Corey Taylor ist ja im „normalen“ Leben Schreihals oder Keiferer bei den Todesmetallern von SLIPKNOT. Aber zum Glück hat er musikalisch auch noch eine völlig andere als diese na sagen wir mal dunkle Seite zu bieten. Bei seiner Nebenband kommt er als Mastermind zusammen mit Gitarrist James Root (ebenfalls SLIPKNOT) aber völlig ohne Gummimasken und sonstiges Riffgeprügel aus. Mit STONE SOUR und "Audio Secrecy" tobt er sich jetzt bereits zum dritten Mal seit 2001 ausgiebig im Bereich des Alternative/Modern Rock Bereich aus.
Klar, im direkten Vergleich zum starken Vorgänger "Come What(ever) May" wird zwar schon nochmal eine Ecke runtergeschaltet, Aggroattacken oder aggressive Schreiparts sind relativ selten. Trotzdem ist die Scheibe beileibe nicht zahnlos oder gar auf Schmusekurs, wie in manchen Kritiken völlig überzogen geschrieben wurde.
Der etwas ruhigere Eindruck mitunter stimmt zwar schon aber die etwas bedächtigeren Tracks (und davon gibt es hier einige) haben ihren ganz eigene Reiz und sind nie wirklich zu platt oder gar cheesy. Nach einem schönen Pianointro des Titelsongs geht es gleich gut ab "Mission Statement" ist bester, geradliniger Alternative, dann das noch fettere "Digital (Did You Tell)" mit wuchtigen Riffs und natürlich guter Hookline. Auch das luftige "Say You'll Haunt Me" ist so ne Art aufgedonnerter Indie Rock mit klasse Refrain. ein super Start für diess Album, dann folgt dien erste Ballade „Dying" schöner halbakustischer Song, das können NICKELBACK sicher nicht besser, hier gänzlich ohne zu platten Pathos mit schönen Gitarrensolo. Etwas grungig im Stile von ALICE IN CHAINS kommt dann „Let's Be Honest“ mit etwas dreckigeren Vocaleinschüben und auch Pieces (könnte fast von ALTER BRIDGE sein), paßt einfach. So richtig schöne Tempokracher mit ordentlich Power sowie leicht düsterem Charakter sind "Unfinished" und auch das treibende "The Bitter End". Hier zeigen die Herren noch mal ihr echtes Händchen für griffige Melodien, aber auch schräge Gitarrenläufe, verzerrte Vocals und ordentlich Drive. "Hesitate" ist dann zwar Chartfutter pur, ein leicht melancholischer Gürtelrubbler, mit klasse mehrstimmigen Chorus. Für die Hardliner packt man bei „Nylon 6/6" nochmal etwas die härtere Schwarte aus. „Miracles“ ist dann wieder ein ruhiger Vertreter aber sehr entspannend und nicht zu aufgesetzt kitschig umgesetzt.
Klasse auch das wunderbar luftige, fast etwas an PINK FLOYD erinnernde „Imperfect“ mit beinahe schwebenden Vocals, hier werden die Wandergitarren ausgepackt und mit schönen Licks bei Bedarf untermalt. Mich überzeugt „Audio Secrecy" von vorne bis hinten, die Fans der härteren Ausprägung mögen dies wahrscheinlich etwas anders sehen aber denen bleibt ka immer noch die Maskenband.
Dieses Album hat recht viele recht emotionale Momente bietet aber insgesamt trotzdem sehr knackigen, amerikanisch geprägten Alternative aber beweist, dass auch Mainstream sehr gut klingen kann ohne auf 0815 Schemata der bekannten Bands der Szene zurückzugreifen. Kraft und Seele gepaart mit zündendem Songwriting zugleich - dafür stehen STONE SOUR und liefern so ganz sicher ein Genrehighlight des Jahres 2010 ab.
ICHOR sind schnell mit ihrem zweiten Album “Benthic Horizon” am Start und machen da weiter, wo sie mit ihrem Debüt aufhören: brutalen Death Metal der frickeligen Spielart. MROBID ANGEL und CRPYTOPSY sind immer noch große Einflüsse der Band, dazu kommen viele Bands aus der Schnittmenge von Death Metal und Metalcore, was unter dem Strich eine technisch atemberaubende Scheibe ergibt, die zudem brutal wie Hölle ist – und anno 2010 sogar mit nachvollziehbaren Songstrukturen. Was beim Erstling noch sehr verkopft wirkte, ist auf „Benthic Horizon“ gestrafft worden, die Songs sind leichter zu erfassen, wodurch der Kopfschmerzfaktor beim Hörer sinkt. Klar sind „Among The Swarm“ und Konsorten immer noch anspruchsvolle und brutale Kost, aber ICHOR haben sich spürbar bemüht, es ihrem Publikum nicht mehr zu schwer zu machen. Handwerklich haben die Kerle schon immer einiges auf der Pfanne gehabt, auf „Benthic Horizon“ sticht da der Drummer etwas mehr heraus als beim alten Material und hat einen klaren Schritt nach vorne gemacht. Alles in Allem eine beeindruckende Demonstration brutalen technischen Death Metals, dem zwar zu „… And The You’ll Beg“ oder „Domination“ noch ein klein wenig fehlt, aber eben nicht mehr viel. Wer sich gepflegt die Rübe abschrauben oder Knoten ins Hirn bekommen möchte, ist hier richtig. Wer waren noch mal NECROPHAGIST?
