20 Jahre betreiben Popp und Co. jetzt dieses Mittelalter/Klassik/Weltmusik-Projekt. Und 18 Songs haben sie aus ihrem Schaffen ausgewählt, um sie als Zeugnis ihrer Karriere als Best-Of-Album im schicken und aufwändigem Digi-Pak-Design zu veröffentlichen. Für Mittelalter-Fans mit Metal im Geschmack, echte Metaller oder kompromisslose Härtner ist wohl eher nichts aus beiden Dekaden von essentieller Wichtigkeit. Hier liegt de Kraft in der Ruhe, hier ist Schwelgen gefragt und auch Tiefgang. Hier Dudeln nicht die Säcke oder tröten die Blasinstrumente oder bollern die Pauken, nur weil es sich für Mittelaltermusik eben so gehört. Hier musizieren Liebhaber für Liebhaber, ernsthaft und mit viel Herz. Hier gibt es mächtige Chöre, Elfensingsang, Mittelöalterliche Klänge, orientalisches aus der Weltmusik und unendlich viel mehr zu entdecken, die nötige Offenheit vorausgesetzt. Der Stimmungsbogen reicht von latenter Trauer bis hin zu tanzbarem Frohsinn - wobei in der Gänze Ersteres deutlich überwiegt. ESTAMPIE liefern mit dieser Zusammenstellung sicherlich noch mal eine Erinnerung an ihren außergewöhnlichen Status als "Die Stimme des Mittelalters" - fehlende Bonusstücke oder anderweitige Kaufanreize fehlen allerdings völlig. SO bleibt die Zielgruppe wohl eher die der potentiellen Neu-Fans. Alle andern können sich ja mal die untenstehende Tracklist zu Gemüte führen.
Neenee... CORVUS CORAX machen nicht auf einmal neue Musik... oder doch? Also hier mal der Hintergrund: Die CORVUS CORAX um die es hier geht, kommen aus den USA, haben sicher keine Ahnung, dass es bei uns schon eine Band dieses Namens gibt und machen definitiv keine Mittelaltermucke! Black Metal aus Amerika gehört sicher nicht zu den am häufigsten anzutreffenden Dingen im Musikgeschäft und es gibt auch kaum Bands ausserhalb Europas, die sich in diesem Genre einen Namen gemacht haben. Und ich bezweifle auch, dass es CORVUS CORAX schaffen werden. Die Band ist keineswegs schlecht: Ein sauberes Songwriting und atmosphärisch dichte (und lange!) Tracks schaffen es durchaus Aufmerksamkeit zu erhaschen und beim Hören wird einem auch nicht langweilig, aber obwohl es mir schwerfällt, eine Band zu nennen, die ähnlich klingt, wirken die Ideen nicht neu. Meistens recht stampfende Rhythmen und ziemlich melodiöse Gitarren, ein sehr variabler Sänger, der von ruhigen Goth Vocals, Growlen, Schreien oder Flüstern die gesamte Bandbreite Düstermetallischer Sangeskunst verbreitet. Die Produktion ist etwas dumpf, geht aber noch als hörbar durch. Nur ob es die Band wert ist, Geld für einen Import zu berappen, der nix wirklich innovatives bietet, weiss ich nicht so sicher. Warum sollte man dann also nicht bei den (Nord-)europäern bleiben?
