Wenn sich eine Band nach einem Song von HATEBREED nennt und das Debüt-Album auch noch nach den Metalcore-Helden selbst, ist klar, welcher Sound hier die Marschrichtung vorgibt. Genau das ist bei den fünfköpfigen NEW HATE RISING aus Sachsen-Anhalt auch der Fall. Zugegebenermaßen machen sie ihre Sache dabei recht ordentlich. Auf Dauer sind ihre Songs zwar etwas stumpf und wirkt die Aggression stellenweise ein bisschen aufgesetzt und angestrengt, insgesamt kommen die Jungs aber doch ziemlich authentisch rüber. Zudem beherrschen sie ihre Instrumente, gehen mit viel Druck und Energie zur Sache und setzen die genreüblichen Ingredienzen wie Breakdowns und Crewshouts effektvoll ein. Lediglich das Gebrüll von Sänger Andy ist auf Dauer etwas penetrant, und die gewollt bösen Blicke auf den Bandfotos wirken eher unfreiwillig komisch. Unterm Strich ist „Hatebreed“ sicher alles andere als ein eigenständiges Album. Aber immerhin ist es eine solide gemachte Kopie und dürfte daher bei so manchem Metalcore-Jünger auf Anklang stoßen.
WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER haben schon mit ihrem ersten Album die Hörerschaft gespalten – was einige für witzig hielten, ließ anderen das kalte Kotzen bekommen. Diese Spaltung wird sich auch mit dem neuem Album nicht ändern, denn die mittlerweile auf fünf Leute angewachsene Band (es gibt jetzt einen echten Drummer) macht auf „Der Tag an dem die Welt unterging“ mit ihrer respektlosen Vermischung von Hardcore, Metalcore und Techno weiter. Das nutzt sich leider viel zu schnell ab, eine inspirierte Platte haben sie nicht geschrieben, anders als BIONIC GHOST KIDS. Von den Texten ganz zu schweigen, die sind genau grenzdebil wie das Merchandise der Band, was unter der Volljährigkeit schwimmende Fans der Band aber nicht stört. Die werden mit „Superföhn Bananendate“ ihren Spaß haben, den Stil der Band kopieren und sich über den Witz scheckig lachen. Alle jenseits der 20 dürften es ab drei Promille ähnlich sehen, vor Erreichen dieses Zustands aber angesichts der handwerklichen Limitierungen und den stumpfen, unwitzigen Songs den Kopf schütteln. SCOOTER sind witziger, BIONIC GHOST KIDS beim Songschreiben gewitzter. WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER sind weder Fisch noch Fleisch.
VENGINCE waren auf Tour mit PRO-PAIN anno 2009 ganz gefällig, ohne wirklich neue Akzente setzen zu können. Das lässt sich auch für ihr neues Album sagen. „A Turn For The Worse“ ist etwas mehr als eine halbe Stunde gefälliger Metalcore, der irgendwo zwischen MAROON, SWORN ENEMY und BIOHAZARD anzusiedeln ist, sich mit der Hinzunahme eines Kebyboards um neue Akzente bemüht (gelingt so gut wie nie) und unter einem merkwürdig klinischem Drumsound leidet. Soweit die Eckdaten. Handwerklich ist das alles ebenfalls nur gefällig, da VENGINCE weder beim bemüht-wütenden Gesang noch beim Runtergeschrubbe der Genre-Standard-Riffs mehr als Mittelmaß zustande bringen. Das setzt sich im Songaufbau fort (wenigstens ist die Scheibe konsequent mittelmäßig), wo sich zu oft Gehörtes aneinander reiht. „A Turn For The Worse“ ist nicht so schlecht, dass sich Spielchen mit dem Titel anböten, aber auch weit entfernt von richtig gut. Mittelmaß halt.
ALL GUNS BLAZING haben schon nach kurzer Zeit einen Plattenvertrag bei Rising Records abgreifen können, was für britische Bands in den letzten Jahren ja nicht sonderlich schwer war. Die Erwartungen an „Revelations“ sind da nicht allzu hoch, da das Label mittlerweile nicht für Qualität steht. Und auch ALL GUNS BLAZING reihen sich in die Klasse-statt-Masse-Attitüde ein und bieten in den elf Songs ziemlich belanglosen Metalcore, der zwar mit starkem Death Metal-Einschlag punktet, aber keine wirkliche Akzente setzen kann. Leicht verkrampft-zwanghaft versuchen die Engländer ihrem Metalcore eine prrogressive Note zu geben, wozu sie fast ausschließlich auf komplexe Gitarrenarbeit setzten, die sich dafür aber in den Ideen als zu limitiert erweist und sich auf die immer gleichen Dissonanzen und Riffs begnügt. Stattdessen einfach mal den Ball flach zu halten und aus dem an sich guten Songmaterial knackige, einfachere Nummern zu machen, hätte der Band deutlich weitergeholfen, denn in der vorliegenden Form wirkt „Revelations“ wie gewollt und nicht gekonnt.
