Aus Kalifornien kommt das Power-Trio ARCHER, welches sich einer kraftvollen und klischeebefreiten Variante des Heavy Metals verschrieben hat. Wenn etwas zu gleichen Teilen „modern“ und „traditionell“ klingt, spricht man gemeinhin gerne von „zeitlos“. Genau das trifft auf den ARCHER Sound zu. Irgendwo zwischen 90er MEGADETH (deren „Tornado Of Souls“ man mitunter auch live covert), BLACK LABEL SOCIETY, WRATHCHILD AMERICA und Bands wie THUNDERHEAD und CAPRICORN hat man sich eine ganz eigene Nische gesucht und hebt sich so von allen aktuellen Strömungen ab - und das ohne auf Teufel komm raus besonders innovativ sein zu müssen. Stattdessen wird munter drauf los gerockt und man überzeugt mit straffem Songwriting und starker Gitarrenarbeit. Sänger und Gitarrist Dylan Rose meistert seine Doppelbelastung mühelos und klingt in manchen Momenten nach einem Mustaine, der auf seine alten Tage tatsächlich noch das Singen gelernt hat. Neben dem flotten Titelstück hat es mir vor allem das verspielte „World Of One“ angetan. Aber auch der Rest fällt nicht wirklich ab und so kann man ARCHER bescheinigen ein starkes Album eingetütet zu haben. Dass man mit momentanen Strömungen nicht viel am Hut hat, kann Segen und Fluch zugleich sein. Bin gespannt, ob ARCHER ihren Status werden ausbauen können. Jedenfalls haben sie das Album sowohl mit ANNIHILATOR als auch mit DORO betourt. Wollen wir hoffen, dass sich das für ARCHER gelohnt hat.
Die finnischen VORNA bringen mit „Ei Valo Minua Seuraa“ ihr zweites Album raus. „Ei Valo Minua Seuraa“ heißt so viel wie „Kein Licht folgt mir“ und tatsächlich holen die Finnen weit aus um den Hörer in ein schwarzes Loch mystischer Finsternis zu ziehen. Skandinavischer Folk und etwas irgendetwas trollisches in den Vocals (ich schiebe das mal auf die Sprache) sorgen hier für eine wunderbar urtümliche Atmosphäre.
Während VORNA auf ihrem Debüt „Ajastaika“ (2013) noch ziemlich ziellos zwischen sehr unstrukturiertem Songaufbau und trunkenen Heiden wandelten folgt 2015 eine ziemliche Kehrtwende: VORNA entführen den Hörer plötzlich in eine epische, düstere Welt, die absolut überzeugend und in jeder einzelnen Minute ergreifend ist. Die Band schafft es Spannung aufzubauen und mitreißende Melodien zu komponieren. Natur-Sampler, episches Keyboard, Akustik-Klampfen und Streicher sorgen für ein zusätzliches Plus an Atmosphäre, während der auf „Ei Valo Minua Seuraa“ ziemlich variable Gesang und die so passende Platzierung der Bässe für Gänsehaut sorgen. VORNA muss man einfach erleben, das Gesamtpaket ist hier so stimmig, dass es schwer fällt irgendwelche Anspieltipps zu nennen. Eine finstere Atmosphäre breitet sich aus, packt relativ rasch zu und verschlingt den Hörer. Wunderbar unkitschig ist dieses Mal der „Folk“ Anteil ausgefallen.
Das einzige, was den gemeinen Black Metaller jetzt noch stören könnte sind die doch ziemlich omnipräsenten Keyboard-Klangteppiche. Das könnte durchaus weiter reduziert werden um einen noch natürlicheren Klang zu erzeugen, funktioniert aber auch so ganz gut. Die Produktion der CD ist wirklich sehr stark, gerade eben erwähnte Bässe schreien da ordentlich nach Lautstärke. Für mich liefern VORNA mit „Ei Valo Minua Seuraa“ eine wahrliche Überraschung ab, die gesetzten Erwartungen wurden mehr als übertroffen. Wer auf Bands wie CRYPPTIC FOREST, THULCANDRA und (alte) FINSTERFORST steht sollte hier unbedingt mal reinhören!
Aus Wenden kommen SEKORIA, die mit „Im Reich Der Schatten“ ihr zweites Album veröffentlichen. „Epic Black Metal“ ist hier die Spielart, wobei SEKORIA einige Elemente des Symphonic (Black) Metal in ihre Musik einfließen lassen (wie einem gleich schon das sehr symphonische Intro „Einbruch Der Dunkelheit“ suggeriert). Tatsächlich nehmen die symphonischen Elemente „Im Reich Der Schatten“ eine angenehm hintergründige Stellung ein, im Vordergrund stehen ganz klar die Gitarren, ein rasantes Schlagzeug und der wirklich gut verständliche Gesang der Herren Felix und Matze. So schaffen es SEKORIA ein ziemliches Tempo mit jeder Menge melodischen Parts und einer Prise symphonischer Verspieltheit zu würzen, so dass ein leidenschaftliches, mitreißendes Gesamtpaket herauskommt.
