Gerade mal eineinhalb Jahre sind die kalifornischen ON A WARPATH zusammen aktiv und bringen schon ihr Debütalbum raus. Wobei bei nicht mal dreißig Minuten von einem Album zu sprechen ist schon frech. Von gelungenen Songs sollte man ebensowenig sprechen, das Ganze wirkt wie ein ziemlicher Schnellschuss. Tough Guy-Hardcore, der mit deutlicher Metal-Schlagseite daherkommt (HATEBREED lassen grüßen) und ohne große Höhepunkte an einem vorbeirauscht. Klar ist da eine Menge Wucht hinter, aber die wenigen guten Riffs oder gelungenen Parts können nicht über die Austauschbarkeit der Songs und der Band hinwegtäuschen. Die dumpfe Produktion tut ihr Übriges, um einen die Platte zu vermiesen. Live mögen ON A WARPATH ganz nett sein, so als Opener, aber in der heimischen Anlage werden sie nicht lange bleiben.
BETWEEN THE BURIED AND ME haben letztes Jahr mit "Alaska" eine interessante Scheibe abegeliefert, die mit "The Anatomy Of" mitnichten ihren Nachfolger findet. Stattdessen haben die Amis vierzehn ihrer Libelingssongs gecovert. Prinzipiell finde ich solche reinen Coveralben ja sehr geil (man denke nur an die ENTOMBED-Version) und auch dieses Scheibchen bestärkt mich darin, sowas von mehr Bands zu fordern. Über Geschmack läßt scih bekanntlich nicht streiten, Fakt ist aber, dass BTBAM ein paar ungewöhnliche Songs ausgegraben haben. Richtig cool sind die Versionen von EARTH CRISIS und SOUNDGARDEN geworden, "Kickstart My Heart" krankt dagegen an der dünnen Stimme. Überhaupt haben sich BTBAM immer sehr nah am Original bewegt, was in manchen Fällen schade ist (QUEEN), in anderen aber passt (METALLICA). Unterm Strich eine nette Party-Scheibe, nur leider manchmal zu mutlos.
CRISIS NEVER ENDS können mit ihrem zweitem Album "A Heartbeat Away" hoffentlich endlich den Durchbruch schaffen, auf den sie schon viel zu lange warten. Mit nem anständigen Label und ebensolchem Vertrieb sollte es schon mal keine Ausrede für Metalcorler mehr geben, wenn sie die CD nicht haben. Musikalisch gibt es nichts zu meckern, ganz im Gegenteil: "A Heartbeat Away" ist allerfeinster Metalcore, der in elf erstklassige Songs verpackt wurde, die den Großen des Genre locker das Wasser reichen können. Sänger Heiko verzichtet auf cleanen Gesang, stattdessen bleibt er durchgehend beim heiseren aggressiven Shouting - für die melodischen Parts sind die endgeilen Gitarren zuständig, die sich neben IRON MAIDEN-Duellen auch heftigst bratende Riffs entgegenschleudern. Mit der Rhythmus-Front werden die Songs mit einem Mördergroove vorangetrieben, was das Album zu einer der Platten macht, die man nicht stillsitzend hören kann. Auch wenn CRISIS NEVER ENDS das Metalcore-Rad nicht neu erfinden (den Anspruch haben sie auch gar nicht), kommt man an dieser Scheibe einfach nicht vorbei - egal, ob man Metaller, Corler oder wasauchimmer ist. Wer auf melodisch und gleichzeitig harte Musik steht, sollte, nein muss, "A Heartbeat Away" testen!
