MENDEED haben ihre erfolgreichsten Alben via Nuclear Blast in die Wohnzimmer der Hörer gebracht, ihre Anfänge aber beim rührigen Rising Records-Label gemacht. Die wollen nach dem Abgesang auf die Band auch noch ein paar Euronen verdienen und bringen mit „Positive Metal Attitude“ eine bis dato nur als Tour-Edition erhältliche Scheibe auf den Markt. Auf dem finden sich vier Songs aus einer BBC-Session und sechs B-Seiten. Die BBC-Songs wissen mit gutem Sound und viel Aggressivität zu gefallen, besonders der Sänger tut sich mit dickem Halsschlagader-Gesang hervor. MENDEED haben sich noch nie um Genregrenzen gekümmert, was auch bei den vier Songs nicht anders ist, fröhlich werden Death, Thrash, Power und was sonst noch an Metal da ist, in einen Topf geschmissen. Herausgekommen sind gute Songs, die manchmal an CHILDREN OF BODOM erinnern, aber deren Händchen für Eingängigkeit nicht ganz so ausgeprägt haben. Die vier Nummern sind eben nur gut, immerhin. Die sechs folgenden B-Seiten sind etwas roher produziert, etwas Metalcorliger im Habitus (“Laid To Waste”), weisen aber schon auf die Ausrichtung der späteren Werke hin, irgendwo zwischen HATESPHERE und Metalcore. Für MENDEED-Komplettisten ist diese Scheibe ein Muss, Freunde gepflegt-schnellen Metals sollten ebenfalls mal ein Ohr riskieren.
Einen Coolness-Punkt bekommen BRING ME THE HORIZON für die Wahl des Fredman Studios als Ort der „Suicide Season“-Aufnahmen, was nicht die erwartete Adresse war. Fredrik Nordström hat dem Briten-Quintett einen astreinen Sound verpasst und die vielen Samples bestens in den Gesamtsound integriert. Samples, ja. BRING ME THE HORIZON wollen sich vom stumpfen Metalcore absetzen und haben viel Mut zum Experimentieren aufgebracht, „Suicide Season“ ist kein leicht verdaulicher Brocken. Ob ds bei den Kids gut ankommt, bleibt abzuwarten, erste Live-Erfahrungen lassen darauf schließen, dass die Jungs um Shouter Oli im Moment alles spielen können und die Kids sie trotzdem lieben werden. Hauptsache, die trendigen Frisuren und Klamotten bleiben. Oli und Co. legen es aber hörbar darauf an, auch als Musiker wahr- und ernstgenommen zu werden, anders ist „Suicide Season“ nicht zu erklären. Auf Nummer Sicher gehen würde anders klingen. Olis Gesang ist variabler und wurde noch öfter mit Effekten bearbeitet, während der Growl-Anteil zurückgeschraubt wurde. Der starke Einsatz von Samples verleiht dem Gesamtsound mehr Tiefe und fügt sich im nach wie vor heftigen Grundtenor der Songs nahtlos ein. Beim Songwriting haben die Briten ebenfalls Mut zu Neuem gehabt und neben typischen Nummern wie dem brachialen Opener auch ungewöhnlichere Stücke („Chelsea Smile“) auf das Langeisen gepackt – und alle sind gelungen, „Suicide Season“ ist frei von Ausfällen, auch wenn nicht jeder Song ein absoluter Kracher ist. Ein hohes Level halten BRING ME THE HORIZON aber durchgehend, was für ihr Talent spricht und Beweis genug ist, dass in den Stylos mehr steckt als nur ein Händchen für Outfits. „Suicide Season“ ist dafür der verdammt abwechslungsreiche Beweis. Sehr gut!
RUINER haben in ihrer Historie gewühlt und vor dem Releases ihres nächsten Albums mit „I Heard These Dudes Are Assholes“ eine Sammlung ihrer Split- und EP-Songs sowies des Demos gepackt. Ob die 14 Songs soundtechnisch aufpoliert wurden, bleibt unklar, der Sound ist aber durchweg sehr gut, druckvoll und differenziert zugleich. Mit „Once Loved“ legt der Baltimore-Haufen grandios los, der Song ist eine melodische Hardcore-Granate, die gleichzeitig viel Druck macht, genau wie das folgende „Paint Peals“. Ach was, das gilt für alle Songs. Selbst die vier Demosongs (von denen drei zweimal auf der Compilation sind, als Teil einer EP oder Split-Veröffentlichung) sind in der vorliegenden Fassung großartiger Stoff und beweisen, dass in RUINER von Anfang an viel Potential steckte. Kurzum: wer die alten RUINER-Sachen noch nicht sein Eigen nennt, auf melodisch-düsteren Hardcore steht und ein paar Euronen auf der Tasche hat, sollte sich diese Sammlung ziehen, die es locker mit jedem Album aufnehmen kann.