Ganz falsch war meine 2008 zu “Dead Calm Chaos” geäußerte Vermutung nicht, dass sich EVOCATION auf ihrem Post-Comeback-Album Nummer Drei mit DISMEMBER auseinandersetzen würden. Die Gitarrenarbeit und der Grund-Beat sind in den zehn neuen Stücken sehr von der Stockholmer Legende beeinflusst, „Parasites“ würde auf einem der aktuelleren DISMEMBER-Alben nicht aus dem Rahmen fallen. Einzig beim Gesang machen EVOCATION keine Kompromisse und bleiben bei der Mischung aus Growls und fiesem Gekeife, was nicht hundertprozentig der reinen Death Metal-Lehre entsprechen mag, aber zu „Apocalyptic“ gut passt. Den Schweden ist eine gute Death Metal-Scheibe gelungen, der zwar die ganz großen Hits fehlen, deren Songs sich dafür aber gleich bleibend hohem Niveau bewegen. Somit kann die Scheibe nicht an die Klassiker des Genres anknüpfen, aber sich locker im oberen Drittel der Veröffentlichungen im schwedischen Totmetall festsetzen.
Gerade mal ein Jahr nach der Veröffentlichung des Debütalbums legen PHOENIX EFFECT bereits mit dem diesmal selbstbetitelten Folgealbum nach. Der Zusammenarbeit mit den Kollegen von POETS OF THE FALL hat man auch auf dem zweiten Album fortgeführt, auch wenn man sie diesmal nicht immer ganz so deutlich heraushört wie noch auf „Cyanide Skies“. Dem Gesamtsound ist man jedoch weitestgehend treu geblieben und versorgt den geneigten Hörer weiterhin mit melodiösem Alternative Rock- mal ruhiger und nachdenklicher wie auf „Babylon“, mal deutlich vorwärtstreibender wie beim rockigen „All 4 Nothing 4 All“. Der Opener „Black Art“ eröffnet mit satten Gitarrenriffs, mehrstimmiger Gesang verwöhnt im Refrain des hübschen „Into Flame“ das Ohr. Radiotauglich wären eigentlich durchweg alle Songs, da gibt es nichts zu wollen. Nicht alles geht sofort ins Ohr, mehrmaliges Anhören ist an der einen oder anderen Stelle also empfehlenswert, da lohnend. Wer also „Cyanide Skies“ oder die Kollegen von POETS OF THE FALLS mag, dürfte sich auch über das zweite PHOENIX EFFECT-Album freuen.
Die Wahlhamburger DAKOTON haben sich an der Musikhochschule Hamburg kennen gelernt und beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Dabei herausgekommen ist ihr Debüt-Album „Kein Platz für Kompromisse“, das melodischen Rock mit deutschen Texten bietet und zwischen den Polen Pop und Alternative Rock pendelt, stellenweise angereichert mit einer Spur Punkrock. Die Instrumente sind toll gespielt, und auch Sänger/Gitarrist Benno Oppermann liefert stimmlich einen hervorragenden Job ab – aber bei Musikstudenten sollte das alles ja auch so sein. Darüber hinaus klingen die Songs auf Dauer jedoch sehr gleich, und zudem kommt der Sound sehr glatt und geschliffen daher. Außerdem vermisst man etwas mehr musikalische Eigenständigkeit, und alles zusammen führt dazu, dass die Musik irgendwann nur noch vor sich hindudelt. Auch die Texte sind ziemlich belanglos, so dass auch hier nichts hängen bleibt. „Kein Platz für Kompromisse“ wirkt auf mich wie ein perfekt auf den Mainstream-Markt hin produziertes Deutsch-Rock-Album, dessen Songs man sich auch auf MTV oder im Radio gut vorstellen kann, gerade deshalb aber auch ziemlich seelenlos rüberkommt und schnell langweilt. Wer auf authentischen, dreckigen Rock steht, dürfte mit DAKOTON nicht viel am Hut haben.
