Das Jahr 2022 ist erst ein paar Tage jung, und schon beansprucht eine Band einen der vordersten Plätze in jedem seriösen Jahrespool. DARK MILLENIUM hauen mit „Acid River“ ein Album der absoluten Oberklasse raus. Vor 30 Jahren gab das noch junge Label Massacre Records den Jungs von DARK MILLENIUM eine Chance, welche diese mit dem Erstlingswerk „Ashore The Celestial Burden“ überzeugend nutzten. Die Band war zwar irgendwie im Death Metal verwurzelt, aber durch die Drehungen und Wendungen innerhalb der Songs, den einzigartigen Sound, die progressive Spielweise und die einzigartige Stimme von Vocalist Christian Mertens spielten DARK MILLENIUM in einer ganz anderen Liga als andere Death Metal-Kapellen der damaligen Zeit. Keine Ahnung, ob sich das damalige Album kommerziell gerechnet hat, da Massacre Records damals auch wahnsinnig viel Promoarbeit geleistet hatten, aber mit „The Atmosphere“ konnte man sogar einen kleinen Hit vorweisen, der auch nach den vielen Jahren nichts von seiner Genialität verloren hat.
Nur ein Jahr später legten DARK MILLENIUM mit „Diana Read Peace“ nach, aber irgendwie fehlte der letzte, entscheidende Biss, und die Band verschwand in der Versenkung, um dann wieder in den Jahren 2016 und 2018 mit „Midnight In The Void“ und „When Oceans Collide“ durchzustarten. DARK MILLENIUM klangen wieder wie DARK MILLENIUM, und für mich war die Welt wieder in Ordnung, aber auch hier fehlte der allerletzte Überzeugungsschlag, um mich wieder völlig in die Spur zu bekommen.
Und nun haut die Band „Acid River“ raus, und die Welt scheint sich seit 30 Jahren nicht gedreht zu haben. Alle Songs könnten auch auf „Ashore The Celestial Burden“ stehen und haben somit in Gänze einen Ritterschlag verdient. Sänger Christian überzeugt mit seiner einzigartigen Stimme, die zwar irgendwie im Death Metal angesiedelt ist, aber dann irgendwie doch nicht. Die Produktion ist, wie auch auf dem Erstwerk, einzigartig und hebt sich somit vom gängigen Einheitssound anderer Bands ab. Über die spielerische Vielfalt der Songs könnte man Bücher schreiben – DARK MILLENIUM verwenden in nur einem Song so viele Riffs, die andere Bands auf drei Alben verpulvern, schaffen aber immer wieder das Kunststück, einen roten Faden einzubauen, um dann in einem überzeugenden Refrain zu enden.
Jeder Song auf „Acid River“ steht für sich, und es stellt sich kein einheitliches Gesamtbild ein, aber dies macht das Album erst spannend, da jeder Song ein eigenes Universum aufbaut, in welches der Hörer eintauchen kann. Geniestreiche wie „Threshold“ oder der Opener „The Verger“ lassen sich am besten auf der heimischen Couch konsumieren, da man sich tatsächlich konzentriert auf die Songs einlassen muss, um deren Genialität zu verstehen. Natürlich sind alle sieben Songs keine „Easy Listening“-Musik, aber dies ist auch nicht der Anspruch der Band. Zu oft spielen die Jungs mit überraschenden Wendungen, die in Form von cleanen Parts und ungewöhnlichen Leads daherkommen. Ich könnte keine andere Band nennen, die in einer so hohen Qualität solche bizarren Klangwelten erzeugen könnte. „Acid River“ wird zu keiner Minute langweilig und erschließt sich erst nach mehrmaligem Hören, aber lässt man sich auf diesen musikalischen Schatz ein, so wird man mit einem bahnbrechenden Album belohnt werden.
