf Songs keinen einzigen Ausfall zu haben - songwriterisch also alles im grünen Bereich. Auch wenn’s alles Short-Cuts sind hehe. Die Zeiten in denen Mucker langhaarig sein müssen sind ja eh schon lange vorbei und wenn sie dann noch eine mitreißende und überzeugende Platte wie diese gemacht haben, können sie meinetwegen auch wie Didä Bohlen aussehen haha. Geile Scheibe!
Ich war am Anfang nicht sicher, ob es sich bei HAN JIN OAKLAND wirklich um eine Band oder nicht doch um ein Soloprojekt handelt. Im Booklet sind lediglich die Lebensgeschichte (inklusive Lieblingsfilmen, Lieblingsgetränk, Lieblingsessen, etc.), sowie einige mehr oder weniger witzige Danksagungen eines gewissen Christoph Jungen aufgeführt. Ein Blick auf die Homepage offenbart, dass es sich tatsächlich um eine Band handelt, die mit "I Will Kill You" (schon 1995) ein Album in Eigenregie aufgenommen hat. Die Mucke weiß durchaus zu überzeugen, was zum Beispiel der dynamische Titelsong oder das stark an SAVATAGE zu Zak Stevens –Zeiten erinnernde "The Devout People" unter Beweis stellen. Danach geht den Herren jedoch über weite Strecken etwas die Puste aus; ein banales Stück der Marke "Don’t Blow Your Life Away" muss einfach nicht sein und bei zum Beispiel "Show Me Heaven" läuft der Schmalz literweise aus den Boxen. Die Bon Scott - Hommage "Live Wire" ist wiederum echt gelungen, wie auch der beste Song des Albums, das hymnische "Children Of The Damned". So müsste das gesamte Album aufrocken, dann gäbe es kaum etwas zu bemängeln! Auf der CD sind neben dem regulären Album noch drei mäßig produzierte Bonustracks enthalten, wovon "Suicide Girl" und auch "Black Soul" durchaus zu überzeugen wissen. Insgesamt ist "I Will Kill You" einen Testlauf wert, da einige echt melodische und hörenswerte Momente geboten werden. Der Stein der Weisen ist die Scheibe jedoch nicht, da ein Großteil der Songs etwas uninspiriert wirkt. Ich weiß auch nicht, warum das Album erst jetzt nach knapp zehn Jahren erscheint und ob die Jungs überhaupt weitermachen. Mit etwas mehr Schwung steckt sicher noch Einiges mehr in dieser Band.
Metal aus der Ukraine hat hierzulande sicherlich immer noch Exotenstatus. Während man sich (besonders im Grind und Death Metal) an Bands aus Tschechien, der Slowakei und Polen gewöhnt hat, ist FLESHGORE die erste ukrainische Band, die mir untergekommen ist. Der Vierer trümmert auf seinem zweiten Album "Killing Absorption" in bester Amitradition und weiß mit abgefahrenen Gitarrenspielereien und einem derben Grunzer zu punkten. Dabei kommen einem ganz schnell Bands wie Deeds Of Flesh, Disgorge oder Morbid Angel ("Severe Pain") in den Sinn. Ähnlich wie die Ami-Einflüsse setzen FLESHGORE neben gnadenlosen Blastattacken auf viel schweren Mid Tempo-Death und eine anständige Portion Groove ("Domain Of Death"). FLESHGORE erfinden den extremen Death Metal sicher nicht neu, sind aber eine anständige Bereicherung für die heimische Plattensammlung.