Nach ihrem zweiten Album hatten BENEATH THE SKY interne Querelen, die zur zwischenzeitlichen Auflösung der Band führten. Kurz darauf war aber anscheinend alles wieder gut, Band wieder aktiv und Album Nummer Drei eingetütet. Das bietet Standard-Metalcore, mit (selten überraschenden) Breakdowns, schwedisch angehauchten Gitarren und Wechselgesang zwischen böse keifend und clean schreiend („Terror Starts At Home“). Alles gefällig gespielt, wobei gerade die cleanen Vocals besser geworden sind und überzeugen können. Manchmal schafft das Songwriting das auch, gerade Refrains liegen der Band und lassen „In Loving Memory“ ein wenig aus dem Sumpf des Genre-Mittelmaßes herausragen. Aber eben nur ein wenig, zu mehr fehlt der Scheibe der letzte Kick, die überraschenden Wendungen im Songwriting und der daraus folgende Verzicht auf langweilige Nummern Marke „A Tale From The Northside“. So bleibt Album Nummer Drei dann doch im Mittelmaß stecken.
Aus der Türkei kommen SINCE YESTERDAY, was ihnen auch 2010 noch einen (leichten) Exotenbonus verschafft. In den neun Tracks der „The Artificial Truth“-Scheibe, mit der sich die Band auf Labelsuche befindet, kommen orientalische Einflüsse aber nicht zum Tragen, dafür europäischer und US-Metalcore, von MAROON bis KILLSWITCH ENGAGE und MISERY SIGNALS. Das Album fängt stark an, die ersten beiden Songs sind gelungene, wenn auch nicht überragende, Metalcoresongs, die sich klar an den Vorbildern orientieren und handwerklich gut gemacht sind. Richtig durchstarten kann der Longplayer erst mit dem dritten Song, „Episode Two (Worst Case Scenario)“: hier packen die Gitarristen einige wirklich gute Riffs aus, die vom Sänger sehr gut aufgegriffen werden. Selbst der Drummer steuert mit einem Blast-Part was Feines dazu bei, dass dieser Track richtig gut wird. Dieses hohe Level halten die beiden folgenden Tracks ebenfalls, bevor „Dead Today“ und „Sinatra Doctrine“ das Tempo etwas rausnehmen, dafür aber mit einem sehr variablen Gesang aufwarten, gerade die clean gesungenen Abschnitte sind hier hervorzuheben. Zum Ende der Scheibe hin geht es dann wieder schneller und härter zur Sache, was SINCE YESTERDAY gut zu Gesicht steht und einen sehr guten Eindruck beim Hörer zurücklässt. „The Artificial Truth“ ist ein sowohl gut geschriebenes als auch gut produziertes Metalcore-Album, für das sich Genre-Freunde sicher erwärmen können. Exotenbonus haben SINCE YESTERDAY gar nicht nötig.
AS I LAY DYING haben sich für „The Powerless Rise” drei Jahre Zeit gelassen, was aber nicht zu einer radikalen Abkehr vom Bandsound geführt hat. Stattdessen wird der auf „An Ocean Between Us“ eingeschlagene Weg weitergegangen, was bedeutet, dass die von Basser Josh gesungenen cleanen Vocals weiterhin einen wichtigen Teil im AS I LAY DYING-Sound darstellen. Tim Lambesis hat sich aber nicht zu weit in den Hintergrund drängen lassen, wodurch er eine weitere wichtige Komponente bleibt und zudem eine gute Figur abliefert, was auch für die gewohnt zwischen filigranen Melodien und Brachialität wechselnde Gitarrenarbeit gilt, selbst Soli sind mittlerweile zu finden. Kontinuität also an allen Orten, da bleibt auch das Songwriting nicht außen vor, bei dem die Amis auf Experimente verzichtet haben. Brachiale Nummern wie dem Opener „Beyond Our Suffering“ oder „Condmned“ stehen fast schon epische Songs wie „Anger And Apathy“ und die vom cleanen Gesang proftierenden Sachen wie „Anodyne Sea“ gegenüber, was am Ende eine Ausgewogenheit zwischen Härte und Melodie eribgt. Das steht AS I LAY DYING gut zu Gesicht, zumal die Produktion von Adam D. gewohnt gut, wenn auch fast schon zu glatt. Es macht für die Band durchaus Sinn, ihren Sound zu konsolidieren und den Fans das zu geben, was die verlangen. Ob das für die Musiker auf lange Sicht befriedigend ist, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass „The Powerless Rise“ das erwartet starke AS I LAY DYING-Album ist, von dem kein Fan enttäuscht sein wird.