DARK MILLENIUM sind nie den leichten Weg gegangen und haben immer abseits vom Death Metal-Mainstream ihr eigenes Süppchen gekocht, und ehrlich gesagt schätze ich die Band für diesen Mut sehr. „Acid River“ kann mich begeistern und wird mich wahrscheinlich das ganze Jahr begleiten. Ich konnte noch keine Abnutzungserscheinungen feststellen, da man auch nach dem x-ten Durchlauf spielerische Feinheiten entdecken kann und sich somit jeder einzelne Song immer weiter in die Gehörgänge gräbt. Wer bisher noch nicht mit DARK MILLENIUM in Berührung gekommen ist, der sollte dies schnell nachholen. Zumindest „Ashore The Celistal Burden“ und „Acid River“ sind absolutes Pflichtprogramm! Für alle, die es kurz und knackig mögen: „Acid River“ ist genial, nicht von dieser Welt und anbetungswürdig! Kaufen! Aus die Maus!
Corona treibt schon seltsame Blüten, aber nicht alle sind garstig und ablehnenswürdig. "Live At Sharpener's House" ist eine Live-Platte ohne Publikum, und das finde ich doch mal ungewöhnlich, mutig und interessant. Urheber sind die Schweden von PERFECT PLAN, die eine komplette Studio-Session abgefilmt haben und auch als Tondokument für ihre Fans verfügbar machen. PERFECT PLAN sind die Senkrechtstarter, die nicht mit jugendlichem Elan oder Eyeliner-Optik punkten, sondern handwerklich sowie songwriterisch überzeugen und sich ihr Plätzchen im Melodic Rock und AOR damit erkämpften. Mehr noch - mit zwei hervorragenden Alben und einem zum Sänger-Star mutierenden Kent Hilli schließen sie langsam zur Spitze der skandinavischen AOR-Bands auf.
Diese Platte ist dabei sicher ein weiterer Schritt nach vorne. Enthalten sind Songs aus beiden Vorgänger-Alben, zwei reizvolle Cover-Versionen und vier Acoustic-Fassungen. Alles live performt, was den Songs ein roheres Naturell verpasst und mehr Dynamik bietet als im Studio. Das Album kann quasi als kleine "Best Of" dienen und bietet trotzdem auch für Fans, die schon beide Alben haben, einen Mehrwert an. Also werte Leser, hier gibt es nichts falsch zu machen. PERFECT PLAN muss man sich als Melodic Rock- und AOR-Fan auf den Zettel schreiben; dieses Album bietet dazu einen guten Einstieg. Und mit der GIANT-Version von "Stay" liefert Kent Hilli auch gleich einen kleinen Vorgeschmack auf das nächste GIANT-Werk, auf dem der Schwede ebenfalls das Micro übernimmt.
Je später der Abend, desto angenehmer die Gäste. Allerdings ist es im Fall von IRON FATE nicht der Abend, sondern das Jahr, und weil es eben schon sehr spät ist, ist „Crimson Messiah“ auch dementsprechend angenehm ausgefallen. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Das Ding ist ein absoluter Kracher geworden. Schon das Debüt „Cast In Iron“ war ein klasse Werk und so war auch beim hier vorliegenden Nachfolger meine Erwartung nicht gerade klein. Dass IRON FATE diese Erwartung aber mal mir nichts dir nichts pulverisieren, das überrascht mich dann doch. Satte 11 Jahre hat man sich Zeit gelassen und sich hörbar weiterentwickelt. Die recht deutlichen JUDAS PRIEST / RAM-Reminiszenzen tauchen hier höchstens noch sporadisch (im Rausschmeißer „Lost Forever“) auf und weichen einem recht divergenten Klangbild, welches man am ehesten in den Weiten der USA verortet, aber bestimmt nicht im beschaulichen Niedersachsen.
Mit „Crimson Messiah“ und „Malleus Maleficarum“ zeigt man sich erst einmal von seiner bissigen Seite, ohne jedoch Melodien und Nachvollziehbarkeit zu vernachlässigen. Überhaupt ist die Trefferquote an traditionellen und doch originellen Riffs und Leads sensationell hoch. Dazu kommt, dass man diese in wunderbar fließende Songs gegossen hat. Hier stört nix, hakt oder klingt nicht durchdacht. Trotzdem dröhnt noch genug Spontanität und Dreck aus den Boxen. Das ist ein epischer Spagat, den auch Van Damme nicht besser hinbekommt.