LIZETTE &. Nein, das ist kein Schreibfehler, das seltsame Zeichen gehört zum Namen dazu. "This Is" ist das Debut der Band um die schwedische Sängerin Lizette. Lizette und die anderen Ebenen. In der um sie zentrierten Welt sind ihre Vocals, ihre ausdrucksstarke und wandelbare Stimme das Kapital dieser Band. Die teils rockigen, meist leicht poppigen und oftmals elektronisch aufgepeppten Song tendieren nicht selten in eine entspannte Trip Hop Richtung. Doch grade der Opener ist eine recht seichte und nur auf den ersten Blick spannende Rocknummer geworden, die sich mit viel Nanana im Chorus und einem ausgefadeten Ende recht dünn präsentiert. Und dabei können sie Songs schreiben, was sie bei den folgenden Tracks teilweise recht eindrucksvoll unter Beweis stellen. Oftmals wechselt innerhalb eines Songs das Thema von balladesken Anfängen hin zu erstaunlich rockigen Parts, manchmal verpassen sie hierbei aber auch die Stimmungen zu einem Höhepunkt zu führen. Mit einer derart fähigen Sängerin und von Ausnahmen abgesehen guten Songs sollte es ein leichtes sein, sich im bei softeren Electronika Rockern ein Ohr zu verschaffen. Wenn, ja wenn man die schwächeren Tracks verbannt und sich auf die anspruchsvolleren Ansätze besinnt.
Ein amerikanisches Gewitter kommt aus dem Land der tausend Seen zu uns herübergezogen. Weder Gothic-mäßig schmachtend, noch grimmig "Satan"-keifend oder weichgespülter Keyboard-Metal, nix da! Hier gibt’s die volle Ladung brutalen Death Metals, der unbedarfte Hörer, auf einen neuen massenkompatiblen Klon hoffend, einfach umblasen wird. PYURIA entfachen auf ihrer neuen MCD ein dermaßen heftiges Inferno, dass sich die Todesblei-Konkurrenz in acht nehmen muss. Nach einem beinahe kompletten Austausch des Line-Ups prügeln sich die vier verrückten Vinnen (so wird’s eine Alliteration hehe) unbarmherzig durch die fünf Songs plus Intro. Fett produziert und mit einer Menge Groove gesegnet, erinnern sie dabei nicht in an eintönig ballernde US-Konkurrenz, sondern an Danish Dynamite… Illdisposed aka Panzerchrist schlagen in die gleiche Kerbe und vermischen Rock’n’Roll mit saubrutalem Death Metal. Hört euch nur "Murder Metaframe" an und ihr wisst, was ich meine. Bei diesem Groove das Bein stillzuhalten ist unmöglich! Highlight des Albums ist sicher "Douleur Mortelle", das mit einem dermaßen Dampf aus den Boxen kommt, das einem Angst und Bange werden kann. Sänger Oskari macht dazu noch alles richtig und klingt perfekt wie ein wütender Pitbull, der zu oft Cannibal Corpse gehört hat, während Guitar-Hero Tapani mit ihm zusammen einen dichten Riffteppich webt und die Rhythmusabteilung echt ein Brett auffährt. Bleibt nur zu sagen, dass PYURIA mit "Sublime Metrics Reallocation" eine richtig geile Death Metal-Scheibe eingetrümmert haben. Von dieser Band hören wir ganz sicher noch mehr!
SCORNAGE konnten mit dem "Ascend”-Album bei uns noch als BrutaloCore-Act punkten... Ich kenn’ die Scheibe nicht, aber würde einfach mal vermuten, dass der Kollege damals eine etwas wirre Einsortierung in Schubladen vorgenommen hat. "Sick Of Being Human" ist nämlich so Thrash Metal wie’s nur geht. Und woran müssen sich deutsche Thrash-Bands messen? Logisch, an irgendeinem der Urgesteine der deutschen Lande, seien es nun Destruction, Sodom oder - wie in diesem Falle - Kreator. Ähnlich wie Mille röhrt sich SCORNAGE-Schreier Guido durch die Gegend und ging mir mit seinem etwas eintönigen Stil hin und wieder auf die Nerven. Er hat kein schlechtes Organ, nutzt aber sicher vorhandene Variationen seiner Stimme nicht aus. Darüber lässt sich aber streiten, Gesang ist ja immer eine Geschmacksfrage. Songtechnisch ist bei SCORNAGE alles im grünen Bereich, die Songs sind eingängig und laden zum spontanen Bangen ein. Und ähnlich wie Kreator setzen SCORNAGE vor allem auf Mid Tempo-Geschosse, die live bestimmt ordentlich Stimmung machen. Alles in allem eine anständige Thrash-Platte für die Nostalgiker hier.
