Philip Sayce aus Wales ist eines dieser musikalischen Wunderkinder, die schon relativ früh mit zig Größen des Business zusammen gearbeitet und sich dabei stets bedeckt im Hintergrund gehalten haben. So hat sich Philip Sayce bereits im Dunstkreis von etwa Jeff Healey, John Shanks, Melissa Etheridge oder Uncle Kracker einen Namen machen können, was aber noch nichts heißen will. Und eigentlich interessiert solch ein Werbeeffekt nur wenig, da es letztlich darauf ankommt, was der Herr selbst auf Konserve zu leisten imstande ist. Und das ist, ehrlich gesagt, reichlich mau! Auf "Peace Machine" gibt es authentischen und schön kernigen Blues Rock zu hören, der auch hin und wieder kleine Spritzer Country und Hardrock durchschimmern lässt. Nur leider klingt das Album über die gesamte Spielzeit von 70 Minuten sehr lahm und wenig mitreißend. Zwar macht die Band, die Philip Sayce hinter sich versammelt hat (Mark Browne, Kenny Aronoff und Fred Mandell), spielerisch keinen schlechten Eindruck und der Meister selbst singt, der Musik angepasst, angenehm natürlich und emotional, aber die Stücke plätschern irgendwie uninspiriert vor sich hin. Jedenfalls habe ich nach gut drei bis fünf Durchläufen keinen Song entdeckt, der mich vom Hocker gerissen hätte; auch nicht das nett umgesetzte Neil Young - Cover "Cinnamon Girl". Rocker mit Hang zu gemäßigtem Blues und Freunde von traditionellen Gitarrenhelden dürfen sich "Peace Machine" gerne einmal anhören und werden vielleicht auch nicht enttäuscht werden, aber allgemein sehe ich keinen Grund, das Album breitflächig zu empfehlen. Denn dazu ist es wirklich viel zu unspektakulär!
LORD BELIAL haben aus irgendeinem Grund nie den ganz großen Durchbruch in der Black Metal-Szene geschafft. Sicher war es nicht förderlich, dass die Schweden nur wenige Touren spielten und bis auf die 97er-Tour mit DISMEMBER die ganz großen Namen fehlten. Aber ihre Alben waren immer erste Sahne und enthielten so einige hervorragende Black Metal-Songs. Mit "Nocturnal Beast" nehmen die Backelin-Brüder nun den nächsten Anlauf, um endlich die ihnen gebührende Anerkennung zu bekommen. Das Album startet mit einem ganz klassischem Intro (lies: hört man einmal an und gut), das in den Opener "Succubi Infernal" mündet. Da gehen LORD BELIAL sehr wuchtig und im Mid Tempo zur Sache, wie man es von früheren Platten schon kennt. Thomas Backelin liefert eine ziemlich gute Leistung am Mikro ab, einen Eindruck, den er auch in den restlichen Songs bestätigt. Die Gitarrenarbeit ist typisch LORD BELIAL, ebenso das Drumming. Was mich an "Nocturnal Beast" als Einzges stört, ist die Konzentration auf Mid Tempo-Songs. Entweder werden die Schweden alt und können nicht mehr schnell spielen oder sie haben zuviel gekifft. Anders kann ich mir nicht erklären, dass nicht ein Song heraussticht. Stattdessen sind alle Songs im beinahe gleichen Tempo gespielt, was auf Dauer nicht gerade die Abwechslung fördert. Andererseits ist jeder einzelne Song für sich eine verdammt gute Black Metal-Nummer - LORD BELIAL könnens mittlerweile einfach. So bleibe ich mit einem zwiespältigen Gefühl zurück. Irgendwie ist es mit "Nocturnal Beast" wie mit einem Pfund Zucker: am Anfang schmeckt es noch gut, aber irgendwann will man nicht mehr und es ist nur noch eklig.
