BARONESS haben mit „The Red Album“ vor knapp zwei Jahren einen ziemlich guten Einstand gefeiert, der Lust auf mehr machte. Und siehe da, das sinnig betitelte Nachfolge-Album „The Blue Record“ kann die hohen Erwartungen erfüllen und eine heftige Platte eingespielt haben, die sich schamlos bei Noiserock, Metal, Stoner Rock und Punk bedient. Zudem sind die neuen Songs etwas gradliniger und in sich geschlossener geworden als jene des Debüts, so dass „The Blue Record“ leichter zugänglich ist. „The Seetest Curse“ oder „War, Wisdom And Rhyme“ zeigen exemplarisch, wie sehr sich BARONESS gesteigert haben und melodischer geworden sind, ohne die Rotzigkeit, ohne den Noise zu vernachlässigen. Riffs, sich locker-flockig ins Hirn bohren, ein passend maskuliner Gesang und ein Songwriting, das immer wieder an frühe MASTODON erinnert, lassen „The Blue Record“ zu einer einzigen Kopfnicker-Fußwipper-Reise werden, die Spaß macht und alle Gedanken an Innovation, moderne Einflüsse und anderen Schnickschnack für 45 Minuten aus dem Kopf drückt. „The Blue Record“ ist eine mitreißende, ehrliche Metal-Scheibe und dazu noch saucool, was es anno 2009 immer seltener gibt. Hier haben sich vier Typen einen Dreck darum gekümmert, was die Welt erwartet und einfach Songs geschrieben, die Bock machen sind und bei der alle Musiker gleichberechtigt sind. Das Leben kann so einfach sein.
Spätestens seit ihrem erstklassigen Zweitwerk „The Fullness Of Time“ stehen die Kalifornier auf der Speisekarte nicht weniger traditioneller Proggies, die insbesondere die späteren FATES WARNING (ab „No Exit“) zu ihren Allzeitfavoriten zählen. „Schuld“ daran ist zu einem großen Prozentsatz Wahnsinnssänger Ray Alder, der auch auf „Snowfall On Judgment Day“ für Maulsperre sorgt und hier meiner Meinung nach eine seiner besten Leistungen überhaupt abliefert. Am Ende gebührt der Triumph, eine grandioses Album abgeliefert zu haben, allerdings wieder König Songwriting in Kombination mit einer sehr warmen, organischen Produktion, die zum Bleistift den letzten DREAM THEATER-Platten fast völlig abging. REDEMPTION haben erkannt, dass auch bei Prog viel nicht unbedingt viel bringt und steigern sich nach wie vor nicht in sinnlose Seht-her-was-wir-alles-spielen-können-Frickelorgien hinein, sondern lassen pure Emotionen in Form genialer Kompositionen wie dem textlich anscheinend von Park Chan-Wooks Götterzelluloid „Oldboy“ inspirierten „Walls“ (super!), der Gänsehautsoundwand „Black And White World“ (nochmal super – mit überragendem Finale!), „Unformed“, „Keep Breathing“, „What Will You Say“ oder dem überlangen Abschluss „Love Kills Us All/Life In One Day“ sprechen, die zum Besten gehören, das das Genre in den letzten paar Jahren erleben durfte. Nach dem zwar guten, aber nicht essentiellen Live-Ausflug „Frozen In The Moment“ bescheren uns REDEMPTION ihr bislang vielleicht stärkstes Werk, das Proggies selbstredend als Pflichtkauf betrachten dürfen. Sehr geil!