War "Fermina" zumindest in meinen Ohren damals doch eher eine Zumutung denn ein Genuss, so schlägt "Volvere" in eine gänzlich andere Kerbe. Der groben Musikrichtung sind sich zwar treu geblieben, aber sie haben auf jedem Gebiet massiv zugelegt, auf fast jedem. Der Gesang konnte zwar schon damals als eigensinnig bezeichnet werden, doch wo er auf "Fermina" noch störte, passt er jetzt deutlich besser zur Musik - Kein Grunzen, kein Pathos sondern eine fast rockige Stimme. Die Produktion ist besser geworden, die Drums ebenso. Leider hilft ihnen dies aber immer noch nicht, Songs zu schreiben, die über dem Durchschnitt liegen. Denn zu oft vermisst man einen eingängigen Hook oder eine Melodie . Das ein ums andere Mal deuten sich originelle Phasen an, verlieren sich dann aber wieder in düsteren Gitarren zu ähnlicher Struktur. Und wäre nicht "Hell´s Silence" gäbe es gar keinen Song der besonders auffällt. Von diesem einen Track abgesehen, beherrschen die Finnen die erdrückende Monotonie ohne doomige Schwere, und das aus dem Effeff. Ein bisschen was der üblichen finnischen Verdächtigen und Stimmungen sind auch hier an Bord, aber die Songs müssen definitiv griffiger werden damit man sich die CD des öfteren anhören möchte!
Sentenced waren früher mal richtig toll, so bis zur "Crimson". Da machen sich anscheinend RESPAWN auf, die Lücke zu füllen. Auf jeden Fall beim Opener "Right Now", bei dem Sänger Fabz wie ein echter finnischer Metalshouter klingt. Wahrscheinlich gurgelt er morgens auch immer mit Absolut Wodka und trägt nie ne Jacke hehe. "Right Now" ist dazu noch wunderbar eingängig und rockig - eben wie Sentenced. Track Numero Due setzt dann diese Linie weiter fort, läßt aber leichte Iced Earth-Einflüsse durchschimmern und bewegt sich im gemählicheren Mid-Tempo. Das Teil hat aber einen so eingängigen Refrain, dass ich ihn nach zwei Mal hören schon nicht mehr aus dem Kopf gekriegt habe, danke dafür! "Obey Me" beginnt mit einem richtig schönen klassischem Gitarrengewichse, wie das sonst nur Spandexjeans-Bands hinbekommen. Wenn dann Fabz einsetzt, werden Erinnerungen an Pist.On (kennt die hier eigentlich noch jemand?) oder Life Of Agony wach. Der Mann ist echt ein stimmliches Chamäleon. Der Track rockt dann weiter, inklusiver vieler Soli und Backing Shouts, die einen unmittelbar in die Bronx führen. "Inside" hat dann viel Metal drin (quasi inside hehe) und präsentiert sich als abwechslungsreicher Metalsong, in dem schön mit dem Tempo jongliert wird und wieder einmal Fabz mit seiner Stimme für die Akzente setzt. Das heisst nicht, dass der Rest der Mannschaft nix kann, aber diese Finnenstimme setzt halt einfach die deutlicheren Akzente. "Enough Is Enough" - einen besseren Titel für einen letzten Track gibt es nicht hehe. Beginnend als schwerer Stampfer, bei dem sich Fabz mal zurück nimmt und den Instrumenten weitgehend das Feld überläßt, wird es zum Ende hin noch mal wütend und schnell. RESPAWN präsentieren sich auf dieser MCD in überzeugender Form, voller Abwechslung und gelungenen Songs, die eingängig und mitreißend sind. Hoffen wir, dass sich schnell ein kompetentes Label der Band annimmt und sie auf Tour schickt - am Besten mit Sentenced, das wär’ mal ein nettes Package. Großes deutsches Kino ist diese Scheibe auf jeden Fall.
