Angesichts des spartanischen Schwarz-Weiß-Covers lodern schlimme Befürchtungen auf: Aus dem österreichischen Black-Metal-Untergrund ist ein Ötzi aufgetaucht, der mit vorsintflutlicher Technik die Geräte aus Küchen und Garten aufnimmt und dazu seine ganze Wut über Einsamkeit und Gletscher-Sterben rauslässt. Doch das Alpen-Duo HELLSAW richtet die ersten Bedenken schnell zugrunde. Die beiden Höllensägen und Gründungsmitglieder der inzwischen zur echten Band aufgestockten Kapelle (bekannt als Ex-Basser beziehungsweise Drummer der brillanten Landsmänner SANGUIS) stehen zwar für rauhen Black Metal (mit eher durchwachsenem Sound), konzentrieren sich aber daneben auch auf gute Songs. Klar, diese lassen Bezüge zu den norwegischen Kollegen nicht außen vor, doch beschränken sich die Ösis nicht auf das bloße Nachspielen von Darkthrone und Co. Die Scheibe besticht durch viel Abwechslung, auch, wenn das Hauptaugenmerk der Angepinselten auf mittleren Tempobereichen liegt. Dadurch - und durch recht melodische Gitarrenläufe transportieren HELLSAW eine ziemlich melancholische Stimmung, die öfter mal von regelrechten Wutanfällen mit gesteigertem, rasendem Tempo unterbrochen wird. Wen schleppendes Tempo bei Genrekollegen also gern mal langweilt, der kann auf spannende Unterhaltung hoffen. Die Scheibe besteht übrigens aus den sechs Songs (und damit einer knappen halben Stunde) der neuen Veröffentlichung "Spiritual Twilight" und ist angereichert mit dem gemasterten Demo "Sins Of Might". Lohnt sich - nicht nur für Küchen-Freunde und Hobby-Gärtner.
Das sind ja welche, die THYRANEs. Da bezaubern sie live nicht nur wegen ihr niedlichen Keyboarderin, enttäuschen dann mit ihrem rammsteinigen Vorgänger-Album maßlos (zumindest für ihre Verhältnisse), um mit der vorliegenden Scheibe wieder so richtig zu begeistern. Die Herrschaften haben sich also von Samael und Co. abgewandt und gehen wieder mehr "back to the roots". Das bedeutet: nicht zu harter (aber auch nie zu symphonischer) Black Metal mit Keyboards und tollen Melodien, dennoch auch mit der nötigen Würze. Ein wenig erinnert die Band an Kapellen wie Norther oder Wintersun oder auch Ensiferum oder auch und Co. - macht aber dann wieder einen leicht elektronischeren und weniger wikingerischen Eindruck. Und vor allen Dingen wirkt das Ganze trotz gelungener Melodiebögen nie zuckersüß oder angepoppt - das mag zum einen am oftmals sehr hohen Tempo liegen, zum anderen an den sägenden Riffs. Der Sound ist cool, die Songs auch, die Keyboarderin süß - was kann es Schöneres geben als ein Comeback einer fast schon totgesagten Band. Bleibt zu hoffen, das THYRANE mit dieser Scheibe ihren Weg gefunden haben und mit der kommenden Scheibe nicht wieder irgendwelche misslungene Experimente starten.