Sieh an, sieh an, die Franzosen. Was anfangs nach Hype und verzweifelter Suche nach der neuen Black-Metal-Bewegung aussah, speit inzwischen immer wieder wirklich tolle Bands aus. Und das bezieht sich nicht nur auf Bands wie Deathspell Omega, sondern auch auf an sich wesentlich hausbackenere Ausrichtungen. Wie eben OTARGOS. Die bedienen auf ihrem vierten Album „No God, No Satan“ schon mit ihrem angepinselten Antlitz viele Klischees und verarbeiten auch musiklaisch viele typische - will meinen - skandinavische Einflüsse. Dabei zeigen sie sich erfrischend variabel, arbeiten vom schnellen Knüppel-BM bis hin zum lavadesk dahinwabernden „The Hulk of Conviction and Faith“ sämtliche Tempobereiche. Und alles in allem kreieren die Franzmänner eine wirklich dichte Atmosphäre, die einigen vielleicht noch nicht kosmisch genug ist. OTARGOS sind richtiger Black Metal, meilenweit entfernt von der Kommerz-Muggelei der erfolgreichen Mega-Bands – aber eben auch viel, viel geiler als die Heerscharen der Garagenbands.
Seit 2005 bringt das Label Micro Phonics den „Saarland Underground Metal Sampler“ heraus, auf dem regionale Bands zu hören sind, die jeweils einen Song kostenlos zur Verfügung stellen, sich mit einem kleinen Geldbetrag an den Produktionskosten beteiligen und dann ca. 20-30 Exemplare zur eigenen Verfügung erhalten, die sie dann weiterverbreiten dürfen. Ebenso ist den Käufern der Sampler ausdrücklich erlaubt (und sogar erwünscht!), ihn beliebig zu vervielfältigen und nicht-kommerziell in Umlauf zu bringen, damit die vertretenen Bands möglichst viel Gehör bekommen. Die Qualität der Bands und des Sounds schwankt natürlich in einem gewissen Rahmen, wobei es hier kaum Ausfälle, dafür aber sehr viel Hörenswertes zu vermelden gibt. Die Death Metaller THODTGEHOELZ und ACHAIA, die etwas an alte DIMMU BORGIR erinnernden Gothics ARCTHURIS, die melodischen, Frau-gefronteten EXTINCTION AVENUE, die ohrenscheinlich mit dem Schaffen Tobi Sammets aufgewachsenen NEMESIS oder die ein wenig mit AGATHODAIMON kokettierenden SOCIETAS NOCTIS (mit dem Riff von ICED EARTH´s „Burning Times“ im Mittelteil) etwa liefern wirklich hörenswerte bis gute Kost ab, während sich der Rest einen Tick darunter befindet, und nur JOKER´S DRIVE liefern mit ihrer unfreiwillig komischen Sozialkritik „Asyl“ eine Vorlage zum Fremdschämen ab. Insgesamt ist diese Compilation-Reihe eine echt gelungene Aktion von Fans für Fans, der man als Underground-Supporter definitiv Gehör schenken sollte. Cool! Erhältlich ist die Reihe über die teilnehmenden Bands.
Gut und gerne sechs Jahre haben sich die Niedersachsen PEST für ihr neues Album Zeit gelassen und in der Zwischenzeit lediglich eine selbst betitelte EP veröffentlicht. Eine große Stiländerung ist jedoch nicht zu vernehmen: noch immer rasiert sich der in der Mehrheit kahlköpfige Haufen (ja, PEST sind unpolitisch – soviel dazu!) durch ein Feuerwerk an räudigem, basischem, ganz klar von altem Norwegendunkelstahl beeinflusstem Black Metal, der zwar zweckdienlich aufs Nötigste reduziert, aber keinesfalls schwachbrüstig-blechern tönt. Auch in Sachen Songwriting lässt das Quartett nicht viel anbrennen, obwohl speziell das Hymnenhafte in den Melodien noch ausbaufähig ist und ein wenig Luft nach oben lässt. Wer etwa auf die ersten drei IMMORTAL-Werke, flottere, ältere DARKTHRONE oder die Anfangstage von SATYRICON abfährt, wird definitiv an „Tenebris Obortis“ Gefallen finden, denn sehr gute und durchdachte Stücke wie „Trance“, „Weltgericht“, das majestätische Instrumental „Bonded“ oder das atmosphärische, sprichwörtlich saucoole und überlange „Entering Forest“ gehören eindeutig zu den besseren Momenten deutschen Black Metal-Schaffens!