PRO-PAIN haben mit “No End In Sight”, dem Titel ihres letzten Albums, klar gesagt, dass sie weitermachen werden. Anno 2010 also das nächte Album, wie gewohnt knapp zwei Jahre nach dem Vorgänger. Mit neuem Drummer machen die ex-New Yorker da weiter, wo sie 2008 aufhörten und variieren ihren Sound weit genug, um nicht stillzustehen und gleichzeitig klassisch PRO-PAIN zu sein. „Unrestrained“ ist genau das, ein klassischer PRO-PAIN-Groovesong, der von der Wucht und Gary Meskils Röhre lebt, während das folgende „Destroy Your Enemy“ schleppender, aber nicht weniger wuchtig ist. Auf die Fresse gibt es bei dieser Band immer, knochentrocken und gerade raus. Mit DESTRUCTION-Sänger Schmier wurde „Stand My Ground“ eingespielt, das mit melodischerem Gesang und fast schon entspannten Melodien daherkommt, genau wie „Road To Nowhere“. Dem gegenüber sind knack-kurze Nummern Marke „Divided We Stand“ oder „AWOL“ angesiedelt, die die Hardcore-Wurzeln offenbaren. Beim abschließenden, bitterbösen „Hate Coalition“ zeigt Neu-Drummer Rick, was in ihm steckt: brutal, schnell und auf den Punkt knüppelt er gerade im zweiten Teil des Songs alles nieder. Mit dem Mann haben Gary & Co. einen guten Fang gemacht. Musikalisch ist mit der neuen PRO-PAIN-Scheibe also alles im grünen Bereich, über das etwas plump provokante Artwork und die gewohnt schlichten Texte lässt sich streiten, allerdings erwartet bei dieser Band auch niemand etwas anderes. Alles wie immer im Hause Meskil also, von daher kann „Absolute Power“ allen Fans und Krachmaten ans Herz gelegt werden.
Das MUTINY WITHIN von Genregrößen wie DREAM THEATER geadelt werden mag am gleichen Label liegen – muss es aber nicht. Im Fall der Jungspunde aus New Jersey kann man dabei aber wirklich von einer recht positiven Überraschung sprechen. Der Newcomer zeigt nicht nur von Anfang an das sie neben ihren Instrumenten auch das komponieren beherrschen und Härte mit Melodie gekonnt verbinden, auch stilistisch lässt man sich nicht so leicht einordnen. Mit ihrem schlicht „Mutiny Within“ benannten selbstbetitelten Debüt punkten sie nämlich auch wegen ihrer progressiven Ausrichtung – ansonsten mischen sie munter Metalcoreelemente mit etwas Thrash und vor allem recht viel Power Metal. Der flotte Starter „Awake“ mit seiner einprägsamen Melodie, und die folgenden „Images“ und „Falling Forever“ mit ihren Ohrwurmrefrains und teilweiser angezogener Handbremse zeigen dass MUTINY WITHIN den gewollten Spagat schaffen; „Oblivion“ kommt dann als einer der melodischsten Songs der Band daher, „Undone“ als hitverdächtiger Ohrwurm und das abschließend fett und härtere Duo „Suffocate“ und „Reflections“ machen dann den Spaß komplett. MUTINY WITHIN liefern einen guten Sänger, klasse Riffs und mit ihrem Erstling äußerst kurzweilige Mucke mit Drang zum „mehr“. Ganz gute Sache das.
Das Genre Metalcore lässt eigentlich nicht viel Variationsspielraum zu. Meistens geht es grob nach dem Schema „harte Moshparts mit Shouts treffen auf melodische Refrains“ ab. Umso überraschter ist man beim ersten Durchlauf des mittlerweile vierten Albums der vierköpfigen Formation THE DESTINY PROGRAM aus Husum. Die bereits erwähnten Trademarks sind zwar da, gleichzeitig aber auch Elemente, die man eher mit Alternative verbindet, Breitwandgitarren, melancholische Harmonien und an einigen wenigen Stellen sogar leicht poppige Parts. Beim ersten Hören ist schwer zu erfassen, was genau die Jungs da eigentlich treiben, doch irgendwann erkennt man die Songstrukturen und schälen sich die vielen unterschiedlichen Parts heraus. Und dann taucht man unweigerlich ein, in den drückenden, düsteren und atmosphärischen Sound, der einen so schnell nicht wieder loslässt. Von brachialen Riffs bis zu schwebenden, ruhigen Tönen ist wirklich alles da, und trotzdem klingt das Album aufgrund seiner Intensität wie aus einem Guss. Darüber hinaus ist Ganze hervorragend eingespielt und transportiert die druckvolle wie auch äußerst vielschichtige Produktion den Sound perfekt in die heimische Anlage. Auf diesem Album lösen sich THE DESTINY PROGRAM von den Genre-typischen Schemata, sie setzen Melodie und Härte immer gezielt und genau da ein, wo es dem Song oder der Atmosphäre dient. Und damit führen sie eindrucksvoll vor, was im Metalcore alles möglich ist.