Bei „We Rule The Night” wird das Tempo etwas rausgenommen und IRON FATE überzeugen mit unkitschigem Melodic-Songwriting deluxe. Besser kann man US Metal - nichts anderes ist das hier - nicht spielen. Und wo wir gerade beim Thema sind: Bei „Crossing Shores“ gibt sich Harry Conklin von JAG PANZER die Ehre. Man ertappt sich bei Lesen des Infos unweigerlich bei dem Gedanken „Wie blöd muss man sein, um sich auf der eigenen Scheibe mit einem der besten Metal Sänger der Welt vergleichen zu lassen?“. Nun, im Falle von Denis Borsowski ist es keine Blödheit, sondern gesundes und berechtigtes Selbstbewusstsein, denn er steht Conklin in nichts nach, und beide agieren absolut auf Augenhöhe. Gerade Borsowski hebt mit seinem variablen und kraftvollen Gesang die Songs noch einmal eine Stufe höher. Wer zu Recht seit den 80ern und frühen 90ern Leute wie Midnight (CRIMSON GLORY), Mark Vanderbilt (Ex-KAMELOT), Rey Parra (SACRED WARRIOR) oder Bill Carter (SCREAMER) vergöttert, der wird sich ebenso verwundert wie entzückt die Ohren reiben, denn Borsowski gehört genau in diese Katergorie der US-Edelshouter. So hat seit Olaf Bilic hierzulande niemand mehr geklungen.
Auch wenn IRON FATE wie beim fast zehnminütigen „Stranger (In My Mind)“ etwas ausladender agieren, verlieren sie niemals den roten Faden, sondern beweisen, dass sie auch über die längere Distanz einen Song spannend und kurzweilig gestalten können.
Und selbst eine Klischeehymne wie „Guardians Of Steel“ ist hier nicht im Ansatz platt, sondern überzeugt mit musikalischem Tiefgang und Qualität. Man höre nur die traumhaften Doppel-Leads.
Alles in allem haben IRON FATE mit „Crimson Messiah“ eines der besten traditionellen Metal-Alben des Jahres 2021 veröffentlicht. Auch International wird man sich zukünftig richtig strecken müssen, um dieses Niveau zu erreichen.
Ein Album voller Energie, Leidenschaft, Verzweiflung und Kreativität.
SO HIDEOUS sind nach langen sechs Jahren Pause zurück und haben in Sachen Stil und Sound feucht durchgefeudelt und einiges abgeändert. Auf „None But A Pure Heart Can Sing“ hören wir eine illustre Mischung aus (Post) Black Metal, Post-Hardcore und orchestralen Kompositionen. SO HIDEOUS im Jahre 2021: das sind Mastermind Brandon Cruz (Gitarre, Keyboard, Arrangements) mit seinem Bruder Christopher Cruz (Gesang), Gitarrist Etienne Vasquez sowie DJ Scully am Bass und Michael Kadnar hinterm Schlagzeug (beide von der Experimental-Metal-Band THE NUMBER TWELVE LOOKS LIKE YOU). Brandon Cruz gibt im Pressetext des Labels Silent Pendulum Records an, beim Songwriting von den japanischen Post Metal-Bands MONO und ENVY beeinflusst zu sein und vermehrt mit Tonclustern im Stil des polnischen Avantgarde-Komponisten Krzysztof Penderecki zu arbeiten. Für den teilweise dramatisch anmutenden kreativen Stilmix wurden als Gastmusiker die Streicher des THE FIRST LIGHT ORCHESTRA engagiert. Aber dem ist noch nicht genug: SO HIDEOUS schaffen es, Jazz- und Weltmusik-Klänge gekonnt zu integrieren, und es sind Bläser und perkussive Beats zu hören.