Ha! Die alten Black-Metal-Veteranen von der Insel können tatsächlich mit ihrem neuen Album ein paar gängige Erwartungen mal eben vom Tisch fegen. Denn was erwartet man von einem CRADLE OF FILTH-Album? Opulenz? Oh ja, die gibt es, aber anders als erwartet: Statt geschliffener Arrangements regiert bei CRADLE OF FILTH auf dem aktuellen Album "Darkly, Darkly, Venus Aversa" der Black Metal. Und zwar von seiner ungehobelten, temperamentvollen Sorte. Wie die wilde Jagd rasen Dani Filth und seine fünf Mitstreiter durch die Songs, Dani Filth sagt dazu im Interview mit seiner Plattenfirma, es "sei das ohne Zweifel bisher schnellste und brutalste Album" dass CoF bis dato komponiert haben. Und hat damit absolut und uneingeschränkt recht. Weiter sinniert der Frontkreischer, es sei "eine Schlittenfahrt durch einen Gothic-Horror-Themenpark, voll Inbrunst und Perversion." Auch da muss ich ihm voll zustimmen, allerdings ist der Rodelberg zumeist sehr steil - und war offensichtlich sehr hoch. Nur zwei Songs kommen bei unter fünf Minuten ins Ziel, die meisten gehen an oder über sechs Minuten. Außerdem - und das ist eine Koinzidenz von geradezu britischem Humor - war es bisher immer so, dass man sich zwischen den elegischen Stücken auf die wenigen Songs mit reiner Raserei darüber wie ein Kind gefreut hat, dass die Engländer auch mal Gas geben können, so sind auf "Darkly, Darkly..." die wenigen Songs mit Tempovariation die willkommenen Abwechslungen: "The Persecution Song" ist der erste davon, und dank des Midtempos kann man das einprägsame Gitarrenmotiv auch heraushören, die vorletzte ist die eigentlich Perle dieses Albums und dafür ziemlich weit hinten versteckt: "Forgive Me Father (I Have Sinned)" ist die erste Video-Auskopplung aus dem Album und läßt Paul Allender in den Arrangements Luft für Hexereien auf der Gitarre, hat gleichzeitig ein einprägsames Motiv und das obligatorische Gesangsduett - ist also quasi dem Kochbuch für CRADLE OF FILTH-Hits entnommen. Unter den schnellen Songs sticht zunächst einmal der Opener "The Cult Of Venus Aversa" heraus, der mit einem Cembalo-Intro beginnt und die Spuren an allen möglichen Effekten und Instrumenten (außer dem Cembalo noch Streicher, Chöre, Keyboards...) bis in den Himmel stapelt - der Schlitten startet also ziemlich überladen in seine Fahrt. Die Gitarre von "Deceiving Eyes" beginnt mit einem fiesen Horror-Punk-Sound, aber auch dieser Song geht schnell in blackmetallisches Geschredder über. Und noch ein Duett - aber wieder in Überschallgeschwindigkeit - gibt es auf "Lilith Immaculate", dem vielleicht besten Song des Albums und dem mit der Hauptfigur des Albums bereits im Titel, denn "Darkly, Darkly..." ist ein Konzept-Album über die mythische Gestalt Lilith. Letzte Überraschung: "The squeeking weasel" - äh, Dani Filth - kreischt nicht mehr ganz so hoch, sondern keift mehr in den (für ihn) mittleren Lagen herum und singt sogar stellenweise. Fazit: CRADLE OF FILTH haben sich auf diesem Album definitiv in Sachen bpm selbst überholt - das beste Album der Bandhistorie ist es aber bei dem Haufen an ideenarmen Raserei-Songs nicht geworden. Aber auch nicht das schlechteste.
DARK TRIBE – und ich dachte, der sei ausgerottet. Knapp sechs Jahre ist das bisher letzte Werk nun schon alt. Aber wenig Grund zur Sorge: Die Band, also das Asordis und Parannoth) hat sich kaum verändert. Keine Keys, fiese (also echt fiese) Screams, dünner Sound, düstere Melodien und Atmosphäre, abwechslungsreiches Treiben zwischen Depressive Black Metal und alter norwegischer Schule. Die Sachsen-Anhaltiner bringen die Chose auch echt überzeugend und authentisch rüber, nur zünden will es diesmal nicht so ohne Weiteres. Liegt es daran, dass die zwölf Songs in ihrer Gesamtheit nicht an einem Strang ziehen. Geht das Gekeife doch zu sehr in die unerträgliche Striborg-Richtung? Man könnte jetzt viel von gewetzten Messer, aufgeschlitzten Leibern, übermäßigem Drogenkonsum und so weiter schwadronieren – das passte durchaus alles zu DARK TRIBE. Aber so richtig wirken will es dennoch nicht. Vielleicht sieht und hört das die Zielgruppe in diesem Fall anders, denn sehr roh und ziemlich hospitalistisch ist „Archaic Visions“ in jedem Falle.