SICKENING ART - kranke Kunst ist und bleibt eine Herausforderung. In erster Linie liegt die Aufgabe darin, den unterirdischen Sound auszublenden. Untergrund und Eigenproduktion, hin oder her - vor allem die Drums klingen furchtbar, der gesamte Sound geriet sehr, sehr dünn. Sollte es aber gelingen, sich auf die eigentlichen Songs zu konzentrieren, dann wird der Hörer belohnt mit Death Metal, schwedisch geprägt und nicht immer allzu schnell, old-school. Die Songs wirken dann sehr eingängig, ohne simpel zu werden, klingen abwechslungsreich, aber nicht wirr - coole Melodien treffen auf pure Aggression. Kinderkrankheiten wie das doch sehr isoliert wirkende Soli inmitten von "I Do" machen fett-flotte Songs wie N.D.K.I.V.D.K. ("Nach dem Krieg ist vor dem Krieg" wie weiland -so ähnlich - schon der Sepp sagte) wett. Wenn nur dieser unwürdige Sound nicht wäre… Für drei Euro könntet ihr den testen…
Aus den Überresten Kagerous entstanden THE STUDS. Sänger Daisuke versucht mit mehr oder minder bekannten anderen J-Rockern (von Gullet und Lynch), den Reis weiter zu erwerben. Bleibt für den Fronter zu hoffen, dass er nicht magersüchtig wird, denn diese Scheibe ist vom Niveau anderer Gan-Shin-Bands wie D’espairsRay meilenweit entfernt. Da ist zum einen die vielleicht bewusst undergroundig gehaltene Produktion, die eher an japanische Bambushütten erinnert, denn an erdbebenresistente Wolkenkratzer. Zudem nervt gerade Aushängeschild Daisuke mit nerviger, oftmals beinahe femininer Stimme. Aber auch der solide musikalische Grundriss enthält aufgrund der fehlenden Planungssicherheit viele Fehler. Mal klingt es nach Nu-Metal, mal nach trendigem Screamo, mal nach studentischem Gitarrenrock oder auch nach purem Pop-Geblubber. Die asiatischen Architekten dieser Scheibe können auch durch Nutzung ihrer eigenen Landessprache kaum punkten. Irgendwie klingt das Ergebns nach einer französisch-rumänischen Interrail-Gruppe, die sich mit geliehenen Instrumenten ein paar Pfennige für die Weiterreise verdienen will.
Ziemlich vertrackt kommt die neue EPICEDIUM-Scheibe aus den Boxen, was für leichtes Erstaunen sorgt, waren die Vorgängeralben als groovige SFU/ BOLT THROWER-Klone (dabei gutgemacht) in Erinnerung geblieben. "Intoxicated Intercourse" hat damit genau Null zu tun, Freunde gepflegten Geprügels Marke SUFFOCATION oder NECROPHAGIST werden dafür voll auf ihre Kosten kommen. Abgefahrene Breaks, gnadenlose Drums und vertrackte Gitarrenarbeit sorgen dafür, dass man von der Scheibe länger was hat. Allerdings kranken die neun Songs an einer ungünstigen Produktion, bei der die Gitarren gegen die Drums klar verlieren. Dazu kommt der monotone Gesang, der sich in der immer gleichen Tonlage bewegt und stellenweise unpassend einsetzt. Das ändert aber nicht viel am durchweg guten Eindruck, den die Songs hinterlassen, und dem hohen spielerischen Niveau, auf dem sich die Hessen bewegen. Zum Aufschließen in die Champions League-Ränge reicht es zwar noch nicht ganz, das obere Drittel ist aber locker drin.