Ganze vier Jahre ist es her, seit sich die Sachsen zum letzten Mal auf Konserve verewigten. Damals beendete Kollege Lars „Geh´-mich-wech-damit-da-is´-´ne-Melodie-zu-hören“ Heitmann sein Review von „Luciferianism“ mit den Worten: „Ohne Ausfälle ballern sich PURGATORY durch die knappe halbe Stunde und bieten das, was man als Fan will: pure fuckin’ Death Metal!“, was man auch im Falle von „Cultus Luciferi-The Splendour Of Chaos“ (mit dem Luzifer-Vogel haben es die Jungs anscheinend…) fast kommentarlos so stehen lassen könnte. Auch hier wird gut 35 Minuten lang zumeist Vollgas gegeben, dabei jedoch nicht songundienlich herumgefrickelt, wie im Fall von HATE ETERNAL und Co., sondern mit cool platzierten Breaks und nachvollziehbaren Tempowechseln gearbeitet, was PURGATORY sehr nahe an Vorbilder wie MORBID ANGEL, DEATH oder VADER rückt, nur dass das Quartett aus dem Osten der Republik statt rein technisch noch eine Spur räudiger, fieser und im positiven Sinn „schrammeliger“ zu Werke geht. Außerdem konnte man mit Onielar (DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT), Martin Van Drunen und Wannes Gubbels (ASPHYX), Bernd Korades (KORADES) sowie Marc Grewe (MORGOTH) einige Gastmusiker gewinnen, wobei letztgenannter in einer endgeilen Coverversion des Klassikers „Pits Of Utumno“ seiner einstigen Band zu hören ist. „Cultus Luciferi“ gehört zu den stärksten Death Metal-Alben aus deutschen Landen in diesem Jahr und ist für alle Fans nahezu ein Pflichtkauf!
STORM & STRESS aus dem schönen Ibbenbüren haben bereits mit ihrer Debütscheibe viel positive Resonanz ernten können und sich damit die Messlatte selbst hochgelegt. Hat sie scheinbar nicht beeindruckt, wie gleich die ersten Töne von „Backslide“ klarmachen: kraftvolle, melodische Gitarrenläufe treffen auf den wütend-heiseren Gesang und treiben den Song an, der einfach so ins Ohr geht. Produktionstechnisch vom WATERDOWN-Drummer sehr gut in Szene gesetzt, können auch die folgenden fünf Songs das hohe Einstiegslevel halten und machen „Sin“ zu einerDemonstration in Sachen melodischen Hardcores. Dabei vergessen die Ibbenbürener nicht die nötige Heftigkeit, um das Hard in Hardcore zu würdigen, „Sin“ macht ordentlich Druck. Die sechs Songs sind verdammt guter Stoff, mit dem sich STORM & STRESS vor COMEBACK KID, SHIPWRECK A.D. (an die die Gesangsarbeit immer wieder erinnert) und der einheimischen Konkurrenz nicht verstecken müssen. Fett!
EATLIZ sind der Beweis, dass Poprock mit weiblichem Gesang nicht zwangsläufig in belanglose Trällerelsenmucke oder in Richtung DIE HAPPY/ GUANO APES gehen muss. Die Israelis sind deutlich progressiver und dürften den durchschnittlichen Konsumenten poppiger Töne schnell überfordern, haben aber für die abgefahrene Töne-Fraktion viel zu bieten – und das die recht groß ist, beweisen PORTISHEAD und Co. EATLIZ setzen stark auf den Gesang von Goldkehlchen Lee Triffons, die kraftvoll und weiblich zugleich singt und den Songs die poppige, schmeichelnde Note verleiht. Ihre Gesangspassagen sind meist sehr eingängig, werden aber fast immer durch frickelige, jazzige Instrumentalparts gekontert, was im Endergebnis kopflastig-sperrige Songs ergibt („I Don’t Care“). Das macht die Scheibe zwar schwer zugänglich, aber auch auf Dauer interessant, gibt es doch mit jedem Durchlauf neue Facetten im Sound zu entdecken.