DIE HAPPY legen schon relativ kurz nach dem vierten Studiowerk schon wieder mit "neuem" Material nach, diesmal mit einem reinen Unplugged-Album "Four & More" betitelt. Das Teil gibt es, geschäftstüchtig wie man als "Schwabe" natürlich auch etwas sein muß, zum einen komplett separat (derzeit für schlappe 10€) sowie außerdem noch zusätzlich als "Bitter To Better" 2-CD-Special-Fan-"Ich hab’ noch nicht alles von meiner Lieblingsband" Edition (was ein Wort, o.k. der zweite Teil stammt jetzt von mir). Im letzten Jahr waren Die Happy ja auf einer kompletten kleinen Akustik-Tour durch heimische Lande unterwegs wobei man sich als bandfremde Instrumente noch Trompete, Percussion und zwei Akustikgitarren mehr zur normalen Besetzung dazugeholt hatte. Das Ergebnis des Heimpiels in Ulm braucht sich keinesfalls vor der Mutter als stromlosen Sendungen "MTV Unplugged" verstecken. Allerhöchste musikalische Perfektion steht dabei vielleicht nicht ganz an erster Stelle, obwohl es an den Instrumentalisten eigentlich nichts zu deuteln gibt, die tolle Stimme von Martha kommt hier natürlich noch besser zur Geltung, wenn auch mitunter etwas unsauber gesungen und die redseelige Lady manchmal etwas viel improvisierz. Auch die Kollegen dürfen sich mehr als sonst üblich mit gekonnten Vocalseinsätzen an den Zweitstimmen austoben. Was bei dieser Aufnahme aber vor allem zählt ist eine entspannte Atmosphäre sowie ganz besonders der sehr enge Fankontakt und beides kommt absolut klasse und glaubhaft rüber. Auch wenn die üblichen Gesangsspielchen eventuell nicht jedermanns Geschmack sein dürften. Die Tracks wurden meistens recht einfallsreich umarrangiert und dies hat vielen Songs richtig gut getan, manche haben sogar noch dazu gewonnen z.B. "Slow Day", "Cry For More" oder auch dass ansonsten recht simple "Big Boy". Diese tolle cool-relaxte Grundstimmung groovt wunderbar und so entsteht ein stimmiger Chill-Out Charakter, der zieht sich durch das ganze Album zieht. Die Setlist deckt dass bisherige Schaffen der Band mehr oder weniger stimmig ab (hätte mir aber lieber noch den ein oder anderen schnelleren Titel gewünscht) die Auswahl beinhaltet neben vier Songs des megastarken Debüts "Supersonic Speed" (2000), drei vom Nachfolger "Beautiful Morning" (2002) sowie fünf des für mich etwas zu popigen 2003er Werks "The Weight Of Circumstances". Außerdem ist mit der ganz netten Ballade "Otazky" (zu Deutsch: "Fragen") ein bislang unveröffentlichter Track enthalten, der übrigends von Martas Daddy (in Tschechien ebenfalls ein bekannter Musiker) geschrieben wurde. Wie gesagt die akustische Aufmachung ist stimmig und dass Publikum geht enthusiastisch mit, die Gitarren sind manchmal sogar richtig funkig ausgefallen aber die Höchstnote verdient für mich ganz klar der Mann an der hammermäßigen Trompete! "Four & More" kann man sich insgesamt wirklich schön reinziehen - gelungene Scheibe!
Wer es nicht weiß: COUNT RAVEN kommen aus Schweden, machen schweren Old-School-Doom mit einer sprechenden Stimme, die von der Tonlage her gerne an den guten alten Ozzy erinnert. Und es handelt sich hierbei um einen Re-Release von 1993 via Cyclone Empire. Was das Besondere daran ist? Diese Band versteht es in geradezu unglaublicher Weise, Doom-Songs zu machen, die erstens unglaubliche Hooklines enthalten und dadurch nie und nimmer langweilig werden, sondern - Song für Song - zu echten Ohrwürmern mutieren. Zweitens sind COUNT RAVEN eine der wenigen Doom-Bands, die einen nicht sofort an Weltschmerz, Verderben oder Suizid denken lassen, sondern sie verbreiten irgendwie ein optimistisches Lebensgefühl. Is’ ja auch ma’ schön. Alles in allem ist "High On Infinity" wirklich ein Referenzwerk für ein ganzes Musik-Genre - keine Ahnung, warum diese Band nicht schon viel bekannter ist. Ach so: Als Bonus liefert dieses echte Schmankerl noch den Song: "Chrittes Triumph", eine nie veröffentlichte Version des Songs "Hippies Triumph" von "Destruction of The Void" mit dem Ex-Fronter Christian Linderson. Ach, das ist einfach eine tolle Scheibe mit vielen Anspieltipps - nehmt einfach den Titelsong oder jeden anderen.