Was die Dürener NEW NOISE CRISIS auszeichnet ist dieses schier unglaubliche Gespür dafür, den Songs bei aller Härte soviel Abwechslung an die Hand zu geben, dass man manchmal fast vergisst wie brutal hier eigentlich die Felle gedroschen werden. Was NEW NOISE CRISIS bereits beim Opener "All So Breakable" abfeuern macht Laune. Ordentlich groovend beginnen die fünf mit wütenden Hasstiraden. Die Gitarren braten heftig, der organische Drumsound gefällt, Kris wütende Vocals grollen fast heiser. Der Crossoveranteil hält sich noch zurück, die wenigen DJ Einsätze beim Opener fallen kaum auf. Der cleane aber nicht übertrieben melodische Chorus umso mehr. "Tech-No" beginnt augenzwinkernd wie der Name verspricht. Was folgt ist ein Lehrstück bestehend aus Crossoverparts mit dicken Eiern, tollen Tempowechseln und abwechslungsreichem Gesang mit Gastvocals von Jan Röder (KORODED). Im letzten Drittel des Tracks werden die Vocals kurzzeitig fast FAITH NO MORE-isch, die Gitarren halten dabei die Härte - sehr gelungen. Was bei vielen anderen zu einem völlig überladenen Song geführt hätten wird von NEW NOISE CRISIS an der kurzen Leine geführt und immer wieder zu bekannten Themen zurückgebracht. Kein Song vergeht in dem die Jungs dem Song keine Wendung geben würden, so auch bei Titeltrack "Playground" - der deutlich crossoverbeeinflusster tönt als die ersten beiden Songs, dabei aber nicht ganz das Niveau halten kann. Deutlich ruhiger wenn auch nicht weniger massig bricht "May I" nicht ganz so brachial über den Hörer herein wie die beiden ersten Songs. Interessant ist die letzte Minute dieses Titels, während der sich nacheinander der DJ, der Gitarrist und der Sänger austoben. Von krassem Kontrast aus hartem Metal und recht klassisch crossovergeprägten Parts lebt der Abschluss "Media Doll" - auch hier mit einem Abonnement auf eine Überraschung in der letzten Minute: In Form von verquer lärmenden Drums gefolgt von verwirrenden Samples. Aber nur ganz am Ende. Denn da holen einen NEW NOISE CRISIS immer wieder irgendwie zurück. Und das gefällt mir ausgesprochen gut. Mehr von diesem gekonnten Songwriting und insgesamt sehr geschlossen wirkenden Auftreten. New Metal ist eben nicht mehr was er mal war.
Lordi waren 2006 die ersten Gewinner aus dem Rock-Genre eines uns allen bekannten europäischen Wettbewerbs. Aber ein richtig gutes Rockdebüt gaben bereits ein Jahr vorher die norwegischen Glam-Rocker WIG WAM bei dem Contest in Kiew ab und holten dort mit ihrem Hit "In My Dreams" einen neunten Platz ab. Nach dem erfolgreichen, zum Teil aber nicht immer ernst genommenen Debütalbum "Hard To Be A Rock´n´Roller" legt das Quartett mit Album Nummer zwei "Wig Wamania" eine Scheibe nach, welche Sänger Glam (Åge Sten Nilsen), Gitarrist Teeny (Trond Holter), Bassist Flash (Bernt Jansen) und Schlagzeuger Sporty (Øystein Andersen) einen Riesenschritt nach vorne bringen wird. Waren schon auf dem Spaß verbreitenden Debüt eingängige Songs vertreten, so hat die Band auf "Wig Wamania" auch songwriterisch und spielerisch zugelegt. WIG WAM spielen sich quer durch die Achtziger Rockgeschichte - von partytauglich laut bis melancholisch sanft. Cool und Kick-Ass mäßig kommende Tracks wie das nach dem obligatorischen Intro eröffnende "Rock My Ride" (mit kräftiger Siebziger Glam-Rock-Schlagseite, T-Rex und Sweet lassen grüßen), die auf ihr Heimatland Norwegen beschränkte Singleauskopplung "Daredevil Heat" (melodischer Rocker mit leichter Rotzrock-Attitüde), das schon fast Metal-mäßige "Breaking All The Rules" und die Mitgrölhymne "Kill My Rock’n’Roll” - WIG WAM rockt. Dann geht es auch ein wenig gemütlicher, die Single "Gonna Get You Someday" kommt in altbekannter Bon Jovi Midtempo Manier daher, "Bygone Zone" könnte faste ein Leppard-Song sein. Was nicht fehlen darf, eine Ansammlung Songs im Balladenfahrwasser; zwar lassen auch da WIG WAM kaum ein Klischee aus, vermeiden aber zu arg kitschiges Tränendrücken ("Slave To Your Love", "At The End Of The Day"). Mit dem gelungene Instrumentalstück "The Riddle" wollen die Jungs wohl beweisen, dass sie auch ihre Instrumente beherrschen - das passt schon. Wer also immer noch gerne Alben von Poison und Ratt rauskramt, auch Treat, Bon Jovi und Europe zu seinen Faves zählt und auf die Outputs von The Darkness steht (deren letzte Scheibe WIG WAM locker packen), kann bei WIG WAM’s "Wig Wamania" an sich gar nichts falsch machen.
