Schwere Stoner Rock-Riffs und ausufernde Instrumentalparts konnten die 2003 gegründeten und aus Berlin, Leipzig und Rostock stammenden COOGANS BLUFF immer schon. Neu auf ihrem dritten und eher wie eine EP wirkenden Album sind allerdings die Bläser in Form von Posaune und Saxophon und einem vermutlich dadurch hervorgerufenen Einfluss von Funk, Soul und Jazz Rock. Klingt ungewöhnlich und ist es auch, hat man sich aber mal reingehört, weiß der unkonventionelle Mix durchaus zu gefallen. Vorausgesetzt, man mag Bläser. Und auf „Poncho Express“ gibt es leider ein bisschen arg viel davon. Jeder Song für sich ist dabei wirklich einnehmend und originell. Der Neunminüter „Beefheart“ setzt süßliche Harmonien und Kopfstimmen-Background in Kontrast zu oberbösem Gesang und einem psychedelischen Jam, das funkige Instrumental „The Dirt Keeps The Funk“ klingt nach Agenten-Thrillern aus den 70ern, „You And Me“ bietet eingängigen Hippie-Soul-Rock im Stile GRAVEYARDS, der Titel-Song ist ein fast rein instrumentaler Jam über Groove- und Space-Parts, und das abschließende achtminütige Instrumental „Afterwit Is Everybody's Wit“ klingt, als hätten sich MOTORPSYCHO und GRAVEYARD für eine Session verabredet. All das ist nicht verkehrt und hat immer wieder tolle Momente und einen guten Flow. Bis auf den letzten, endlich einmal bläserfreien, Song gibt es aber für meinen Geschmack etwas zu häufig und zu vordergründig Blechblasinstrumente zu hören, und die Jams verlaufen etwas ziellos. Die Sounds sind super, keine Frage, aber einer Band wie den eben genannten MOTORPSYCHO, die einen Instrumental-Part auch locker über eine halbe Stunde spannungsvoll halten, hinken COOGANS BLUFF eben noch meilenweit hinterher. Und mit fünf Songs und gut 30 Minuten Spielzeit ist die Scheibe auch etwas kurz geraten, denn wenn man gerade erst richtig drin ist, ist auch schon wieder alles vorbei.
BREAKING THE DAY werden gemeinhin in die Sludge-Ecke einsortiert, was einigen Durchläufen ihres Debütalbums „Survived By None“ etwas irriert, immerhin sind sie da NEUROSIS näher als New Orleans. Sei es drum, in der guten Stunde geben sich die Briten alle Mühe, den Hörer mit einer fiesen Melange aus schleppenden Riffs („The Streets Will Rain With Blood Tonight“) und aus einer gekonnt eingesetzten laut/ leise-Dynamik gespeisten Atmosphäre zu fordern. In der Regel gelingt ihnen das auch, gerade da sie den Songs genügend Raum zur Entfaltung lassen und sich damit immer wieder an NEUROSIS annähern. Dezent gehen BREAKING THE DAY dabei selten vor, ihr Stil ist eher der immer wieder langsam geschwungene Vorschlaghammer das Rapier – wer auf unbarmherzige Musik steht, ist mit „Survived By None“ richtig bedient. Das Debütalbum des Briten-Sextetts kann überzeugen, auch wenn natürlich noch Luft nach oben ist, aber die Grundlagen sind gelegt und überzeugen.