„The Emerald Pearl“ ist ein gutes Beispiel für die Jazz-Komponente. Das 11:13 Minuten lange symphonische „Motorik Visage“ sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden: der Track entführt uns Hörende in einen wilden epischen Strudel. Hier haben viele Musikstile ihren Platz, und es ist geradezu unglaublich, dass dieses Konzept tatsächlich aufgeht.
Das anspruchsvolle Schlagzeugspiel und die Schlagzeugproduktion auf „None but a Pure Heart Can Sing“ sind sehr überzeugend. Wie schon auf dem Vorgängeralbum „Laurestine“, gesellen sich die Streicher gut zur Gitarre und geben Flair. Die New Yorker haben sich weiterentwickelt und verdeutlichen auf ihrem neuen Longplayer, dass man mit ihnen rechnen kann und ihre Entwicklung im Auge behalten sollte.
Die von Steve Zodiac bereits 1973 aufgrund eines Schreibfehlers als QUO VARDIS (seit 1977 als VARDIS aktiv) gegründete englische Band gehörte mit ihren Classic Rock- und Boogie-Einflüssen zu den heimlichen Wegbereitern der NWOBHM, genießt heutzutage aber allenfalls unter beinharten Genrefans erhöhten Kultstatus, was sicher auch dadurch befeuert wird, dass es das Trio in knapp 50Jahren gerade einmal auf vier Alben gebracht und zwischen 1986 und 2014 schlichtweg nicht existiert hat. Am 13. März 2020, gerade am Anfang der Apokalypse, wurde vorliegendes Werk im „100 Club“ in London mitgeschnitten, dessen Titel sich natürlich auf das abgefeierte, höllisch rockende erste Live-Album von 1980 bezieht und schön aus dem Nostalgietopf nascht. Die Jungs spielen knapp eineinhalb Stunden lang sowohl sämtliche Songs, die sich auf erwähntem Werks finden als auch ein paar Stücke jüngeren Datums wie „Radio Rockers“ oder „Head Of The Nail“, die sich gut zwischen den Klassikern einreihen. Die unbändige Energie von vor über 40 Jahren kann die Band auf „100 M.P.H. @ 100 Club“ erwartungsgemäß nicht mehr einfangen, und der Großteil ihrer Kompositionen klingt aus heutiger Sicht trotz unbestreitbarer Klasse an den Instrumenten etwas dröge und angestaubt. Die ganz großen Übersongs haben VARDIS ebenso nicht im Repertoire, so dass dieses Live-Spätwerk, das zudem (zumindest als Doppel-CD-Digipak mit vierseitigem Booklet) nicht gerade üppig ausgestattet ist, nur für VARDIS-Anhänger und NWOBHM-Allessammler eine echte Empfehlung darstellt. Aber diese werden garantiert nicht enttäuscht sein, da hier VARDIS anno 2020 sehr authentisch, roh und ungeschönt herüberkommen.
Weihnachten ist schon ein ganz besonderes Fest. Man frönt und pflegt in dieser Zeit nicht nur heidnischen und christlichen Bräuche gleichermaßen, es ist auch das einzig mir bekannte Fest, das eine ganz eigene Musik hat. Und jedes Jahr versuchen sich auf´s neue unzählige Musikanten aus nahezu jedem Genre daran, entweder alt Bewährtes frisch zu vertonen oder dieser Zeit ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Ich für meinen Teil, verfolge diesen Umstand schon eine ganze Weile mit wachsender Begeisterung, so dass sich in meinem Sammelsurium an Weihnachtsmusik die mannigfaltigsten Werke befinden. Heuer liegen mir aktuell zwei neue Scheiben vor, die unterschiedlicher nicht sein könnten: LEE AARON's “Almost Christmas“ und “The Season“ von STEVE PERRY.