Auch, wenn es beí manch einem vielleicht den Anschein erweckt: CORVUS CORAX tauschen hier kein Live-Album gegen Eure Taler, sondern eine Best-Of-CD (dafür aber remastert) mit den angeblich beliebtesten Song, die sie auf Ihrer Rabenbühne beim Kaltenberger Ritterturnier spielen. Dazu servieren die Spielleute die Offizielle Hymne "Hymnus Cantica" von eben jener Veranstaltung sowie "Is Nomine Vacans", den vielleicht tollsten Song der CD aus dem Soundtrack zum PC-Spiel "Gothic". Und, live wird’s trotzdem noch: Es gibt drei Songs als Videos aus Mexico City (2007), die einen guten Eindruck von nackten, öligen und gut gebauten Körpern, der Live-Präsenz und der reinen Musik der Berliner liefert. Schön an CORVUS CORAX bleibt, dass sie sich niemals den gängigen Trends angepasst haben und in ihrer Nische mit echter Mittelalter-Musik ohne Strom, Gitarren und Drums die unumschränkte Herrschaft behalten haben. Echte MMler wissen das natürlich und haben die meisten enthaltenen Songs ehedem - ein tpische Problem dieser Compilations. Aber für Anfänger eignet sich die Scheibe allemal prima, zumal sie im schmucken Digi-Pack daherkommt. (Und für CC-Profis sollten die Boni allemal interessant genug sein). Vorsicht aber müssen Metaller oder Fans von Bands wie In Extremo oder STS walten lassen. Denn die könnten beim übermäßigen Hören des dauerhaften Einsatzes von Dudelsack und Pauke schon mal leichte Nervenprobleme bekommen.
Die Magdeburger überraschen - und nicht, wie die Handballer mit Negativ-Schlagzeilen, nein - sie entzücken. Denn was als weitere Pagan- oder Viking-Band erscheint, passt so richtig in keine Schublade. Die Gitarren orientieren sich durchaus an den NWOBHM-Helden von einst, Iron Maiden. Sie halten aber nicht fest an verkrusteten Strukturen, sondern kommen dann über melodischen Death Metal bis hin zu nicht wirklich extremen Black Metal. Was sich zunächst als wilde Mischung anhören mag, wandelt sich zur stimmigen Melange. Heisere Vocals, melodiöse Leads , passende Breaks, übertriebene Texte aus eben alter Zeit - alles nicht neu, aber eben doch frisch zusammen gestellt. Manches hört sich noch ein wenig ungelenk an, entfaltet aber in seiner Gesamtheit - Frische, Spaß, Freude und viel Wirkung. "Aus alter Zeit" macht wirklich Bock, ohne das Rad des Black-, Death- Pagan- Viking-Metals neu zu drehen. Dazu gesellt sich prima Sound, nicht perfektioniert und glatt, aber eben auch keinesfalls als Gram für die Ohren zu empfinden. Irgendwo war zu lesen, die Band klänge wie unterproduzierte Amon Amarth - das mag sogar stimmen, denn auch die Sachsen-Anhaltiner verstehen sich auf mitzugrölende Riffs und Refrains - aber das konnten ja auch schon Running Wild. Auf jeden Fall widerlegen TARABAS die Genre-Kritiker und beweisen, dass nicht alles aus dem Pagan- und Viking-Metal-Bereich überflüssig oder zumindest gehypt ist -auch, wenn die Scheibe "Aus alter Zeit" nicht wirklich dahin geht, wo es richtig weh tut.