Wie Sperma-Freund Heitmann im Vorgänger-Review bereits verlauten ließ, mischen die Franzosen Death- und Black-Metal in ziemlich wirrer Form. Leider haben die Herrschaften trotz jeder Menge Erfahrung immer noch keinen konsequenten Stil gefunden - es liegt also Verdacht nah, dass die Band ihre Musik genau so machen will, wie sie’s macht. Und zwar kloppen die Hexagonier kompromisslos hart durch die Gegend, vor allem, wenn’s Schlagzeug so richtig Tempo aufnimmt, wird’s anstrengend bis nervig. Dann wird gebreakt, geblastet, gefrickelt, gebollert, Tempo gewechselt, dass es eine wahre Pracht ist. Aber es bleibt eben auch allerhand auf der Strecke: So was wie Eingängigkeit, Melodie, Struktur, Groove, Wiederkennungswert, Charme und so weiter. Irgendwie passt sogar das Cover zur kompetenten Mittelmäßigkeit der südwestlichen Nachbarn. Ganz grau ist es gehalten und das Schwarz in Bild und Schrift setzt sich kaum ab… ARKHON INFAUSTUS bleibt seinem Image als graue Maus also auch mit "Orthodoxyn" treu - obwohl die Musiker einiges können…
Ich glaube, der Hype ist der große Bruder vom Gilb, und er trifft meist Unschuldige, die es nicht verdient haben. Zuletzt schlug er bei einem MAIDEN,- und METALLICA nachspielenden Pickelgeschwader namens TRIVIUM zu, und sein neuestes Opfer heißt (Blow-) JOB FOR A COWBOY aus Arizona. Im letzten Jahr konnte der ebenfalls noch sehr junge Haufen mit einem im Internet kursierenden Videoclip namens "Job For A Sponge" Millionen von Headbangern an die Bildschirme fesseln. Schlimm ist dabei nur, dass die Klasse des Debüt-Albums "Genesis" leider kaum über Spongebob-Niveau hinauskommt, denn außer fast eins zu eins nachgespielten CANNIBAL CORPSE, deren große Klasse man nur ansatzweise streift, hat diese Nachwuchs-Band nicht viel zu bieten. Hier ein wenig mehr "Core", da ein paar Screams statt Growls, aber ansonsten erinnert hier gar nix an eine eigenständige Combo, geschweige denn an einen Hoffnungsträger des neuen Jahrtausends! JOB FOR A COWBOY sind sicher keine schlechten Musiker, und "Genesis" geizt nicht mit einem für eine so junge Band recht hohen technischen Anspruch, aber frei von überzogenen Medienkampagnen und bewusstseinserweiternden Drogen muss man einfach sagen, dass dieses Album für ein Debüt zwar ganz ok ist, aber noch sehr viel Luft nach oben lässt. Vor Allem das dreiste Klauen bei Corpsegrinder und Co. finde ich eher lächerlich als zukunftsweisend. Da fallen mir zig andere Newcomer ein, die eigenständiger, origineller und auch noch anspruchsvoller tönen als dieser junge Haufen aus den US of A. Aber die pubertierende Hüpfe-Fraktion braucht ja neue Helden…
Dass STEREOGAIN aus Tuttlingen bei ihrem Debüt auf eine DIY-Produktion setzen, bringt ihnen bei mir schon mal einige Sympathiepunkte ein. Die fünf Schwaben haben das Album im Proberaum auf einem 16-Kanal-Hard-Disk-Redorder aufgenommen, und das hört man auch. Der Sound könnte zwar mehr Transparenz vertragen, besitzt dafür aber Authentizität, was man ja bei vielen Hochglanzproduktionen vermisst. Die Musik selbst bewegt sich zwischen dreckigem Rock ´n Roll, Punkrock und Alternative Rock, schreckt aber auch vor Ska-Einlagen oder Scratches nicht zurück. Die Scheibe beginnt dann auch sehr vielversprechend: Mit "Stereocats" und "Hello Yellow Love Club" hauen einem die Jungs fett groovenden Rock um die Ohren, der gepaart ist mit Ohrwurmrefrains und den rohen Vocals von Chrischa Wagner, der ins Mirko grölt, was das Zeug hält. Nur leider wird dieses Niveau nicht gehalten. Schon mit dem angepunkten Deutsch-Rocker "Dein Haus Brennt" wird klar, dass besonders Chrischa bei melodischen Parts schnell an seine Grenzen gerät und nur noch brüllen kann, um die Töne einigermaßen zu erwischen. Ebenso sind Songs, wie das melodische Midtempo-Stück "Dirty Wings", das poppige "Fear The Loneliness" mit seinem getragenem Chorus oder das balladeske "Vordach", das gegen Ende unpassend episch wird, eher langweilig und nichtssagend. Zum Glück gibt´s aber zwischendurch immer wieder ein paar Knaller zu hören: Der grade Punkrocker "Rain Boots" treibt ordentlich nach vorne, "Come Down" mit seinen Ska-Parts macht großen Spaß und der Titeltrack bleibt trotz Midtempo immer drückend und besitzt wirklich schöne, vielschichtige Harmonien. Dadurch bleibt unterm Strich immer noch ein ordentliches Debüt, das darauf schließen lässt, dass hier ein paar Jungs am Werke sind, die ihr Handwerk verstehen und mit viel Spielfreude zu Werke gehen. Was noch fehlt, ist eine durchgehende, eigene Linie, die die teilweise etwas zu wild zusammen gewürfelten Stile verbindet. Die Scheibe kann man übrigens für läppische 5,- Euro auf der Band-Homepage bestellen.