Während die Kanadierin mich mal wieder zu begeistern weiß, fällt es mir wahrlich schwer, die richtigen Worte zum neuen Album von STEVE PERRY zu finden. “Mr. Journey“ war für mich immer einer der begnadetsten Rocksänger überhaupt. Sein dezent rauchiges Organ verlieh den Songs eine unverwechselbare Atmosphäre. Konnte ich mit seinem Comback “Traces“ von 2018 noch gut leben – nein mehr noch – richtig warm werden, so hab ich mit der Weihnachts-CD so meine Probleme. Die Stimme des Barden ist zwar gealtert, hat dadurch aber mehr an dunklem Timbre und Rauch gewonnen, was kein Nachteil sein muss, wird sie adäquat eingesetzt. Die durchweg ausgetretenen Pfade eines FRANK SINATRA aber damit beschreiten zu wollen, halte ich jedoch für ein wagemutiges Unterfangen. Der smooth-jazzige R&B Vortrag der acht Songs, im Übrigen allesamt klassische amerikanische Weihnachtsliedchen, geht nämlich genau in diese Richtung und keine der Nummern bietet jedwede Überraschung. Bestens geeignet um sie während eines Weihnachtsbummels im Kaufhaus über das anwesende Shopping-Publikum zu rieseln. Ab und an überkommt mich gleichwohl ein kurzer Schauer, wenn diese Stimme ihre magische Aura verströmt, leider passiert das in den schlappen 26 Minuten viel zu selten.
Weihnachten ist schon ein ganz besonderes Fest. Man frönt und pflegt in dieser Zeit nicht nur heidnischen und christlichen Bräuche gleichermaßen, es ist auch das einzig mir bekannte christliche Fest, das eine ganz eigene Musik hat. Und jedes Jahr versuchen sich auf´s neue unzählige Musikanten aus nahezu jedem Genre daran, entweder Altbewährtes frisch zu vertonen oder dieser Zeit ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Ich für meinen Teil verfolge diesen Umstand schon eine ganze Weile mit wachsender Begeisterung, so dass sich in meinem Sammelsurium an Weihnachtsmusik die mannigfaltigsten Werke befinden. Heuer liegen mir aktuell zwei neue Scheiben vor, die unterschiedlicher nicht sein könnten: LEE AARONs “Almost Christmas“ und “The Season“ von STEVE PERRY.
Erstgenannte kann ich aber bereits an dieser Stelle auch all denen ans Herz legen, die mit Weihnachten nicht viel am Hut haben. LEE und Ihre Getreuen haben hier nicht einfach ein paar abgenudelte Kamellen verwurstet, nein, dieses Album passt musikalisch absolut zu dem, was diese Band gerade die letzten zwei Alben ausgemacht hat. Da findet man kraftvolle Rocktitel wie den Opener “Everything's Gonne Be Cool This Christmas“ (leicht punkig angehaucht), Klassiker, die einen rockenden Anstrich bekommen, wie “Baby Please Come Home“, “Merry Christmas Everybody“ oder “Run, Run, Rudolph“ (...ok, Lemmys Version ist natürlich nicht zu toppen) sowie schöne bluesige Balladen wie die wunderbare Interpretation von SATCHMOs “Zat You Santa Claus“ und meinen Favoriten “All I Ever Get For Christmas Is Blue“. Mit “Peace On Earth“ gibt’s noch eine gelungene Neuauflage eines eigenen Hits aus dem Jahre 1991 und zu guter Letzt (eigentlich*) eine Acapella-Version von Joni Mitchells “The Fiddle And The Drum“. Alles in allem haut die ehemalige Metal-Queen mit Spaß und Leidenschaft wieder alles raus, was sie drauf hat. Das Album könnte abwechslungsreicher kaum sein und wird in meiner Weihnachtskollektion wohl einen Platz im oberen Qualitätsregal bekommen.
* Die CD erschien jedoch bereits letztes Jahr und war ausschließlich über LEE AARONs eigenen Shop zu erwerben, nun ist sie mit zwei knackigen neuen Rocknummern ab Freitag, den 26.11.2021 erhältlich.