Das Video zu "Twisted Transistor" mit Xzibit oder Snoop Dog gehört sicherlich zu den originelleren in diesem Jahr. Ebendieser Song zu einem der eingängigsten von KORN überhaupt. Dass darauf aber nicht auch noch das großartigste Album der Bandgeschichte folgt ist nun leider auch klar. Und nach dem guten "Take A Look In The Mirror" ist der hier gegangene Schritt umso unverständlicher. Ohne ihren Gitarristen Welsh fehlen der Band offensichtlich nicht unbedingt die Ideen, wohl aber eine Struktur oder die große Vision. Und so ist "See You On The Other Side" zwar nicht unhörbar, über weite Strecken aber viel zu wirr, manchmal aber auch schlichtweg einfallslos: Klingt der Opener "Twisted Transistor" hochgradig poppig, so hat er etwas was anderen Songs dieses Albums fehlt: Eine grade Linie und Potential. "Politics" fehlt zweites und es gehört in die Liga "einfallslos". KORN experimentieren auf diesem Album gerne und viel, integrieren Samples ("Open Up") oder gehen sehr düster und schwer ("Throw Me Away") ihren Weg, gewohnt tiefe Bässe und eher einfache Rhythmen inklusive. Der letzte Song "Tearjerker" ist dann gänzlich elektronisch und hätte interessant werden können wenn Davis Stimme nicht allzu dünn die cleanen Vocals vermitteln würde. Grade KORN sollten eigentlich genug Erfahrung haben um zu erkennen, dass dieses Album überladen ist von unausgegorenen Ansätzen und dass Enden wie das von "10 Or 2 A Way" beinahe hereinoperiert klingen. Der Band fehlt ganz definitiv jemand der eine Richtung vorgibt - ein seltsamer Zustand für eine genredefinierende Band.
Flesh, Bloody Flesh. Flesh, Flesh. Was machen eigentlich FLESHCRAWL gerade? Bis die mit einer neuen Scheibe aus dem Quark kommen, kann sich der geneigte Fleshmetal-Fan mit NECROTIC FLESH trösten, die in die gleiche Kerbe hauen. Neben einer Vorliebe für Flesh geht’s auch musikalisch in die gleiche Richtung. Old schooliger Death Metal, den man seit seiner Blütezeit Anfang der 90er so liebt und verehrt. Schweden oder Amerika war damals noch egal und so bedienen sich NECROTIC FLESH bei beiden Lagern und schaffen trotz des heterogenen Ansatzes ein durchgehend brutal klingendes Death Metal-Album, das mit "Prenatal Decomposed" und "Corophagist" zwei echte Nackenbrecher gleich zu Beginn platziert hat. Die gute alte Guts’n’Gore-Ausrichtung der Texte wird da ebenso deutlich wie das Scheißen auf jegliche Trends. Halt wie bei FLESHCRAWL. Die Gitarren braten ähnlich, während Sänger Jürgen etwas brutaler als Kollege Sven growlt. Wäre die Scheibe etwas länger, hätte ich glatt nen Tipp verteilt, aber auch so ist "Postmortem Pleasures" für Freunde des gepflegten Death Metal-Nostalgietrips. Auch wenn der Anfang von "Postmortem Self-Digestion" geklaut ist. Egal. Flesh!
Blues Rock, die Nächste! Diese Jungs hier kommen aus Arkansas, musizieren bereits seit vier Jahren zusammen und haben vor ihrem Debüt "Cradle To The Grave" angeblich schon eine Live - CD veröffentlicht. Im Info werden Vergleiche mit den BLACK CROWES oder GOV´T MULE gemacht, was meiner Meinung nach auch ganz gut passt. Das Quartett mischt einen gehörigen Southern Groove in seinen gar nicht mal üblen Blues Rock und weiß mit Stücken wie "High Price", dem Titelsong (dessen Melodie mich stellenweise ernsthaft an PRIEST´s "United" erinnert), dem coolen, schleichenden "Storm Warning" oder dem mit einer starken Hookline versehenen "Aces High / Deuces Low" durchaus zu überzeugen, nur ist dieses Album (wie fast alle Blues Rock - Scheiben) kein Festival für harte Rocker und Metaller. Fans von gemäßigtem Blues, - und Southern Rock dürften mit "Cradle To The Grave" jedoch nicht übel bedient werden und entdecken vielleicht sogar einen kleinen Geheimtipp. Nett!