Fadenkreuze und Riefestahle werden immer auf den ausgelatschten Pfaden der Rammsteine und Totenmönde rumtrampeln. Hugh. Die Österreicher von FADENKREUZ sind das rollende R, nennen ihre Musik aggressiven Power Metal, der sich aber eher nach hausbackenem Heavy Metal mit punkigem Gesang und platter Textattitüde anhört. Insgesamt orientiert sich die Eigenproduktion sehr wohl an dem, was mal unter dem "Genre" Neue Deutsche Härte" firmierte. Doch hier stimmt weder neu noch hart - vor allem der Sound erfüllt letzteres Kriterium nicht. Die durchaus löblichen Textideen zünden auch nicht wirklich, wirken eben genauso plakativ wie das deutsche Punkbands schon in der 80er Jahren gemacht haben. Stellenweise mögen manche Songs sogar gefallen, immer wieder sind nette Soli enthalten oder feine Melodien, aber insgesamt wirkt das Material doch ziemlich abgegriffen. Nur für beinharte Fans oben genannten Genres zu empfehlen. Kontakt: Siehe unter "Underdogs" - die Scheibe kostet inklusive Versand 10,50 Euro.
Die Kölner kreieren sehr atmosphärischen Death Metal und erinnern mich nicht selten an frühe The Gathering. Damals als diese von ihrem ursprünglichen Weg abgekommene Band noch Härte UND Melancholie transportierte, oder eben an die leider inzwischen aufgelösten, genialen Orphanage. IN DISGRACE beschränken sich aber keinesfalls darauf, die Holländer schlicht kopieren). Was ja auch gar nicht geht, weil bei IN DISGRACE keine Frau trällert. Aber sie erschaffen genau die wirklich traurige Stimmung, die Hollands Growl-Szene damals so outstanding machte. Erfreulich: Die Rheinländer nutzen zwar das Schlüsselbrett viel und hervorstechend - lässen das Tastenintrument aber nie zu vordergründig klingen - und vor allen Dingen nie schmalzig. Define Death bietet fast ausschließlich Songs, die vor Ideen faast überlaufen, alle Titel bieten Breaks und Tempowechseln in Hülle und Fülle. Das geht naturgemäß zu Lasten der Eingängigkeit. Nicht so toll: Die Stimme wirkt auf die Dauer etwas eindimensional, und der Sound könnte viel mehr drücken. Dennoch: Interessante Scheibe.
Aus Portugal kommen FNI - und dort scheint die Zeit musikalisch stehen geblieben zu sein. Die Jungs mischen Black-, Thrash-, Death und normalen Metal und erinnern häufig an einen Bastard aus Celtic Frost, Slayer, Sodom und Obituary. Oder so. Die Scheibe klingt unglaublich antiquiert und hat noch eine ganz besondere Nettigkeit zu bieten. Der Gesang von BTHZR ("Belathauzer") erinnert an die verrückte Stimme der früh verstorbenen Dawn ( Detente und Fear of God). Und schon an der Stimme der ansehnlichen Blondine schieden sich damals absolut die Geister - denn sowohl der freundliche Portugiese als auch die verstorbene Zaubermaus klangen nach einer Hausfrau, die vor einer kleinen Maus auf den Tisch flüchtet und dabei kreischt, als würde ihr gerade ihre heilige Küche gesprengt. "Children of the Hellish Darkness" nennen sich die Südwesteuropäer, ihre Musik heißt Necro-Rock’n’Roll oder so. Die ganze Scheibe klingt, als wollte eine norwegische Black-Metal-Band mal ihre Wurzeln aus dem restlichen Europa vertonen. Das ist zum Teil gelungen, zum Teil auch nicht besonders aufregend. Die Bewertung aber steht und fällt mit der Stimme. "Love us or hate us" - dazwischen wird es kaum etwas geben. Eine Chance haben die merkwürdigen Iberer (komisch: Tracklist und Bandnamen auf dem Cover sind spiegelschriftlich layoutet) aber durchaus verdient. Kontakt: www.proconmedia.com oder www.infernalium.com.