Da sind wieder ganz viele Schweden zusammen in ein Bettchen gehüpft und haben so was wie Schweinkram gemacht, musikalisch gesehen natürlich. Namedropping ist angesagt wenn man wollte. Jungs direkt von oder aus dem engen Dunstkreis solcher Bands wie PLASTIC PRIDE, THE PERISHERS oder CULT OF LUNA haben ihre Finger im Spiel und sicherlich waren noch einige andere Händchen mit unter der imaginären Bettdecke. So seltsam ein gemeinsames Kind dieser Bands eigentlich anmuten müsste, so homogen ist "Tsunami" von KOMA letztlich geraten. Namedropping einmal anders: Zerbrechlicher Gesang, der emotional aufwühlt und stets fern der Bedeutungslosigkeit agiert, an manchen Stellen fast in verzweifelte Gefilde driftet uns bisweilen gar an MUSE erinnert ohne deren Melodien zu adaptieren machen KOMA aus. Doch auch wenn man niemals so essenziel wie TOOL wird, so sind die Songs nicht selten ähnlich wie (die ältere) A PERFECT CIRCLE aufgebaut: Massive Gitarrenwände, bedrohlich und majestätisch, mystische Drums, dazu der klagende Gesang. Viele Songs erschlagen den Hörer förmlich durch Detailfülle und geben dennoch Zeit durch die langen Spannungsbögen die Tiefe nachzuvollziehen. Bisweilen MASSIVE ATTACKsche Ruhe ("The Hour"), dann wieder härter ohne die immer mitschwingende geheimnisvolle Stimmung aufzugeben. Superbes Debut, in Deutschland aber leider nicht erhältlich. Wendet euch am besten direkt an die Band!
LYZANXIA grüßen aus Frankreich und bringen ihr dort bereits seit Oktober 2002 erhältliches Album "Mindcrimes” dank eines kürzlich unterzeichneten Deals nun auch bei uns in die Läden. Lesern einer großen deutschen Postille könnte die Combo bereits bekannt sein, hat sie doch auf deren "Unerhört!"-CDs 2003 ordentlich abgeräumt und den Preis als bester Newcomer für sich beanspruchen können. Da war ich mal gespannt, vor allem da LYZANXIA als Death Metal-Band angepriesen wurden. Tja, klassischer brutaler Death Metal ist das hier nicht, dass wird gleich beim Opener "Time Dealer" klar. Hier gibt’s eher die Göteborg’sche melodische Keule, ergänzt um eine Menge klaren Gesang. "Medulla Need" klingt dann vom Riffing auch mal nach "Jester Race"-Zeiten und die Produktion im Studio Fredman hat auch ihren Teil zum Schwedentouch beigetragen hehe. Insgesamt bemühen LYZANXIA sich um Abwechslung und trauen sich auch mal an Metalcore-Parts ("Gametime”), cleanem Gesang ("My Blank Confession"), was dann schon fast in Powermetal-ähnlichen Regionen endet. Da kommt dann aber die zweite Stimme und rettet den Song hehe. Richtig grauslig fand ich persönlich nur die Halbballade "Silence Code", das hat für meinen Geschmack doch zu viel Iced Earth-Touch. Das ist aber der einzige Aussetzer auf einer ansonsten guten Melodic Death-Scheibe, die ich Freunden von In Flames oder Soilwork (die den Franzosen sicher bekannt sind…) nur ans Herz legen kann. Denn im Gegensatz zu den eingefahrenen Vorbildern bemühen sich LYZANXIA um Abwechslung, wobei ihnen das nicht immer hundertprozentig gelingt, das Resultat sich aber trotzdem hören lassen kann. Und mit mehr als 50 Minuten Spielzeit gibt’s in Zeiten überteuerter CD’s auch echt was fürs Geld.