Auf die englische Sprache wurde dieses Mal komplett verzichtet. Das Album erzählt von Depression, Trauer und Tod – metaphorisch ausgeschmückt. So lohnt es sich wirklich dem Gesang zu lauschen und den ein oder anderen Blick in das Booklet zu werfen, die Lyrics sind hier wirklich sehr gelungen.
Ein einziges Manko sind die Längen, die sich in der guten Stunde Musik eingeschlichen haben. Die meisten Songs glänzen durch einen ziemlich verschachtelten und detaillierten Aufbau, der es dem Hörer beim ersten Durchlauf schwer macht alles aufzunehmen und zu verarbeiten. Nach einigen Durchläufen jedoch entpuppt sich die wahre Schönheit des Albums, welches an den vielen Melodien, eingängigen Gesang-Parts und fast majestätischer Orchester-Untermalung kontinuierlich wächst. So haben SEKORIA hier ein wirklich gutes und auch komplexes Album geschaffen, das hervorragend an das bereits vergriffene „Iter Stellarum“ (2012) anknüpft, wohl aber noch Platz nach oben lässt.
Anspieltipps sind auf jeden Fall „Die Nachtigall“, „Canicum Maris“ und „Vendetta“. Wirklich schlechte Songs sucht man hier vergebens. Wer auf epischen deutschsprachigen Black Metal sollte hier unbedingt mal rein hören!
FREIBURG kommen gar nicht aus Freiburg, sondern aus dem westfälischen Gütersloh. Sie haben sich auch nicht nach dem schnuckeligen badischen Städtchen benannt, sondern nach dem gleichnamigen Song von TOCOTRONIC. Mit der Hamburger Schule haben sie aber glücklicherweise nichts am Hut.
Die Musik auf ihrem dritten Album „Brief & Siegel“ als Deutsch-Punk zu bezeichnen, wäre zu kurz gegriffen, mindestens ein „Post-“ gehört vor den „Punk“, vielleicht sogar ein „Hardcore-“. Statt auf allzu viele Akkorde konzentriert sich der Vierer oft mehr auf unerbittlichen Druck nach vorne und den ein oder anderen überraschenden Tempo-Wechsel. Der intensive Schrei-Gesang, der stellenweise an TOUCHÉ AMOURÉs Jeremy Bolm erinnert, kommt sogar komplett ohne Melodie aus. Harmonien gibt es nur in der Gitarrenarbeit zu hören, die sind dann aber so effektvoll eingesetzt, dass Songs wie „Sommer, Roggen und Er“ oder „Kanüle Abwärts“ zu echten Ohrwürmern werden.
Mit „Brief & Siegel“ legen FREIBURG ein ordentliches Brett vor. Mit seinem durchgehend hohen Energielevel, den kratzigen Gitarren und der oft düsteren Stimmung stellt es sicher keine leichte Kost dar, nach kurzer Eingewöhnungsphase reißen einen die Songs aber unweigerlich mit sich. Ein kleines Manko ist höchstens der durch die Bank – wie schon erwähnt – unmelodische Gesang, der in Kombination mit hohem Sendungsbewusstsein auf Dauer etwas nervig zu werden droht. Trotzdem: Vielleicht eine neue Deutsch-Punk-Hoffnung?
„International Jazz Society“ heißt der neue Nerven-Wahnsinn der norwegischen SHINING. Die Erfinder des Blackjazz (von denen lediglich Multi-Instrumentalist Jørgen Munkeby als einziges Gründungsmitglied übrig geblieben ist) drehen wieder mächtig auf.
Wer das zermarternde Saxophon-Soli-Intro „Admittance“ unbeschadet überlebt, könnte hier genau richtig sein. SHINING, die mitunter sehr rockige, metallische und Industrial getränkte Songs abliefern haben nämlich eine gar nicht mal so heimliche Liebe: Das Saxophon. Da die Band 1999 als klassische Jazz-Combo gegründet wurde überrascht das nicht weiter. Doch Saxophon ist hier nicht gleich Saxophon, Herr Munkeby entlockt diesem Instrument nämlich die aller kränksten Töne. (Wie neben besagtem Intro „House Of Warship“ wunderbar beweist.) Womit wir beim Gesang wären. Die Vocals schwanken zwischem leicht kehlig-heiserem Gesang und Screams. Gerade wenn es etwas rockiger wird, können die Norweger punkten: Power, Orginalität und eine düster Atmosphäre werden hier zu einem sehr künstlerischen Stück Musik. Mit dem leichten Industrial-Einschlag, der hin und wieder zum Vorschein kommt („The Last Stand“, „Burn It All“ und dem heftig kranken Rausschmeißer „Need“) lassen sich tatsächlich Vergleiche mit MARILYN MANSON ziehen. Sonst ist das etwas ruhigere „House Of Control“ noch sehr empfehlenswert.