TESLA sind genauso wenig neu, wie die Idee, alte Rock-Songs zu covern. Aber nicht nur Neues ist ja gut. Zumal die amerikanischen Hard-Rocker ehedem über jeden zwefel erhaben sind und sich bereits mit "Mechanical Resonance" ihren Allzeit-Plätzchen auf dem Rock-Olymp gesichert haben. Zwar ist Tommy Skeoch nicht mehr dabei, aber auch die "neue" Band transportiert das entspannte blues-hardrockige, typische TESLA-Feeling mehr als gekonnt. Und solange eine Band einen Sänger wie den charismatischen Jeff Keith zum Line-Up zählt, kann sowieso nichts schief gehen. Wenn dann noch die Songauswahl stimmt, und Super-Songs wie "Space Truckin’" von Deep Purpole oder "Rock Bottom" von UFO auf die CD kommen, dann hat eine Band vieles richtig gemacht. Übrigens: Mit dieser "Real To Reel" möchte TESLA den eigenen Vorbildern und Rock-Helden huldigen und verschafft den großen Songs vieles TESLA-Flair. Außerdem gibt es neben den 13 enthaltenen Songs wohl eine zweite, exklusive CD, dies wohl nur bei TESLA-Konzerten zu haben ist. Was das soll, bleibt das Geheimnis des Labels.
Es ist schon schade, dass unsägliche Labels jungen Bands die musikalische Zukunft verbauen - oder sie zumindest stark behindern. Letztlich aber haben es MEMBARIS geschafft und veröffentlichen das bereits 2005 fertiggestellte Album jetzt endlich. Es hat sich gelohnt - denn "Into Nevermore" schafft den Brückenschlag vom vor allem schwedisch angehauchten Black Metal der Marke Naglfar oder Necrophobic bis hin zur deutschen BM-Elite der Marke Dark Fortress oder Lunar Aurora. Die Hessen sind genauso harsch wie melodiös, genauso underground-kompatibel wie massen-tauglich ("Masse" in Zielgruppengröße, im harten Sektor daheim). Das Konzept wirkt außergewöhnlich stimmig, sehr nüchtern, düster und glaubwürdig - genau wie das schwarz-weiße Cover-Artwork und die deutschen und englischen Texte, die den Peinlichkeitsfaktor jederzeit vermeiden. Ganz oben thront Kraal mit seiner extrem kreischenden Stimme, die Wut und Verzweiflung rausposaunt, als gäbe es keine "nachher". Die Drums von Obscurus sorgen im Hochtempo-Bereich für den Antrieb, in den ruhigeren Parts ordnen sie sich allem unter. Und die Gitarren klirren sibirisch kalt, schaffen aber immer wieder magische Momente melancholischer Wärme und unterstützen so auf wundersame Weise die Ernsthaftigkeit von Boreas und seinen Kollegen. Wenn die Zukunft des hiesigen (und des internationalen) Black Metals so klingt wie MEMBARIS, dann muss keinem bange sein.