"Astaarth plays Burgundian Folklore Black Metal, exclusively” - und das wird wohl auch so bleiben, weil die Franzosen hier angesichts katastrophaler Rahmenbedingungen keinen Trend setzen können. Mit "Banjo, Irish Pipes, Tambourin, Hurdy Gurdy, Bagpipes, Flutes, Mouthharp, Violin” (immerhin nicht wie Truck Stop mit Banjo; Geige, Steel-Guitar) bemühen sich die beiden Stamm-Musiker Lord L Moloch und Lord Goudeboud um jede Menge Folk-Credibility - und setzen in der Tat einen folkloristischen Schwerpunkt. Der ist allerdings - wie auch der Sound des Schlagzeug-Rechners - wenn nicht unterirdisch - zumindest humoristisch angehaucht. Die Black-Metal-Attacken sind sehr, sehr flott, wirken aber aufgrund des dünnen, hohen Sounds wenig durchschlagskräftig. Und die Folk-Parts hören sich so billig an, so gewollt und unharmonisch im Übergang, dass es ein Graus ist. Mal abgesehen davon, dass Intros aus Flora und Fauna auch schon mal weniger lächerlich klangen. ASTAARTH klinge wie eine Mischung aus Cradle of Filth mit mandelentzündetem Dani und Korpiklaani im Komplett-Delirium. Außerdem: Da "singen" die jungen Herrschaften von ihrer großartigen Heimat (allerdings aus ihrer eigenen Sicht völlig unverständlicherweise auf Englisch!) und wie schwer sie es doch hatten und bla und blubb - Vorzüge sind aber die üblichen: Wein und Natur - fehlt eigentlich nur der Senf aus ihrer Heimatstadt Dijon… Und meinen sie eigentlich das Burgunder Reich oder eben das heutige Burgund? Wohl beides… Schließlich fehlen am Ende auch die üblichen Verdächtigen nicht: Böse Franzosen, übertriebene Heimatliebe junger Männer, Nibelungen, Drachen, Zauberer, Germanen und Thor… Insgesamt eine krude Mischung, musikalisch, textlich und eben auch inhaltlich - und dazu muss man hier Heimatliebe oder Unabhängigkeitsdrang nicht einmal dämonisieren. Oder um es andersherum zu sagen: Wenn das hier stellvertretend für die Musikszene des Burgunds ist, dann scheiß ich drauf und drücke Frankreich gegen die kleine, aufmüpfige Vier-Departement-Region alle Daumen.
Das Cover lässt kaum Fragen offen - HUMAN BLOODFEAST haben sich dem brutalem Death Metal verschrieben, ganz in der Tradition von CANNIBAL CORPSE, VILE und wie sie alle heißen. Einzig die Tatsache, dass sich eine Frau für das blutige Bildchen verantwortlich zeigt, überrascht. Das tut die Musik dagegen kaum. Die Regensburger bewegen sich in altbekannten Gewässern, ballern technisch ansprechend ihre elf Songs runter, ohne allerdings echte Ausrufezeichen setzen zu können. DEFACED CREATION kommen, neben den US-Kollegen, immer wieder ins Hirn des Hörers, ohne dass HUMAN BLOODFEAST die Klasse der Schweden erreichen. Auch wenn in Sachen Growls, Gitarrenarbeit und Brutaliätsfaktor alles stimmt, kann "She Cums Gutted" sich nicht aus dem Mittelmaß entfernen, dafür ist das Songwriting zu vorhersehbar.
Sie sind wieder da - was als Projekt begann, hat sich zu einer Vollzeit-Band entwickelt. Nur logisch, dass EXCREMENTORY GRINDFUCKERS nach dem Überraschungshit "Fertigmachen, Szeneputzen" und vielen Live-Shows ihr Zweitwerk geschrieben haben. "Bitte nicht vor den Gästen" verwurstet wieder konsequent griechischen Wein, HipHop und Metal ("How To Learn To Play The Metal Guitar The Coooool Way") gleichermaßen und lässt selbst nüchtern Zeitgenossen im Laufe der guten Stunde ein Grinsen durchs Gesicht huschen, auch wenn die Scheibe naturgemäß erst mit ein paar Kollegen, Bier und in tiefster Nacht wirklich Spaß macht. Dann wird sich kaum jemand dem Charme der Grinversionen bekannter Perlen deutschen Liedgutes entziehen können und den mitunter eigenwilligen Humor der Band zu schätzen lernen. Nüchtern betrachtet ist es wie mit jeder Fun-Platte: gelungene Songs stehen neben weniger guten Verneigungen vor dem Original - und wirklich witzig ist das auch nicht immer. Aber was solls? Als Partyplatte macht diese Scheibe mehr Spass als jedes JBO-Machwerk. Kombiniert mit Mambo Kurt und finnischen Rentner steht einer denkwürdigen Session nichts mehr im Weg!