Das Überstehen des Intros lohnt sich also. Wer die Norweger bereits kennt weiß wo drauf er sich einlässt.
Solider Power Metal aus Deutschland? Da muss man an ORDEN OGAN denken. Doch auch die Saarländischen MESSENGER (die es übrigends schon seit 1990 gibt) haben sich in den letzten Jahren gemacht. Nun bringt die Band endlich mit „Novastorm“ endlich „Teil 2“ ihrer Weltraum-Saga raus. Das Art-Work ist dieses Mal etwas weniger kitschig ausgefallen als auf der „Starwolf – Pt. 1: The Messengers“ von 2013.
Textlich dringen MESSANGER wieder in ferne Sphären vor, verkörpert die Band doch die Hauptcharaktere eines von Victor L. Pax eigens für die Band geschriebenen Science Fiction Romans. Musikalisch wird hier solider, relativ unkitschiger Power Metal mit Heavy Metal-Schlagseite geliefert. Die Chöre und das Orchester sind hier nicht so dominant und mehr im Hintergrund gehalten, so dass man sich MESSENGER auch als nicht Power Metal-Fan gut anhören kann. Die Refrains sind dafür meistens recht hymnisch ausgefallen, Francis Blakes vier Oktaven umfassende Stimme setzt dabei markante Akzente. Die Gitarrenarbeit ist ordentlich, das Songwriting und die Melodien der Refrains bleiben auch oft im Ohr, wie es vor allem bei „Privateer’s Hymn“, „Captain’s Loot“ und dem Bonus-Song „In Morgan We Trust“ der Fall ist. Mit „Frozen“ gibt es noch eine schöne Ballade obendrauf.
Als Genre-Fan wird man an dieser Band wohl nicht vorbeikommen. Zu beklagen gibt es hier nicht viel. Doch klingt das was MESSENGER hier liefern leider ein Wenig austauschbar – ein Wenig mehr Eigenständigkeit und noch etwas mehr Power in den Refrains und variablere Songstrukturen könnte man sich hier wünschen. Anhören kann man sich „Starwolf – Pt. II: Novastorm“ aber allemal.
BLESSTHEFALL haben für "To Those Left Behind" wieder Joey Sturgis als Produzent ins Boot geholt - ein guter Schritt, denn mit ihm zusammen wurde ja schon "Hollow Bodies" zum Durchbruchsalbum der Band. Der Albumauftakt mit "Decayer" macht klar, dass BLESSTHEFALL keine großen Veränderungen versuchen, sondern ihren Sound verfeinern wollen. Im Grunde ein typischer Metacore-Song, überzeugt "Decayer" mit knackigen, bearbeiteten Riffs und einem starken Gesang. Könnte schlechter laufen. In den folgenden gut 40 Minuten wird klar, dass "Hollow Bodies" beim Schreiben der Songs für "To Those Left Behind" Pate stand: "Walk On Water", das energische "Up In Flames" und das eingängige "Keep What We Love And Burn The Rest" hätten auch auf dem Vorgängeralbum stehen können. Und sind allesamt gute Metalcore-Songs. Wenn sich BLESSTHEFALL an Experimente wagen, ist das Egebnis nicht immer überzeugen, wie beim zu sehr auf Pop-Appeal getrimmten "Dead Air" oder das nicht vollständig gelungene "Condition // Comatose". Wenn sich die Amis auf knackige, modern klingende Songs konzentrieren, ist das Ergebnis besser, wie im Falle des Titelsongs oder des gut nach vorne gehenden "Against The Waves".
Am Ende überzeug das Ergebnis, auch wenn Shouter Beau nicht immer überzeugen kann und gerade in clean gesungenen Parts öfter mal daneben liegt. Die Songauswahl stimmt, die Riffs gehen gut ins Ohr und die Mischung aus Melodie und Heftigkeit passt. Dazu kommen die vielen Effekte, die den BLESSTHEFALL-Sound mittlerweile ausmachen und die Konzentration auf eingängige Parts. Manchmal übertreiben es die Jungs mit den elektronischen Effekten und rutschen zu sehr in harmlosen Pop ab, aber das wird durch den nächsten knackigen Part wieder wettgemacht. "Hollow Bodies" hat mit "To Those Left Behind" einen würdigen Nachfolger gefunden. Wer mit dem Vorgänger nichts anfangen konnte, wird mit der neuen Scheibe nicht warm werden, das ist die Kehrseite des Ganzen.