Ein Pfund hat das Quartett ABSENT FOR A WEEK schon mal, mit dem es wuchern kann - und das ist Sängerin Diana. Klingt sie doch auf der dritten Veröffentlichung der im Jahre 2000 in Ibbenbüren gegründeten Band, der 5-Track-EP "Made By Destiny" doch schon etwas nach der Kollegin Marta - was man in diesem Fall durchaus als Kompliment verstehen darf. Ob dies gut oder schlecht für die weitere Entwicklung von ABSENT FOR A WEEK ist, liegt ganz an der Band selbst. Mich erinnern die fünf Songs auf "Made By Destiny" doch recht stark an die ruhigeren Momente der letzten beiden Die Happy Alben - eben mit jenem gewissen Hang Rockmusik Richtung Pop zu entwickeln. Und obwohl insbesondere "Mothers Cry" emotional zu überzeugen weis ist diese Ecke nun mal schon besetzt. Trotzdem, Gesang und Produktion passen ja mal schon, die fünf Songs kann man als radiotauglich bezeichnen - was noch fehlt ist die eine oder andere Überraschung in den Kompositionen. Einen Tick mehr Eigenständigkeit würde der Band noch gut tun, dann könnte was gehen; aber das wird ja vielleicht noch - die Grundingredienzien sind zweifelsfrei vorhanden.
STORMAGE sind ein Metalquartett das dem Bandinfo zufolge Massiv-Metal zelebriert. Das Debüt "Balance Of Power” an sich bietet dann Power Metal der meist mehr auf Wucht als auf reines Tempo setzt und sich bemüht trotz einer gewissen Komplexität eingängig und melodiös rüber zu kommen. Gesanglich bewegt man sich mit cleanen Vocals in angenehm mittleren Tonlagen - bisschen mehr stimmliche Power hätte es aber schon sein dürfen. Was mal 2002 zwischen Iron Maiden und Metallica begann weist auf "Balance Of Power” eher in Richtung Annihilator, Nevermore oder den älteren Werken der deutschen Kollegen von Rage - natürlich noch auf einem anderen Level angesiedelt. Das bemühen ist da, Luft nach oben aber auch noch. Ganz gut kommen da schon die beiden rhythmisch stampfenden Opener "Another Day" und "Born To Kill" (leicht thrashig), das mit ruhigen Beginn versehene "They Plan To be Like God" und das sich langsam steigernde epische "Green Mile" rüber. Die Ansätze passen für ein Debüt das in Ordnung geht - nur dem Sound fehlt es hin und wieder mal etwas an Transparenz. Hörproben gibt es auf genannter Homepage.
TIM FITE scheint einer jener mehr oder minder begabt-intellektuell-positiv-verrückten Songwriter zu sein, welche es in den Staaten zu Haufe gibt, und die meist alle in irgend einer Weise mit NY verbunden sind. Demzufolge ist auch "Gone Aint’t Gone" nur etwas für einen speziell kleinen Kreis von Musikliebhaber. Trotz meines eher begrenzten Wissens in Bezug auf derartiger Alben fällt mir da erst mal Bob Dylan ein (der übliche Verdächtige halt). Aber irgendwo lauert da auch Tom Waits, und bei der Mischung aus Folk, Rock, Blues, R&B, Hip-Hop, Country sowie Samples kommen einen auch mal Beck oder gar Everlast in den Sinn. TIM FITE wildert in allen Genre, bleibt dabei aber meist semiakustisch im folkigen Grundton - und in diesen Momenten auch am eingängigsten. Er lockert das Ganze aber mit kleinen Spielereien und Soundcollagen auf und kommt auch mal kurz krachend um die Ecke, nur um danach auf Schifferklavier und ähnliches zurückzugreifen. "Gone Ain’t Gone" braucht Zeit und das was man heutzutage gerne als "Open Mind" bezeichnet - beides oft nicht vorhanden. Mit TIM FITE muss man sich beschäftigen; nun mal gar nichts für nebenbei.