Achtung, CACTUS sind zeitlos Retro und schon fast ein Fall für Nostalgiker. Ihr stark im Blues verwurzelter Hardrock atmet die Luft der Anfang Siebziger und hat denselben Sixties-Background wie seinerseits Led Zeppelin, als deren amerikanischen Pendant CACTUS damals gehandelt wurde. Daraus wurde nichts. Nach vier Alben zwischen 1970 und 1972, welche heute desöfteren als Einflüsse diverser bekannter Rockgrößen gelten, lösten sich CACTUS auf. Seit 2001 werkelten die Jungs um Drummer-Legende Carmen Appice an neuen Songs. Zusammen mit Kumpel Tim Bogert (Carmen Appice spielt mit dem Bassisten in der Band Vanilla Fudge), Gitarrist Jim McCarty und den Neuzugang am Mikro Jimmy Kunes (ex-Savoy Brown, für den bereits 1983 verstorbenen Originalsänger Rusty Day) gibt es nun nach 24-jähriger Pause Album Nummer fünf, einfachhalber "V" betitelt. Dabei schein die Zeit an dem Quartett und ihrem Sound recht spurlos vorbeigegangen zu sein. CACTUS lassen nach wie vor neumodisches außen vor und beschränken sich darauf, was sie können - melancholischen Blues, mal sanft wie bei "Nite To Days", langsam stampfend wie bei "Blame/Game", mal hart rockend ("Cactus Music", "Livin’ For Today”) und aufgelockert durch einen funkigen Song wie "Brothers Keeper" oder den Boogie-Opener "Doing Time". Unterstützt von Mundharmonika (Randy Pratt) und einem Sänger der an den frühen, noch bluesorientierten David Coverdale erinnert spielt sich die Band routiniert durch 14 erdig rohe Tracks. Ohne eine gewisse Affinität zum Bluesrock der Siebziger könnte einem allerdings die Annäherung an "V" schon schwer fallen. Zu einem kühlen Bier in rauchschwangerer Umgebung und einem Schwelgen in amerikanischer Südstaaten Atmosphäre eignet sich CACTUS aber Anno 2006 immer noch.
Der äußerst umtriebige Gitarrist David T. Chastain hat eine neue Band am Start: SOUTHERN GENTLEMEN spielen knackigen Blues Rock, der über weite Strecken südstaatliches Flair entwickelt. Dabei tritt das Quartett zwar nicht so heavy auf wie etwa MOLLY HATCHET oder alte BLACKFOOT, spricht dafür aber auch traditionelle Rock´n´Roller an. Besonders herausragend ist die Stimme von Sänger Eric Johns, der nicht nur mit zahlreichen Tattoos bewaffnet ist, sondern auch die Stücke mit seiner kraftvollen Schneidbrennerstimme veredelt. Sonderlich spektakulär und hart sind die SOUTHERN GENTLEMEN nicht gerade, aber Fans, die auf diese klassische Art von "amerikanischer Volksmusik" abfahren, dürften an Stücken wie dem flotten, sehr netten Opener "Even Now", "I´m Down" oder dem treibenden "Heaven Help Me Now" ohne Zweifel Gefallen finden. Nix Großartiges, aber für die angepeilte Zielgruppe ein solider, gelungener Anspieltipp!