OSTARA kennt ihr nicht? Macht nix. Bislang machten die vier Jungs Neofolk mit ihrem denkwürdigen Bandnamen und hatten davon jetzt jedoch die Nase voll. Vom Neofolk ist wenig geblieben (auf der Bonus-CD der limitierten Erstauflage gibt es etwas mehr davon) und leider ist diese Entwicklung zu seichtem und eingängigen Gothic bis Wave Rock kaum als Glücksfall zu werten. Verwirren einen beim Opener in den ersten Takten noch die sehr sterilen Klänge aus dem Computer, verfliegt diese Wahrnehmung schnell: Denn der geneigte Hörer bekommt dann eine Produktion vorgesetzt, bei der die ohnehin eher langweiligen Gitarren dermaßen seltsam abgemischt wurden, dass sie mal vom Bass und dann von den Vocals überholt werden, um dann in seltsamer Rechts-Links Spielerei gänzlich zu hochgezogenen Augenbrauen führen werden. Die Dynamik der Instrumente kommt also primär vom Mix und erzeugt dadurch einen einmaligen Klang der so eigentlich nicht gewollt sein kann und hochgradig seltsam klingt. Es ist nicht so, als würden OSTARA gar nicht wirken: Die Texte erzählen schöne Geschichten wenn man über den ein oder anderen krampfhaften Chorus hinwegsieht, die ein oder andere Melodie verliert sich recht schön hörbar zwischen Melancholie und einem Hauch Düsternis. Problematisch wird es wenn die Gitarren wie bei "Feast Of The Fall" gekünstelt jammen oder bei anderen Tracks härter klingen sollen und wollen als sie es tun - Oder aber wenn die Songs unter nicht ausreichend emotionalen Vocals kaum zur Geltung kommen. Und obwohl sie durchaus versucht haben, die Waage aus Balladen und härten Tracks zu finden sind manche Lieder schlicht dermaßen einfach gestrickt und gehen ohne Höhen vorbei, dass sie bei anderen Bands den Weg auf ein Album wohl schwerlich gefunden hätten. OSTARA kommt ein einer schönen Verpackung in den Laden die leider nicht über viele Unzulänglichkeiten beim eigentlichen Produkt hinwegtäuschen kann, ein poppiges Produkt ohne Tiefgang das ich nicht mehr hören will.
Irgendwie hab ich beim Opener der REQUITAL-EP immer "Thrash Or Die!" verstanden, was wie Arsch auf Eimer zu der Truppe passen würde. Aber natürlich heißt es beim Titelsong "Theyl Shall Die!", logisch. Trotzdem gilt die Aussage: REQUITAL sind Thrash Metal, wie er im Buche steht. Die junge Berliner Band hat sich vom Soundforge Studio einen fetten Sound auf den Leib schneidern lassen, mit dem sich die EP hinter keiner renommierten Band verstecken muss. Stilistisch können REQUITAL eine Vorliebe für KREATOR nicht abstreiten, vor allem der Gesang von Sarge hat mich oft an die alten Säcke erinnert. REQUITAL haben in den drei Songs der EP ohrenscheinlich ihr gesamtes Können gesteckt, die Songs sind abwechslungsreich (vor allem die vielen schleppenden Parts gefallen mir), technisch sauber gespielt und - wie gesagt - mit verdammt guter Produktion gesegnet. Mit dieser EP haben REQUITAL ein qualitativ hochwertiges Lebenszeichen von sich gegeben, dass ohne Zweifel Thrashern munden wird.
Archaisch und fortschrittlich, dreckig (nicht nur im Gesicht) und doch wunderschön. Die schmutzigen Schweden nennen ihr neues und fünftes Full-Length Album. "Farsotstider" was soviel wie "Zeit der Plage" heißt. Fiese kleine Plagegeister aber sind nirgends auf dieser CD zu finden - dafür aber große erhabene Songs. Manches erinnert an Moonsorrow und damit natürlich an die mighty Bathory. THYRFING servieren erhabenen Viking- oder Pagan-Metal, sind im Gegensatz zum vorangegangenen Album noch konsequenter, beinahe minimalistischer geworden. Eigentlich jederzeit schimmern vergleichbare Bands durch, manches erinnert an alte Amorphis (,Elddagjämming"). Und immer wieder ergänzen die Jungs die großartigen Melodien mit sparsamen aber effizienten Keyboard- und Klavierklängen. Das alles flankieren durchaus räudige Black-Metal-Einflüsse als härteste Grenze an der einen Seite, melodische Akustik-Parts auf der anderen. Heraus gekommen ist ein mitreißendes (meist mittelschnell gehaltenes) Album mit fast immer melancholischer Stimmung. THYRFING klingen wesentlich ernsthafter als Finntroll und Co., archaischer noch als Moonsorrow aber eben auch nicht ganz so hymnisch. Dreckig sehen sie vielleicht aus - das Prädikat für diese in ihrer Kompaktheit glänzende Scheibe aber lautet jetzt: "Sauber!"