Mit ihrer zuletzt geplanten (und dann aufgrund des riesigen öffentlichen Shitstorms wieder abgesagten) Teilnahme an einem höchst umstrittenen finnischen Festival hat die ja inzwischen zum Quartett gewachsene Ruhrpott-Formation um Tom Angelripper leider sehr negative Schlagzeilen produziert. In musikalischer Hinsicht ist SODOM das bislang allerhöchstens in der noch rumpeligen, wenn auch inzwischen kultigen Frühphase passiert, zu der das 2001 erschienene Werk „M-16“ nun wahrlich nicht mehr zählt. Jenes wird dieser Tage in einer „20th Anniversary Edition“ in diversen Formaten (unter anderem als fettes 4LP-Boxset – mehr Infos gibt es hier) veröffentlicht, wobei uns die remasterte Digibook-CD inklusive unveröffentlichter Fotos und zweier Livetracks aus Wacken 2001 – „Remember The Fallen“ und „Blasphemer“ - vorliegt. Man kann sicher abendfüllend darüber philosophieren, wo das Antikriegsalbum, das sich thematisch um Vietnam dreht, im eindrucksvollen Backkatalog der Thrash-Legende einzusortieren ist, und ob nicht vielleicht „Code Red“, „Sodom“ oder „In War And Pieces“ stärker oder schwächer sind, aber schnörkellose Granaten wie „Napalm In The Morning“ (jetzt mit neuem Video), „Little Boy“, „Marines“ oder die coole THE TRASHMEN-Coverversion „Surfin´ Bird“ verdienen es locker, nach 20 Jahren (erneut) entdeckt zu werden. Die absoluten SODOM-Ultras werden sich wahrscheinlich auf das Boxset stürzen, und wer das Album bereits besitzt, sollte den nochmaligen Kauf abwägen, aber wer „M-16“ überhaupt noch nicht im Regal stehen hat, bekommt jetzt die passende Gelegenheit, dieses Kleinod deutscher Thrash-Kunst in adäquater und hochwertiger Form als 2LP oder erwähntes Digibook abzugreifen.
Metalinside hatten GREEN LUNG schon etwas länger auf dem Schirm, genauer gesagt, seit ihrer ersten Veröffentlichung; waren die Engländer doch zu Beginn beim deutschen Label und langzeitigen Freund unserer Seite, Kozmik Artifactz, unter Vertrag. Jetzt sind sie bei den Finnen von Svart Records, und dieser Wechsel hat wahrnehmbar zu einem Mehr an Rezensionen, sowohl im Print als auch online, gesorgt.
"Black Harvest" ist ihr drittes Album, wenn wir die EP "Free The Witch" mitzählen, und GREEN LUNG sind sich treu geblieben. Geboten wird eine gelungene Melange aus Doom und Classic Rock. Letztgenantes Genre ist auf dem zweiten Longplayer, dank der starken Keyboard-Arbeit von John Wright, noch etwas präsenter in den Fokus gerutscht. Aber sowohl die gebotene Atmosphäre als auch die wuchtige, immer düster grollende Gitarre lassen keine Zweifel, dass Doom nach wie vor die Präferenz der Briten hat.
"Old Gods" wird mit einem bizarr gesungenen Intro ("The Harrowing") eingeleitet, das die Nähe von Sänger Tom Templar sowohl stilistisch als auch von der Stimmfärbung zum Ozzman direkt verdeutlicht. Ich sehe GREEN LUNG, ähnlich wie ORCHID, stark geprägt und beeinflusst von den frühen BLACK SABBATH, aber beide Bands sind weit entfernt davon, eine bloße Kopie oder gar "Abschrift" zu sein. Bei "Graveyard Sun" steuert Pilot Tom Templar den erhabenen, sanft schwebenden (LED) ZEPPELIN, bevor dieser leidenschaftlich in Flammen aufgeht, und bei "Reaper's Scythe" wird eine wilde und rasante Achterbahnfahrt des Classic Rocks mit einem mitreißenden Gitarrensolo geboten. Apropos Gitarre - Scott Black macht hier einen Wahnsinns-Job und muss wie der Organist und Sänger ebenfalls erwähnt werden. Die ganze Band überzeugt als Kollektiv und legt mit ihrem zweiten Longplayer ein echtes Meisterstück vor. GREEN LUNG sind eine glaubwürdige Bereicherung und in dieser Form gar ein neuer Taktgeber des 70er-Jahre geprägten Heavy Rocks.