Das ist ja mal wirklich abgefahrener Shit, den ANTLERED MAN aus London auf ihrem Debütalbum zusammenspielen. Die Bandmitglieder stammen aus diversen Punk-Bands, haben ihren Sound mittlerweile aber deutlich erweitert. Stilistisch ist das erst mal schwer einzuordnen. Vertrackte Rhtythmen wechseln sich mit stampfenden und mal auch punkigen Riffs ab, und immer wieder werden auch augenzwinkernde Musical-artige Passagen eingebaut. Musikalisch ist das alles auf hohem Niveau gespielt, und auch der Gesang punktet durch seine Vielseitigkeit. Dabei besitzen die Songs aber auch einen gewissen rohen Prügelfaktor, der jeglichen Verdacht auf Technik-Gefrickel direkt im Keim erstickt. In ihren besonders irrwitzigen Momenten erinnern die Engländer an Bands wie FAITH NO MORE und SYSTEM OF A DOWN, in psychedelisch groovenden Parts aber auch an die QUEENS OF THE STONE AGE. „Giftes Parts 1 And 2“ ist übrigens eine Sammlung selbstveröffentlichter Singles, das erklärt vielleicht auch, dass so etwas wie ein roter Faden fehlt. Zu Beginn klingt die Scheibe auch erst mal ziemlich anstrengend. Es lohnt sich aber, sich darauf einzulassen, denn die Musik entwickelt sich irgendwann, und man beginnt, die Energie, die Spielfreude und auch den Humor der Band zu spüren. Ein außergewöhnliches Album, das großen Spaß macht und erfrischend unkonventionell rüberkommt. Von dieser Band wird man sicher noch viel hören.
Von ihren Anfängen als Ska-Punk-Band mit Folk-Einflüssen haben sich die Moldawier ZDOB SI ZDUB während der letzten Jahre verabschiedet. Stattdessen ließen sie vermehrt Indie-Rock-Einflüsse zu, und auch vor der Verwendung elektronischer Elemente machten sie nicht Halt. Diese Mischung hat ihnen immerhin schon zwei Mal zu hohen Platzierungen beim Eurovision Song Contest (sic) verholfen. Ja, ein bisschen exotisch klingt das neue und zehnte, in Berlin eingespielte und von Marc Elsner (u. a. DIE HAUT, Blixa Bargeld und MR. ED JUMPS THE GUN) produzierte Album schon. Andererseits wirkt die Musik vor diesem cross-kulturellen Hintergrund größtenteils fast schon wieder enttäuschend normal. Die Rhythmen sind fast durchgehend grade, die Harmonien bis auf wenige folkloristische Schnipsel konventionell und die Sprache ist bis auf wenige Ausnahmen Englisch – wenn auch immerhin mit starkem Akzent gesungen. (Für das Album wurden extra englische Texte erarbeitet.) Außerdem befinden sich die meisten Songs im Mid-Tempo, so dass das Album stellenweise ziemlich langatmig wirkt und sich etwas zieht. So richtig geht es erst bei den beiden letzten Songs ab, „The Holy Fuel“ und „So Lucky“, die durchaus an die Wildheit von GOGOL BORDELLO erinnern. Trotzdem hätte ich bei einer Band mit derartigen Voraussetzung doch etwas mehr Durchgeknalltheit erwartet. Vielmehr hat man aber das Gefühl, dass der ursprüngliche Stil-Mix eingeebnet und begradigt wurde – warum auch immer. Vielleicht war die Band der Meinung, im Ausland seien die Aussichten auf Erfolg größer, wenn sie weniger nach ihrer Heimat klingen würde. Schade, denn so vergibt sie ihren Multi-Kulti-Bonus, der ihr sicher zuträglicher gewesen wäre als dieses Album.
Wo RISE AND FALL draufsteht, ist Punkmetal drin. Gut, für Uneingeweihte mag das Krach sein, aber was wissen die schon? RISE AND FALL haben sich nie um irgendwelche Genres geschert und stattdessen ihre eigene Mixtur aus Metal, Hardcore und Punk zusammengebraut, was ja bekanntlich zu erstklassigen Veröffentlichungen geführt hat. „Faith“, aufgenommen bei CONVERGE-Gitarrist Kurt Ballou im God City Studio, macht da weiter, wo „Our Circle Is Vicious“ aufgehört hat, gibt dem Hörer also 30 Minuten lang satt auf die Fresse. „Hammer And Nails“ ist der perfekte Auftakt für die Chose, hat er doch alle RISE AND FALL-Trademarks, vom Band-typischen Gitarrenspiel bis zum Drive und dem gnadenlos fiesen Gesang. Das Können der Belgier zeigt sich beim Songwriting, das geschickt die Themen variiert und verhindert, dass „Faith“ zu einem akustischen Inferno wird. Es finden sich immer wieder dezente DISCHARGE- und MOTÖRHEAD-Einflüsse, die es so noch nicht gab und die dazu beitragen, dass „Faith“ einen punkigen Groove bekommt. Punkmetal galore. „Faith“ ist ein würdiger Nachfolger von „Our Circle Is Vicious“, gnadenlos auf den Punkt gespielt und eines der besten Alben des Jahres. War auch nicht anders zu erwarten, oder wann haben RISE AND FALL jemals enttäuscht?