Aus Mitgliedern der Krawallkapellen TYRANT, ETERNAL DARKNESS und VINTERLAND setzt sich diese Band zusammen, bei der in den Jahren 1992 und 1993 auch mal der inzwischen verstorbene DISSECTION-Mastermind Jon Nödveidt mitwirkte. Mit jener einstigen Referenz haben THE BLACK in stilistischer Hinsicht jedoch nicht allzu viel gemein, da sie weniger auf majestätische Hymnen mit todesmetallischen Zutaten denn zumeist auf pure, fast schon eher dem Norwegerlager zuzuordnende, basische und minimalistische Raserei setzen. Das Trio erinnert eher an die frühen IMMORTAL oder GORGOROTH, garniert mit einem Schuss jüngerer, rock´n´rolliger DARKTHRONE. Passend wirkt auch die bewusst undergroundig gehaltene, blecherne und klirrende Produktion, die aus Hassbatzen der Marke „A Contract Written In Ashes“ oder „Death Throes“ sehr kurzweilige Schwarzstahleruptionen macht. Lediglich in Sachen Songwriting erreicht „Alongside Death“ nicht die Klasse von Genre-Vorzeigewerken wie „Pure Holocaust“ oder „Antichrist“, da die acht Songs des recht kurz gehaltenen Albums längerfristig nicht im Ohr kleben bleiben. Black Metaller, die es gerne dreckig und abgefuckt mögen, können hier aber sorglos ein Ohr riskieren.
Es gibt Alben, die sind im Prinzip unrezensierbar. "Der Herbst Des Einsamen" von EDEN WEINT IM GRAB ist ein solches. In völliger Abkehr zur Musik des vorherigen (Dark Metal-)Albums fehlen Gitarren nun völlig und die Musik steckt zurück und dient in Form sphärischer Soundscapes und akustischer Klavier-, Orgel- und anderer ruhiger Töne als Hintergrund für recht kratzig-aufgesetzt (vielleicht muss das aber so sein) rezitierte Gedichte des Expressionisten Georg Trackl. Die Idee ist nicht neu, prominenteste Vertreter mit ganz ähnlichem Ansatz sind sicherlich DAS ICH, die dies gleich auf mehreren Alben taten. Die durchweg morbide-trostlosen Verse sind jedoch mein eigener Albtraum der gymnasialen Oberstufe und werden mich immer daran erinnern. Die allermeisten werden das Album unhörbar finden, einige wenige Teilen vielleicht die Liebe zum Expressionismus und befolgen den im Booklet abgedruckten Rat: "Please listen to this album in darkness with full volume and a glass of wine" und können dem Werk etwas abgewinnen. Weil ich das weder bewerten will noch kann: Wer sich angesprochen fühlt, höre in Ruhe einmal rein. Ansonsten gibt es die gesammelten Werke Trackls auch im gut sortierten Buchhandel.
Nachdem Sänger Jonne Ende letzten Jahres für dieses Jahr eigentlich schon das nächste Album ankündigte, das nun aber doch erst noch aufgenommen werden muss, erscheint jetzt stattdessen als Trostpflaster für die Fans mit "God Likes Your Style" eine B-Seiten-Compilation. Wie das letzte Album "Karma Killer" und die Live-DVD "In The Eye Of The Hurricane" wird auch "God Likes Your Style" in Deutschland mit mehreren Monaten Verspätung veröffentlicht- bleibt zu hoffen, dass sich nicht mittlerweile jeder Interessent das Werk bereits aus Finnland zugelegt hat, wodurch die tatsächlichen Verkaufszahlen in Deutschland verfälscht würden und dadurch was zukünftige Veröffentlichungen angeht eine Art Teufelskreis auslösen könnten. Aber zurück zur Platte: Auf "God Likes Your Style" finden sich sowohl bereits von Alben bekannte Songs in Live- oder Akustikversionen (sehr schön zum Beispiel die Akustikversion von "Goodbye") als auch eine breite Palette sonstigen Materials, darunter auch ein Cover von ALICE COOPERs "Lost In America" mit dem mittlerweile nicht mehr zur Band gehörigen Sir Christus am Mirkofon- NEGATIVE bleiben dabei nah am Original, klingen aber überraschenderweise tatsächlich dreckiger als dieses. Einige der Songs klingen weniger im Detail ausgefeilt als späteres Material auf "Divine Insanity" oder "Anorectic", man lauscht quasi dem Werdegang der Band: mal ein wenig rotzig wie beim Titeltrack "God Likes Your Style", mal verträumter, wie beim melodiösen Ohrwurm "Dream Flowers", aber doch immer mit dem typischen NEGATIVE- Touch. Reinhören lohnt sich also nicht nur für Fans, sondern auch für den einen oder anderen, der Glam mit einer Prise Melancholie zugetan ist.