Das sechste Album der Schweden bleibt definitiv auf Kurs. FALCONER bemühen sich um schöne Melodien, flottes Tempo und machen handwerklich auch nichts falsch: Power Metal ohne Peinlichkeiten. Der Name „Among Beggars And Thieves“ könnte dabei allerdings Programm sein, denn der epische Heavy Metal, mit dem FALCONER auf obskure Weise coole Bands wie Doomsword mit abgehalfterten Größen wie Helloween mischen, klingt eben nicht eigenständig, sondern durchaus ein wenig zusammengeklaut. Die neue Scheibe erweckt trotz weniger objektiver Kritikpunkte den Anschein, als trauten sich die Schweden nicht, den kauzigen Weg der Epic-Metal-Richtung zu gehen und als fänden sie andererseits den guten, alten melodischen Speed Metal (oder wie ihr das auch immer nennen wollt) zu altbacken. Sänger und Rückkehrer Matthias Blad erledigt seinen Job mehr als solide, Chef Stefan Weinerhall hat sich ein nettes Konzept um Diebe im mittelalterlichen Schweden ausgedacht, es gibt nette schwedische Folklore-Parts zur Abwechslung, die Produktion ist sauber und fett – ein professionelles Album also allemal. Dennoch dürfte es vielen zu sauber und durchgeplant erscheinen. Für Genre-Fans sind die Falkner auch 2009 ein Muss.
Im Westerwald machen OBSCURE INFINITY den Hörer kalt. Was harmlos mit einer akustischen Gitarre beginnt und aufhört, entpuppt sich zwischen In- und Outro als sehr altmodische Death-Metal-Eigenproduktion irgendwo zwischen Asphyx, Unleashed und Grave (nach einem Titel dieser Band haben sich die Westerwälder wohl auch benannt). Der flache Sound ist für eine Eigenproduktion durchaus brauchbar, die Songs klingen noch etwas unausgegoren aber dafür eben auch frisch. Die erst 2007 gegründete Formation rockt ohne große Eigenständigkeit flott voran, macht einfach Spaß, weil der Band ihr Herzblut quasi aus den Boxen tropft. Da bleibt mancher Hakler und die ein oder andere Kinderkrankheit im Hintergrund. Was aber nervt: Da macht sich die Band die Mühe eines schönes Booklets und und dann ist die rote Schrift auf dem schwarz-weißen Untergrund überhaupt nicht mehr zu lesen, Augenkrebs ahoi! Dennoch lohnt sich die Anschaffung und live dürften die Herren mächtig rumrockern. Mehr Info über das Demo (5 Euro) bei www.myspace.com/obscureinfinity oder via Mail an obscurityinfinity@web.de.
THE HAUNTED legen mit „Moronic Colossus“ unerwartet heftig los, was nach dem experimentelleren "The Dead Eye“ nicht unbedingt zu erwarten war. "Pieces" und "Little Cage“ halten die heftige Linie bei, geben sich aber gerade im Refrain experementierfreudiger und schlagen damit die Brücke zum Vorgänger. THE HAUNTED haben sich im Vorfeld nicht auf einen Stil, eine Richtung festlegen wollen, das wird mit jedem „Versus“-Song deutlich und durch die Tatsache, dass alle Songs live eingespielt worden sind, unterstrichen. Die Schweden haben sich das Beste aus ihren bisherigen Alben zusammengesucht, die knackigen Riffs, der keifende Gesang ebenso wie eine Lust an melodischen und eingängigen Parts. Das stellt sowohl die alten Fans als auch durch die letzten Werke zur Band gekommenen Hörer zufrieden. Jeder kann sich mit den Songs anfreunden, egal ob es das ruhige „Skuld“, das fast schon Punkrockige „Trenches“ oder die vielen Thrash-Songs sind. THE HAUNTED wußten, was sie wollten: ein offenes Album, auf dem sie einfach die Songs spielen, die ihnen anno 2008 in den Kram passen. Entstanden ist ein variables, durchweg hochklassiges Album, mit dem THE HAUNTED niemanden enttäuschen dürfen. Gratulation für den Mut, Gratulation für das Ergebnis!
Jung, dynamisch, britisch, das landet anno 2008 scheinbar komplett bei Rising Records. NATO fallen die Kategorie, „Kill The Fox To Foil The Plan“ ist das Debütalbum der Twens. In den zwölf Songs zeigen sie sich von modernen Klängen Marke KILLSWITCH ENGAGE beeindruckt, ergänzt um Thras Metal und viel fiesem Gesang (der aber immer wieder durch cleane Parts unterbrochen wird) – nicht sonderlich neu, aber gut genug gemacht, um unterhaltsam zu sein. Nummern wie das heftige „Martyr Dying“ oder das melodische „Ballroom Dance With Angels And Demons“ (mit coolem Refrain) sind gelungene Metalcore-Nummern, mit denen NATO in der Zielgruppe punkten können und auch für Totmetaller genug Härte besitzen, um interessant zu werden. Pessimistisch könnte NATO unterstellt werden, dass sie einen Trend zu Tode reiten und dem Genre keine neuen Impulse geben, aber wer will schon immer Schwarzmaler sein? Eben. Also die Scheibe einlegen und genießen.