THE BLACKOUT ARGUMENT sind nach ihrem EP-Doppelschlag des letzten Jahres bei Lifeforce Records gelandet und haben sich entschieden, dort ihr erstes Album zu veröffentlichen. "Decisions" macht da weiter, wo die EPs aufgehört haben: melodischer, schneller Hardcore, weiterhin der Tradition von COMEBACK KID, BANE und Konsorten. Stellenweise angenehm brachial, werden immer wieder clean gesungene Parts eingebaut, die wie Arsch auf Eimer in die jeweiligen Songstrukturen passen und nie aufgesetzt wirken. Bei manchen Songs kann man mit etwas bösem Willen eine zu starke Ausrichtung auf den Massenmarkt unterstellen, der nicht erst seit BILLY TALENT und den BEATSTEAKS ein Faible für Gitarrenmusik zu haben scheint ("Abandon, Good Guy"). Im Großen und Ganzen ist das Grundgeürst der Scheibe aber brachial genug, um auch Die-Hard-Corler zufriedenzustellen. An den leicht nasalen Gesang werden sich aber die Geister scheiden. Bei den EPs klang das, besonders in cleanen Abschnitten, kraftvoller, während es auf "Decisions" eine eigene Note hat, die nicht mehr jedem gefallen wird. Das Ganze kulminiert in der an sich guten Ballade "Glassbead Game", die ob des Gesang geliebt oder gehasst werden wird, dazwischen geht nix. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass THE BLACKOUT ARGUMENT ein ziemlich gutes Debütalbum fabriziert haben, dass sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Respekt und Gratulation dazu!
PATH OF NO RETURN haben nach ihrem Debüt einen neuen Sänger rekrutiert, der auf den Namen Patrik Jakobsson hört. Wie nach solchen Wechseln üblich, stellt sich die Frage, wie groß der Einfluss des Neuen auf das Songwriting war - Fakt ist, dass "The Absinthe Dreams" komplexer und vertrackter als sein Vorgänger ist, wodurch die Schweden eine eigenständigere Note entwickeln, als es noch auf ihrem 2005er Release der Fall war. Jeder Song ist dabei eingängig genug, um den Hörer bereits beim ersten Hördurchlauf zu fesseln und gleichzeitig so komplex, dass immer neuen Details entdeckt werden können. Die verbindung aus durchschlagender Aggression und gleichzeitiger Komplexität ist das wahre Kunstück der Scheibe geworden - nur wenige Bands schaffen es, beides so gelungen zu verbinden, wie das hier der Fall ist. Der Gesang des Neuzugangs passt dazu wie die berühmte Faust aufs Auge und ist deutlich variabler als der des Vorgängers. Alles in Allem eine verdammt gute Core-Scheibe, die einiges an Zeit voraussetzt, aber dann um so stärker zündet. Wer Hardcore abseits von schnödem Geballer sucht, ist mit "The Absinthe Dreams" bestens bedient.
Eigentlich dürfte das neue Werk der Esten MUST MISSA nur als Vinyl verkauft werden dürfen, so old-schoolig wie die Truppe zu Werke geht. "Martyr Of Wrath" ist eine einzige Hommage an die (guten alten) 80er Jahre, als Metal noch Metal war und man mit simpel gestrickten Songs Millionen Hörer für sich gewinnen konnte. Fragt sich allerdings, ob das heute anders ist. Wie dem auch sei, MUST MISSA geben in den acht Songs ihres neues Albums anständig Gas, die Gitarren braten und der Gesang ist herrlich räudig. Beim Drumming wäre etwas mehr Abwechslung nicht schlecht gewesen, aber immerhin treibt der Mann am Kit die Songs gut an. Wirkliche Highlights finden sich allerdings nicht, Totalausfälle aber auch nicht, so dass "Martyr Of Wrath" im Mittelmaß bleibt. Fanatische Old Schooler sehen das womöglich anders...