BLUENECK haben ich für ihre neue Scheibe ein paar Jahre Zeit gelassen, Hetze oder gar Stress würde dem kreativen Schaffungsprozess der Engländer aber sicher nicht gut tun. Wenn das Ergebnis immer so gut wird wie „The Fallen Host“, nimmt der geneigte Musikfreund das aber gerne in Kauf. BLUENECK laden auf eine melancholisch-verträumte Reise ein, die nicht ganz eine Stunde dauert, die aber in voller Aufmerksamkeit verbracht werden sollte – „The Fallen Host“ entfaltet seine volle Wirkung erst unter Kopfhörern, in einem dunklem Zimmer liegend. Keine Musik zum Nebenbeihören. Irgendwo zwischen RADIOHEAD, Postcore und MY DYING BRIDE erschaffen BLUENECK zerbrechliche Klangwelten, die mit sparsamer Instrumentierung eine melancholische Atmosphäre schaffen, in der selbst der gehauchte, leidende Gesang manchmal wie ein Eindringling wirkt („Revelations“), um im nächsten Moment fast schon überirdisch schön zu klingen. „The Fallen Host“ ist nur schwer zu beschreiben, schwerer noch als das bei Musik sowieso schon der Fall ist. BLUENECK haben Musik für all jene geschrieben, die dem Alltag entfliehen wollen; die träumen und sich verzaubern lassen wollen; für die Musik zart und wuchtig sein darf, sein kann, sein muss; die mit Musik Gefühl verbinden. Wer sich dazu zählt, legt sich dieses Kleinod alternativ-dunkler Musik zu.
Eigentlich spielen AT THE FAREWELL PARTY einen Sound, auf den ich absolut allergisch bin: glatten Pop-Punk nach amerikanischem Vorbild, der toll auf MTV passt. Dementsprechend hatte ich mich ehrlich gesagt schon auf einen Verriss eingestellt, als ich das Debüt-Album des Fünfers aus Frankfurt in den Player schob. Doch so leicht machen die Jungs es mir einfach nicht… Gegen meinen Willen blieb ich beim Hören immer wieder hängen, an den tight gespielten Beats und Riffs, am hervorragenden Gesang von Daniel Clarkston, den effektvoll, aber dezent eingesetzten mehrstimmigen Chören und vor allem – an den Songs selbst. Diese sind nämlich randvoll mit tollen Ohrwurmmelodien, und die sind teilweise sogar so gut, dass es völlig egal ist, was für Musik die Jungs machen, man geht einfach unweigerlich mit. Man höre sich nur den flotten Opener „Togetherness“, das treibende „The Mechanism Of Bad Taste” oder das getragene „Final Nights“ an. Hier werden einem Melodien geboten, denen man einfach nicht widerstehen kann. Okay, etwas Dreck könnte der Gesamtsound dann doch noch vertragen. Aber für ein Debüt haben die fünf Hessen ein erstaunlich reifes Album vorgelegt.
Eigentlich seltsam, direkt als zweites Album ein komplettes Cover-Album aufzunehmen. Genau das haben FOUR YEAR STRONG aber getan, und man fragt sich, ob den Jungs etwa schon jetzt das Songmaterial ausgegangen ist. Für „Explains It All“ hat die Band diejenigen Songs eingespielt, die sie am meisten beeinflusst haben. Was auch wieder merkwürdig ist: Es handelt sich dabei ausschließlich um Songs aus den 90er Jahren, weshalb „Explains It All“ also ein komplettes 90s Cover-Album ist. Dabei kommt eine ganz ordentliche Mischung zustande, die Songs wie „In Bloom“ von NIRVANA, „Spiderwebs“ von NO DOUBT und „Bullet With Butterfly Wings” von den SMASHING PUMPKINS enthält, aber etwa auch „Ironic“ von Alanis Morissette. Bei aller Stilvielfalt der Originale bringen es FOUR YEAR STRONG aber fertig, jeden einzelnen Song von einer persönlichen Note zu befreien und in ihren typischen, übelst glattgebügelten Pop-Punk-Sound zu pressen. Das ist nicht mehr mal mehr witzig, sondern nur noch nervig, völlig unoriginell und seelenlos. Ein Album, das die Welt nicht braucht.