Josh Homme ist mittlerweile in der beneidenswerten Position, nur noch die Musik und Projekte zu machen, auf die er Bock hat. Seine Desert Sessions sind legendär, QOTSA seine aktuelle Leidenschaft und mit Kumpel Jesse Hughes hat er in knapp zwei Wochen eine neue EAGLES OF DEATH METAl-Scheibe eingezimmert. Der Bandname ist bescheuert, keine Frage. Der Plattentitel hat dagegen schon mehr Charme und erinnert an die legendäre Futurama-Folge mit den Amazonen. Die beiden Kumpel haben sich einen Haufen Freunde ins Studio eingeladen und mit denen zusammen einfach mal drauflosgeschrammelt, wodurch einige sehr skurrile Songs herausgekommen sind, wie das noisige "Don't Speak", aber auch echte Granaten Marke "I Want You So Hard", das mittlerweile mit einem Videoclip bei den einschlägigen Rocksendungen läuft. Die Adler bewegen sich im Schnittfeld von Stonerrock, Blues und Rock'n'Roll und haten hörbar Spass an der ganzen Geschichte, auch wenn manche Songs die Nerven schon strapazieren ("Keep Your Head Up"), da EAGLES OF DEATH METAL es noch nicht schaffen, bei aller Schrammeligkeit den Genialitätsfaktor von KYUSS (der Name musste natürlich noch fallen!) zu erreichen. Für eine rockige Party mit dem richtigen Spirit ist "Death By Sexy..." allemal ausreichend, auch wenns kein Überalbum geworden ist.
Die Griechen SUICIDAL ANGELS gehörten zu Recht zu den Abräumern des diesjährigen "Thrash Till Death" - Festivals, weil sie mit ihren knackigen Abrissbirnen, die sich irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus SLAYER und KREATOR befinden, mächtig punkten konnten. Im Gepäck hatten die Hellenen ihre neue Mini - CD "Armies Of Hell", die den sehr guten Live - Eindruck auch auf Konserve bestätigt: vier Songs, die auf unglaublich sympathische Weise so dermaßen retro klingen, dass man meint, Mille und Kerry King hätten gemeinsam eine Session eingespielt. Aber die Jungs als reine "Tribute - Kopie" abzutun, wäre nicht gerecht, denn die vier Songs auf "Armies Of Hell" (das speziell gepresst wurde und 66 Songs anzeigt) überzeugen durch eine spielerische Klasse und Frische, die vielen dieser von diversen Größen inspirierten Bands abgeht. Einzig der Gesang von Gitarrist Nick klingt etwas arg gepresst und heiser, wobei er sich möglichst nah am großen KREATOR - Fronter orientiert, nur dessen Niveau leider nicht ganz erreicht. Das bleibt aber auch das einzig Gewöhnungsbedürftige an dieser für Old School - Thrasher sehr essentiellen Mini - CD, die man für fünf Euro über die Homepage der Band beziehen kann. Ein echt starkes Stück!
SANITYS DAWN sind zweifellos eine der wichtigsten deutschen Grindbands und eine Konstante in der deutschen Krachszene. Wie es sich für eine anständige Grindband gehört, haben die Hannoveraner über die Jahre einige EPs veröffentlicht, auf denen sie sich u.a. EXHUMED musikalische Gefechte geliefert haben. Power It Up haben die EPs der Jahre 2000 bis 2006 auf einer CD zusammengefasst und das Ganze mit dem SANITYS DAWN-Set vom Giants Of Grind 1-Festival garniert. Die volle Ladung Krach also. Da muss man nicht mehr viele Worte machen: die Live-Tracks sind soundtechnisch ebenso einwandfrei aufgenommen wie die EP-Songs. Brutal ist jede einzelne Sekunde und somit nichts für Genre-Fremde. Eingefleischte SANITYS DAWN-Fans, Lärmenthusiasten und ähnliches Volk wird mit der Scheibe zweifellos glücklich werden. Klein, aber fein, die Zielgruppe. Grind on!