Im Frühjahr 2009 erschien das erfolgreiche Debüt der BULLETMONKS, jetzt wird mit „Royal Flush On The Titanic“ nachgelegt, bevor die Herren im Februar mit D-A-D auf Tour gehen. Dem Konzept aus rauem, energiegeladenem Rock ´n´Roll mit Heavy-Attitüde ist man dabei treu geblieben (hat sich ja schließlich auch bewährt), der Gesamtsound klingt, als hätte man MOTÖRHEAD mit diversen anderen Genregrößen in einen Topf geworfen und ein paar Mal herzhaft umgerührt. Der Titeltrack groovt, „Every Thought About Life“ kommt zur Abwechslung mal ruhiger daher, ähnliches gilt für die erste Hälfte des etwas exzentrischen „Don´t Mess With The Barkeeper“, bei dem später dann aber noch ordentlich aufs Gaspedal getreten wird. Das fette „Legendary“ und „You Want Me To Hang“ kommen überdurchschnittlich eingängig daher. Viel mehr braucht man da eigentlich nicht zu sagen: wer den Vorgänger mochte, wird auch „Royal Flush On The Titanic“ mögen.
LOMA PRIETA sind dann auch mal bei Deathwish Inc. gelandet. Wurde ja auch Zeit, denn mit ihrem unbarmherzigen Sound passen die Kalifornier perfekt ins Schema des Jacob Bannen-Labels. „I.V.“ ist dann auch keine Überraschung, LOMA PRIETA machen da weiter, wo sie mit der Split mit PUNCH aufgehört haben: zwölf emotional aufwühlende, stellenweise gewollt anstrengend zu hörende Songs, die sich einer genaueren Einordnung als Hardcore entziehen. „I.V.“ ist eine vertone innere Reinigung, eine Katharsis, entsprechend heftig und gnadenlos geht es zu Werke, perfekt in Szene gesetzt vom druckvollen und gleichzeitig rohen Sound. Ein solches Werk lässt sich nicht nebenbei hören, genauso wenig zu jeder Tages- und Nachtzeit, dafür ist es zu aufwühlend und verstörend. Wer den richtigen Moment findet, in der richtigen Stimmung ist, wird mit dem perfekten Soundtrack für die eigene Katharsis belohnt. Verstörend, brutal, kompromisslos – so muss LOMA PRIETA klingen, so muss eine Deathwish Inc.-Band klingen. Alles richtig gemacht.
BUBONIX haben sich nach ihrem fantastischem „Caspacian“-Album aufgelöst, woraufhin vier der Beteiligten mit CONMOTO flugs eine neue Band aus der Taufe hoben, um da weiterzumachen, wo sie mit BUBONIX aufgehört haben. Sarah de Castro ist als alleinige Sängerin übrig geblieben, was „Cut Cut Cut“ natürlich prägt, ihre rotzige Stimme passt ja perfekt zum wilden, aggressiven CONMOTO-Material und drängt sich nie in den Vordergrund. Bei jedem Song wird deutlich, dass hier erfahrene Leute am Werke waren, die wissen, wie ein guter Song zu klingen hat, was sowohl in den wütenden Nummern Marke „Borders And Flight“ wie auch den melodischen („Van Streefkerk“) deutlich wird. „Cut Cut Cut“ rockt von Anfang bis Ende und ist dabei sehr abwechslungsreich – der Bogen wird von Hardcore über Punkrock bis zu Noise und Indierock geschlagen. Geiler Einstand, geile Fortführung des BUBONIX-Erbes!