„Huren, Saufen und Black Metal“ – geht das? „Na klar!“ sagen die tschechischen BLACKOSH dazu, die ihr erstes Album kurzum „Kurvy, Chlast, Black Metal“ taufen. Titel wie „Ve spiknutí se Satanem“ („In Verschwörung mit dem Satan“) und „Peklo Nás Bavi“ („Die Hölle ist Spaß“) zeigen ferner, was das Duo unter Black Metal versteht.
Black Metal und Party – das funktioniert nur in den seltensten Fällen. Im Falle von BLACKOSH tragen eine enorm miese Produktion und eine rohe Instrumentierung dazu bei, dass das Album zwar sehr „Old School“ nicht aber besonders gut klingt. Voller Schmutz und Räudigkeit preschen die Songs nach vorne, wobei leider nicht allzu viel hängen bleibt. Lediglich „Funeralismus“ verschafft dem etwas Abhilfe und stampft beinah rockig dem Ende entgegen.
Der Gesang ist hier auch sehr gewöhnungsbedürftig. Es wird in Landessprache gesungen und zwischen klassischen Screams, dezentem Clean im Hintergrund und gruseliger Stimmakrobatik variiert. Den obskuren Lauten steht dabei die wirklich fragwürdige Thematik entgegen.
BLACKOSH haben mit „Kurvy, Chlast, Black Metal“ definitiv ein sehr polarisierendes Werk geschaffen. Man liebt es seiner Andersartigkeit wegen, oder man hasst es.
Das Debütalbum "Interbellum" der aus dem direkten Umfeld von THE DEVIL´S BLOOD stammenden Formation war ein famoser Einstand, der allerdings (wie leider viel zu oft...) längst nicht die Aufmerksamkeit bekam, die er aufgrund seiner zahlreichen Klassesongs verdient gehabt hätte. Vielleicht ist das auch der Grund, warum der Nachfolger "No Image" relativ stark vom Konzept des Vorgängers abweicht und deutlich weniger mehrheitsfähig geraten ist. Eingängig ist "No Image" zwar immer noch, doch fast schon radiotaugliche, kraftvoll produzierte Stücke wie "One Of Us" oder "North" sucht man hier vergeblich; stattdessen bewegt sich die Band klanglich in fast schon schwarzmetallischem Fahrwasser und hat an Räudigkeit und Härte eine ganze Schippe draufgelegt. Nach dem noch einigermaßen verträumten Opener "Servant" drückt das Quintett um die nach wie vor erstklassige Frontdame Milena Eva ihr Bekenntnis zur Düsternis in großartigen, auf das Nötigste reduzierten Hymnen wie "O.D.I.R" (klasse!), dem mit Blastbeats beginnenden "Tar And Feather", dem etwas an die auf ewig unterbewerteten JOYLESS erinnernden "The Controller", dem doomigen "And I Know Now" oder dem hypnotischen "Don´t" aus, die in Sachen Atmosphäre und Ablehnung deutlich näher an den Werken erwähnter JOYLESS, (DOLCH) oder auch CASTLE liegen als der Vorgänger. Selbst der Albumtitel nebst des Frontcovers drückt aus, dass GOLD uns hier statt eines vielleicht erwarteten "kommerzielleren" Nachfolgers die hässliche Fratze des Occult Rock zeigen - und eine höllisch mitreißende!
Genesis“ heißt die erste Veröffentlichung der (Ambient-) Black Metaller LUNAR MANTRA aus Glasgow. Geboten werden drei sehr ritulesk anmutende Black Metal Stücke, so wie ein rein aus Noise- und Drone-Elementen bestehendes In- und Outro. Das erste Lied „Stellar Catacombs“ zeigt mit einem frickeligen Aufbau, Ambient und Drone-Passagen, hypnotischen Gitarrenläufen und verhallenden Vocals gleich wohin die Reise geht, die in dem mystisch geisterhaften „Xanthotic Madness“ noch perfektioniert wird. Hier passt alles und LUNAR MANTRA schaffen es den Hörer zu fesseln und in die Tiefe zu ziehen.
Das Intro und das Outro wissen leider nicht ganz so gut zu gefallen. Das, was eine kunstvolle (?) Aneinanderreihung von Geräuschen und ist langweilt leider ziemlich schnell, der Spannungsboden ist hier sehr flach gehalten.
So bleibt zu hoffen, dass LUNAR MANTRA ihre reinen Ambient-Stücke bei kommenden Veröffentlichungen entweder verbessern oder weglassen, denn gerade „Stellar Catacombs“ und „Xanthotic Madness“ wissen per se ganz gut zu gefallen. Beim nächsten Mal bitte mehr davon!