RAM ZET gehören zu jenen Bands die sich eine ureigene Soundlandschaft erschaffen haben, dabei recht konsequent dem Mainstream trotzen und auf eine eingeschworene, überschaubare Fangemeinde blicken. Demzufolge bietet auch Album Nummer vier wieder eine schwer verdauliche experimentelle Mixtur aus männlichen Vocals und Gekeife, weiblichen Gesang zwischen HEART (wem das noch was sagt) und teuflischer Sirene, Gothic Keyboards, Samples und Piano, ein wenig Violine und harten Gebrettere aus Bass, Drums und Gitarre - was man, um eine Schublade zu suchen, einfach mal als progressiven Avantgarde Black Metal beschreiben könnte. Aber in eine Schublade lässt sich RAM ZET eher nicht stecken. Wer die Vorgänger der Combo aus Norwegen kennt sollte aber wissen was gemeint ist. Und so liefert „Neutralized“ die erwartet düstere Atmosphäre verpackt in detailverliebte Kompositionen. Tracks wie das toughe „Infamia“ (was für’n geiler Mittelpart), der kompakte Hammer „I Am Dirt“ oder das über 10-minütige, mit langem Entspannungsteil versehenen „Addict“ kommen zwischen flotten, gar aggressiven Ausbrüchen, unvorhergesehenen Breaks und harter Kälte immer wieder auf den eigentlichen Song zurück – atmosphärische Verschnaufpausen inklusive. Zusätzliche, oft dissonante Spannung erzeugt der Wechsel zwischen den weiblichen Gesangsparts und dem starken röchelnden Organ Zet’s. Manchen dürfte der Sound von RAM ZET zuviel Facetten zeitgenössisch harter Mucke enthalten, andere finden gerade hierin Potential und Entwicklung. RAM ZET liefern hier ein Album das keine einhellige Bewertung zulässt, den Hörer selbst fordert und ungeachtet des musikalischen Könnens für Diskussionen sorgen wird. „Neutralized“ ist schon recht schwer Verdauliches auf hohem Niveau - und ganz sicher nicht jedermanns Sache – aber darum geht es ja auch nicht, oder?
Satte drei Jahre hat es gedauert bis MOB RULES mit einem Nachfolger des exzellenten „Ethnolution A.D.“ um die Ecke kamen. Dafür hat das sechste Album der Formation um Sänger Klaus Dirks und Gitarrist Matthias Mineur unter dem Titel „Radical Peace“ wieder mal alles zu bieten was der MOB-Fan hören möchte – melodischer Power Metal mit epischen Fundament, ausgeglichenem Keyboardanteil und instrumentalen Können, sowie einer klassen Gesangsleistung. Bereits der hymnisch druckvolle Opener „Children Of The Flames“ haut dann auch gut rein und zeigt erneut MOB RULES Sinn für thematisch außergewöhnliches (hier der berüchtigte Dr. Mengele), der nachfolgende Track „Trial By Fire“ klingt dank der Gitarren gekonnt nach epischeren IRON MAIDEN, gefällt sofort, lässt das Haupt nicken und setzt sich eindringlich im Ohr fest. Das dämonische „Warchild“ und die mit einem tollen Refrain und fetten Gitarren versehene Single „Astral Hand“ bilden dann eine hochwertige Überleitung zum zentralen Stück von „Radical Peace“. Mit dem über 18-minütigen, in sechs Chapter geteilten Werk „The Oswald File“ holen MOB RULES nämlich zum großen Schlag aus. Die sechs Mannen lassen nämlich hier ihr ganzes Repertoire in den Song über den vermeintlichen Kennedy-Attentäter Harvey Lee Oswald einfließen und generieren so eine klug arrangierte progressive Übernummer das Zeug zum Hit hat. Nach diesem Überteil lassen allerdings „Waiting For The Sun“ und „The Glance Of Fame“ das Album nur noch irgendwie ausklingen – es scheint, als sei hier ein wenig die Luft rausgenommen worden. Anyway – gute Scheibe. Und obwohl „Radical Peace“ in Gänze so nicht an den Vorgängerhammer rankommt, sollte das Album (trotz des mäßigen Artworks - sorry, das hatten wir früher erheblich besser) MOB RULES eine volle Tour und einige neue Fans bescheren.