Ob diese Band wirklich so „dangerous“ ist, sei dahingestellt, aber fest steht, dass die Australier auf ihrem Debüt-Album von der ersten Sekunde an mächtig Druck machen. Ihr straighter, angepunkter Garagenrock geht ohne Kompromisse und mit viel Dreck in den Gitarren und hysterisch überdrehten Vocals nach vorne. Dabei kommt aber auch das Songwriting nicht zu kurz, und so wird bei allem Rotz auch noch ein Ohrwurm-Chorus nach dem anderen rausgehauen, wobei oft eine Prise Glam für die eingängigen Melodien sorgt. Das sind die Stellen, an denen man sich stellenweise etwas an GUNS 'N' ROSES erinnert fühlt, oft kann man aber auch Bands wie die HELLACOPTERS oder die HIVES heraushören, und zwischendurch klingt es auch mal nach einem hochgepitchten BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB. Nur der eingangs erwähnte, auf Dauer doch etwas zu schrille Gesang verleidet einem irgendwann. Und dann sind da auch an einigen Stellen im Hintergrund merkwürdiger- und völlig überflüssigerweise dünne 80er Keyboard-Sounds zu hören. Im Disco-mäßigen Chorus von „Nightmare“ mag das noch Sinn machen und ist irgendwie ganz witzig, aber z. B. im Uptempo-Chorus von „Slo Mo Video“ und besonders im abehalfterten „Chasing The Girls“ wirken sie eher störend. Mit kleinen Abstrichen also legen DANGEROUS! hier trotzdem eine coole, tighte Rotz-Rock-Platte vor, die zum Mitgrölen, Fäuste-in-die-Luft-Strecken und Abfeiern einlädt.
Schräge Scheibe. Ich bin mir gar nicht mal sicher was für dieses Urteil mehr Gewicht hatte - die Musik oder die Musiker? Der Sänger der Truppe Ronny Radke hatte die zweifelhafte Ehre eines Gefängnisaufenthaltes, ausgelöst durch Beihilfe zum Mord an Michael Cook. Die genaue Geschichte könnt ihr selber nachlesen – immerhin geht es um die Musik die FALLING IN REVERSE als quasi-Neuanfang nach diesem wohl ungemütlichen Einschnitt produziert haben. Der Vorgänger dieses Projektes war übrigens ESCAPE THE FATE, aber das werden jene die den Namen des Sängers gelesen haben vermutlich bereits erraten haben.
„The Drug In Me Is You“ ist eine Mischung aus Post Hardcore/ Punk-Geballer, Metalcore inklusive Breakdowns, recht poppigen Passagen die an Bands erinnern an die ich nicht erinnert werden will (MY CHEMICAL ROMANCE und co.) und diversen stilistischen Seitenhieben, alles in Allem aber immer hart an der Grenze zum belanglosen Wiederholungstaten. So ist Titeltrack „The Drug In Me Is You“ ein gruseliges Pop-Stückchen, wird aber danach wieder von „I’m Not A Vampire“ mit mehr musikalischem Nachdruck, Donnerhall-Solo und vor allem ohne die übertriebene in-Szene-Setzung des Frontmannes interessant abgelöst. Die darauf folgende Nummer kommt dann wieder wie der gerupfte Phönix aus der Asche und macht meinen zwischenzeitlich so angenehmen Eindruck zu Nichte… ein Schema was wiederholte Anwendung findet.
Es hat aber einen Grund warum ich nicht in einem Satz feststellen will das das was FALLING IN REVERSE hier eingespielt haben Käse ist, das täte ihnen nämlich auch irgendwie unrecht. Vielmehr ist es so, dass die Wechsel zwischen „Wuarghs!“, „Kann man sich anhören“ und „Bockt!“; oder auch die Wechsel zwischen einem Eindruck der an einen gestrandeten Hair Metaller erinnert und einem der wiederum auf Kreativität schließen ließe, etwas arg fließend sind. Kurzfazit: Durchwachsen. Für meinen Geschmack leider zu arg durchwachsen. Die Frisur-Witze erspare ich euch übrigens auch mal.