Visual Kei ist eine Spielart der modernen Rockmusik welche in Japan die größten Hallen ausverkauft (und dies mittlerweile in ganz Ostasien tut) und DIR EN GREY sind das Aushängeschild dieser Szene. Beim ersten Ausflug in europäische Gefilde brachten es die fünf Japaner gar fertig die Berliner Columbiahalle in Frühjahr 2005 innerhalb weniger Tage auszuverkaufen - und das ohne jegliche Werbung. DIR EN GREY in eine der bestehenden Schubladen einzuordnen sollte man tunlichst unterlassen. Musikalisch mixen DIR EN GREY eine Vielzahl von Stilrichtungen - von hartem Emocore über progressiven Metal bis zu an Hardrock und Pop grenzenden Songs bzw. Songelementen einschließlich dem Wechsel zwischen harten Growls und cleanen Gesangspassagen, welche auch mal ganze Songs dominieren. Dazu gehören dann noch eine recht extreme Bühnenperformance mit dazugehörigen Klamotten und vor allem viel Schminke. Dabei geht es hier nicht um eine Hype á la "Tokyo Hotel" (was vor allem die überwiegend junge Fanschar vermuten lässt), dafür sind DIR EN GREY schon zu lange auf dem heimischen Markt präsent (seit 1998) und mega-erfolgreich, noch um eine Bewertung unter dem Zeichen der Weltoffenheit und mit Exotenbonus. Visual Kei vereint neben der musikalischen Ausrichtung auch einen gewissen Lebensstil, der im asiatischen Raum eben auch durch jene Songs seinen Ausdruck zu finden scheint. Dementsprechend beschäftigen sich die Lyrics in erster Linie mit schmerzvollen bis düsteren Gefühlen und deren Verursachung durch menschliche Schwächen - was sich trotz aller auftretenden Härte in einer melancholischen Grundstimmung des Albums ausdrückt. Anspieltipps: Das heftige, mit diversen Schreiattacken versehene "Saku", das traurig-melodische, semiakustische und mit gehörigem Pop-Appeal ausgestatte "Itoshisa Ha Fuhai Nitsuki", das direkt folgende, fast schon an harten Ska angelehnten "Jesus Christ R’n R", die abwechslungsreiche, mit nahezu sphärischen Gesang und derben Grunts versehene Single "The Final" und die gefühlvolle Depri-Ballade "Higeki Ha Mabuta Wo Oroshita Yasashiki Utsu". Wer sich mit alternativer Musik abgibt und offen für Neues ist, sollte also ruhig selbst mal reinhören und sich seine Meinung bilden. Vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig (auch durch die größtenteils japanischen Vocals) - aber vor allem genannte Tracks durchaus hörenswert.
Erleichtert wird er Zugang zu "Withering To Death" durch eine mit den deutschen Übersetzungen versehene Ergänzung des ansonsten aus den japanisch-englischen Texten (einschließlich der japanischen Schriftzeichen) bestehenden Booklet.
SOUL DOCTOR um Ausnahmesänger Tommy Heart (ehemals Fair Warning) haben sich nach einem furiosen selbstbetitelten Debüt Anno 2001 und einem ebenfalls nicht schlechten Zweitwerk "Systems Go Wild!" für ihren Drittling ganz schön Zeit gelassen (Line-up-Wechsel, Knochenbrüche, Managementwechsel, Krankenhausaufenthalte, Labelwechsel - die ganze Musikerpalette halt). In die Richtung Shakra, Gotthard, Thunder und die guten alten Aerosmith & Co. tendiert SOUL DOCTOR auch wieder auf "For A Fistful Of Dollars". Erdiger, nicht zu dreckiger Hardrock mit Songs welche nicht überfrachtet wurden und bei denen Gitarre und Groove im Vordergrund stehen. Innovation ist nicht - dafür durchgehend bodenständig gutes Niveau. Ob man damit die ganz großen Sprünge macht, darf zwar bezweifelt werden - Fans genannter Referenzcombos dürften allerdings schon auf ihre Kosten kommen, solcherart gelungene Kompositionen fallen ja eben nicht grade von den Bäumen. Das zeigen schon Tracks wie der fetzige Opener "Eatin’ On Me", den mit Southernrock-Flair getränkten Ohrwurm "Where Do We Go" und das mit Synthiebläsern gespickte "She’s Mine". Die beiden als Schlussakkord gewählten Songs, den eingängigen Rock’n’Roll-Banger "Give Me A Ride (The Ride)" und die akustische Ballade "Cheap Down ‘n’Nasty” zeigen SOUL DOCTOR von ihrer besten Seite. Wem schon die beiden Vorgängerscheiben gefallen haben, kann hier bedenkenlos zugreifen - ansonsten darf man auch erst mal zum eingewöhnen auf das klasse 2001er Debüt "Soul Doctor" greifen.