Interessant! Im Info zu dieser Scheibe steht, dass TRELLDOM nie in Eile gewesen seien, "Til Minne…" fertig zu stellen. Einzusehen, wenn der Chef und Gründer der Band, Gaahl von GORGOROTH, einen Großteil seiner Freizeit hinter norwegischen Gardinen verbringt und damit beschäftigt ist, sich bei Land, Leuten und Fans möglichst unbeliebt zu machen. Aber anstatt ein zünftiges GORGOROTH-Live-Album im Knast aufzunehmen (Marke Johnny Cash), serviert uns der Herr eine Auswahl an B-Songs, die es in dieser Form vermutlich niemals auf ein Album seiner Hauptband geschafft hätten. "Til Minne…" scheint in all den Jahren irgendwie, irgendwo, irgendwann zwischen Morgenappell, Wäschereidienst und auf-dem-Hof-im-Kreis-laufen entstanden zu sein und läuft uninspiriert, vorhersehbar und austauschbar vor sich hin. "True Black Metal", im Sinne der Zielgruppe dünn und kratzig produziert, ist ja allgemein ouzo, aber mehr Dynamik dürfte es schon sein. Es reicht nicht mehr, die bereits vor 10 Jahren ausgelatschten Pfade von DARKTHRONE, SATYRICON oder meinetwegen auch MAYHEM zu betreten, die das seinerzeit allesamt deutlich besser hinbekommen haben. Und beim abschließenden, schiefen Folk-Instrumental "Eg Reiste I Minnet" kann man nur noch die Rübe schütteln, allerdings seitwärts. Echte Fans sollten trotz des bekannten Urvaters der Band lieber Abstand nehmen und die neuen Perlen von VREID, ISKALD, PANTHEON I oder TULUS anchecken, die allesamt um Längen mehr Substanz bieten als dieser zweitklassige Auswurf.
Nicht lange vor dem als definitiv letztem MINISTRY Werk angekündigten "The Last Sucker" gelangt auch ihr letztes Album noch mal ins Gerede: In Form eines Remix Albums "Rio Grande Dub". Es ist nicht das im europäischen Electro-Sektor übliche, beinahe inzestöse Namedropping, dass die MINISTRY Remixe auf "Rio Grande Dub" ziert. Zwei eher Stille Wegbeleiter Jourgensens, ClaytonWorbeck (REVOLTING COCKS) und John Bechdel, haben dafür gesorgt, dass die vor allem durch einige brachial verstörende Live-Auftritte mit dem letzten Album ins Hirn gebrannte Sound, eine neue Dimension enthält. Das Handwerkszeug ist bekannt, die Herangehensweise für diese Art von Musik natürlich nicht neu: Wie zu erwarten fielen den beiden Herren die Gitarren weitestgehend zum Opfer und finden sich nun nur noch in teils langatmigen Riff-Sample-Passagen wieder. Die Vocals wurden nach allen Regeln der Samplerkunst zerfetzt und neu aneinandergereiht, das Lieblingsfeindbild Bush bekommt auch hier allen Raum den Jourgensen einst dafür vorgesehen hatte. "Rio Grande Dub" ist nicht gänzlich des Lärms beraubt, aber kommt mit deutlich organisierterer Attitüde daher ohne dabei so was wie tanzbar zu werden. Teils zu monoton, generell mit stets ähnlicher Handschrift gemixt, fehlt mir hier auf Dauer etwas der neue Wind, der nach wenigen Songs verflogen ist. Die Songs wollen weiterhin verstören und schaffen dies auch - jedoch eher durch nervenzerfetzende Wiederholungen ("Palestina" ) als durch echte Hirn-Herausforderung. Eher gut hörbar bleibt dabei etwa das rockende "Lieslieslies (Cognitive Dissonance Mix)", einen schönen Spannungsbogen verfolgt "Kypher Pass (TX Bush Ranch Mix)" und ein Ohr wert, weil ganz anders, ist sicher auch das elektronisch dominierte (ohne die Gitarren der Vorlage zu verleugnen) "Fear Is Big Business (Weapons Of Mass Destruction Mix)". Der stampfende Chorus macht aber "Senor Peligro (La Zone Peligrosa Mix)" zu meinem Favorit. MINISTRY sind groß, dieses Album ist es nicht. Dieses Album verkürzt aber die Wartezeit, und das soll auch mal reichen.