Bei den Engländern CRADLE OF FILTH hat sich nach vier Jahren Schaffenspause nicht viel geändert – und das ist auch gut so. Zumindest musikalisch setzt man weiterhin auf den bewähren Sound, der sich in der dreißigjährigen Bandgeschichte nicht großartig verändert, sondern manifestiert hat. Natürlich thront über allen Songs der einzigartige Gesang von Dani Filth, der wohl das einzige Bandmitglied darstellt, welches als unantastbar gilt.
Thematisch setzten die Jungs aus Ipswish auf „Existence Is Futile“ nicht mehr so sehr auf romantische Horrorgeschichten, sondern beschwören mit dem neuen Album eher die Apokalypse herbei. Musikalisch hält man an einer gelungenen Mixtur aus infernaler Raserei, klassischem Heavy Metal und cineastischer Inszenierung fest. Besonders das Heavy Metal-Riffing kann überzeugen, und so findet man auf dem Output so manche Passage, die auch auf einem ACCEPT-Album ihren Platz gefunden hätte. Dies lockert die Scheibe gelungen auf und bereitet den Hörer auf den nächsten Blast bestens vor.
Natürlich werden sich einige Kritiker auf die cineastischen Parts stürzen und diese wieder in alle ihre Bestandteile zerlegen und der Band musikalischen Klamauk vorwerfen, aber nimmt man der Band dieses Trademark, würde man ein wichtiges Element entfernen, was CRADLE in die Belanglosigkeit führen würde. CRADLE OF FILTH lebt von der Inszenierung, und die Musik ist für die große Bühne geschaffen. True oder nicht true – diese Fragestellung ergibt sich bei der Band einfach nicht, denn wer Klassiker für die Ewigkeit erschaffen hat, der muss sich mit solchen Fragestellungen erst gar nicht abgeben.
Einzelne Songs hervorzuheben ist schwierig, da man auf „Existence Is Futile“ keinen Stinker vorfinden wird, aber mir hat es besonders „The Dying Of The Embers“ angetan, welches nicht ganz so überladen wirkt und eine dreckige Atmosphäre vorweisen kann. Hier sind die Jungs sehr nah am Heavy Metal dran und scheuen sich auch nicht mal, das Tempo zu drosseln. Auch orchestrale Einflüsse werden hier nur dezent verwendet, und man lernt CRADLE von einer sehr basischen Seite kennen.
Hervorheben möchte ich die Gitarrenarbeit. Richard Shaw und Ashok überraschen auf ihren Instrumenten mit ausgefeilten Melodien, die sofort im Gehörgang verbleiben. Auch die eher konservativ ausgerichteten Soloparts wissen zu überzeugen, und man scheut auch diesbezüglich nicht den Einsatz von Twin-Gitarren. Wir bewegen uns zwar noch nicht auf dem Niveau eines YNGWIE MALMSTEEN, aber das wird auch nicht die Intension gewesen sein. Fakt ist, dass wir es hier mit Musikern zu tun haben, die ganz genau wissen, wie ein CRADLE OF FILTH-Werk zu klingen hat, aber die sich bewusst genug Freiraum schaffen, um ihre musikalischen Fähigkeiten gekonnt in Szene zu setzen.
Was soll man als Fazit sagen? Kritiker von CRADLE werden das Album in der Luft zerreißen, aber Hörer mit einem weiten musikalischen Horizont finden hier eine Perle des Heavy Metals. Ich benutze wissentlich nicht das Wort Black Metal, da CRADLE diesen Pfad schon vor langer Zeit verlassen haben und deutlich mehr zu bieten haben als so mancher Panda-Akt. Mir gefällt „Existence Is Futile“ tatsächlich außerordentlich gut, und somit vergebe ich einen ganz knappen „Tipp“.